TE Bvwg Beschluss 2020/11/23 G306 2216268-2

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Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
VwGVG §16

Spruch

G306 2216268-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Rumänien, vertreten durch RA Dr. Martin MAHRER, wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2019, beschlossen:

A)

Die Säumnisbeschwerde wir als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2009, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

2. Mit per E-Mail am 20.03.2019 beim BVwG eingebrachtem Schreiben, stellte der BF durch seinen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) einen Antrag auf Aufhebung des gegen ihn mit unter Punkt I.1. genannten Bescheides erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes.

3. Mit verfahrensleitenden Beschluss des BVwG, Gz.: G307 2216268-1/2E, vom 26.08.2019, wurde das unter Punkt I.2. genannte Schreiben des BF am 27.08.2019 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gemäß § 6 AVG iVm. § 17 VwGVG zuständigkeitshalber weitergeleitet.

4. Mit per E-Mail am 11.06.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz brachte der BF durch seinen RV eine Säumnisbeschwerde ein.

Darin wurde unter Verweis auf die Antragstellung bezüglich der Aufhebung des gegen den BF erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes am 20.03.2019 und die im alleinigen Verschulden des BFA gelegene Säumnis der Antrag gestellt, dass das BVwG nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung das besagte Aufenthaltsverbot beheben, in eventu die Befristung desselben herabsetzen, sohin an Stelle des BFA in der Sache entscheiden möge.

5. Mit Schreiben des BFA, Zl. XXXX , vom 09.07.2020, dem RV des BF zugestellt am 13.07.2020, wurde der BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme sowie darüber in Kenntnis gesetzt, dass in Aussicht genommen werde, seinen Antrag auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes abzuweisen. Gleichzeitig wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 7 Tagen aufgefordert.

Eine Stellungnahme langte bis dato beim BFA nicht ein.

6. Mit Bescheid des BFA, Zl. XXXX , vom 07.08.2020, dem RV des BF zugestellt am 09.09.2020, wurde der Antrag des BF auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der BPD XXXX , Zl.: XXXX , am XXXX .2009, erlassenen Aufenthaltsverbotes vom 20.03.2019 gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie der BF gemäß § 78 AVG zur Entrichtung von Bundesabgaben in Höhe EUR 6,50 binnen zwei(2) Wochen verpflichtet (Spruchpunkt II.).

7. Mit per E-Mail am 29.09.2020 beim BFA eingebrachtem Schreiben, brachte der RV des BF unter Verweis darauf, bereits am 11.06.2020 eine Säumnisbeschwerde eingebracht zu haben, neuerlich wegen anhaltender Säumnis der belangten Behörde eine Säumnisbeschwerde ein und beantragte die Vorlage derselben an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) zur weiteren prozessualen Behandlung.

8. Die gegenständliche Beschwerde wurde gemeinsam mit den Bezug habenden Verwaltungsakten vom BFA dem BVwG vorgelegt und langten am 05.10.2020 ein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt, sowie auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die seinerzeitige Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes beruht auf einer Ausfertigung des oben unter Punkt I.1. zitierten Bescheides der BPD XXXX (siehe AS 117f). Die am 20.03.2019 beim BVwG erfolgte Einbringung des Antrages des BF auf Aufhebung des besagten Aufenthaltsverbotes sowie die erfolgte Weiterleitung desselben an das BFA ist hinreichend dokumentiert (siehe AS191ff). Auch der Eingang des in Rede stehenden Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes beim BFA ist in den Akten belegt (siehe AS 205). Ferner ist die erfolgte Einbringung einer Säumnisbeschwerde durch den RV des BF am 11.06.2020 (siehe AS211f) sowie die neuerliche Einbringung am 29.09.2020 (siehe AS 285f) und das an den BF gerichtete Parteiengehör (siehe AS 235f) samt den jeweiligen Zustellungs- bzw. Einbringungszeitpunkten hinreichend belegt.

Eine Stellungnahme des BF findet sich jedoch nicht in den Akten und wird die Vornahme einer solchen auch vom BF bis dato nicht behauptet.

Die Erlassung des oben unter Punkt I.6. genannten Bescheides des BFA, mit jenem der gegenständliche Antrag des BF auf Aufhebung des seinerzeit gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, beruht auf einer im Akt einliegenden Ausfertigung desselben (siehe AS 253f).

Einem Sendungsprotokoll kann zudem entnommen werden, dass der besagte Bescheid dem RV des BF per Telefax an dessen Telefax-Nummer, +43 XXXX , welche dieser in seinen jeweiligen Schreiben an das BFA explizit angeführt hat (siehe AS 213, 287) am 09.09.2020 zugestellt wurde (siehe AS 281).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde:

3.1.1. Der mit „Frist zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde“ betitelte § 8 VwGVG lautet:

„§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

Der mit „Nachholung des Bescheides“ betitelte § 16 VwGVG lautet:

„§ 16. (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.“

Gemäß § 12 VwGVG sind bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (Maßnahmenbeschwerde).

„Auch mit einem nach Ablauf der Nachfrist gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG 2014 erlassenen Bescheid hat die Partei zunächst den von ihr mit ihrer Säumnisbeschwerde verfolgten Anspruch auf Entscheidung durchgesetzt, auch wenn dabei eine gesetzliche Bestimmung - nämlich, die zwischenzeitig eingetretene Zuständigkeit des VwG zur Entscheidung in der Sache - verletzt wurde. Diese Gesetzesverletzung geltend zu machen, ist in erster Linie der Disposition der Partei überlassen, als ihr die Entscheidung darüber offensteht, ob sie den Bescheid in Rechtskraft erwachsen lässt oder Beschwerde gegen den nachgeholten Bescheid erhebt. Die Gesetzesverletzung ist in dem allfälligen Beschwerdeverfahren vom Verwaltungsgericht zu klären, während das Säumnisbeschwerdeverfahren als Rechtsschutzziel (nur) die Herbeiführung einer Entscheidung in der betreffenden Verwaltungsangelegenheit vor Augen hat und nicht die Richtigkeit der Entscheidung (Hinweis E vom 20. September 2006, 2003/01/0502, mit Verweis auf das E eines verstärkten Senats vom 16. März 1977, 752/76).“ (vgl. VwGH 20.12.2017, Ro 2017/03/0019)

Im Fall der Einbringung einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG bleibt die Zuständigkeit der säumigen Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungsangelegenheit bis zum Ablauf der dreimonatigen Nachholfrist gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG 2014 bestehen. Dies gilt mit Ausnahme des Falles, dass die Behörde bereits vor Ablauf dieser Frist die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht vorlegt (§ 16 Abs. 2 VwGVG 2014). Diese Sichtweise entspricht dem aus den Erläuterungen ersichtlichen Willen des Gesetzgebers, der Behörde im Verfahren über Säumnisbeschwerden die Möglichkeit zu eröffnen, die versäumte Erlassung des Bescheides nachzuholen.(vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421)

3.1.2. Der BF hat seinen gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des seinerzeit gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes am 20.03.2019 entgegen § 12 VwGVG nicht beim BFA sondern beim BVwG eingebracht, welches den Antrag des BF dem zuständigen BFA am 27.08.2019 weitergeleitet hat. Am 11.06.2020 brachte der BF fristgerecht und bei der sachlichen zuständigen Behörde, konkret beim BFA, eine Säumnisbeschwerde ein. Das BFA wiederum wies letztlich den Antrag des BF mit Bescheid ab und stellte diesen Bescheid dem RV des BF am 09.09.2020 per Telefax zu.

Mit Schreiben vom 29.09.2020 brachte der BF erneut eine Säumnisbeschwerde mit Begründung einer aufrechten Säumnis der belangten Behörde beim BFA ein und wurde diese am 05.10.2020 dem BVwG samt Verwaltungsakt vom BFA vorgelegt.

Durch die Einbringung einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bleibt die Zuständigkeit der säumigen Behörde zur Entscheidung in der Verwaltungsangelegenheit bis zum Ablauf der dreimonatigen Nachholfrist gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG bestehen, sofern die Behörde nicht bereits vor Ablauf dieser Frist die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht vorlegt (§ 16 Abs. 2 VwGVG). (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421)

Die belangte Behörde hat, gerechnet vom dortigen Eingang der ersten Säumnisbeschwerde am 11.06.2020 an gerechnet innerhalb der dreimonatigen Frist, konkret am 09.09.2020, eine Entscheidung in der Sache getroffen, und damit das vom BF initiierte Antragsverfahren als – weiterhin – sachlich zuständige Behörde einer Erledigung zugeführt.

Vor diesem Hintergrund mangelt es einer neuerlichen nach erfolgter Zustellung des die Rechtsache erledigenden Bescheides, konkret am 29.09.2020, eingebrachten Säumnisbeschwerde sohin an einem verschuldeten Versäumnis der belangten Behörde, weshalb diese als unzulässig zurückzuweisen war.

3.2. Abschließend sei jedoch angemerkt, dass die belangte Behörde nachdem sie in Folge einer Säumnisbeschwerde – innerhalb der gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG vorgesehenen Dreimonatsfrist – letztlich eine bescheidmäßige Erledigung im Aufenthaltsverbotsaufhebungs-Antragsverfahren des BF herbeigeführt hat, gemäß § 16 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG das anhängige Säumnisbeschwerdeverfahren formell einzustellen gehabt hätte. (siehe dazu VwGH 19.09.2017, Ro 2017/20/0001)

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B)   

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder im gegenständlichen Antrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

mangelnder Anknüpfungspunkt Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Verschulden Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2216268.2.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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