TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/21 W262 2229299-1

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Veröffentlicht am 21.12.2020
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Entscheidungsdatum

21.12.2020

Norm

AVG §73
BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8

Spruch


W262 2227304-1/11E

W262 2229299-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Schleinzer & Partner Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 21.08.2019, OB XXXX , sowie betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht zu Recht erkannt:

A)       I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

II.     1. Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses nach dem BBG wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. 1. nicht zulässig, hinsichtlich Spruchpunkt II. 2. jedoch zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer war Inhaber eines bis 31.08.2020 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Diät lt. VO BGBl. 303/1996 Gesundheitsschädigung 3. Teilstrich“ sowie eines ebenfalls befristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 25.04.2018 unter Vorlage diverser Befunde beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), die Anträge auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses und auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2018 wurde nach Durchführung eines ärztlichen Begutachtungsverfahrens festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 „auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung“ wurde abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Diät lt. VO BGBl. 303/1996 Gesundheitsschädigung 3. Teilstrich“ vorliegen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 12.07.2018 fristgerecht Beschwerde.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 05.09.2018 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 06.06.2018 gemäß §§ 41, 43 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist.

6. Der Beschwerdeführer stellte am 21.09.2018 fristgerecht einen Vorlageantrag.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2019, W262 2206661-1/4E, wurde der Beschwerde Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 05.09.2018 ersatzlos behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt habe, sondern sein Antrag vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses und des Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet gewesen sei. Die belangte Behörde habe somit über einen Antrag entschieden, den der Beschwerdeführer nicht gestellt habe und somit eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher ersatzlos zu beheben. Die belangte Behörde müsse nunmehr über die unerledigt gebliebenen Anträge des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses bzw. auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO entscheiden.

8. Die belangte Behörde holte im fortgesetzten Verfahren ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.04.2019 erstatteten Gutachten vom 07.05.2019 wurde mit näherer Begründung ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt und die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verneint. Aufgrund der im Rahmen des Parteiengehörs zu diesem Gutachten erstatteten Ausführungen des Beschwerdeführers wurde eine Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dieser Stellungnahme vom 20.08.2019 hielt der Sachverständige fest, dass es auch unter Berücksichtigung der Einwendungen zu keiner anderen Einschätzung komme.

9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.08.2019 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle und dass sein „Antrag vom 21.09.2018“ [gemeint wohl: „Antrag vom 25.04.2018“] – welcher von der belangten Behörde nunmehr als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde – abzuweisen sei. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Das Sachverständigengutachten vom 07.05.2019 samt Stellungnahme vom 20.08.2019 wurden dem Beschwerdeführer als Beilagen übermittelt.

10. Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass er niemals einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt habe. Seine Anträge vom 25.04.2018 beziehen sich ausdrücklich auf die Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses bzw. des Parkausweises nach § 29b StVO. Über diese sei trotz Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 22.02.2019, W262 2206661-1/4E, noch nicht entschieden worden. Er beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid ersatzlos beheben und in der Sache selbst entscheiden. Darüber hinaus erhob der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde, da die belangte Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist über seine Anträge vom 25.04.2018 entschieden habe.

11. Die belangte Behörde leitete in der Folge ein Beschwerdevorprüfungsverfahren ein und lud den Beschwerdeführer mehrmals zu ärztlichen Untersuchungen. Mit Schreiben von 06.11.2019 bzw. 08.01.2020 lehnte der Beschwerdeführer die Untersuchungstermine mit der Begründung ab, dass sein Verfahren nunmehr beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sei und die belangte Behörde „ohne Weisung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Kompetenz [habe, ihn] zu ärztlichen Untersuchungen vorzuladen.“

12. Die Beschwerden und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 09.01.2020 vorgelegt.

Die Beschwerde betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht über den Antrag auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO wurde hg. zu W262 2230962-1 protokolliert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war Inhaber eines bis 31.08.2020 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Diät lt. VO BGBl. 303/1996 Gesundheitsschädigung 3. Teilstrich“ sowie eines ebenfalls befristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO.

Er stellte am 25.04.2018 bei der belangten Behörde die Anträge auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses und auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2018 wurde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist. Der von der belangten Behörde als Antrag „auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung“ gewertete Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 wurde abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Diät lt. VO BGBl. 303/1996 Gesundheitsschädigung 3. Teilstrich“ vorliegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 12.07.2018 fristgerecht eine Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 05.09.2018 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 06.06.2018 gemäß §§ 41, 43 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist.

Der Beschwerdeführer stellte am 21.09.2018 fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2019, W262 2206661-1/4E, wurde der Beschwerde Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 05.09.2018 ersatzlos behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt habe, sondern sein Antrag vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses und des Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet gewesen ist. Die belangte Behörde habe über einen Antrag entschieden, den der Beschwerdeführer nicht gestellt habe und somit eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme. Die belangte Behörde müsse nunmehr über die unerledigt gebliebenen Anträge des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses bzw. auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO entscheiden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.08.2019 stellte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren nach Einholung eines Gutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin samt Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt und dass sein „Antrag vom 21.09.2018“ [gemeint wohl: 25.04.2018] – welcher von der belangten Behörde nunmehr als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde – abzuweisen ist.

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht eine Bescheidbeschwerde und eine Säumnisbeschwerde in Bezug auf die Anträge vom 25.04.2018. Diese langten am 07.10.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde hat bis dato nicht über die Anträge des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses bzw. auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises nach § 29b StVO bescheidmäßig abgesprochen (vgl. zu letzterem die hg. Entscheidung vom heutigen Tag, W262 2230962-1/5E).

Die Verzögerung ist auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem hg. zu W262 2206661-1 protokollierten Verfahren, insbesondere dem Erkenntnis vom 22.02.2019, W262 2206661-1/4E. Der festgestellte Verfahrensgang wurde von den Verfahrensparteien nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus § 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) I. Stattgabe der Bescheidbeschwerde:

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„BEHINDERTENPASS

§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der  begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(3) Entspricht ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht, verweigert er eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung oder weigert er sich, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, ist das Verfahren einzustellen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen.

§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

(…)

§ 43 (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(…)“

3.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.08.2019 festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle und dass sein „Antrag vom 21.09.2018“ [richtig: 25.04.2018] – welcher von der belangten Behörde nunmehr als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde – abzuweisen sei.

Der Beschwerdeführer beantragte jedoch – wie er selbst in der Beschwerde bekräftigt – weder die Ausstellung eines Behindertenpasses, noch die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, sondern (u.a.) die Aufhebung der Befristung seines Behindertenpasses.

Die belangte Behörde hat somit (erneut) über einen Antrag entschieden, den der Beschwerdeführer nicht gestellt hat. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides ohne eindeutigen diesbezüglichen Antrag belastet diesen Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 19.02.1997, 95/21/0515; 21.03.2001, 98/10/0376; 25.02.2004, 2003/12/0105).

Da die belangte Behörde eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nicht zukommt, war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.3.2. Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass der angefochtene Bescheid auch mit Blick auf das Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/11/0204, zu beheben war, da § 43 Abs. 1 zweiter Satz BBG, keine Ermächtigung für einen gesonderten Ausspruch der Behörde, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen (anders als etwa § 14 Abs. 2 BEinstG) oder dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 v.H. besteht, enthält. Der Wegfall der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses ist vielmehr als Vorfrage im Einziehungsverfahren zu klären. Da mithin ein eigenes Verfahren vorgesehen ist, in dem die Frage, ob weiterhin ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 v.H. vorliegt, zu beantworten ist, fehlt es an einer Grundlage für die Erlassung eines (amtswegigen) Feststellungsbescheides über die Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 v.H. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs folgend hätte die belangte Behörde – bei Ermittlung eines Grades der Behinderung von weniger als 50 v.H. – amtswegig ein Einziehungsverfahren einleiten und in der Folge gemäß § 43 Abs. 1 letzter Satz BBG die Einziehung des Behindertenpasses aussprechen müssen.

Zu A) II. Stattgabe der Säumnisbeschwerde und Zurückweisung des Antrages vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des bis 31.08.2020 befristeten Behindertenpasses

3.4.1. Mangels verfahrensrechtlicher Sondervorschriften des im vorliegenden Fall anzuwendenden BBG richtet sich die Entscheidungsfrist der belangten Behörde nach § 73 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

Nach dieser Bestimmung sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen (§ 73 Abs. 1 1. Satz AVG).

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist (§ 8 Abs. 1 VwGVG).

3.4.2. Der Beschwerdeführer stellte am 25.04.2018 u.a. einen Antrag auf Aufhebung der Befristung seines Behindertenpasses. Wie dargelegt, hat die belangte Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten über diesen Antrag entschieden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie wiederholt – wie oben dargelegt – über einen Antrag entschieden hat, den der Beschwerdeführer nicht gestellt hat.

3.4.3. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG ist in weiterer Folge zu prüfen, ob die belangte Behörde ein überwiegendes Verschulden an der objektiv festgestellten Verfahrensverzögerung trifft.

3.4.3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein überwiegendes Verschulden der Behörde etwa dann vor, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087), wenn behördeninterne Besprechungen über Sachverhalte außerhalb des Verfahrensinhaltes abgehalten werden (VwGH 28.05.2014, 2013/07/0282), oder wenn die Behörde erst nach Verstreichen von mehr als zwei Drittel der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungspflicht erstmals zielführende Verfahrensschritte setzt (VwGH 06.07.2010, 2009/05/0306).

Der Begriff des behördlichen Verschuldens nach § 73 Abs. 2 AVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes also objektiv zu verstehen (siehe auch VwGH 18.01.2005, 2004/05/0120). Ein solches Verschulden ist dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde. Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (VwGH 31.01.2005, 2004/10/0218; 26.09.2011, 2009/10/0266). Die Unmöglichkeit, über den Antrag spätestens sechs Monate nach dessen Einlangen den Bescheid zu erlassen, ist in allen jenen Fällen ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, in denen sie weder durch ein Verschulden der Partei noch durch ein unüberwindliches Hindernis daran gehindert war, die Beweise rasch aufzunehmen und der Partei ohne unnötigen Aufschub Gelegenheit zu geben, das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen (VwGH 12.10.1983, 82/09/0151).

Ein unüberwindbares, das Verschulden der Behörde ausschließendes Hindernis für die fristgerechte Erledigung der Sache liegt dann vor, wenn der Behörde trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung eine Entscheidung vor dem Einlangen der Säumnisbeschwerde unmöglich gewesen ist, etwa weil das Verfahren im Einzelfall äußerst komplex ist, Zeugen nicht einvernommen oder sonstige Beweise nicht erhoben werden können oder außerhalb der Einflusssphäre der Behörde gelegene Ereignisse das Verfahren blockieren. Der Eintritt eines unüberwindlichen Hindernisses schließt das überwiegende Verschulden der Behörde nicht aus, wenn bereits zuvor schuldhaft Ermittlungen nicht rechtzeitig eingeleitet wurden, wenn also das unüberwindliche Hindernis unmittelbar vor Beschwerdeerhebung aufgetreten ist, jedoch schon vorher eine auf einem überwiegenden behördlichen Verschulden beruhende Verfahrensverzögerung vorlag (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 137).

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein etwaiges überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist der Zeitabschnitt zwischen dem Tag, an welchem die Entscheidungspflicht der Behörde begründet wurde, und jenem Tag, an dem die Säumnisbeschwerde bei der Behörde eingelangt ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 126).

3.4.3.2. Der Beschwerdeführer stellte am 25.04.2018 u.a. einen Antrag auf Aufhebung der Befristung seines Behindertenpasses. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2018 wurde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 „auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung“ wurde abgewiesen. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 05.09.2018 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 06.06.2018 gemäß §§ 41, 43 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten ist.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2019, W262 2206661-1/4E, zugestellt am 01.03.2019, wurde der Beschwerde Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 05.09.2018 ersatzlos behoben, da die belangte Behörde über einen Antrag entschieden habe, den der Beschwerdeführer nicht gestellt habe und habe somit eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher ersatzlos zu beheben gewesen. Der belangten Behörde wurde in diesem Erkenntnis aufgetragen, nunmehr über die unerledigt gebliebenen Anträge des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses bzw. auf Ausstellung eines unbefristeten Parkausweises gemäß § 29b StVO zu entscheiden.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde – entgegen den Ausführungen im oa. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes – mit (dem nunmehr bekämpften) Bescheid vom 21.08.2019 über einen von ihr als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. Neufestsetzung des Gesamtgrades der Behinderung verstandenen Antrag abgesprochen und insofern den Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 erneut nicht bescheidmäßig erledigt. Insofern geht die Verzögerung der Entscheidung über den Antrag vom 25.04.2018 auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurück. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren nach Erlassung des oa. Bescheides vom 21.08.2019 den Ladungen der belangten Behörde zu ärztlichen Untersuchungen keine Folge geleistet hat, zumal eindeutig erkennbar ist, dass die belangte Behörde (erneut) nicht gewillt war, den Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2018 einer bescheidmäßigen Erledigung zuzuführen.

3.4.3.3. Da die Säumnisbeschwerde somit zulässig ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

3.5. Der Beschwerdeführer war Inhaber eines bis 31.08.2020 befristeten Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Er stellte am 25.04.2018 u.a. ausdrücklich einen Antrag auf Aufhebung der Befristung seines Behindertenpasses.

3.5.1. Das BBG sieht lediglich Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung (§ 45 Abs. 1 BBG) vor.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. Daraus eröffnet sich für die belangte Behörde die Möglichkeit, bei zu erwartender Besserung der Leidenszustände (etwa bei Heilungsbewährung) den Behindertenpass befristet auszustellen.

Bei Änderungen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat die belangte Behörde gemäß § 43 Abs. 1 BBG von Amts wegen Berichtigungen vorzunehmen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen bzw. diesen bei Wegfall der Voraussetzungen mit Bescheid einzuziehen. Der Passinhaber ist verpflichtet, derartige Änderungen binnen vier Wochen der belangten Behörde anzuzeigen und auf deren Aufforderung den Behindertenpass vorzulegen (§ 43 Abs. 2 BBG).

3.5.2. Ein Antrag, der ausschließlich auf die Aufhebung der Befristung eines Behindertenpasses gerichtet ist, ist aus folgenden Überlegungen unzulässig:

Wie dargelegt, sind im BBG lediglich Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung vorgesehen. Ein etwaiger Wegfall der Befristung kann nur im Zuge eines Verfahrens zur Neufestsetzung des Grades der Behinderung oder zur Ausstellung eines Behindertenpasses erfolgen, da die Einschätzung des Gesundheitszustandes nur anhand einer aktuellen Beurteilung der Leidenszustände, ihres Ausmaßes und einer allfälligen Besserungsmöglichkeit erfolgen kann. Ob Änderungen in den Voraussetzungen zur Erteilung eines Behindertenpasses zu erwarten sind, kann daher nur anhand einer vollständigen Beurteilung der Leidenszustände des Beschwerdeführers erfolgen. Erst eine solche Beurteilung kann Aufschluss darüber geben, ob in Bezug auf die festgestellten Funktionseinschränkungen (jeweils) ein Dauerzustand vorliegt oder ob eine neuerliche Beurteilung nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne mit Blick auf die Möglichkeit der Besserung eines Leidens geboten ist.

Der Antrag vom 25.04.2018 auf Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses zielt auf eine Überprüfung der – von einer Fachärztin für Innere Medizin in ihrem der Ausstellung des befristeten Behindertenpasses zugrundeliegenden Sachverständigengutachten vom 06.05.2015 getroffenen – Einschätzung ab, dass eine Änderung bzw. Besserung des Leidenszustandes nicht eingetreten sei. Diese Einschätzung bedarf jedoch einer aktuellen Beurteilung der Leidenszustände und insofern eine (Neu)Einschätzung des Gesundheitszustandes, der nur in Zuge eines Verfahrens zur Neufestsetzung des Grades der Behinderung oder zur Ausstellung eines Behindertenpasses erfolgen kann.

In der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid führt der Beschwerdeführer u.a. zwar aus, dass seine Leiden im Sachverständigengutachten vom 07.05.2019 zu gering eingestuft worden seien und bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung der Beeinträchtigungen ein Grad der Behinderung von zumindest 50 v.H. (sowie mit Blick auf den unkontrollierbaren und unvorhersehbaren Stuhldrang bis zu fünfzehn Mal am Tag die „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“) festzustellen gewesen wäre. Eine Umdeutung des Beschwerdevorbringens im Sinne eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung bzw. auf Ausstellung eines Behindertenpasses (mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“) scheidet jedoch aufgrund des ausdrücklich nur auf die Aufhebung der Befristung des Behindertenpasses gerichteten Begehrens aus.

Da – wie oben dargelegt – die Aufhebung einer Befristung eines Behindertenpasses gesetzlich nicht vorgesehen ist, war der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.

3.11. Dem Beschwerdeführer steht es frei, in Folge des Ablaufs der Befristung erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der oben genannten Zusatzeintragung beim Sozialministeriumservice einzubringen, über den die Behörde – sofern den Begehren nicht stattgegeben wird – mit Bescheid zu entscheiden hat, welche beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden könnten.

Mit Blick auf den in der Beschwerde gestellten Antrag ist anzumerken, dass eine Gebührenbestimmung im Sinne des § 26 VwGVG (Gebühren für Zeugen und Beteiligte) nicht in Betracht kommt.

3.12. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat ein Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Die unterbliebene Antragstellung des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers kann als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.

Zu B) Teilweise Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG betreffend der Spruchpunkte I. und II. 1. nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2018/11/0204; 19.02.1997, 95/21/0515; 21.03.2001, 98/10/0376; 25.02.2004, 2003/12/0105). Auch liegen im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG betreffend Spruchpunkt II. 2. jedoch zulässig, weil die Entscheidung diesbezüglich von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit eines ausschließlich auf die Aufhebung der Befristung eines Behindertenpasses gerichteten Antrages nach dem BBG fehlt.

Schlagworte

Antragsbegehren Befristung Behindertenpass Entscheidungsfrist Entscheidungspflicht Rechtswidrigkeit Revision teilweise zulässig Säumnisbeschwerde unzulässiger Antrag Unzuständigkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2229299.1.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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