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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §37Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der D GmbH in W, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 24. Oktober 2019, RM/7100014/2017, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 4/5/10),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang des Abspruchs über die Rechtmäßigkeit der Anwesenheit eines Reporters bei der Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz sowie des Ausspruchs über den Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Am 15. November 2017 führte die Finanzpolizei unter Hinzuziehung der WEGA und in Begleitung eines Reporters einer Wochenzeitschrift in einem Lokal eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz - GSpG durch.
2 Die revisionswerbende Partei erhob in Bezug auf diese Kontrolle eine Maßnahmenbeschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG). In dieser wandte sie sich gegen die Durchführung einer Hausdurchsuchung, das gewaltsame Aufbrechen von nicht versperrten Türen sowie die Mitnahme eines Reporters zu dieser Kontrolle.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die revisionswerbende Partei wurde zum Kostenersatz in der Höhe von EUR 887,20 verpflichtet. Das BFG sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BFG aus, im Hinblick auf die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages gemäß § 50 Abs. 4 GSpG sei das gewaltsame Öffnen der Türen bei der gegenständlichen Kontrollmaßnahme nicht als unverhältnismäßig und daher nicht als rechtswidrig zu beurteilen.
5 Das BFG stellte im Hinblick auf die behauptete Hausdurchsuchung fest, dass die Kontrollorgane weder nach Personen oder Sachen gesucht, noch Laden, Schränke oder Behältnisse geöffnet hätten. Dem Beweisantrag auf Einvernahme sämtlicher an der Amtshandlung teilnehmenden Organe sei nicht entsprochen worden, weil es sich um einen allgemein gehaltenen Antrag ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas gehandelt habe. Diesem Antrag seien lediglich Vermutungen zugrunde gelegen.
6 In Bezug auf die Anwesenheit eines Reporters bei der Kontrolle stellte das BFG fest, es sei am Kontrolltag nicht bekannt gewesen, wer das Lokal betrieben habe. Bei der Kontrolle sei auch kein Vertreter der revisionswerbenden Partei vor Ort gewesen. Deren erst gegen Ende der Amtshandlung hinzugekommener rechtlicher Vertreter habe den Reporter nicht wahrgenommen. Der Reporter habe über eine Genehmigung des Bundesministers für Finanzen verfügt, an der Amtshandlung teilzunehmen, und sei stets von Amtsorganen begleitet gewesen. Weder Text noch Bilder des von ihm in der Folge verfassten Artikels ließen einen Rückschluss auf das kontrollierte Lokal zu.
7 Durch die Berichterstattung sei dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den Spielerschutz und die Suchtprävention, unter Wahrung der Rechte der etwaigen Lokalbetreiber Rechnung getragen worden. Die Interessenabwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen einer Partei und den im Bereich des illegalen Glücksspiels berechtigten Interessen der Allgemeinheit auf Information sei jedenfalls zu Gunsten der Allgemeinheit zu treffen gewesen. In der Anwesenheit des Reporters sei somit keine Verletzung eines Rechtes der revisionswerbenden Partei zu erblicken.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das BFG über die Beschwerde gegen drei trennbare Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entschieden, auch wenn diese Akte im Rahmen einer einheitlichen Amtshandlung (glücksspielrechtlichen Kontrolle) gesetzt wurden (vgl. in Bezug auf eine gewerberechtliche Kontrolle VwGH 31.1.2013, 2008/04/0216).
14 Liegen - wie im vorliegenden Fall - in der angefochtenen Entscheidung trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. für viele VwGH 15.2.2019, Ra 2018/17/0190, mwN).
15 Die Revision macht im Zusammenhang mit ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das BFG habe im Erwägungsteil des angefochtenen Erkenntnisses den Sachverhalt, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung vermengt dargestellt. Es sei der revisionswerbenden Partei daher nicht möglich, das angefochtene Erkenntnis inhaltlich zu bekämpfen.
16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine ordnungsgemäß begründete verwaltungsgerichtliche Entscheidung aus drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen: 1. der im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. der Beweiswürdigung, 3. der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. beispielsweise VwGH 14.12.2020, Ra 2019/02/0232, mwN).
Eine solche Gliederung ist im angefochtenen Erkenntnis noch mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar. Dass es dem Revisionswerber nicht möglich gewesen sei, dieses Erkenntnis inhaltlich zu bekämpfen, ist nicht ersichtlich, zumal die Revision auch ein inhaltliches Vorbringen enthält. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde somit in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
17 Die Revision rügt in der Zulässigkeitsbegründung im Zusammenhang mit der geltend gemachten Hausdurchsuchung als weiteren Verfahrensmangel, das BFG habe dem Beweisantrag der revisionswerbenden Partei auf „Einvernahme u.a. sämtlicher bei der Amtshandlung anwesender Organe der WEGA“ nicht entsprochen und damit gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen.
18 Ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2018/18/0033, mwN).
19 Eine derart krasse Fehlbeurteilung wird von der Revision nicht aufgezeigt. Nach den vorgelegten Verwaltungsakten hat die revisionswerbende Partei bereits in ihrer Maßnahmenbeschwerde im Anschluss an die Sachverhaltsdarstellung u.a. die Einvernahme sämtlicher bei der Amtshandlung anwesenden Organe der WEGA beantragt, ohne dabei jedoch ein konkretes Beweisthema zu nennen. Beweisanträge, die nur pauschal zum Beweis für das gesamte Vorbringen gestellt werden, entsprechen aber nicht dem Erfordernis der konkreten Bezeichnung des Beweisthemas, das durch das Beweismittel erwiesen werden soll (vgl. VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0004, mwN). Wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist, dann ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Unterlassung einer Beweisaufnahme kein Verfahrensmangel gelegen (vgl. VwGH 14.10.2016, Ra 2016/18/0260, mwN).
20 In dem vorbereitenden Schriftsatz vom 20. März 2019 hat die revisionswerbende Partei diesen Beweisantrag insofern wiederholt, als sie die „Einvernahme sämtlicher bei der Amtshandlung anwesender Organe“ beantragt hat. Dieser Antrag findet sich jedoch ausschließlich in dem Abschnitt mit der Überschrift „3. Beschwerdepunkt Mitnahme eines Reporterteams zur Kontrolle“. In dem Abschnitt „2. Beschwerdepunkt Hausdurchsuchung“ findet sich überhaupt kein Beweisantrag. Dass die revisionswerbende Partei bei anderer Gelegenheit entsprechende Beweisanträge im Zusammenhang mit der behaupteten Hausdurchsuchung gestellt hätte, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht vorgebracht. Somit zeigt die revisionswerbende Partei auch mit ihrem Vorbringen zu den Beweisanträgen keine für die Entscheidung über die gegenständliche Revision relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
21 In Bezug auf die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde im Zusammenhang mit dem Aufbrechen von Türen enthält die Revision kein gesondertes Zulässigkeitsvorbringen.
Die Revision war daher insoweit zurückzuweisen.
22 Die Revision beruft sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zudem auf das Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Reporter bei einer Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG anwesend sein dürfe. Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig, sie ist insoweit auch begründet.
23 § 50 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 118/2016, lautete auszugsweise:
„STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN
Behörden und Verfahren
§ 50. (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.
(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.
(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.
(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.
...“
24 Im Revisionsfall war während einer glücksspielrechtlichen Kontrolle im Lokal der revisionswerbenden Partei ein Reporter anwesend, dem vor dem Einsatz von den Kontrollorganen Informationen über die bevorstehende Kontrolle erteilt worden waren. Während des Einsatzes wurde er von einem Organ der Finanzpolizei betreut. Damit sollte dem Reporter im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Abgabenbehörde Einblick in die Aktivitäten der Behörde in Bezug auf illegales Glücksspiel gewährt werden.
25 Aufgrund der Feststellungen des BFG ist die Anwesenheit des Reporters im Revisionsfall jedenfalls der belangten Behörde zuzurechnen (vgl. VfSlg. 17.774/2006 in Bezug auf die Beiziehung eines Kamerateams eines privaten Fernsehsenders bei einer behördlichen Kontrolle).
26 Gemäß § 50 Abs. 4 erster Satz GSpG sind die Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Landespolizeidirektionen und die Organe der öffentlichen Aufsicht (allenfalls unter Beiziehung der Amtssachverständigen) zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.
27 Der Berechtigung der Behörde zur Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG im Sinne des § 50 Abs. 4 GSpG steht die Pflicht des Betroffenen gegenüber, den genannten Behörden und Organen und den von diesen Behörden allenfalls herangezogenen Sachverständigen u.a. das Betreten von Betriebsstätten und Betriebsräumen zu ermöglichen. Ein Betreten dieser Räumlichkeiten durch einen Reporter ohne Zustimmung des Betroffenen findet in § 50 Abs. 4 GSpG keine Deckung und verletzt den Betroffenen insofern in seinen Rechten (vgl. VwGH 31.1.2013, 2008/04/0216, iZm mit der Beiziehung eines Kamerateams eines privaten Fernsehsenders bei einer gewerberechtlichen Kontrolle nach § 338 GewO 1994).
28 An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass weder der bei der Kontrolle anwesende Mitarbeiter der revisionswerbenden Partei noch deren später hinzugekommener rechtlicher Vertreter Kenntnis von der Anwesenheit des Reporters erlangt hatte. Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt können nämlich auch dann vorliegen, wenn die Maßnahmen für den Betroffenen nicht unmittelbar wahrnehmbar sind. Vielmehr kommt es darauf an, ob ein Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen erfolgt. Dies kann auch ohne sein Wissen der Fall sein. Wesentlich ist, ob das Verhalten der Organe in objektiver Hinsicht darauf abzielt, eine Duldungspflicht des Betroffenen zu bewirken (vgl. VwGH 27.6.2018, Ro 2017/17/0028, mwN).
29 Die belangte Behörde verweist in ihrer Revisionsbeantwortung auf § 34a VStG, der den Behörden die Möglichkeit eröffnet, die Medien von Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen zu informieren.
30 § 34a VStG (samt Überschrift) wurde durch das Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 57/2018, in das VStG eingefügt und trat mit Ablauf des 14. August 2018, also nach der gegenständlichen Kontrolle in Kraft (vgl. § 69 Abs. 20 Z 1 VStG). Diese Bestimmung war daher schon aus diesem Grunde bei dieser Kontrolle nicht anzuwenden. Darüber hinaus fällt eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht in den Anwendungsbereich des VStG. Der Zweck einer solchen Kontrolle besteht nämlich darin, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG eingehalten werden (vgl. VwGH 19.3.2018, Ra 2017/17/0871, mwN). Erst die Ergebnisse dieser Kontrolle haben allenfalls ein oder mehrere Verwaltungsstrafverfahren zur Folge, die dann unter den Anwendungsbereich des VStG fallen.
31 Da somit das BFG die Rechtslage in dieser Hinsicht verkannte, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Abspruchs über die Rechtmäßigkeit der Anwesenheit des Reporters bei der Kontrolle gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
32 Wegen des untrennbaren Zusammenhangs mit dem Ausspruch über den Kostenersatz war auch dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
33 Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.
34 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. Februar 2021
Schlagworte
Beweise Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des BeweisantragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170125.L00Im RIS seit
07.04.2021Zuletzt aktualisiert am
19.07.2021