Entscheidungsdatum
23.11.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L507 2164331-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 88 Abs. 1 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Irak, stellte am 09.12.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich iSd
§ 88 Abs. 1 FPG und begründete ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass sie weder einen österreichischen Fremdenpass oder Konventionsreisepass noch einen ausländischen Reisepass besitze.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.01.2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert bekanntzugeben, unter welchen Voraussetzungen des § 88 FPG sie den Antrag stelle und welches positive Interesse der Republik Österreich für die Ausstellung eines Fremdenpasses vorliege.
Mit undatiertem Schreiben – beim BFA eingelangt am 21.01.2020 – gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen bekannt, dass es ihr nicht möglich sei, sich bei der irakischen Botschaft in Wien einen irakischen Reisepass ausstellen zu lassen, zumal irakische Reisepässe nicht von der irakischen Botschaft in Wien, sondern der irakischen Botschaft in Berlin ausgestellt würden, wobei es ihr nicht möglich sei nach Berlin zu reisen, zumal ihr irakischer Reisepass bereits abgelaufen sei. Des Weiteren sei sie in Österreich mit einem irakischen Staatsangehörigen verheiratet, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei, weshalb es ihr nicht möglich sei, mit der irakischen Botschaft in Kontakt zu treten. Eine Kontaktaufnahme mit der irakischen Botschaft in Wien oder in Berlin würde für die Familie der Beschwerdeführerin gefährlich sein. Die Ausstellung eines Fremdenpasses sei für die Beschwerdeführerin die einzige Lösung, um zu reisen.
2. Mit Bescheid des BFA vom 18.03.2020, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 FPG, abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin keinen Nachweis für das Vorliegen eines Interesses der Republik Österreich an der Aufstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 Z 1-5 FPG für ihre Person erbracht habe. Die Beschwerdeführerin falle nicht unter dem Personenkreis, denen ein Fremdenpass gemäß
§ 88 Abs. 1 FPG ausgestellt werden könne. Dementsprechend sei der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 88 Abs. 1 FPG mangels Erfüllung der Voraussetzungen abzuweisen gewesen.
Für die Ausstellung eines Fremdenpasses komme es nicht nur darauf an, dass diese im Interesse des Fremden liege, sondern müsse auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses bestehen. Auch eine Antragstellung, um ins Ausland reisen zu können, liege einzig und alleine im eigenen Interesse des Fremden und könne darin kein Interesse der Republik Österreich gesehen werden. Die Begründung wonach der Beschwerdeführerin von der irakischen Botschaft in Wien kein Reisepass ausgestellt werde bzw. ausgestellt werden könne, begründe jedenfalls kein Interesse der Republik Österreich.
3. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 20.03.2020 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen mit Schreiben vom 27.05.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.
Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Verfahren durchgeführt habe, weil sie in keiner Weise die individuelle Situation der Beschwerdeführerin ermittelt habe, obwohl amtsbekannt sei, dass die irakische Botschaft in Österreich Reisepässe nicht ausstellen könne. Die belangte Behörde habe offenbar ignoriert, dass die Beschwerdeführerin nur über einen abgelaufenen Reisepass verfüge und daher nicht ins Ausland reisen dürfe, um dort die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen. Es sei amtsbekannt, dass die irakische Botschaft in Wien keine Reisepässe ausstelle und die Beschwerdeführerin zwecks Ausstellung eines irakischen Reisepasses nach Berlin reisen müsste. Dies sei der Beschwerdeführerin nicht möglich, weil sie über kein gültiges Reisedokument verfüge. Der Beschwerdeführerin sei jedenfalls gemäß § 88 Abs. 1 FPG ein Fremdenpass auszustellen, da ihr in Österreich ein Aufenthaltstitel zuerkannt worden sei und sich aus einer Anfragebeantwortung ergebe, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich nicht in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und der Ausstellung des Fremdenpasses keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen würden.
Entgegen der Meinung der belangten Behörde könne die Beschwerdeführerin ein Interesse der Republik an der Ausstellung des Fremdenpasses geltend machen. Sie brauche den Fremdenpass um nach Deutschland zu reisen und um bei der Botschaft einen irakischen Reisepass zu beantragen. Zudem sei die Vorlage eines Reisedokuments grundsätzlich Voraussetzung zur Erlangung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, der als Aufenthaltstitel für eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ konzipiert sei. Es könne somit den Interessen der Republik an der Ausstellung eines unbedenklichen Dokumentes in Form eines Reisepasses zur Verlängerung des Aufenthaltstitels der Beschwerdeführerin und zur Reise nach Deutschland erkannt werden.
Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sei ein Fremdenpass auszustellen, wenn nicht zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstünden. Zwingende Gründe der nationalen Sicherheit der öffentlichen Ordnung würden nicht vorliegen und von der belangten Behörde auch nicht angenommen werden. Die Beschwerdeführerin falle als Inhaberin des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung plus“ genau unter die Voraussetzungen des § 88 FPG. Doch selbst wenn die Behörde annehme, sie falle nicht unter diese Regelung, sei ihr ein Fremdenpass auszustellen. Aus juristischer Sicht sei der Fall der Beschwerdeführerin – nämlich jener von Personen, deren Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erklärt worden sei und denen es faktisch nicht möglich sei, einen Reisepass zu bekommen – im Gesetz schlicht nicht geregelt. Die Beschwerdeführerin könne in ihrer derzeitigen Situation keinen irakischen Reisepass erhalten.
Des Weiteren finden sich in gegenständlicher Beschwerdeausführungen über die Gesetzmäßigkeit des § 88 FPG.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist irakische Staatsangehörige und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
1.2. Die Beschwerdeführerin hält sich seit September 2015 in Österreich auf und stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 14.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , wurde ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei. Gleichsam wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt. Die Beschwerden betreffend die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten bzw. einer subsidiär Schutzberechtigten wurden abgewiesen.
1.3. Die Beschwerdeführerin verfügt somit über kein unbefristetes Aufenthaltsrecht.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
? Einsicht in den Akt des BFA;
? Einsicht in die Asylakten der Beschwerdeführerin;
? Einsicht in die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden und Unterlagen:
- XXXX
- XXXX .
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Die Feststellungen betreffend die Nichtzuerkennung des Status einer Asylberechtigten und des Status einer subsidiär Schutzberechtigten sowie die Feststellung, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergeben sich aus den Asylakten der Beschwerdeführerin.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin waren aufgrund der im Akt einliegende Kopie des irakischen Reisepasses der Beschwerdeführerin zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des BFA.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Zu Spruchteil A):
3.2.1. Der mit „Ausstellung von Fremdenpässen“ betitelte § 88 FPG lautet:
§ 88 (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.
3.2.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Dies aus folgenden Erwägungen:
Infolge der unbestritten gebliebenen Aktenlage konnte festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin irakische Staatsangehörige, somit Drittstaatsangehörige ist und über kein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt.
Vor diesem Hintergrund könnte der Beschwerdeführerin ein Fremdenpasse allenfalls nach
§ 88 Abs. 1 Z 4 und 5 FPG ausgestellt werden. Die Absicht auszuwandern wurde seitens der Beschwerdeführerin jedoch nie vorgebracht bzw. als Begründung des Antrages angeführt und liegt auch keine Bestätigung des zuständigen Bundesministers oder der Landesregierung iSd § 88 Abs. 1 Z 5 FPG vor.
Abgesehen davon ist zu beachten, dass – wie das BFA zutreffend festgestellt hat – ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses zugunsten der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden konnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist für die Verwirklichung jedes einzelnen der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände wesentliche Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses, dass dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 2010, Zl. 2010/18/0279, und vom 19. Mai 2011, Zl. 2009/21/0288, jeweils mwN).
Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses kurz und bündig damit, dass ihr die Botschaft der Republik Irak in Wien keinen irakischen Reisepass ausstellen könne, zumal die Botschaft über kein „ausstellendes Reisepasssystem“ verfüge. Des Weiteren sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, zu reisen, zumal ihr irakischer Reisepass bereits abgelaufen sei. Es sei ihr daher auch nicht möglich, zur irakischen Botschaft nach Berlin zu reisen, um sich dort einen irakischen Reisepass ausstellen zu lassen.
Dem BFA kann somit im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn es ein über die privaten Interessen der Beschwerdeführerin hinausgehendes Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses weder im Hinblick auf den Nichterhalt eines irakischen Reisepasses von der irakischen Botschaft in Wien noch im Hinblick auf allfällige Auslandsreisen bejaht hat, zumal auch in der Verbesserung der „Reputation der Republik Österreich“ betreffend das Fremdenwesen durch die Ermöglichung von Auslandsreisen kein Interesse der Republik im Sinn des § 88 Abs. 1 FPG zu sehen ist.
Wenn in der Beschwerde ausgeführt wurde, dass einem Fremden ein Reisepass auszustellen sei, wenn dieser nicht in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen, es sei denn, das zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen würden und somit ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Fremdenpasses bei Vorliegen der vom Gesetz festgelegten Voraussetzungen bestehe, so ist darauf hinzuweisen, dass § 88 Abs. 2a FPG nur für Fremde gilt, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Da der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wurde, entfaltet sich daraus keine Relevanz für gegenständliches Verfahren.
Weiters wurde in der Beschwerde moniert, dass das BFA nicht hinreichend begründet hat, inwieweit kein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses bestehe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das BFA – unter Anführung dazu ergangener Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – ausführlich darlegte, weshalb das Erfordernis eines positiven Interesses der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses nicht besteht. Abgesehen davon, dass sie auf die Begründung der Beschwerdeführerin einging, wonach sie den Antrag gestellt habe, weil sie von der irakischen Botschaft in Wien keinen irakischen Reisepass ausgestellt erhalten könne, beinhaltete der bekämpft Bescheid auch Ausführungen darüber, dass oben dargelegtes Interesse der Republik Österreich auch für den Fall einer allenfalls geplanten Reise ins Ausland nicht vorliegen würde.
Folglich kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses im Sinne des § 88 Abs. 1 FPG nicht gegeben sind und war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich (anlässlich von Beschwerden gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofes) mit der EU-Grundrechte-Charta (GRC) ausführlich in den Entscheidungen zu U 466/11-18 und U 1836/11-13, beide vom 14. März 2012 auseinandergesetzt. Auf das Wesentliche zusammengefasst gilt demnach in Verfahren, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt, die EU-Grundrechte-Charta wie die Verfassung und sind Grundrechte, die durch diese EU-Charta garantiert sind, gleichsam verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, die vor dem Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden können. Der Verfassungsgerichtshof brachte aber im Zuge dieser Entscheidungen auch zum Ausdruck, dass er vor dem Hintergrund der in diesen Entscheidungen zitierten Rechtsprechung des EGMR weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des nunmehr durch § 21 Abs. 7 BFA-VG ersetzten und gleichlautenden § 41 Abs. 7 AsylG 2005 hegt, noch habe der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung in den Anlassfällen einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt. Demnach steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall wurde der vom BFA im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt in der Beschwerde nicht bestritten. Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Auch wurde in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches die Abhaltung einer Verhandlung erfordert hätte. Verfahrensgegenständlich ist vielmehr die rechtliche Würdigung eines feststehenden Sachverhaltes, weshalb auch nicht amtswegig eine mündliche Verhandlung durchzuführen war.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Aufenthaltsrecht Fremdenpass öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L507.2164331.2.00Im RIS seit
10.03.2021Zuletzt aktualisiert am
10.03.2021