TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/4 L519 2165668-1

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Veröffentlicht am 04.12.2020
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Entscheidungsdatum

04.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §17

Spruch


L519 2165668-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak alias staatenlos, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 29.6.2017, Zl. 1077238908-150826858, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 63 AVG iVm § 17 Zustellgesetz als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet) brachte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 8.7.2015 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Dieser Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

2.1. Dieser Bescheid wurde dem BF am 6.7.2016 rechtswirksam zugestellt. Als Beginn der Abholfrist wurde in der Verständigung über die Hinterlegung vom Zusteller der 6.7.2017 eingetragen.

3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 21.7.2017 (eingelangt beim BFA ebenfalls am 21.7.2017) Beschwerde erhoben.

4. Mit Schreiben des BVwG vom 17.1.2019 wurde dem BF mitgeteilt, dass der Bescheid des BFA rechtswirksam am 6.7.2017 durch Hinterlegung zugestellt wurde und die von ihm mittels Telefax am 21.7.2017 eingebrachte Beschwerde daher verspätet eingebracht worden sei. Gleichzeitig wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen 1 Woche Stellung zu nehmen.

5. Mit Schriftsatz vom 23.1.2019 führte der BF dazu im Wesentlichen aus, dass es richtig sei, dass er am 6.7.2017 von der Hinterlegung des Bescheides durch Erhalt eines schriftlichen Verständigungszettels Kenntnis erlangt habe. Laut diesem Verständigungszettel würde der Bescheid ab dem nächsten Tag, dem 7.7.2017, beim Postamt zur Abholung bereitliegen.

Gem. § 17 Abs. 3 ZustellG gelten Dokumente mit dem Tag, an dem sie erstmals zur Abholung bereitgehalten werden, als zugestellt. Demnach sei der Bescheid mit 7.7.2017 zugestellt und die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden.

6. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen:

Der Bescheid des BFA vom 29.6.2017, Zl. 1077238908-150826858, wurde dem BF am 6.7.2017 rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt. Erster Tag der Abholfrist war der 6.7.2017.

Letzter Tag der Beschwerdefrist war der 20.7.2017.

Die Beschwerde wurde mittels Telefax am 21.7.2017 eingebracht.

2.Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des BFA und insbesondere die Verständigung über die Hinterlegung, AS 205.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde als verspätet:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen 2 Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter iSd § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gem. § 17 Abs. 1 ZustellG das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Abs. 2 leg.cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Nach dem Abs. 3 des § 17 ZustellG ist das hinterlegte Dokument mindestens 2 Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Entscheidend für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung ist der Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (VwGH 22.7.2014, Ra 2014/02/0020; 16.9.2011, 2010/02/0273; 20.3.2009, 2008/02/0139).

Wenn der Zusteller den Beginn der Abholfrist auf der Verständigung über die Hinterlegung angegeben hat, dann ist für den Beginn der Abholfrist allein diese Festlegung maßgeblich. Die abweichende Angabe des Beginns der Abholfrist auf dem Rückschein ist ohne Belang, weil der Beginn der Abholfrist nicht auf dem Rückschein festgesetzt wird (VwGH 17.10.2013, 2013/11/0188; 20.9.2005, 2005/05/0016).

Der erste Tag der Abholfrist – an dem die Sendung gem. § 17 Abs. 3 ZustellG als zugestellt gilt – ist vom Zusteller festzusetzen (VwGH 19.5.2004; 2004/18/0106).

Für das Wirksamwerden der Zustellung gem. § 17 Abs. 3 4. Satz ZustellG kommt es nicht darauf an, wie lange die Sendung zur Abholung bereitgehalten wurde, sondern auf die in der Verständigung über die Hinterlegung angegebene Dauer.

Wurde die Sendung noch am Tag des Zustellversuches ab 14.00 Uhr beim Postamt bereitgehalten, ist dieser Tag als Tag der wirksamen Zustellung anzusehen (OGH 23.9.1987, 1 Ob 657787)

Für den ggst. Fall bedeutet dies, dass laut im Akt befindlichen Zustellnachweis am 6.7.2017 ein Zustellversuch erfolgte und die Verständigung über die Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen wurde, deren Erhalt der BF auch selbst einräumt. Der Beginn der Abholfrist war nach diesem Schriftstück ebenfalls noch am 6.7.2017. An diesem Tag ist laut den oben angeführten Rechtsvorschriften der Bescheid des BFA rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt worden und war demnach letzter Tag der Rechtsmittelfrist auch der 20. und nicht wie vom BF behauptet, der 21.7.2017.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Zustellrecht abgeht.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L519.2165668.1.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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