TE Bvwg Beschluss 2021/1/29 G314 2182811-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.01.2021

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch


G314 2182811-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin
Mag.a Katharina BAUMGARTNER über den Antrag des irakischen Staatsangehörigen
XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt
Mag. Laszlo SZABO, vom 25.01.2021 betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

A)       Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdeverhandlung vom 19.10.2020 im Verfahren G314 2182811-1 des Bundesverwaltungsgerichts wird abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Antrag des Wiedereinsetzungswerbers (im Folgenden als Beschwerdeführer, kurz BF, bezeichnet) auf internationalen Schutz vom XXXX .2015 wurde mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2017, Zl. XXXX , abgewiesen. Gleichzeitig wurde dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Irak festgestellt und eine 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise festgelegt. Dagegen erhob der durch den Rechtsanwalt Mag. Laszlo SZABO vertretene BF eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor.

Die Ladung zu der vom BVwG für den 19.10.2020 in dieser Angelegenheit anberaumten Verhandlung wurde dem Vertreter des BF am 28.08.2020 zugestellt. Zu dieser Verhandlung erschienen der BF und sein Vertreter unentschuldigt nicht. Die Verhandlung wurde daraufhin in Abwesenheit des BF durchgeführt. Mit dem nach dem Schluss der Verhandlung mündlich verkündeten Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde des BF als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. Die Niederschrift der Verhandlung wurde dem Vertreter des BF am 19.10.2020 zugestellt.

Da innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 29 Abs 2a VwGVG kein Antrag auf eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses gestellt wurde, wurde dieses in gekürzter Form ausgefertigt und dem Vertreter des BF am 05.11.2020 zugestellt.

Mit Eingabe vom 25.01.2021 beantragte der BF, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Laszlo SZABO, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdeverhandlung sowie die Aufhebung des Erkenntnisses des BVwG, die Anberaumung einer neuerlichen Beschwerdeverhandlung und die anschließende Entscheidung „im der Beschwerde stattgebenden Sinn“. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde wie folgt begründet: Der Vertreter des BF habe diesem die Ladung für den 19.10.2020 an die E-Mail-Adresse XXXX übermittelt und um Mitteilung gebeten, ob eine Vertretung gewünscht werde. Telefonische Nachfragen beim BF seien unbeantwortet geblieben. Das dem Vertreter des BF am 05.11.2020 zugegangene Erkenntnis des BVwG sei an dieselbe E-Mail-Adresse weitergeleitet worden. Der Vertreter des BF habe keinen E-Mail-Fehlbericht erhalten. Aufgrund der Nachfrage einer Betreuerin des BF nach dem Verfahrensstand am 12.01.2020 (gemeint offenbar 2021) sei festgestellt worden, dass die vom Vertreter des BF notierte E-Mail-Adresse einen Schreibfehler aufweise und die E-Mail-Adresse des BF richtig XXXX laute. Der BF habe daher weder von der Ladung noch vom Erkenntnis des BVwG Kenntnis erlangt. Da er aufgrund eines minderen Grades des Versehens seines Vertreters, nämlich eines Schreibfehlers bei der E-Mail-Adresse, erst am 12.01.2020 von der Ladung für den 19.10.2020 erfahren habe, habe er diese nicht befolgen können.

Als Bescheinigungsmittel wurden die Einvernahme des BF und seines Vertreters angeboten. Außerdem wurden folgende E-Mails vorgelegt: das E-Mail des Vertreters des BF vom 31.08.2020, mit dem er dem BF die Ladung für den 19.10.2020 mit der Bitte um Mitteilung, ob eine Vertretung gewünscht sei, übermittelte, das E-Mail des Vertreters des BF vom 19.10.2020, mit dem er dem BF die Entscheidung des BVwG mit der Bitte um Mitteilung, ob er dagegen ein Rechtsmittel erheben wolle, übermittelte, das E-Mail des Vertreters des BF vom 12.01.2021 an die Betreuerin des BF sowie deren E-Mail vom selben Tag, mit dem sie bekannt gab, dass der BF nie ein E-Mail von seinem Vertreter erhalten habe, weil dieser offenbar eine falsche E-Mail-Adresse verwendet habe.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des BVwG zu G314 2182811-1 (betreffend die Beschwerde des BF gegen den Bescheid vom 12.12.2017) und G314 2182811-2 (betreffend den Wiedereinsetzungsantrag vom 25.01.2021). Es liegen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche vor.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Einer Partei ist gemäß § 33 Abs 1 VwGVG auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat) eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden des die Partei vertretenden Rechtsanwaltes ist der Partei zuzurechnen (siehe VwGH 12.06.2019, Ra 2019/13/0022).

Ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter (wie der vom BF bevollmächtigte Rechtsanwalt) muss seine Kanzlei so organisieren, dass die Einhaltung von Fristen und Terminen sichergestellt ist und Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. VwGH 01.06.2017, Ra 2017/06/0040). Dazu gehört auch, dass er sich bei der Übermittlung von (insbesondere fristgebundenen) Informationen per E-Mail vergewissert, ob die Übertragung an den intendierten Empfänger erfolgreich durchgeführt wurde, zumal Sendungen im elektronischen Weg oder per E-Mail fehleranfällig sind und weder eine E-Mail-Sendebestätigung noch das Fehlen eines E-Mail-Fehlberichts den zwingenden Schluss zulassen, dass ein E-Mail auch tatsächlich beim Empfänger eingelangt ist. Unterbleibt diese Kontrolle, stellt dies ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden dar (siehe VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0054 und 30.04.2018, Ro 2017/01/0003). Die Pflicht, sich zu vergewissern, ob eine Übertragung per E-Mail erfolgreich durchgeführt wurde, besteht auch, wenn E-Mails im Verkehr zwischen der Partei und ihrem Rechtsvertreter verwendet werden (vgl. VwGH 08.03.2018, Ra 2017/11/0289). Hier wird gar nicht behauptet, dass eine solche Kontrolle durchgeführt wurde, sodass kein minderer Grad des Versehens vorliegt.

Die vom Vertreter des BF notierte E-Mail-Adresse wurde offenbar weder durch eine Rückfrage beim BF noch eine Probesendung verifiziert; ebensowenig wurde eine Bestätigung des Empfangs von E-Mails eingefordert. Es wurden auch keine Konsequenzen aus der fehlenden Reaktion des BF auf die E-Mails seines Vertreters und der erfolglosen telefonischen Kontaktaufnahme gezogen. Dem BF hätte die Ladung für den 19.10.2020 auch per Post geschickt werden können, wenn nicht anderweitig sichergestellt wäre, dass er von dem Termin weiß. Jedenfalls hatte der Vertreter des BF Kenntnis vom Termin am 19.10.2020 und hätte diesen – wenn jegliche Kontaktaufnahme zum BF bei aufrechtem Vollmachtverhältnis scheitert – allenfalls selbst wahrnehmen müssen, um die Interessen seines Klienten zu wahren.

Abgesehen davon, dass im Wiedereinsetzungsantrag gar nicht vorgebracht wurde, dass auch die Frist zur Beantragung einer schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses nach Zustellung der Niederschrift vom 19.10.2020 durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis versäumt worden sei, scheitert die beantragte Wiedereinsetzung somit daran, dass dem BF bzw. seinem Vertreter schon nach dem Antragsvorbringen ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der Verhandlung vor dem BVwG anzulasten ist.

Eine Verhandlung unterbleibt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil bei dieser Entscheidung vom Vorbringen des BF ausgegangen wird und im Wiedereinsetzungsantrag keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.

Zu Spruchteil B):

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in einem Verfahren betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verneint hat, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zukommt (vgl. VwGH 29.01.2018, Ra 2018/11/0013).

Schlagworte

Beschwerde Versäumungsurteil Verschulden Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2182811.2.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten