TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 L526 2154773-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L526 2154773-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides zu lauten hat:

„Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG vom 18.02.2020 wird gemäß § 58 Abs. 10 und 11 AsylG 2005 zurückgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.    Der Beschwerdeführer (idF auch kurzb „BF“ genannt), ein Staatsangehöriger des Irak, stellte nach schlepperunterstützter unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 06.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz

Zu den Gründen seiner Ausreise am 08.10.2014 erstbefragt, führte der Beschwerdeführer aus, er habe den Irak aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen und da sich Milizen gegenseitig bekämpfen würden.

Zur Person und seinen Lebensumständen befragt gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde (idF aud kurz „bB“) an, er habe sich in den Jahren 2006 bis 2008 in Syrien aufgehalten. Nach der Rückkehr habe er im Jahr 2010 in XXXX geheiratet. 2011 sei seine Ehe allerdings bereits wieder geschieden worden. Zur gemeinsamen Tochter habe er bereits seit diesem Ereignis keinen Kontakt mehr. Zu Mutter und Schwester in XXXX würde er regelmäßigen telefonischen Kontakt unterhalten. Er habe studiert und zuletzt bei der Stadtverwaltung in XXXX gearbeitet.

Den Irak habe er verlassen, da er Sunnite sei und in seinem Bezirk der Anteil der Schiiten angestiegen sei. Daraufhin hätten schiitische Milizen in XXXX die Kontrolle übernommen und die sunnitischen Einwohner hätten unter der schiitischen Dominanz zu leiden. Zuletzt sei er persönlich bedroht worden. Zwei Nachbarn hätten ihn aufgesucht und ihm mitgeteilt, dass er auf der Liste wohl der Nächste sein werde und dass er flüchten solle. Seine Mutter habe ihn daraufhin angefleht, den Irak zu verlassen, was er auch getan habe. Zuvor sei noch ein Bekannter von ihm in der Nachbarschaft ermordet worden.

I.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz „vom 07.06.2015“ bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Gegen den dem Beschwerdeführer am 10.04.2017 eigenhändig zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

I.3. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.05.2018 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 06.06.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.“

I.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht traf unter anderem nachstehende Feststellungen (Hervorhebungen nachträglich gesetzt):

1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in XXXX geboren und lebte dort zuletzt im Bezirk XXXX in seinem im Eigentum stehenden Elternhaus. Der Beschwerdeführer ist Moslem und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung. Er schloss im Jahr 2010 eine Ehe, diese wurde jedoch bereits im Jahr 2011 geschieden. Zur aus dieser Ehe hervorgegangenen Tochter unterhält er keinen Kontakt. Er ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung.

Der Beschwerdeführer besuchte in XXXX die Grundschule und anschließend eine weiterführende Schule im Gesamtausmaß von 12 Jahren und legte die Matura ab. Im Anschluss daran absolvierte er ein Universitätsstudium der Agrartechnik und leistete in den Jahren 2001 und 2002 seinen Wehrdienst ab. In der Folge eröffnete er ein Geschäft für Sportzubehör und war dermaßen bis in das Jahr 2005 erwerbstätig. In den Jahren 2006 bis 2008 hielt sich der Beschwerdeführer aufgrund der konfessionellen Konflikte in XXXX in Syrien auf. Nach der Rückkehr war er zunächst nicht erwerbstätig und arbeitete zuletzt seit dem Jahr 2012 als Verwaltungsangestellter der Stadt XXXX .

Der Vater des Beschwerdeführers verstarb im Jahr 2009 an den gesundheitlichen Folgen einer Entführung. Seine Mutter und seine Schwester leben nach wie vor in XXXX XXXX in im Eigentum stehenden Haus der Familie. Die Mutter des Beschwerdeführers bezieht eine Witwenpension und eine Eigenpension. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in Kontakt. Bereits im Jahr 2008 wurde ein Onkel des Beschwerdeführers von Unbekannten Tätern aus unbekannten Gründen ermordet.

Am XXXX 2014 verließ der Beschwerdeführer den Irak legal von XXXX ausgehend mit dem Flugzeug in die Türkei und reiste in weiterer Folge schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 06.06.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.2. Der Beschwerdeführer gehört keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in seinem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in seinem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer unterliegt im Fall einer Rückkehr in den Irak keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden Gefährdung aufgrund seines Bekenntnisses zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschlichen Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit hervorragender Ausbildung in der Schule und auf der Universität sowie mit im Herkunftsstaat erworbener Berufserfahrung als Sportartikelhändler und als Verwaltungsangestellter. Der Beschwerdeführer verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft. Dem Beschwerdeführer ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar.

Der Beschwerdeführer verfügt über irakische Ausweisdokumente im Original (Führerschein). Seinen Personalausweis und seinen Staatsbürgerschaftsnachweis ließ er in XXXX bei seiner Mutter zurück.

1.4. Der Beschwerdeführer hält sich seit dem 06.06.2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist in XXXX in einer Unterkunft für Asylwerber untergebracht. Er ist nicht legal erwerbstätig und konnte keine bestimmte Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt im Fall eines Arbeitsmarktzuganges urkundlich nachweisen. Ihm wurde jedoch eine Beschäftigung bei XXXX oder bei der XXXX GesmbH in Aussicht gestellt.

Der Beschwerdeführer verrichtete gemeinnützige Tätigkeiten in der Stadtgemeinde XXXX am 09.09.2017 sowie im Dezember 2017 an drei Tagen beim Adventmarkt und im Seniorenhaus XXXX .

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und pflegt im Übrigen normale soziale Kontakte zu Asylwebern und zu österreichischen Staatsangehörigen. Er hat am 31.01.2018 an einem Werte- und Orientierungskurs sowie in den Jahren 2015 und 2016 an Integrationsaktivitäten der Plattform „ XXXX “ teilgenommen.

Der Beschwerdeführer ist für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig und in Österreich alleinstehend. Er besuchte Deutschkurse und hat am 06.03.2017 die Prüfung auf dem Niveau A2 abgelegt und verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache.

I.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht traf die Feststellungen aufgrund nachstehender, auszugsweise wiedergegebener Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und der im Gefolge seiner Einvernahme und der mündlichen Verhandlung in Vorlage gebrachten Unterlagen (Kopie des irakischen Personalausweises, Kopie des irakischen Staatsbürgerschaftsnachweises, irakischer Führerschein, Lichtbild einer Sterbeurkunde des Onkels, Aufstellungen über gemeinnützige Tätigkeit der Stadtgemeinde XXXX , Ablichtung eines Zertifikates A2 vom 06.03.2017 sowie eines Zertifikates über die Zurücklegung eines Wertekurses, Lichtbilder und Bestätigungen betreffend Aktivitäten zur Integration) sowie des Inhaltes der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde, ferner durch Vernehmung des Beschwerdeführers als Partei in der vor dem erkennenden Gericht am 03.05.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung und schließlich durch Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers samt der dazu abgegebenen Stellungnahme.

2.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verfahrensakts der belangten Behörde, die ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie dessen persönliche und familiäre Lebensumstände im Herkunftsstaat und in Österreich ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers in den Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem erkennenden Gericht, sie sind im Beschwerdeverfahren nicht strittig. Die Identität des Beschwerdeführers wurde von diesem im Wege der Vorlage von irakischen Identitätsdokumenten im Original (Führerschein) hinreichend dargetan. Die Feststellungen zu den Aktivitäten des Beschwerdeführers im Irak und dessen Lebenslauf folgen insbesondere seinen Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht. Im Gefolge der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht legte der Beschwerdeführer im Übrigen über Nachfrage dar, dass er seinen Personalausweis und sein Staatsbürgerschaftsnachweise im Haus der Familie in XXXX zurückgelassen habe.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug, die weiteren Feststellungen zu seinen Lebensumständen in Österreich beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und den in Vorlage gebrachten Nachweisen.

[…]

2.5. Unter Berücksichtigung der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine individuelle Gefährdung seiner Person im Herkunftsstaat sowohl vor der Ausreise als auch im Fall einer Rückkehr glaubhaft darzulegen. Im Einzelnen:

2.5.1. Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht auf die Frage nach seinen Ausreisegründen dar, dass sich im Jahr 2014 die Sicherheitslage in XXXX verschlechtert habe und viele Menschen entführt oder getötet worden wären. Er habe von der Ermordung von Nachbarn ebenso gehört, wie von den in XXXX verübten Selbstmordanschlägen. Nachbarn hätten ihm empfohlen, aufgrund der schlechten Sicherheitslage auszureisen, ebenso seine Mutter, da er der einzige Sohn sei. Zuletzt sei ein Nachbar erschossen worden und die Polizei habe einen neuerlichen Bombenanschlag nur knapp verhindern können.

Das diesbezügliche Vorbringen ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes als glaubwürdig anzusehen und stimmt mit dem aus länderkundlichen Berichten gewonnenen Eindruck von der Sicherheitslage in XXXX im Jahr 2014 überein. Gerade im Jahr 2014 war infolge des Vordringens der Milizen des Islamischen Staates einerseits eine gesteigerte, vorwiegend von Anhängern des Islamischen Staates ausgehende Anschlagskriminalität zu verzeichnen. Andererseits wurden die konfessionellen Konflikte durch das Erstarken des Islamischen Staates befeuert, zumal die sunnitische Minderheit im Irak für das Erstarken des Islamischen Staates und die damit verbundenen zahlreichen vornehmlich schiitischen Opfer unter den Sicherheitskräften (wie etwa beim Massaker von Tikrit) und Zivilisten verantwortlich gemacht und der Anhängerschaft für den Islamischen Staat pauschal bezichtigt wurde. Dass die seinerzeitige instabile Situation und die Ungewissheit hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Sicherheitslage Grundlage einer Ausreiseentscheidung sein kann, ist nicht unplausibel.

Dem steht indes gegenüber, dass eine individuelle Bedrohungssituation vor der Ausreise vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt wurde. Bei der anfänglichen Darlegung der Ausreisegründe in der mündlichen Verhandlung erwähnte er auch gar nicht, dass er auf einer „Liste“ einer schiitischen Miliz stehen würde. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts stellt bereits die unterbliebene Angabe dieses im Verfahren erster Instanz noch als wesentlich dargestellten Aspektes ein wesentliches Indiz dafür dar, dass der Beschwerdeführer den Irak aufgrund der schlechten Sicherheitslage verließ, ohne dass der Ausreise eine individuelle und aktuelle Gefährdung seiner Person zugrunde lag.

Erste auf zielgerichtete Nachfrage seiner Vertreterin in der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, er habe im Irak durch Zufall erfahren, dass er auf einer Liste schiitischer Milizen stehen würde. Seine Nachbarn hätten davon auch durch Hörensagen erfahren. Er könne nicht angeben, von wem die Liste stamme, es würde dich um bewaffnete Kriminelle handeln, die unschuldige Zivilisten ermorden würden. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringen spricht zunächst, dass es erst auf Nachfrage erstattet wurde (der Beschwerdeführer konnte in der Folge auch nicht nachvollziehbar darlegen, was ihn daran gehindert hätte, diesen Aspekt bereits aufgrund der Fragen des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuzeigen und verwies nur darauf, dass es ohnehin in der Beschwerde stehen würde). Ferner erweist sich das Vorbringen als nicht plausibel und stellt sich die angebliche Bedrohungssituation insgesamt als vage und nur vom Hörensagen bekannt dar. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist nicht nachvollziehbar, dass bei einer solchen Bedrohung vom Hörensagen – ohne die Identität der Bedroher überhaupt zu kennen – alleine deshalb ein Ausreisentschluss gefasst wird. Ferner ist nicht plausibel, dass Milizen in der Bevölkerung verbreiten sollten, dass ein Attentat auf den Beschwerdeführer geplant ist, zumal damit ja der Beschwerdeführer gewarnt würde und die Attentatspläne damit vereitelt würden. Weshalb Milizen – oder „Kriminelle, die bewaffnet sind“, so wie es der Beschwerdeführer ausdrückte – gerade an ihm ein hohes Interesse entwickelt haben sollte, kam in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht hervor. Selbst auf die Fragen seiner rechtsfreundlichen Vertretung gab sich der Beschwerdeführer nämlich dazu weitgehend ahnungslos oder erschöpfte sich in Vermutungen, etwa dass die Personen auf der Liste aufgrund ihres Glaubens „oder wegen was anderem“ getötet würden. Nach der Rechtsprechung muss das Vorbringen des Asylwerbers allerdings eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht und indiziert die Unkenntnis in wesentlichen Belangen mangelnde Glaubwürdigkeit. Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag das allgemein und vage gehaltene Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu positiven Feststellungen betreffend eine Verfolgungssituation vor der Ausreise zu führen.

Das Bundesverwaltungsgericht tritt im Übrigen auch den Erwägungen der belangten Behörde bei, wonach der Beschwerdeführer auch im Verfahren erster Instanz nicht in der Lage war, eine individuelle Gefährdungssituation vor der Ausreise glaubwürdig darzulegen. Vielmehr bezog sich der Beschwerdeführer auch im Verfahren erster Instanz allgemein auf die schwierige Lage der sunnitischen Minderheit in XXXX und stellte dieselbe vage Bedrohung durch schiitische Milizen in den Raum, von der er durch Nachbarn erfahren haben will. Ein greifbares Bedrohungsszenario wurde somit auch im Verfahren erster Instanz nicht aufgezeigt. Persönliche Konfrontationen oder Übergriffe wurden im Übrigen im Verfahren erster Instanz ebenso wenig vorgebracht, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem belangten Bundesamt und die dabei angefertigte Niederschrift wurde des Weiteren nicht beanstandet. Hinweise auf eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz sind im Rechtsmittelverfahren im Übrigen nicht hervorgekommen, sodass die im Verfahren erster Instanz angefertigte Niederschrift auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden kann.

Schließlich bestritt der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, Saddam Hussein unterstützt zu haben und führte das entsprechende Beschwerdevorbringen auf eine unrichtige Interpretation seines Standpunktes durch seine rechtsfreundliche Vertretung zurück.

2.5.2. Das Bundesverwaltungsgericht weist ergänzend darauf hin, dass es den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Ereignissen der Jahre 2008 und 2009 am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise mangelt, weswegen diesen Ereignissen allein schon aus diesem Grund keine Asylrelevanz zukommen kann. Die Voraussetzung der wohlbegründeten Furcht wird nämlich in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0430, siehe auch VwGH 30.08.2007, 2006/19/0400-6). Der Beschwerdeführer kehrte im Jahr 2008 nach XXXX zurück und lebte dort bis zur Ausreise. Er brachte nicht vor, sich versteckt gehalten zu haben oder dass er überhaupt aufgrund des Schicksals seines Onkels und seines Vaters auch selbst einer Bedrohungssituation ausgesetzt gewesen wäre. Die behaupteten Übergriffe auf Onkel und Vater vermögen schon deshalb eine zur Gewährung von internationalem Schutz führende Gefährdungssituation nicht darzutun.

Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer nicht aufzeigen, dass sein Onkel oder sein Vater aus in der Genfer Konvention genannten Gründen ermordet bzw. entführt wurden, zumal die Täter jeweils unerkannt blieben und die Bezahlung von Lösegeld im Fall des Vaters des Beschwerdeführers eher auf kriminelle Motive hinweist. Jedenfalls vermochte der Beschwerdeführer keine näheren diesbezüglichen Angaben zu tätigen.

2.5.3. Im Asylverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht eine Prognose darüber zu treffen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Fall einer Rückkehr in seinem Heimatstaat Verfolgung zu befürchten hat (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233 mwN).

Selbst wenn sich der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt tatsächlich zugetragen hätte, wäre davon ausgehend nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer nunmehrigen Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht. Der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Vorfall, wonach er angeblich auf einer Liste von Milizen stehen würde, ereignete sich im Herbst des Jahres 2014. Dieser Vorfall liegt nun bereits mehr als dreieinhalb Jahre zurück. Da der Beschwerdeführer niemals in den Raum stellte, dass es zu persönlichen Konfrontationen mit seinen angeblichen Verfolgern kam, ist fraglich, ob er diesen überhaupt bekannt war. Ferner hat sich die Sicherheitslage im Irak und auch in der Hauptstadt XXXX seither entspannt und es wurde insbesondere über die Milizen des Islamischen Staates in militärischer Sieg errungen.

Ein noch vorhandenes maßgebliches Interesse der angeblichen Verfolger an der Person des Beschwerdeführers ist ausgehend davon nicht erkennbar und ausgehend davon auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in die Millionenstadt XXXX neuerlich von Privatpersonen oder Milizen gesucht und belangt würde. Außerdem konnte der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar darlegen, weshalb Milizen gerade an seiner Person ein derartiges Interesse entwickeln sollten, dass ihm im Fall einer Rückkehr in den Irak und dort in ein sunnitischen Viertel in XXXX (etwa im Distrikt XXXX ) oder seinen Heimatbezirk mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht. Vielmehr stellte der Beschwerdeführer nur allgemein gehaltene Rückkehrbefürchtungen in den Raum, wonach im Irak die Sicherheit fehlen würde und er sich allgemein vor den dort aktiven Milizen und Banden fürchten würde.

Einen andere Grund, weshalb der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Irak und dort nach XXXX mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von schiitischen Milizen oder Privatpersonen bedrängt werden sollte, hat der Beschwerdeführer im Verfahren im Übrigen nicht substantiiert vorgebracht (auf die angebliche Bedrohung aufgrund seiner Konfession wird sogleich einzugehen sein).

2.5.4. Zur vorgebrachten Bedrohung aufgrund der sunnitischen Konfession sind folgende Erwägungen maßgeblich:

Aus den Feststellungen zur Lage im Irak geht im Hinblick auf die Lage der sunnitischen Minderheit hervor, dass in XXXX (wie überhaupt im Irak) zahlreiche Sunniten leben und sunnitische Araber ca. 17 bis 22% der Gesamtbevölkerung von ca. 36 Millionen Einwohnern ausmachen. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die irakische Gesellschaft bereits seit dem Sturz des (sunnitisch geprägten) Regimes von Saddam Hussein in zunehmendem Maße religiös gespalten ist und sich etwa in den Jahren 2006 bis 2008 massive konfessionelle Konflikte ereigneten. Seit dem Vorrücken der (ebenfalls sunnitischen) Milizen des Islamischen Staates wird die sunnitische Minderheit im Irak darüber hinaus oftmals einerseits für das Erstarken des Islamischen Staates und die damit verbundenen zahlreichen vornehmlich schiitischen Opfer unter den Sicherheitskräften (wie etwa beim Massaker von Tikrit) und Zivilisten verantwortlich gemacht und andererseits selbst fallweise mit einer unterstellten Sympathie gegenüber dem Islamischen Staat konfrontiert. XXXX und die umgebenden Gebiete sind in zunehmendem Maße religiös gespalten und in schiitische und sunnitische Viertel geteilt, wobei die schiitisch dominierten Viertel aufgrund von Vertreibungen durch Regierungstruppen und schiitische Milizen zunehmen und es bei Straßensperren zu Beschimpfungen und Diskriminierungen von Sunniten kommen kann.

Eine systematische Verfolgung sämtlicher Angehöriger der sunnitischen Minderheit durch die schiitische Mehrheitsbevölkerung kann dessen ungeachtet angesichts der Quellenlage nicht nachvollzogen werden, was sich auch daraus ergibt, dass Familienangehörige des Beschwerdeführers wie etwa dessen Mutter und Schwester den Feststellungen zufolge nach dessen Ausreise und auch gegenwärtig im Irak und dort in XXXX aufhältig sind und diesbezügliche Schwierigkeiten nicht vorgebracht wurden. Ein genereller Ausschluss von Sunniten vom Arbeitsmarkt und von Bildungseinrichtungen liegt in Anbetracht der Quellenlage sowie den vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, den Irak betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen ebenfalls nicht vor. Dazu tritt, dass ausweislich der Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak hohe Staatsämter, etwa jenes des Parlamentspräsidenten, auch von Sunniten bekleidet werden und diese auch im irakischen Parlament repräsentiert sind, war auch gegen eine Verfolgung sämtlicher Angehöriger des sunnitischen Religionsbekenntnisses im Irak spricht. Würde eine Gruppenverfolgung sämtlicher Angehöriger der sunnitischen Glaubensrichtung im Irak tatsächlich stattfinden, wäre ferner mit Sicherheit davon auszugehen, dass entsprechende eindeutige und aktuelle Quellen vorhanden wären. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass von schiitischen Milizen nach wie vor Menschenrechtsverletzungen ausgehen und auch eine nicht feststellbare Zahl von Übergriffen auf sunnitische Iraker stattfindet, welche über die vorstehend dargelegten Diskriminierungen hinausgehen. Ausweislich der Feststellungen sind insbesondere in XXXX von Milizen (wie etwa Asa'ib Ahl al-Haqq) ausgehende Gewaltakte gegen sunnitische Araber dokumentiert und kommen Entführungen und außergerichtliche Hinrichtungen ebenso vorkommen wie die bereits zuvor angesprochenen Vertreibungen mit dem Ziel einer religiösen Homogenisierung. Ferner sind Übergriffe seitens Angehöriger der al-Haschd asch-Scha?b? bekannt, welche von den Verantwortlichen als Einzelfälle abgetan werden und die als Vergeltungsaktionen in Zusammenhang mit den Aktivitäten des Islamischen Staates angesehen werden.

Bei Abwägung der Feststellungen zu Übergriffen auf sunnitische Araber in XXXX einerseits und den aus den Feststellungen zur Sicherheitslage ersichtlichen Angaben zu zivilen Opfern, der Bevölkerungszahl und der Anzahl der Binnenvertriebenen in der Provinz XXXX andererseits ist indes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes noch nicht davon auszugehen, dass sämtliche männlichen sunnitischen Araber in XXXX mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigte Eingriffe von erheblicher Intensität in ihre schützende persönliche Sphäre zu gewärtigen hätten. In Anbetracht der Anzahl der Binnenvertriebenen sowie der sonst in XXXX nach wie vor aufhältigen Sunniten ist die Wahrscheinlichkeit, einem solchen zielgerichteten Übergriff zum Opfer zu fallen, vielmehr derzeit nicht als erheblich anzusehen. Diese nur entfernte Möglichkeit, Opfer eines religiös motivierten Übergriffes zu werden, genügt indes nicht zur Annahme einer Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Ferner erkennt etwa der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung, dass die Verfolgungshandlungen, denen der sunnitische Bevölkerungsteil ausgesetzt ist, im Staat Irak die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte nicht aufweisen. Der Umfang der Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter, die an die sunnitische Religionszugehörigkeit anknüpfen, rechtfertige in der Relation zu der Größe dieser Gruppe nicht die Annahme einer alle Mitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung. Die irakische Bevölkerung setzte sich zu 60 bis 65% aus arabischen Schiiten, zu 17 bis 22% aus arabischen Sunniten und zu 15 bis 20% aus (überwiegend sunnitischen) Kurden zusammen. Bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 36 Millionen Einwohnern würde das bedeuten, dass sechs bis acht Millionen arabische Sunniten im Irak als Gruppe verfolgt würden. Für eine solche Annahme gebe es keine ausreichenden Hinweise. Dies gelte auch für die Stadt XXXX , in der 7,6 Millionen Einwohner lebten. Zwar habe die zielgerichtete Gewalt gegen sunnitische Araber in XXXX ebenso wie in anderen von der Regierung kontrollierten Gebieten des Irak seit 2014 zugenommen. In XXXX sei gemeldet worden, dass sunnitische Binnenvertriebene gedrängt worden seien, aus schiitischen und gemischt sunnitisch-schiitischen Wohngebieten auszuziehen. Auch gewaltsame Vertreibungen von Sunniten aus mehrheitlich von Schiiten bewohnten Vierteln Bagdads seien vorgekommen. Zum Teil gehe es allerdings darum, die Grundstücke der vertriebenen Familien übernehmen zu können. Laut Berichten begingen die (schiitischen) PMF-Milizen in XXXX immer wieder Kidnappings und Morde an der sunnitischen Bevölkerung. Viele Familien seien in XXXX durch den konfessionellen Konflikt dazu gezwungen gewesen, ihre Häuser zu verlassen und sich zunehmend entlang konfessioneller Grenzen wieder anzusiedeln. Somit seien separate sunnitische und schiitische Viertel entstanden. XXXX sei weiterhin entlang konfessioneller Linien gespalten. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer kritischen Verfolgungsdichte würden sich aus der Berichtslage indes nicht ergeben (siehe hiezu etwa VGH München 16.11.2017, Zl. 5 ZB 17.31639 mwN). Das Bundesverwaltungsgericht gelangt ebenfalls zu dieser Einschätzung. Zwar wird in Quellen von religiös motivierten Übergriffen auf sunnitische Araber bis hin zu Morden und Entführungen berichtet, jedoch kann den Quellen (einschließlich der Einschätzungen der im Irak agierenden Hilfsorganisationen) in der Regel keine Einschätzung der Häufigkeit solcher Vorfälle entnommen werden bzw. werden die Einzelfälle, die zur Einschätzung führen, nicht offengelegt und bestehen keine belastbaren Erkenntnisse darüber, dass Übergriffe auf sunnitische Araber in einer Anzahl erfolgen würden, dass nicht mehr nur von vereinzelt bleibenden individuellen Übergriffe auszugehen ist. Die Verfolgungshandlungen müssen nämlich, um von einer Gruppenverfolgung sprechen zu können, im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, das daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr bzw. die maßgebliche Wahrscheinlichkeit eigener Betroffenheit entsteht. Derartiges liegt in Bezug auf sunnitische Araber in XXXX jedenfalls nicht vor und spricht dagegen auch, dass sich weiterhin Verwandte der Beschwerdeführer sunnitischen Glaubens in XXXX aufhalten. Ferner endeten auch im Jahr 2017 neuerliche zahlrieche Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, weil irakische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens freiwillig in den Irak zurückkehrten. Eine solche freiwillige Rückkehr spricht ebenfalls entschieden gegen eine Situation in XXXX , die einer Gruppenverfolgung der dort lebenden sunnitischen Araber gleichkommt.

Die in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 27.04.2018 aufgezeigten Berichte zur Lage von sunnitischen Arabern im Irak vermögen daran nichts zu ändern. Hinsichtlich der Argumentation in der Beschwerde ist zunächst festzuhalten, dass die darin zitierten Berichte wie vorstehend bereits erörtert vorwiegend die Lage von Binnenvertriebenen und Personen betreffen, die als Anhänger des Islamischen Staates verdächtig sind, da sie in zurückeroberten Gebieten angetroffen wurden. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers ist indes in die Stadt XXXX möglich und auch erwartbar, zumal er dort geboren und aufgewachsen ist und seine Familie dort lebt, sodass vorrangig die Lage in XXXX von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist. Insbesondere wird sich der Beschwerdeführer nicht in einem vom Islamischen Staat zurückeroberten Gebiet wiederfinden, sodass die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen und anderen Repressalien schiitischer Milizen oder des irakischen Militärs infolge der Kämpfe ausgeschlossen werden kann.

Entgegen der Stellungnahme vom 27.04.2018 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18.10.2017, Ra 2017/19/0141, keineswegs eine Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak festgestellt, sondern lediglich weitergehende Ermittlungen zu dieser Frage und aktuelle Feststellungen dazu eingefordert hat. Der in der Stellungnahme weiters zitierte Bericht des British Home Office ist dem Bundesverwaltungsgericht bekannt. Auch diesem kann nicht entnommen werden, dass in XXXX die für eine Gruppenverfolgung von Sunniten erforderliche kritische Verfolgungsdichte erreicht würde. Berichte über einen einzelnen Vorfall im Jahr 2006 vermögen eine Gruppenverfolgung von Sunniten im Jahr 2018 nicht darzutun. Soweit darüber hinaus von Diskriminierungen von Sunniten bei Kontrollposten oder bei der Arbeitssuche berichtet wird, sind dies keine zur Gewährung von internationalem Schutz führenden Verfolgungshandlungen. Sämtliche Berichte leiden im Übrigen darunter, dass keine nähere Quantifizierung der Einzelverfolgungsmaßnahmen stattfindet, sodass nicht glaubhaft ist, dass Übergriffe auf Sunniten in XXXX in einem über Einzelverfolgungsmaßnahmen hinausgehenden systaltischen und organisieren Ausmaß stattfinden.

Der Beschwerdeführer wurde schließlich in der mündlichen Verhandlung auch zu einer möglichen tatsächlichen oder ihm nur unterstellten Verbindung zum Islamischen Staat befragt und verneinte daraufhin einerseits, dem Islamischen Staat angehört zu haben und andererseits auch, dass ihm andere Personen unterstellen könnten, mit dem Islamischen Staat kollaboriert zu haben. Ein den Beschwerdeführer treffendes Risiko, im Rückkehrfall als tatsächlicher oder vermeintlicher Anhänger des Islamischen Staates verfolgt oder zumindest unmenschlich behandelt zu werden, kann demgemäß nicht erkannt werden.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist zusammenfassend nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer schon aufgrund seines sunnitischen Religionsbekenntnisses einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Milizen ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr in den Irak einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

2.5.5. Die Feststellungen betreffend die nicht vorhandene politische Betätigung des Beschwerdeführers sowie die nicht vorhandenen Probleme mit den Behörden seines Heimatstaates beruhen auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer keine mit seiner arabischen in Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten substantiiert vor.

In einer Gesamtbetrachtung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes seinen Heimatort XXXX nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der insgesamt schlechten Sicherheitslage und der Bürgerkriegsgefahr im Sommer des Jahres 2014 verlassen hat, so wie er dies anlässlich der Befragung zu den Ausreisegründen durch Bundesverwaltungsgericht vorbrachte, ohne dass er einer vorangehenden individuellen Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in den Irak einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre. Das anderslautende Vorbringen ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes aus den erörterten Gründen nicht glaubwürdig und wird den Feststellungen deshalb nicht zugrunde gelegt.

2.5.6. Da der Beschwerdeführer keine staatliche Strafverfolgung im Irak aufgrund eines Kapitalverbrechens in den Raum gestellt hat, war dem Folgend zur Feststellung zu gelangen, dass er im Fall einer Rückkehr nicht der Todesstrafe unterzogen würde. Ebenso kann aus dem Vorbringen keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers durch drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe abgeleitet werden, zumal keine Schwierigkeiten mit Behörden, Gerichten oder Sicherheitskräften vorgebracht wurden.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt im Hinblick auf die Sicherheitslage in XXXX nicht, dass XXXX fast täglich Schauplatz von Anschlägen und Gewaltakten ist und ausweislich der statistischen Daten zu den unsicheren Provinzen gehört. Der aktuellen Berichterstattung folgend gehen Anschläge in XXXX in erster Linie vom Islamischen Staat aus und richten sich im Wesentlichen gegen die schiitische Bevölkerung und staatliche Sicherheitskräfte, wobei Anschläge vorzugsweise an öffentlichen Orten mit großen Menschenansammlungen (wie etwa Moscheen oder Märkte bzw. Einkaufszentren) oder an Checkpoints der Sicherheitskräfte verübt werden.

Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers, welche zu einer im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung stark erhöhte Gefährdung durch terroristische Aktivitäten hindeuten würden, wurden im Verfahren nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer gehört auch nicht den staatlichen Sicherheitskräften an. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ferner kann in Anbetracht der zu den Feststellungen zur Sicherheitslage im Irak dargestellten Gefahrendichte nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz des Beschwerdeführers in XXXX davon ausgegangen werden muss, dass dieser wahrscheinlich das Opfer eines Anschlages werden würde. Offene Kampfhandlungen finden in XXXX im Übrigen nicht statt und ist die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle sowie der dabei getöteten Zivilisten im Zeitraum Jänner bis Juni 2017 stetig (weiter) gesunken, sodass von einer weiteren Stabilisierung der Sicherheitslage ausgegangen werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass auch im Januar 2018 terroristische Anschläge in XXXX verübt wurden und dabei zumindest 27 Zivilpersonen zu Tode kamen. Dennoch kann in Anbetracht der Bevölkerungszahl im Gouvernement XXXX noch nicht die reale Gefahr erkannt werden, dass auch der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach XXXX terroristischen Anschlägen zum Opfer fallen würde oder er im Vergleich zu anderen Zivilpersonen besonders gefährdet wäre.

Die weiteren Feststellungen unter Punkt 1.3. beruhen schließlich auf den Angaben des Beschwerdeführers zu dessen Lebenslauf und zu seiner Verfassung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie in der Einvernahme vor der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer ist in XXXX geboren und aufgewachsen und mit der Sprache sowie den Gebräuchen in seinem Herkunftsstaat vertraut. Er hat in XXXX hervorragende Schulbildung konsumiert und ein Universitätsstudium der Agrartechnik absolviert. Da der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise Unterkunft im Haus im Eigentum seiner Familie in XXXX nahm, kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall neuerlich Aufnahme bei seiner Mutter und seiner Schwester wird. Darüber hinaus bezieht seine Mutter eine Pension und ist demnach davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bis zum Auffinden eines Arbeitsplatzes bei seiner Familie auch Unterstützung in Form der Zurverfügungstellung von Nahrung vorfinden wird, bis er sein Auskommen durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten kann. Da er nach über seine Kernfamilie im Irak verfügt, wird der Beschwerdeführer auch sozialen Anschluss vorfinden. Dessen ungeachtet vertritt das Bundesverwaltungsgericht auch ob des vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks die Auffassung, dass dieser selbst in der Lage ist, für ein eigenes Auskommen im Fall der Rückkehr nach XXXX zu sorgen.

Die Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dessen glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Hinblick auf die durchlaufende Ausbildung und die Tätigkeiten als Sportartikelhändler und als Verwaltungsangestellter im Herkunftsstaat. Ferner brachte der Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, welche die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen würden.

Dass Rückkehrer aus dem westlichen Ausland besonders vulnerabel wären, kann den zur Rückkehr getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak nicht entnommen werden. Seitens des Beschwerdeführers wurde letztlich auch nicht vorgebracht, im Rückkehrfall in eine ausweglose Lage zu geraten oder in seinen Grundbedürfnissen nicht abgesichert zu sein, sodass insgesamt eine gesicherte Existenzgrundlage im Irak als erwiesen anzusehen ist. Schließlich verneinte der Beschwerdeführer über Nachfrage Versorgungsschwierigkeiten im Irak im Hinblick auf Grundnahrungsmittel und Trinkwasser.

I.3.3. Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen hielt das Bundesverwaltungsgericht insbesondere fest:

In Abwägung der gemäß Art. 8 EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des Beschwerdeführers ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der Beschwerdeführer reiste am 06.06.2015 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Das Gewicht des noch nicht dreijährigen faktischen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist allerdings maßgeblich dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchte, er konnte alleine durch die Stellung seines Antrags jedoch nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen. Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt ohne dem Dazutreten weiterer maßgeblicher Umstände nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2016/19/0031 mwN). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/10/0479, davon aus, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte.

Im gegenständlichen Verfahren ist insgesamt keine unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer festzustellen, die den zuständigen Behörden zur Last zu legen wäre (vgl. hiezu auch VwGH 24.05.2016, Ro 2016/01/0001).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich zwar über gewöhnliche soziale Kontakte, hat allerdings hierorts keine Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen und ist bislang zur Sicherstellung seines Auskommens auf Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen. Er hat eine bestimmte Erwerbstätigkeit auch nicht in Aussicht, zumal er keine Einstellungszusagen oder Dienstverträge in Vorlage bringen konnte. Zwar wurde ihm seinen Angaben zufolge eine Beschäftigung bei XXXX oder bei der XXXX GesmbH in Aussicht gestellt, daraus kann jedoch nicht auf die Bereitschaft dieser Unternehmen geschlossen werden, auch zukünftig tatsächlich ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen, zumal diesbezügliche (aufschiebend bedingte) Arbeitsverträge oder zumindest förmliche Einstellungszusagen nicht vorgelegt wurden.

Der Beschwerdeführer hat Kenntnisse der deutschen Sprache durch den Besuch von sprachlichen Qualifizierungsmaßnahmen erworben und darüber eine Prüfung auf dem Niveau A2 abgelegt. Der Beschwerdeführer verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, stellen zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich dar. Die gesamte Stufe "A" (A1 und A2) bezieht sich nach dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts allerdings auf den Standard der elementaren Sprachverwendung und reichen die derartigen Ausbaustufen aber bis zum Stand „C2“, welcher einer nahezu muttersprachlichen Verwendung der jeweiligen Sprache – hier Deutsch – gleichkommt. Der Spracherwerb des Beschwerdeführers ist daher – in Anbetracht der bereits im Bundesgebiet zugebrachten Zeit – als durchschnittlich zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang sei zudem auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die – hier bei weitem nicht vorhandenen – Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/18/0720; 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).

Soweit der Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügt ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in die Türkei gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch Urlaubsaufenthalte etc.) aufrecht zu erhalten.

Der Beschwerdeführer verbrachte den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat, er wurde dort sozialisiert und spricht die Mehrheitssprache seiner Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass er dort über Bezugspersonen in Form seiner Angehörigen (Mutter, Schwester) verfügt. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Ferner ist aufgrund der Präsenz sämtlicher naher Angehöriger im Herkunftsstaat auch gegenwärtig von starken Bindungen zum Herkunftsstaat auszugehen, wobei eine Existenzgrundlage des Beschwerdeführers bereits vorstehend bejaht wurde (siehe dazu VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296, zur Maßgeblichkeit der Bindungen zum Herkunftsstaat VwGH 22.02.2011, Zl. 2010/18/0323).

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/18/0420).

Der sohin relativ schwachen Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Auch wenn der Beschwerdeführer über soziale Kontakte verfügt und Deutschkenntnisse erworben hat, stehen dem die insgesamt vertretbare Verfahrensdauer, die unberechtigte Antragstellung, die unrechtmäßige Einreise und der erst kurze Aufenthalt im Bundesgebiet, währenddessen sich der Beschwerdeführer – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit seines weiteren Verbleibes im Bundesgebiet bewusst gewesen sein musste, sowie die Vertretbarkeit des Eingriffs in die im Bundesgebiet vorhandenen Bindungen gegenüber. Ferner ist derzeit keine Integration in das Berufsleben absehbar.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde).

Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten anhand des Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie nach Maßgabe der im Sinne des § 9 BFA-VG angeführten Kriterien gelangt das Bundesverwaltungsgericht folglich zu dem Ergebnis, dass die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen.

I.4. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2018 GZ: Ra 2018/18/0381-2 wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe für die außerordentliche Revision mit der Begründung abgewiesen, dass die gegen das Erkenntnis des BVwG erhobene außerordentliche Revision aussichtslos erscheint.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2018 GZ: Ra 2018/18/0381-6 wurde die Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 17.05.2018 zurückgewiesen.

I.5. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26.02.2019 GZ: E 271/2019-6 wurde die Beschwerde des BF abgelehnt gegen das Erkenntnis des BVwG vom 17.05.2018 abgelehnt.

I.6. Der Beschwerdeführer stellte am 18.02.2020 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Er legte dabei die folgenden Dokumente vor:

?        Arbeitsvorvertrag der XXXX GesmbH datiert mit 27.01.2020.

?        Kopie ÖSD Zertifikat A2.

?        2 Empfehlungsschreiben.

?        Kopie einer Bestätigung über einen Erste-Hilfe-Auffrischungskurs.

?        Bestätigung des Österreichischen Roten Kreuzes über ehrenamtliche Tätigkeit.

?        Bestätigung der XXXX über die Teilnahme am Unterricht.

?        Kopie Zeugnis der Universität XXXX samt Bewertung des Diploms durch das zuständige Ministerium in Österreich.

?        Antrag auf Heilung gemäß § 58 Abs. 5, 6 AsylG iVm 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV (Es sei dem BF nicht möglich, ein gültiges Reisedokument vorzulegen. Aufgrund der Probleme des BF und der daraus resultierenden Verfolgung sei es ihm nicht möglich, Kontakt zur irakischen Botschaft aufzunehmen).

?        Schriftliche Begründung des Antrags, wonach dem BF eine Aufenthaltsberechtigung plus zu erteilen wäre. Dies da der BF seit nunmehr fast 5 Jahren in Österreich lebe und sich ein soziales Netz aufgebaut habe. Es wurde Bezug auf die vorgelegten Unterlagen genommen und ausgeführt, dass ein schützenswertes Privat- und Familienleben des BF vorliege. Es wurden die Anträge gestellt festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gemäß § 9 Abs. 3 BVA-VG auf Dauer unzulässig ist sowie dem BF eine Aufenthaltsberechtigung plus zu erteilen.

I.7. Mit Verbesserungsauftrag vom 03.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Antrag zu unterschreiben und zudem ein gültiges Reisedokument einzubringen ist. Widrigenfalls werde das Anbringen nicht behandelt und gemäß § 13 Abs. 3 und 4 AVG bzw. gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 wegen fehlender Mitwirkungspflicht zurückgewiesen. Es wurde eine Frist von 2 Wochen nach Zustellung des Schreibens gewährt. Eine Reaktion darauf erfolgte nicht.

I.8. Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf Mängelheilung vom 18.02.2020 gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV abgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 vom 18.02.2020 wurde gemäß §§ 55, 58 Abs. 11 Z 2 Asylgesetz 2005 iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

I.8.1. Die bB legte dem Bescheid die vorgelegten Unterlagen, Länderfeststellungen sowie die erstellten Auszüge aus dem Strafregister und dem AJ-Web und den Inhalt des Asylaktes zugrunde.

Neben den Länderfeststellungen wurden nachstehende Feststellungen getroffen:

-        Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest.

Bis dato haben Sie kein gültiges Reisedokument gem. § 8 AsylG – DV vorgelegt.

Sie sind ledig und haben keine Kinder.

In Österreich haben Sie keine Angehörigen.

Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Sie reisten illegal in das Bundesgebiet ein und haben am 06.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Ihr Asylverfahren wurde negativ rechtskräftig abgeschlossen (Rechtskraft II. Instanz negativen Asylbescheides: 18.05.2018).

Sie halten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Im Bundesgebiet gingen Sie keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und bezogen bis zur rechtskräftigen Beendigung Ihres Asylverfahrens Leistungen aus der Grundversorgung. Derzeit haben Sie kein Einkommen und sind nicht krankenversichert.

Eine maßgebliche Sachverhaltsänderung ist in keinerlei Hinsicht seit dem rechtskräftigen Abschluss Ihres Asylantrages hervorgekommen und haben Sie in Ihrer dem gegenständlichen Antrag beigefügten Begründung auch nicht behauptet, dass eine solche eingetreten wäre.

-        Zu den Mängeln des Antrags und den Heilungsgründen:

Im vorliegenden Fall liegt folgender Mangel vor:

Sie haben der Behörde trotz Verbesserungsauftrages kein gültiges Reisedokument vorgelegt.

Bezüglich der Nichtvorlage eines Reisedokumentes wurde ein Antrag auf Heilung dieses Mangels eingebracht und in der Antragsbegründung vorgebracht, dass Sie sich keinen irakischen Reisepass ausstellen lassen könnten, weil es Ihnen aufgrund Ihrer Probleme (gemeint wohl: im Irak) der daraus resultierenden Verfolgung (gemeint wohl: durch den Staat Irak) nicht möglich sei, Kontakt zur irakischen Botschaft aufzunehmen. Es wurde rechtskräftig beschieden und auch von den Höchstgerichten bestätigt, dass Ihnen im Irak keine asylrelevante Verfolgung droht. Die irakische Botschaft stellt ihren Staatsangehörigen, wenn dies beantragt wird, zumindest ein Notreisedokument aus. Ihre Behauptung, wegen Verfolgungsgefahr nicht mit der irakischen Botschaft in Kontakt treten zu können ist gänzlich unglaubwürdig und somit eine bloße Schutzbehauptung.

I.8.2. Beweiswürdigend hielt die bB fest:

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

-        Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht aufgrund Ihrer im Verfahren vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht gleichbleibenden Angaben fest.

Die Feststellung hinsichtlich Ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit beruht auf einem der Behörde vorliegenden Strafregisterauszug der Republik Österreich (Abfrage vom 13.03.2020).

Die Feststellungen bezüglich Ihrer Erwerbstätigkeit, Krankenversicherung und Einkommensverhältnisse ergeben sich aus Abfragen aus dem AJ-WEB und aus der Einsicht in das Grundversorgungssystem (Abfragen vom 13.03.2020).

Die restlichen Feststellungen ergeben sich aus Ihren Angaben in der dem gegenständlichen Antrag beiliegenden schriftlichen Begründung sowie aus dem Vorverfahren (Asylverfahren).

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus Ihrem Asylakt und dem Erkenntnis des BVwG vom 17.05.2018 GZ: L521 XXXX sowie der Vorlage von den oben angeführten Beweismitteln.

Die Feststellung, dass Sie während Ihres Aufenthalts in Österreich bis dato keiner legalen Beschäftigung nachgegangen sind ergibt sich aus einer Abfrage im AJ-WEB vom 13.03.2020.

Die Feststellung, dass im Vergleich zum Sachverhalt zum Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Vorverfahrens im Mai 2018 keine maßgebliche Änderung eingetreten ist, gründet sich darauf, dass Sie dem Bundesamt bei der Antragstellung auf einen Aufenthaltstitel am 18.02.2020, im Zuge derer Sie eine ausführliche Begründung vorlegten, keine solche Sachverhaltsänderung angaben.

Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich ist anzuführen, dass dieser seit Ihrer Einreise ins Bundesgebiet knapp 5 Jahre gedauert hat. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich die Dauer Ihres Aufenthalts nur auf die - letztendlich unbegründete - Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz zurückführen lässt und die Sie lediglich aufgrund Ihrer illegalen Einreise ins Bundesgebiet verwirklichen konnten. Zudem kamen Sie trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, verblieben beharrlich rechtswidrig im Bundesgebiet und ignorierten die Entscheidungen des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes, womit Sie deutlich Ihren Unwillen, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren, zum Ausdruck brachten.

-        Betreffend die Feststellungen zu den Mängeln des Antrags und den Heilungsgründen:

Die Feststellungen zum Mangel der Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments ergeben sich aus Ihrem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG, Ihrer schriftlichen Begründung zum gegenständlichen Antrag sowie aus dem gesamten Akteninhalt des gegenständlichen Verfahrens.

Sowohl aus dem Amtswissen des BFA als auch des BVwG geht hervor, dass Botschaften bzw. deren Konsularabteilungen bei entsprechender Mitwirkung Ihren Staatsangehörigen Reisedokumente ausstellen.

Sie brachten in Ihrem Antrag auf Mängelheilung vor, dass Sie sich keinen irakischen Reisepass ausstellen lassen könnten, weil es Ihnen aufgrund Ihrer Probleme (gemeint wohl: im Irak) der daraus resultierenden Verfolgung (gemeint wohl: durch den Staat Irak) nicht möglich sei, Kontakt zur irakischen Botschaft aufzunehmen. Es wurde jedoch bereits rechtskräftig beschieden und auch von den Höchstgerichten bestätigt, dass Ihnen im Irak keine asylrelevante Verfolgung droht. Ihre Behauptung, wegen Verfolgungsgefahr nicht mit der irakischen Botschaft in Kontakt treten zu können ist daher gänzlich unglaubwürdig und somit eine bloße Schutzbehauptung, die dazu dient, die Behörde zu täuschen und Ihre Abschiebung zu erschweren bzw. zu verunmöglichen.

Sie haben weder einen Nachweis darüber vorgelegt, dass es Ihnen unmöglich, bzw. unzumutbar wäre, das geforderte Reisedokument oder ein entsprechendes Notreisedokument zu beschaffen, noch haben Sie jemals den Versuch unternommen, ein Reisedokument zu erlangen, obwohl Ihnen dies durchaus möglich gewesen wäre.

Das BVwG hat in seinem Erkenntnis vom 17.05.2018 Art. 8 EMRK betreffend auch bereits über die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung rechtskräftig entschieden (Rechtskraft: 18.05.2018). Zwischen dieser Entscheidung und dem Zeitpunkt Ihrer neuerlichen Antragstellung bzw. der nunmehrigen Entscheidung liegt ein relativ kurzer Zeitraum und sind in dieser Zeit keine wesentlichen Sachverhaltsänderungen auch Ihr Heimatland betreffend eingetreten und haben sich daher keine Hinweise

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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