TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/2 W152 2133213-1

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Veröffentlicht am 02.12.2020
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Entscheidungsdatum

02.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs9 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W152 2133213-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Republik Korea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2016, Zl. 1110764106-160588822, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den in Spruchpunkt I enthaltenen Ausspruch „Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 26.04.2016 wird gemäß § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen“ wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser Ausspruch wie folgt zu lauten hat: „Der Antrag vom 26.04.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK wird gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.“

II. Die weiteren Aussprüche des Spruchpunktes I sowie Spruchpunkt II werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Korea. Die Beschwerdeführerin stellte am 26.04.2016 gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Dem Antrag angeschlossen waren u.a. eine Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin, die südkoreanischen Reisepässe der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern und die österreichischen Aufenthaltstitel (Aufenthaltsbewilligungen) der Eltern der Beschwerdeführerin jeweils mit dem Aufenthaltszweck „Schüler“, jeweils gültig bis 12.11.2016.

1.2. Mit behördlichem Schriftsatz vom 22.06.2016 wurde die Beschwerdeführerin vom bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und aufgefordert dazu Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin nahm mit am 04.07.2016 eingelangtem Schriftsatz dazu Stellung.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 15.07.2016, Zl. 1110764106 – 160588822, wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 26.04.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen, welche vorübergehend unzulässig ist (Spruchpunkt I). Der Beschwerdeführerin wurde eine Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z 4 FPG ausgestellt (Spruchpunkt II).

1.4. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte würde zu einer unzulässigen Besserstellung im Vergleich zu den Eltern der Beschwerdeführerin führen. Maßnahmen oder Entscheidungen für den Fall der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin seien nur gegen die Beschwerdeführerin in Verbindung mit ihren Eltern möglich. Die Rückkehrentscheidung habe keine direkten Auswirkungen. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiege die familiären und privaten Interessen der Beschwerdeführerin. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 3 FPG ist die Abweisung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55-57 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Die Beschwerdeführerin sei unmündig, die Rückkehrentscheidung sei somit vorübergehend unzulässig. Gemäß § 46a Abs. 1 Z 4 FPG sei der Beschwerdeführerin somit eine Karte für Geduldete auszustellen.

1.5. Mit Schriftsatz vom 16.08.2016 wurde gegen den Bescheid fristgerecht – und vollumfänglich und somit auf keinen Spruchpunkt bzw. Ausspruch eingeschränkt – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Der Bescheid sei mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der Bescheid verletze die Grundrechtecharta. Im Ergebnis stelle daher die Abweisung des Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels eine Verletzung des Art. 8 EMRK dar. Die Argumentation der „Besserstellung“ sei rechtlich nicht gedeckt. Die Annahme sei darüber hinaus auch nicht richtig. Die Beschwerdeführerin sei als Säugling als besonders schutzwürdig iSd § 57 AsylG 2005 anzusehen und deshalb die Erteilung dieses Aufenthaltstitels sachgerecht. Die Niederlassungsbehörde habe außerdem die Eltern der Beschwerdeführerin falsch angeleitet und die Zuständigkeit des Bundesamtes angenommen. Schlussendlich sei dem Bescheid kein nachvollziehbares Ermittlungsverfahren vorausgegangen. Es werde vielmehr eine nicht näher dargelegte Vermengung mit dem NAG in den Raum gestellt und es fehle jede nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem Recht auf Familienleben der Beschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang

Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser bei Punkt I wiedergegeben ist.

1.2. Zur Person und zum Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Korea und wurde am XXXX in Wien geboren. Die Beschwerdeführerin stellte am 26.04.2016 gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 einen Antrag auf Gewährung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Die Beschwerdeführerin verfügt nunmehr über einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsbewilligung“ mit dem Aufenthaltszweck „Schüler“. Der besagte Aufenthaltstitel ist vom 17.11.2020 bis zum 24.03.2021 gültig und trägt die Geschäftszahl XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der Verwaltungsakten des Bundesamtes und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts. Die Feststellungen zum Geburtsdatum der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem vorgelegten Reisepass der Republik Korea. Die Feststellungen zum aktuell gültigen Aufenthaltstitel ergeben sich aus dem Zentralen Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Verwaltungsgericht, entscheidet es in der Sache selbst, hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten, weshalb allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes und der Rechtslage zu berücksichtigen sind (z.B. VwGH 24.04.2019, Ra 2018/03/0051). Denn die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 (und damit insbesondere nach § 55 AsylG 2005) ist als subsidiäre Maßnahme konzipiert, die nur in Betracht kommt, wenn der betreffende Fremde nicht ohnehin über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt (VwGH vom 04.04.2019, Ra 2019/21/0009). Die Beschwerdeführerin hat im Zeitpunkt der Entscheidung eine Aufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck „Schüler“. Der Antrag war somit gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen. Es besteht weiters keine Notwendigkeit für eine amtswegige Prüfung der Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nach § 57 AsylG 2005, wenn sich der Fremde – wie im vorliegenden Fall – entschieden hat, ausdrücklich einen Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels zu stellen und damit erkennbar (nur) dessen Voraussetzungen für gegeben erachtet (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Die Beschwerdeführerin stellte im gegenständlichen Verfahren einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005. Die Prüfung der Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nach § 57 AsylG 2005 ist daher nicht vorzunehmen. Der diesbezügliche Ausspruch in Spruchpunkt I des Bescheides war daher ersatzlos aufzuheben.

Beantragt ein Drittstaatsangehöriger einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 und wird dieser Antrag zurückgewiesen, ist diese Entscheidung grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, doch „gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt“ (vgl. § 10 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 und VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0077). Im gegenständlichen Fall war der Antrag gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, weshalb die Rückkehrentscheidung somit ebenfalls ersatzlos zu beheben war.

Die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist im gegenständlichen Verfahren kein Verfahrensthema. Der damit verbundene Spruchpunkt II (Duldung nach § 46a FPG) war somit auch aufzuheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich stets auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR/EuGH stützen; diesbezügliche Zitate finden sich in der rechtlichen Beurteilung. Sofern die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Verfassungsgerichtshofes zu (zum Teil) alten Rechtslagen erging, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Im konkreten Fall ging das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und ist diese auch nicht uneinheitlich. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Aufgrund der (anzunehmenden) Deutschkenntnisse der gesetzlichen Vertreterin (Mutter) war die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung iSd § 12 Abs. 1 BFA-VG idgF entbehrlich.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ersatzlose Teilbehebung Rechtsanschauung des VwGH Rückkehrentscheidung behoben unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W152.2133213.1.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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