Entscheidungsdatum
21.12.2020Norm
BBG §40Spruch
W262 2228101-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 10.12.2019, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin war Inhaberin eines bis 30.09.2019 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“.
2. Die Beschwerdeführerin stellte am 11.06.2019 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses.
3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.10.2019 erstellten Gutachten vom 07.11.2019 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Morbus Crohn ED (2010).
Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da guter Allgemein- und Ernährungszustand bei gastroduodenalem/ileokolonischem Befallsmuster nach erfolgreicher Fistel- und Ileozökalresektion 2016.
07.04.05
30
2
Anpassungsstörung bei Belastungssituation.
Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da durch regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisierbar.
03.06.01
20
3
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.
Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgeblichen Funktionseinschränkungen bei rezidivierendem Cervicalsyndrom und ohne radikuläre Ausfälle.
02.01.01
10
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde festgehalten, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 mangels maßgeblicher ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und durch Leiden 3 wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht erhöht werde. Es handle sich um einen Dauerzustand.
4. Die Beschwerdeführerin erstattete zu diesem Gutachten im Rahmen des gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.12.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da sie mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem ärztlichen Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Als Beilage zum Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 07.11.2019 übermittelt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, die Leiden seien zu gering eingestuft worden. Abschließend wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Innere Medizin/Gastroenterologie, Psychologie/Psychiatrie und Orthopädie sowie die Ausstellung eines Behindertenpasses beantragt.
7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.01.2020 vorgelegt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer bisher noch nicht befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 29.05.2020 erstellten Gutachten vom 20.07.2020 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (teilweise ergänzt um die Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):
„ …
Vorgeschichte:
Morbus Crohn ED 2010, Fistel OP 08/2015, Ileozäkalresektion 11/2016, AZA seit 2011, Therapie IFX seit 04/2013 - 11/2016, wieder Start 03/2017.
Derzeitige Therapie: Imurek, Enterobene, Remicade.
Cervicalsyndrom, Dyssomnie, Anpassungsstörung bei Belastungssituation.
2014 Rehabilitationsaufenthalt, seither kein Kuraufenthalt oder Rehabilitationsaufenthalt.
Zwischenanamnese seit 10/2019:
Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.
Alle 4 Wochen ambulante Betreuung bei Morbus Crohn, Remicade.
…
Medikamente:
Budosan, Quantalan, Imurek, Enterobene bei Bedarf, Remicade, Urbason, Saroten, Escitalopram, Xanor bei Bedarf, Mexalen bei Bedarf.
Allergien: 0
Nikotin: 0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. Rul, 1150
Derzeitige Beschwerden:
‚Alles tut weh, Beschwerden habe ich vor allem in der Lendenwirbelsäule und im linken Bein außenseitig, habe ständig Schmerzen, kann nicht schlafen und wache immer wieder auf vor Schmerzen. Habe starke Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in den Brustkorb links und in das linke Bein. Bin zweimal im Jahr beim Facharzt für Orthopädie, seit 2 Jahren. Schmerzmittel nehme ich bei Bedarf Seractil oder Mexalen. Rehabilitationsaufenthalt hatte ich 2014, seither nicht mehr. Regelmäßige Physiotherapie, hilft allerdings nicht viel. Habe bis zu zehnmal täglich Durchfall, flüssig, manchmal Blut, immer viel Schleim. Teilweise ist der Stuhl schwarz. Schmerzen habe ich im linken Oberbauch, die letzte Koloskopie war vor 2 Jahren. Habe immer wieder Winde, plötzlich auftretend. Verwende Vorlagen, 3 Vorlagen pro Tag, heute hatte ich um 07:00 Uhr flüssigen Durchfall, habe nicht gegessen, seither habe ich keinen Stuhl mehr gehabt. Verwende auch jetzt Vorlagen. Eventuell will man auf Humira umsteigen. Bzgl. Psyche bin ich alle 6 Monate beim Facharzt für Psychiatrie seit 2 Jahren, Medikamente und Gespräche helfen. Hergekommen bin ich mit dem Taxi, mit der Tochter.‘
Status:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 162 cm, Gewicht 69 kg, Alter: 45 Jahre.
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax: symmetrisch, elastisch.
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: keine pathologischen Resistenzen tastbar, Druckschmerz linker Oberbauch, Darmgeräusche rege, keine Blähungen.
Anus: Marisken, keine Stuhlverunreinigung, keine Entzündungszeichen. Vorlage: dünne Slipeinlage, nicht verunreinigt.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich des linken Oberschenkels lateral als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist rechts bis 60° bei KG 5, links aktiv bis 20°, passiv bis 60° mit endlagiger Schmerzangabe.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann im Bereich der Schulter- und Nackenmuskulatur und paralumbal, Klopfschmerz über der gesamten LWS und paralumbal.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich.
BWS/LWS: FBA: 25 cm, Rotation und Seitneigen die bis 20°.
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität — Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einer Unterarmstützkrücke, das Gangbild ist verlangsamt, von Schmerzäußerungen begleitet, geringgradig links hinkend, Bewegungsabläufe verlangsamt.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig, teilweise mit Unterstützung, im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage klagend, verhangen.
STELLUNGNAHME:
ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung:
1) Morbus Crohn 07.04.05 30 %
Unterer Rahmensatz, da guter Allgemein- und Ernährungszustand, bei Zustand nach Ileocoecalresektion 2016 unter Behandlung stabil, teilweise erhöhte Durchfallshäufigkeit.
2) Anpassungsstörung 03.06.01 20 %
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation stabil.
3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom 02.01.01 10%
Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden ohne radikuläre Ausfälle und keine relevanten Funktionseinschränkungen.
ad 2) Gesamtgrad der Behinderung: 30%.
Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da aufgrund der medikamentösen Stabilisierbarkeit von Leiden 2 keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. Leiden 3 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz.
ad 3) Stellungnahme ab wann der GdB anzunehmen ist:
Der GdB ist ab Antrag, 11.06.2019, anzunehmen.
ad 4) Stellungnahme zu den vorgelegten Unterlagen und Befunden Abl. 14 – 16:
Abl. 15-16 Befund rheumatologische Ambulanz XXXX 02.07.2019 (Morbus Crohn ED 2010, schwerer chronisch aktiver Verlaufstyp, strikturierend - Fistel OP 08/2015, Ileozäkalresektion.
11/2016, AZA seit 2011, Therapie IFX seit 04/2013-1 1/2016, wieder Start 03/2017. Therapie: Imurek, Enterobene, Remicade, Zinnat — aktuell ist jedoch kein histologischer Befund und auch kein Hinweis im Labor vorliegend, der eine derzeitig vorliegende höhergradige Krankheitsaktivität belegen könnte. Unter Behandlung konnte eine Stabilisierung erreicht werden, sodass ein guter Allgemeinzustand und Ernährungszustand vorliegt.
Abl. 14 Befund XXXX Facharzt für Neurologie und Psychiatrie 02.05.2019 (Cervicalsyndrom, Dyssomnie, Anpassungsstörung bei Belastungssituation, Morbus Crohn. Therapie: Escitalopram, Saroten) — Diagnosen werden in entsprechender Höhe eingestuft, ein stationärer Aufenthalt an einer Fachabteilung ist nicht dokumentiert, auch sind keine gehäuften fachärztlichen Behandlungen belegt.
ad 5) Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde Abl. 25:
Alle Leiden seien zu gering eingestuft worden, insbesondere sei eine Besserung von Leiden 1 im Vergleich zum VGA nicht eingetreten.
Im Vorgutachten vom 07.06.2017 wird bei Zustand nach kurz zurückliegender Operation (03/2017) und bei moderat reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand eine Einstufung von 50 % vorgenommen und eine Nachuntersuchung vorgesehen.
Entsprechend dem aktuell gebesserten Ernährungszustand mit Gewichtszunahme und ohne histologischen und klinischen Nachweis einer erhöhten Krankheitsaktivität ist eine Neueinstufung von Leiden 1 erforderlich.
Die weiteren Leiden werden ansprechend den objektivierbaren geringen funktionellen Einschränkungen unter Beachtung der rezidivierenden Beschwerden in korrekter Höhe eingestuft.
Ein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken zwischen den einzelnen Leiden liegt nicht vor, da Leiden 2 und 3 von zu geringer funktioneller Relevanz sind.
ad 6) Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen SVGA vom 07.11.2019 abweichenden Beurteilung:
Keine abweichende Beurteilung.
ad 7) Stellungnahme ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:
Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:
Befund rheumatologische Ambulanz XXXX vom 13.05.2020
(Morbus Crohn, Verdacht auf CED assoziierte Gelenkserkrankung. Therapie: Imurek, Enterobene bei Bedarf, Remicade, Urbason, Saroten, Escitalopram, Xanor bei Bedarf, Mexalen bei Bedarf) – der Verdacht auf CED assoziierte Gelenkserkrankung ist nicht bestätigt, es werden zwar Beschwerden im Bereich von Kreuz und Hüften angegeben, es liegen jedoch keine erhöhten Entzündungsparameter vor und auch klinisch konnte kein Hinweis auf eine erhöhte entzündliche Aktivität festgestellt werden, sodass diese Verdachtsdiagnose keinen Einfluss auf die Einschätzung von Leiden 1 hat.
Befund Morbus Crohn Ambulanz XXXX 28.05.2020 (Stuhl 7x täglich, flüssig, Blut negativ, Schmerzen Kreuz, Hüfte, kein Fieber, keine Infekte, Gewicht 69 kg. Labor: Blutbild normal, Chemie einschließlich CRP normal, Ferritin unter 15, Akutlabor CRP 0,06-normal, Calprotectin: 42 – lmurek wird nicht regelmäßig genommen. Koloskopie 15.01.2018: unauffällig bis ins Ileum, histologisch kein Hinweis auf akute Entzündung. Letzte Calprotectin: 18.03.2019: 92. Therapieempfehlung: Budosan, Quantalan) — untermauert Richtigkeit der getroffenen Beurteilung von Leiden 1. Insbesondere wird auf die Therapieoption der regelmäßigen Einnahme von Imurek verwiesen.
Die nachgereichten Dokumente führen zu keiner Änderung der getroffenen Beurteilung.“
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.08.2020 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Abschließend wurde den Parteien mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.
Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 11.06.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Morbus Crohn, nach Ileocoecalresektion 2016 bei teilweiser erhöhter Durchfallshäufigkeit und gutem Allgemein- und Ernährungszustand unter Behandlung stabil;
2) Anpassungsstörung, unter Medikation stabil;
3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Cervikolumbalsyndrom mit rezidivierenden Beschwerden ohne radikuläre Ausfälle und ohne relevante Funktionseinschränkungen.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 30 v.H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, ihres Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2020 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung zur Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung und die festgestellten Funktionseinschränkungen gründen sich auf das Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2020. Darin wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Von der vom Bundesverwaltungsgericht befassten Sachverständigen wurden die im Verfahren von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde einbezogen, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.
Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung sowie aufgrund der Aktenlage erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.
Diesbezüglich ist im Lichte der Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass hinsichtlich des bei der Beschwerdeführerin festgestellten Morbus Crohn korrekt die Positionsnummer 07.04.05 (chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 30 v.H. gewählt wurde. Diese Einschätzung wurde von der Sachverständigen schlüssig damit begründet, dass trotz teilweise erhöhter Durchfallshäufigkeit ein – im Vergleich zum Vorgutachten aus 2017 – guter Allgemein- und Ernährungszustand vorliegt und eine weitere Therapieoption (regelmäßige Einnahme von Imurek) besteht.
Höhere Einstufungen chronischer Darmstörungen sind entsprechend der Anlage zur Einschätzungsverordnung etwa bei Vorliegen von häufigen (bis zu täglichen, auch nächtlichen) Durchfällen mit nachweislich chronischen, schwerer ausgeprägten Schleimhautveränderungen und einer erheblichen Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes (Malabsorption), bei anhaltenden oder häufig rezidivierenden erheblichen Beschwerden sowie auch bei Vorliegen von Sekundärkomplikationen vorgesehen. Dass bei der Beschwerdeführerin eine schwerergradige chronische Darmstörung vorliegt, welche eine höhere Einschätzung ihres Leidens rechtfertigen würde, konnte jedoch weder anhand der durchgeführten klinischen Untersuchung noch im Lichte der Befundlage objektiviert werden.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anpassungsstörung wurde im Sachverständigengutachten korrekt die Positionsnummer 03.06.01 (depressive Störung leichten Grades) unter Heranziehung eines Rahmensatzes von 20 v.H. (eine Stufe über dem unteren Rahmensatz) anhand der vorgelegten Befunde gewählt, da die Beschwerdeführerin unter Medikation stabil ist, zumal weder gehäufte fachärztliche Behandlungen, noch stationäre Aufenthalte dokumentiert sind.
Betreffend die bei der Beschwerdeführerin festgestellten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Cervikolumbalsyndrom wurde von der Sachverständigen korrekt die Positionsnummer 02.01.01 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 10 v.H. gewählt.
Bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien etwa die Beweglichkeit und Belastbarkeit, Gelenksfunktionen, Funktionen der Muskel, Sehnen, Bänder und Gelenkskapsel, Messungen des Bewegungsradius, Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) sowie Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung. Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Die konkrete Differenzierung zwischen Funktionseinschränkungen geringen, mittleren und schweren Grades wird insbesondere auch anhand der Häufigkeit und Dauer akuter Episoden, des Ausmaßes radiologischer und/oder morphologischer Veränderungen, des Vorliegens klinischer Defizite, des jeweiligen Therapie- und Medikationsbedarfs sowie des Ausmaßes der Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben vorgenommen.
Die vorgenommene Einschätzung wurde von der Sachverständigen schlüssig damit begründet, dass bei der Beschwerdeführerin rezidivierende Beschwerden ohne radikuläre Ausfälle und ohne relevante Funktionseinschränkungen vorliegen.
Den Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin von 30 v.H. begründet die Sachverständige schlüssig damit, dass aufgrund medikamentöser Stabilisierbarkeit von Leiden 2 keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege und Leiden 3 aufgrund geringer funktioneller Relevanz den Gesamtgrad der Behinderung nicht erhöhe.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Diese wurden von der befassten Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 20.07.2020 gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet. Die befasste Sachverständige nahm zu den Einwendungen im Einzelnen Stellung und erläuterte nachvollziehbar, warum eine höhere Einschätzung der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Funktionseinschränkungen nicht gerechtfertigt ist. Letztlich hat sie das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten unwidersprochen zur Kenntnis genommen.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.“
„§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
(…)“
„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(…)“
„§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(…)“
3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:
„Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.“
„Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.“
3.4. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200). Insofern geht auch das Vorbringen in der Beschwerde, bei Addition der Funktionseinschränkungen erreiche die Beschwerdeführerin einen – immer noch zu niedrig eingestuften – Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H., ins Leere.
3.5. Wie oben eingehend ausgeführt, wird der Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2020 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 v.H. beträgt. Das auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstattete Gutachten entspricht – sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung – den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen. Die Einwendungen in der Beschwerde waren nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten von der Beschwerdeführerin unwidersprochen blieb.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
3.7.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.07.2020, welches von den Verfahrensparteien unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurde. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache – trotz deren Beantragung – nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind – soweit im Beschwerdefall relevant – eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2228101.1.00Im RIS seit
10.03.2021Zuletzt aktualisiert am
10.03.2021