TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/27 L525 2153489-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2020
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Entscheidungsdatum

27.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


L525 2153489-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX alias XXXX alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX ), StA: Bangladesch, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.3.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer – ein Staatsangehöriger von Bangladesch – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 18.3.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am Folgetag einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er Parteimitglied der BNP gewesen sei, konkret der Bangladesh Jatiotabadi Dal Partei. Als solches habe er auch an Kundgebungen und Demonstrationen dieser Partei teilgenommen. Er sei in der Folge mehrmals von Mitgliedern der Awami League, der regierenden Partei, aufgefordert worden, nicht mehr für seine Partei aktiv zu sein, weshalb er letztendlich auch mit dem Umbringen bedroht worden sei. Aus diesem Grunde habe er sich zum Verlassen seiner Heimat entschlossen. Das sei sein Asylgrund. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, von seinen politischen Gegnern getötet zu werden. Von staatlicher Seite hätte er keine Sanktionen zu befürchten; er werde in seiner Heimat weder behördlich gesucht, noch bestehe ein Haftbefehl gegen ihn. Aus religiösen, ethnischen oder familiären Gründen werde er in Bangladesch ebenfalls nicht verfolgt.

2. Am 29.8.2016 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge "BFA") niederschriftlich einvernommen. Zu Beginn der Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer, dass er psychisch und physisch in der Lage sei, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen; er habe keine physischen oder psychischen Probleme. Mit der Dolmetscherin könne er sich einwandfrei verständigen, sprachliche Probleme oder Verständigungsschwierigkeiten würden keine vorliegen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er ein aktives Mitglied der BNP-Partei sei. Er sei im Vorstand des Bezirkes XXXX , Herr XXXX sei ein Nationalratsmitglied, der Beschwerdeführer arbeite für die Partei, dazu habe er Poster aufgehängt und Broschüren verteilt. Sie hätten immer Schwierigkeiten mit der Awami League und hätten keine Poster aufhängen sollen. Die Parteizentrale sei in XXXX gewesen. Am 5.9.2009 sei die Awami an die Macht gekommen. Am 19.8.2008 hätten sie die Awami-Mitglieder beim Poster aufhängen gehindert. Die Situation in Bangladesch sei allgemein schlecht. Nach der Wahl, ca. am 30.9.2009, sei der Beschwerdeführer auf dem Markt gewesen. Auf dem Weg zum Markt in XXXX müsse man am Büro der Awami-League vorbeigehen. Vor der Parteizentrale seien zwei Männer der Awami-League gestanden und hätten den Beschwerdeführer gerufen. Er sei zu den zwei Männern gegangen und sie hätten gemeint, vor den Wahlen wäre er sehr vorlaut gewesen. Sie hätten ihn in die Parteizentrale gezogen, dort seien mehrere Männer gewesen und hätten dann auf ihn eingeschlagen. Der Beschwerdeführer sei dann mit einer Rikscha nach Hause gefahren. Er sei schwer verletzt gewesen. Nach ca. ein bis zwei Monaten habe er dann eine Nachricht erhalten, dass er 500.000,-- Taka bezahlen müsste. Wenn er diese 500.000,-- Taka nicht bezahlen, würden sie seine Frau oder seine Söhne entführen. Darauf sei der Beschwerdeführer zur BNP-Partei gegangen und habe um Hilfe gefragt. Die Parteimitglieder hätten gesagt, sie könnten nichts machen, da die Awami an der Macht sei. Das Beste wäre für den Beschwerdeführer, das Land zu verlassen. Daraufhin habe er seine Frau und die Kinder zu seinen Schwiegereltern gebracht. Da diese Bedrohungen und körperlichen Übergriffe nicht aufgehört hätten, habe er das Land verlassen.

Der Beschwerdeführer legte im Verfahren vor dem BFA eine Bestätigung der Gemeinde XXXX vom 24.8.2016 über eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Bauhof, mehrere Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung der TSD vom 31.7.2015 über die Teilnahme an einer Deutschqualifizierung auf dem Niveau A1/A2, Bestätigungen von GemNova vom 26.8.2016 und 2.1.2017 über die Teilnahme an einem Deutsch-Alphabetisierungskurs und einem Deutschkurs A1.1, ein Schreiben der BNP (Ausfertigungen auf Bengali und Englisch) sowie weitere bengalische Urkunden vor.

Am 30.8.2016 stellte das BFA eine Anfrage an die Staatendokumentation hinsichtlich der behaupteten Parteimitgliedschaft des Beschwerdeführers in der BNP. Am 17.11.2016 erstattete die Staatendokumentation diesbezüglich eine Anfragebeantwortung.

3. Am 11.1.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich durch das BFA einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation mit dem Beschwerdeführer erörtert und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 27.3.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch der politischen Gesinnung in seiner Heimat von staatlicher Seite verfolgt worden sei. Es habe weiters nicht festgestellt werden können, dass er in seiner Heimat einer persönlichen Bedrohung durch Mitglieder der Awami League oder anderer Privatpersonen ausgesetzt gewesen wäre bzw. von der Polizei gesucht würde. Es habe somit nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aufgrund einer persönlichen Verfolgung verlassen habe.

5. Mit Schriftsatz vom 13.4.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 27.3.2017. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass die getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise veraltet seien; sie würden sich kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen. Auf ergänzende Länderberichte wurde verwiesen. Das BFA habe seine gesamte Beweiswürdigung auf die Angaben eines Vertrauensanwaltes vor Ort, welcher namentlich nicht genannt worden sei, gestützt. In der Beweiswürdigung wäre sowohl die politische Affiliation des beauftragten Vertrauensanwaltes wie auch der angeblich befragten Personen zu berücksichtigen gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die politische Einstellung des Vertrauensanwaltes bzw. der Befragten Einfluss auf ihre Arbeit bzw. Antworten gehabt hätte. Weiters bestünden massive rechtliche Bedenken hinsichtlich der Befragung durch den Vertrauensanwalt ohne Wahrung der Anonymität des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer habe zwar eingewilligt, dass seine persönlichen Daten an den Anwalt sowie die Behörden weitergegeben werden. Die Einwilligung des Beschwerdeführers habe sich nicht auf die Weitergabe der personenbezogenen Daten an all die Einheimischen, die Vertrauensanwalt befragt habe, bezogen und habe er diese Einwilligung nur deshalb gegeben, da er bei Verweigerung Angst um einen negativen Ausgang seines Verfahrens gehabt hätte. Durch die rechtswidrige Weitergabe seiner persönlichen Daten an sein Heimatdorf habe die Behörde einen Nachfluchtgrund gesetzt, indem sie ihn in eine lebensbedrohliche Lage dahingehend gesetzt habe, dass sie seine oppositionelle Gesinnung sowie seine deshalb erfolgte Flucht unter den Einheimischen erneut verbreitet hätte. Darüber hinaus hätten die Ermittlungen des Vertrauensanwaltes die Angaben des Beschwerdeführers in wesentlichen Teilen bestätigt. Die Beweiswürdigung zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sei nicht nachvollziehbar und unschlüssig. Der Beschwerdeführer werde in Bangladesch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und lasse dies für ihn die Definition eines Flüchtlings im Sinne der GFK zutreffen. Aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage hätte die Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Der Beschwerdeführer sei um seine Integration in Österreich bemüht, habe sich Wohlverhalten und stelle keine Gefährdung für die allgemeine Sicherheit dar.

6. Am 20.4.2017 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

7. Im Beschwerdeverfahren wurden – neben bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen – eine Bestätigung einer Gärtnerei vom 18.9.2017 über eine Beschäftigung als Gartenarbeiter sowie eine Lohn-Gehaltsabrechnung für September 2017, November 2018, Oktober 2019 und November 2019, mehrere Empfehlungsschreiben, ein Arbeitszeugnis einer Gärtnerei vom 19.6.2018, Bescheide des AMS vom 30.8.2017, 25.1.2018, 4.7.2018, 13.2.2019, 19.9.2019 und 19.12.2019 über die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen als Gartenarbeiter/Gärtnerhelfer bzw. Abwascher im Zeitraum von 30.8.2017 bis 31.12.2017, 1.3.2018 bis 30.6.2018, 15.8.2018 bis 30.11.2018, 1.3.2019 bis 31.8.2019, 1.10.2019 bis 11.11.2019 und 20.12.2019 bis 30.6.2020, eine Bestätigung einer Gärtnerei vom 26.2.2019 über eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Zeitraum von 15.8.2018 bis 30.11.2018, zwei Sterbeurkunden, eine Geburtsurkunde sowie zwei Heiratsurkunden (jeweils aus Bangladesch, in englischer Sprache), eine weitere Urkunde in bengalischer Schrift, eine Arbeitsbescheinigung des AMS über eine Beschäftigung als Gartenarbeiter im Zeitraum von 11.9.2017 bis 31.12.2017, eine Bestätigung von GemNova vom 7.9.2017 über die Teilnahme an einem Kurs Alpha & Phonetik sowie eine Bestätigung der TSD vom 23.9.2019 über den Besuch eines Deutschkurses A1 vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.11.2020 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters eine mündliche Verhandlung durch.

Im Zuge der Ladung zur Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Länderberichte zu Bangladesch übermittelt; der Beschwerdeführer führte dazu in der mündlichen Verhandlung zusammengefasst aus, dass die Situation einfach nur schrecklich sei. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gab keine Stellungnahme ab. Informationen zur COVID-19-Pandemie sowie aktuelle Zahlen der WHO zu COVID-19 in Bangladesch wurden vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht und verlesen; eine Stellungnahme wurde dazu nicht abgegeben.

Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung eine Medikamentenliste bzw. Überweisungen und Rechnungen von Medikamenten, einen Laborbericht vom 28.10.2020, einen Versicherungsdatenauszug vom 21.10.2020, eine Mitgliedskarte RK 2020, Bescheide des AMS vom 19.12.2019 und 8.7.2020 über die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen als Abwascher in den Zeiträumen von 20.12.2019 bis 30.6.2020 und 1.7.2020 bis 31.12.2020, Fotos aus Bangladesch, ein Konvolut an Empfehlungsschreiben samt Fotos, eine Meldung der Beschäftigungsaufnahme vom 2.1.2020, eine Lohn- und Arbeitsbestätigung über eine Beschäftigung seit 2.1.2020, Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Monate Jänner bis Oktober 2020 sowie Bestätigungen der Gemeinde XXXX vom 24.8.2016 und 6.10.2017 über eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Bauhof vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen zugehörig. Er bekennt sich zum sunnitischen Islam. Der Beschwerdeführer spricht als Muttersprache Bengali und verfügt über gering ausgeprägte Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX , Polizeiverwaltungsbezirk XXXX , Distrikt Brahmanbaria, Region Chittagong. Er hat von 1992 bis 1997 die Grundschule besucht und danach in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Ehefrau und Kinder leben nach wie vor im Elternhaus des Beschwerdeführers; sein Vater ist bereits verstorben. Die drei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Bangladesch. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Familienangehörigen in Bangladesch in Kontakt.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2011 aus Bangladesch aus.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.

Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.

1.3. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer reiste im März 2014 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.3.2014 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Er lebt auch nicht in einer Lebensgemeinschaft oder mit einer ihm sonst nahestehenden Person zusammen. Der Beschwerdeführer verfügt über soziale Kontakte in Österreich; engere freundschaftliche Kontakte oder Beziehungen zu Österreichern konnten nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat zahlreiche Empfehlungsschreiben vorgelegt; darin wird er im Wesentlichen als freundlich, höflich und hilfsbereit beschrieben.

Der Beschwerdeführer hat in den Jahren 2015 bis 2019 an mehreren Deutschkursen – zuletzt auf dem Sprachniveau A1 – teilgenommen; die Ablegung von Deutschprüfungen hat er nicht nachgewiesen.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine Mitgliedskarte des Roten Kreuzes. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er sich dort oder in einem Verein oder einer sonstigen Organisation freiwillig engagieren würde.

Im November 2014 und September 2017 war der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter im Bauhof der Gemeinde XXXX tätig. Zudem verkaufte der Beschwerdeführer eine Straßenzeitung. In den Zeiträumen von 11.9.2017 bis 31.12.2017, 1.3.2018 bis 30.6.2018, 16.8.2018 bis 30.11.2018, 1.3.2019 bis 31.8.2019 und 1.10.2019 bis 8.11.2019 war er als Gartenarbeiter/Gärtnerhelfer in einem Gärtnereibetrieb beschäftigt. Seit dem 2.1.2020 ist er in einem Gastronomiebetrieb als Abwäscher beschäftigt; zuletzt wurde ihm eine bis 31.12.2020 befristete Beschäftigungsbewilligung erteilt. Der Beschwerdeführer steht seit dem Jahr 2014 im Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Von ihm begangene Verwaltungsübertretungen sind nicht aktenkundig.

1.4. Länderfeststellungen:

Politische Lage

Letzte Änderung: 19.8.2020

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh/GanaprajätantrT Bämlädes) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ

II.2019a). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km2 (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km2) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB 8.2019) sowie zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).

Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019).

Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien AL und BNP bestimmt (ÖB 8.2019; vgl. AA 21.6.2020, BS 29.4.2020). Klientelismus und Korruption sowie mafiöse Strukturen sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 21.6.2020; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der AL Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde sie für ihre vierte Amtszeit - die dritte Amtszeit in Folge - als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Wahlen und Willensbildungsprozess

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei wies die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nannte die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und einem harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).

Quellen:

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Sicherheitslage

Letzte Änderung: 19.8.2020

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende AL hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition. wie auch der mit ihr verbündet geltenden Kräfte. sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.6.2020).

Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 27.7.2020; vgl. AA

28.7.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten. Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 21.6.2020). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah auf religiös motivierte Vorfälle (AA 21.6.2020).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 28.7.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AnAg 5.11.2019, TDS 24.8.2019).

Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).

Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2018 waren es 135 solcher Vorfälle und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 15.8.2020 wurden im Jahr 2020 58 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 17.8.2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch- node/bangladeschsicherheit/206292. Zugriff 5.8.2020

•        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_

%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_

%28Stand Mai 2020%29%2C 21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020

•        AnAg - Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/

1636457, Zugriff 2.4.2020

•        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomv-of-violence-in-bangladesh/. Zugriff 6.3.2019

•        AI - Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html. Zugriff 2.4.2020

•        BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (27.7.2020): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/. Zugriff 5.8.2020

•        FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 - Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020. Zugriff 1.4.2020

•        HRW - Human Rights Watch (18.9.2019): Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya. Zugriff

4.2.2020

•        SATP - South Asia Terrorism Portal (17.8.2020): Data Sheet - Bangladesh, Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents- data/bangladesh , Zugriff 17.5.2020

•        TDS - The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726. Zugriff

15.1.2020

•        UKFCO - UK Foreign and Commonwealth Office (29.3.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety- and-security, Zugriff 4.2.2020

•        UKFCO - UK Foreign and Commonwealth Office (29.3.2020b): Foreign travel advice Bangladesh - Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism, Zugriff

4.2.2020

•        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html. Zugriff 24.3.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 19.8.2020

Die Justiz ist überlastet. Überlange Verfahrensdauern, Korruption und politische Einflussnahme behindern die Unabhängigkeit. Presseberichten zufolge kommt es in ländlichen Gebieten zu Verurteilungen durch unbefugte Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem „Scharia Recht". Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 21.6.2020).

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen „Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem „High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem „Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 8.2019).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 8.2019). Die Einflussnahme der Regierungspartei auf Parlament und Justiz haben deren Unabhängigkeit inzwischen weitgehend beseitigt (AA 21.6.2020).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze („Public Safety Act", „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, „Women and Children Repression Prevention Act”, „Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese „Speedy Trial"-Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zum Tode verurteilt (ÖB 8.2019).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 2020). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese „Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 8.2019).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges Amt%2C Bericht

%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_

%28Stand Mai 2020%29%2C 21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020

•        FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 - Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020. Zugriff 1.4.2020

•        FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh.

https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-

environment-in. Zugriff 3.4.2020

•        ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 19.8.2020

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat. die innere Sicherheit sowie Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig. kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen. Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 11.3.2020).

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien. Ineffizienz und Korruption (AA 21.6.2020). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern (USDOS 11.3.2020). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 8.2019).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 8.2019).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig „verschwinden“ (AI 30.1.2020; siehe auch Abschnitt 5). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, sodass diese straflos bleiben. Auch im Falle einer Beschwerde herrscht weitestgehend Straffreiheit. Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, werden durch die politische Ebene die zuständigen Polizisten oft bestraft (AA 21.6.2020).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten „Bangladesch Police“, die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 8.2019).

Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt rund 12 RABs mit insgesamt ca. 8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 8.2019). Ihnen werden schwere Menschenrechtsverstöße wie z.B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 21.6.2020). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete „Gang“-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 8.2019). Die Regierung streitet weiterhin das Verschwindenlassen von Personen, Folter und andere Verstöße durch Sicherheitskräfte, sowie außergerichtliche Tötungen, etwa durch Angehörige des RAB ab. Die Sicherheitskräfte versuchen seit langem, unrechtmäßige Tötungen zu vertuschen, indem sie behaupteten, dass es bei einem Schusswechsel oder im Kreuzfeuer zu Todesfällen gekommen ist. Hunderte Menschen wurden angeblich in solchen „Kreuzfeuer“ getötet (HRW 14.1.2020).

Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leicht bewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 8.2019).

Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry [Innenministrium], wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 8.2019).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches „Platoon“ a 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 8.2019).

Special Branch of Police (SB): Sie ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 21.6.2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_

%28Stand Mai 2020%29%2C 21.06.2020.pdf. Zugriff 5.8.2020

•        HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html. Zugriff 1.4.2020

•        ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

•        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html. Zugriff 24.3.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 19.8.2020

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die Verfassung und Gesetze verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste (USDOS 11.3.2020). Im Fokus der Kritik bezüglich Folter wie auch extralegaler Tötungen stehen dabei insbesondere die Angehörigen der Rapid Action Battalions (RAB) (ÖB 8.2019; vgl. HRW 14.1.2020, ODHIKAR 8.2.2020). Die Behörden gehen entsprechenden Anzeigen nur selten nach (ODHIKAR 8.2.2020). Das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 wird aufgrund mangelnden politischen Willens und Unkenntnis der Strafvollzugsbehörden unzureichend umgesetzt (ODHIKAR 8.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Missbrauch durch Sicherheitsbeamte bleibt weitgehend straflos (USDOS 11.3.2020).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während denen Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschenrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen (USDOS 11.3.2020; vgl. ODHINKAR 8.8.2019). Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert (ÖB 8.2019). Doch auch vulnerable Gruppen sind von Folter betroffen (OMCT 14.8.2019).

Gemäß der bangladeschischen NGO Odhikar starben 2017 bis 2019 insgesamt 25 Personen an den Folgen von Folter bzw. wurden in diesem Zeitraum insgesamt 1.012 Fälle außergerichtlicher Tötungen aufgezeichnet (2017: 155, 2018: 466, 2019: 391). Ebenso wurde von einigen Fällen von erzwungenem Verschwindenlassen berichtet (ODHIKAR 8.2.2020, ODHIKAR 8.8.2019, ODHIKAR 12.1.2018). Gemäß Amnesty International wurden 2019 mindestens 49 Rohingya-Flüchtlinge außergerichtlich hingerichtet (AI 30.1.2020). Für das Jahr 2018 wird von sechs Todesopfern in Folge von Folter berichtet (ODHIKAR 8.8.2019). 79 Menschen wurden vor ihrer Verhaftung, 97 Menschen nach erfolgter Verhaftung und weitere Personen nach Einsatz von Folter oder durch anderen Mitteln von Sicherheitsbehörden getötet. In einigen Fällen waren die Opfer monatelang verschleppt, bevor sie bei angeblichen „Schießereien“ getötet wurden. Mindestens 13 Personen wurden gewaltsam verschleppt. Vier von ihnen wurden freigelassen, einer wurde verhaftet, und die übrigen acht Personen werden immer noch vermisst (AI 30.1.2020).

Trotz internationaler Verpflichtungen hat Bangladesch bisher keine Schritte zur Etablierung eines effektiven Opfer- und Zeugenschutzes getätigt und auch keine Prozeduren eingeleitet, die es Opfern ermöglicht, ihr Beschwerderecht ohne Angst vor Vergeltung wahrzunehmen. Folteropfer und deren Familien werden nach Anzeigen gegen Sicherheitsbeamte häufig bedroht und in vielen Fällen wird ihnen Geld angeboten, damit sie die Beschwerde zurückziehen. In den wenigen Fällen, die vor Gericht gelangen, sind die Opfer mit einem dysfunktionalen und parteiischem Justizsystem konfrontiert (OMCT 26.6.2018). Laut einer Studie der Organisation „The Death Penalty Project“ seien selbst Richter in Bangladesch größtenteils der Ansicht, dass Folter ein legitimes Mittel sein könne, um zu Geständnissen zu gelangen. Lediglich in Einzelfällen kommt es aber zu Verurteilungen nach bewiesener Folter (AA 21.6.2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_

%28Stand Mai 2020%29%2C 21.06.2020.pdf. Zugriff 5.8.2020

•        AI - Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html. Zugriff 2.4.2020HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/ 2022700.html, Zugriff 1.4.2020

•        ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

•        ODHIKAR (Autor), veröffentlicht von FIDH - International Federation for Human Rights (8.2.2020): Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019 eng.pdf, Zugriff 3.4.2020

•        ODHIKAR (8.8.2019): Annual Human Rights Report on Bangladesh 2018, http://odhikar.org/wp- content/uploads/2019/08/Annual-HR-Report-2018_Engl.pdf. Zugriff 5.8.2020

•        ODHIKAR (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp- content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf. Zugriff 1.3.2019

•        OMCT - World Organisation Against Torture (14.8.2019): Bangladesh: Human rights groups urge government to implement recommendations on torture and other abuses after damning UN review, https://www.omct.org/press-releases/urgent-interventions/bangladesh/2019/08/d25471/.

Zugriff 2.4.2020

•        OMCT - World Organisation Against Torture (26.6.2018): Bangladesh: Torture prevails due to deeply rooted culture of impunity,

https://www.omct.org/statements/bangladesh/2018/06/d24943/. Zugriff 2.4.2020

•        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh. https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html. Zugriff 24.3.2020

Korruption

Letzte Änderung: 19.8.2020

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 921.6.2020; vgl. LIFOS 25.2.2019, ODHIKAR 8.2.2020). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2019 den 146. Platz unter 180 Staaten (TI 23.1.2020). Das bedeutet eine Verbesserung gegenüber 2018 (149. Platz unter 180 untersuchten Staaten) um drei Positionen (Vergleich zum Jahr 2017: 143/180) (TI 29.1.2019).

Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte. der Gerichtsbediensteten. der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 8.2019).

Das Strafgesetzbuch von 1860 verbietet es Beamten, Bestechungsgelder anzunehmen [Absatz 161. 165] oder Beihilfe zur Bestechung zu leisten [Absatz 165 A] (TI 1.2019). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden, die Polizei sowie die Rechtspflege genannt. NGOs und Militär genießen den besten Ruf (AA 21.6.2020).

Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als „eher zahnloser Papiertiger“ sowie „reines Aushängeschild“ beurteilt (ÖB 8.2019). Die Antikorruptionsbehörde (ACC) darf der Korruption verdächtigte Beamte nur mit Erlaubnis der Regierung anklagen. Faktisch ist die „Anti Corruption Commission“ machtlos (AA 27.7.201921.6.2020; vgl. ODHIKAR 2.8.2020). Die Regierung nutzt die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung, beispielsweise gegen die oppositionelle BNP (FH 2020).

Es gibt Ambitionen der jüngsten Regierungen, Korruption einzuschränken (LIFOS 25.2.2019) und die Regierung setzt Schritte zur Bekämpfung der weitverbreiteten Polizeikorruption (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_

%28Stand Mai 2020%29%2C 21.06.2020.pdf. Zugriff 5.8.2020

•        FH - Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 - Bangladesh. https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020. Zugriff 1.4.2020

•        LIFOS - Center för landinformation och landanalys inom migrationsomradet (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226 1551169348 190225550.pdf. Zugriff 5.3.2019

•      &

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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