TE Vwgh Erkenntnis 2021/2/15 Ra 2019/17/0062

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Veröffentlicht am 15.02.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §43
VwGVG 2014 §43 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der E G in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 25. März 2019, E 018/07/2018.002/011, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird dahin abgeändert, dass der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 23. November 2017, BH-OW/03/165000032201/16, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die revisionswerbende Partei wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes eingestellt wird.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23. November 2017 wurde die Revisionswerberin der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt und über sie drei Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil sie als Inhaberin eines näher genannten Gastgewerbebetriebes Räumlichkeiten für die Aufstellung und den Betrieb von drei Glücksspielautomaten zur Verfügung gestellt habe. Die belangte Behörde schrieb der Revisionswerberin überdies einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Das LVwG schrieb der Revisionswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4        Die Revision erweist sich hinsichtlich des in der Zulässigkeitsbegründung vorgebrachten Verstoßes gegen § 43 Abs. 1 VwGVG als zulässig und begründet.

5        Sind seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis bei der Behörde 15 Monate vergangen, tritt es gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen.

6        Gemäß § 12 VwGVG sind die Schriftsätze - mit Ausnahme von Maßnahmenbeschwerden - bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.

7        Die 15-monatige Frist des § 43 Abs. 1 VwGVG beginnt daher mit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten bei der Behörde (vgl. VwGH 18.5.2018, Ro 2018/02/0007, 0008, mwN).

8        Entscheidet das Verwaltungsgericht über ein nach Ablauf der 15-Monate-Frist des § 43 Abs. 1 VwGVG von Gesetzes wegen außer Kraft getretenes verwaltungsbehördliches Straferkenntnis, so belastet es dadurch sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2017/17/0456, mwN).

9        Ein Bescheid ist als erlassen anzusehen, wenn dieser zumindest einer der am Verfahren beteiligten Person zugestellt worden ist. Dies gilt sinngemäß auch für förmlich ergangene Entscheidungen eines Verwaltungsgerichts (vgl. wieder VwGH 6.9.2018, Ra 2017/17/0456, mwN).

10       Laut Eingangsstempel der belangten Behörde langte die Beschwerde der Revisionswerberin am 28. Dezember 2017 bei der belangten Behörde ein, weshalb die 15-monatige Frist des § 43 Abs. 1 VwGVG, gerechnet vom Datum der Beschwerdeeinbringung, spätestens am 28. März 2019 endete. Das angefochtene Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin jedoch erst am darauffolgenden Tag, nämlich am 29. März 2019 per Fax zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 43 VwGVG bereits abgelaufen. Dass die Beschwerde nicht rechtzeitig eingebracht oder aus anderen Gründen nicht zulässig gewesen wäre, wird von den Verfahrensparteien nicht vorgebracht und geht auch aus den vom LVwG vorgelegten Akten nicht hervor. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Zeiten zu berücksichtigen gewesen wären, die gemäß § 43 Abs. 2 VwGVG in die Frist nicht einzurechnen wären.

11       Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu.

12       Das angefochtene Erkenntnis war daher dahingehend abzuändern, dass das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Revisionswerberin gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG einzustellen war, weil das verwaltungsbehördliche Straferkenntnis im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses am 29. März 2019 bereits außer Kraft getreten war.

13       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Februar 2021

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170062.L00

Im RIS seit

07.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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