TE Lvwg Erkenntnis 2021/2/15 LVwG-2020/15/2600-6

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Veröffentlicht am 15.02.2021
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Entscheidungsdatum

15.02.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.11.2020, Zl *** betreffend der Zurückweisung eines Einspruchs als verspätet,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.03.2020, Zl *** wurden der nunmehrigen Beschwerdeführerin drei Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und dem Immissionsschutzgesetz – Luft (IG-L) zur Last gelegt und es wurden daher Strafen in Höhe von insgesamt Euro 270,-- gegen sie verhängt.

Gegen diese Strafverfügung erhob die nunmehrige Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 05.06.2020 Einspruch an die belangte Behörde. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.11.2020, Zl ***, wurde der Einspruch als verspätet zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Strafverfügung der nunmehrigen Beschwerdeführerin am 06.04.2020 zugestellt worden sei. Der Einspruch sei verspätet, nämlich am 05.06.2020 via E-Mail bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingelangt. Der von der nunmehrigen Beschwerdeführerin mitgesandte Einspruch vom 11.03.2020 enthalte lediglich die Bezeichnung „Einspruch gegen eine Strafverfügung“ und könne mit der Strafverfügung zu Zl *** vom 02.03.2020 nicht in Verbindung gebracht werden.

Am 23.11.2020 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin bringt darin zusammengefasst vor, ihr Einspruch gegen die Strafverfügung sei rechtzeitig erfolgt – sie habe ihn nämlich bereits am 11.03.2020 via Online-Formular unter www.tirol.gv.at/formulare eingebracht. Jene Behauptung seitens der belangten Behörde, wonach der Einspruch nicht mit der Strafverfügung zu Zl *** in Verbindung gebracht werden könne, ließe sich alleine durch die Tatsache, dass die Angabe der Geschäftszahl im Online-Formular ein Pflichtfeld sei, widerlegen. Nachdem der Beschwerdeführerin die Strafverfügung erneut, trotz bereits eingebrachtem Einspruch zugestellt worden sei, habe sich diese mit der belangten Behörde in Verbindung gesetzt. Mit E-Mail vom 25.06.20120 sei ihr dann mitgeteilt worden, dass trotz intensiver Suche dieser Einspruch mit der Eingangsnummer *** nicht gefunden habe werden können. Diese Tatsache dürfe der Beschwerdeführerin aber nicht zur Last gelegt werden, schließlich verfüge sie über die elektronische Eingangsbestätigung.

Am 27.11.2020 wurde der Akt der Bezirkshauptmannschaft Y dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

Mit E-Mail des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 01.12.2020 erging das Ersuchen an den für die Formularanwendung verantwortlichen Sachbearbeiter des Amtes der Tiroler Landesregierung, Sachgebiet Verwaltungsentwicklung IT-Koordination & E-Government, um Stellungnahme zum Vorbringen der Beschwerdeführerin. Gleichzeitig wurde um Auskunft dahingehend ersucht, wie eine Eingangsbestätigung erstellt werde, insbesondere ob diese etwa das erfolgreiche Ausfüllen eines Formulars bestätige.

In Beantwortung dieses E-Mails teilte der für die Formularanwendung verantwortliche Sachbearbeiter mit, dass es vom 09.03.2020 bis zum 16.03.2020 ca 14:40 Uhr leider möglich gewesen sei, dass durch ein nicht standardmäßiges Verhalten der FormularausfüllerInnen bei Verwendung der Handy-Signatur (Formular senden mit der Option „Senden und Signieren“ > „Abbrechen“ > „Senden (und Signieren) > „Abbrechen“ > usw) leere Formulareingänge erstellt worden seien. Da bezüglich der betroffenen Formulareingänge überhaupt keine Daten vorliegen würden, sei der Formularausfüller nicht bekannt und eine Kontaktaufnahme daher unmöglich. Das Löschen des Formularinhaltes habe den Formularausfüllern nicht zwangsläufig auffallen müssen. Die Bezirkshauptmannschaft Y sei darüber damals informiert worden.

Ebenso übermittelt wurde dem Landesverwaltungsgericht im Rahmen dieses E-Mail eine Liste mit Formulareingängen aus dem Zeitraum 09.03.2020 – 13.03.2020, darunter auch ein mittels dem Formular „Einspruch gegen eine Strafverfügung“ übermittelter Eingang vom 11.03.2020 mit der Eingangsnummer ***, der darüber hinaus aber keinerlei Informationen/Daten enthält.

Eine neuerliche Rücksprache mit dem für die Formularanwendung verantwortlichen Sachbearbeiter ergab, dass – um überhaupt eine Eingangsnummer zu erhalten – jedenfalls die Pflichtfelder im Formular ausgefüllt worden sein mussten – andernfalls wäre ein Absenden des Formulars nicht möglich gewesen.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 10.12.2020, Zl *** wurde der Beschwerdeführerin oben stehender Sachverhalt zur Kenntnis gebracht. Ergänzend wurde sie darüber informiert, dass zwar grundsätzlich derjenige, der eine Eingabe an die Behörde übermittelt, das Risiko der mit der jeweiligen Übermittlungsart verbundenen Risiken trage, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zur Verhinderung unverschuldeter Versäumung einer Prozesshandlung aber den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG vorsehe. Aufgrund der Vorkommnisse stehe es ihr frei, einen derartigen Antrag auf Wiedereinsetzung an die belangte Behörde zu stellen und gleichzeitig ihren Einspruch erneut zu erheben.

Dieses an die aktuelle Meldeadresse (siehe Auszug aus dem zentralen Melderegister vom 20.01.2021) der Beschwerdeführerin gerichtete Schreiben wurde dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 05.01.2021 mit den Vermerken „hinterlegt am 14.12.2020“ und „nicht behoben“ rückübermittelt.

II.      Sachverhalt:

Wegen Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960 und dem IG-L sind bei der Bezirkshauptmannschaft Y zwei Verwaltungsstrafverfahren zu den Zahlen *** und *** gegen die Beschwerdeführerin anhängig (gewesen).

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt, jedenfalls vor dem 11.03.2020, wurde der Beschwerdeführerin die – Gegenstand dieses Verfahrens bildende – Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.03.2020, Zl *** zugestellt.

Am 11.03.2020 erhob die Beschwerdeführerin mittels Online-Formular Einspruch gegen eine Strafverfügung. Dabei wurden sämtliche Pflichtfelder von ihr ordnungsgemäß ausgefüllt.

Aufgrund eines im Zeitraum vom 09.03.2020 bis zum 16.03.2020 auftretenden IT-Problems bei der Formularanwendung wurde aber ein leerer Formulareingang generiert, der keinerlei Daten enthielt. Bei der Bezirkshauptmannschaft Y langte demnach am 11.03.2020 lediglich ein leereres Einspruchsformular ein, auf dem noch nicht einmal der Absender ersichtlich war.

Dies musste der Beschwerdeführerin nicht zwangsläufig auffallen, schließlich erhielt sie auch eine Eingangsbestätigung (Nr ***).

Die Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin infolge erneut zugestellt, diesmal nachweislich durch RSb-Brief. Nachdem sie die hinterlegte Sendung am 06.04.2020 übernommen hatte, setzte sich die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 05.06.2020 mit der Bezirkshauptmannschaft Y in Verbindung und erhob darin abermals Einspruch gegen die Strafverfügung zu Zl ***.

III.     Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde zu Zl *** und den ergänzenden Erhebungen des Landesverwaltungsgerichts und ist nicht strittig.

Dass der Einspruch vom 11.03.2020 keinerlei Daten enthielt, ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen des für die Formularanwendung verantwortlichen Sachbearbeiters, wonach es im Zeitraum vom 09.03.2020 bis zum 13.03.2020 zu Problemen mit der Formularanwendung kam und durch nicht standardmäßiges Verhalten der FormularausfüllerInnen leere Formulare generiert wurden. Dies geht auch aus der vorgelegten Liste mit Formulareingängen aus dem Zeitraum 09.03.2020 – 13.03.2020 hervor, scheint hier doch im Absenderfeld „Person identifizierbar“ ein „nein“ auf. Untermauert werden diese Ausführungen durch das bereits am 17.03.2020 seitens des Amtes der Tiroler Landesregierung, Sachgebiet Verwaltungsentwicklung, IT Koordination & E-Government in dieser Angelegenheit ausgesandte Informationsschreiben an die betroffenen Verwaltungseinheiten.

Jene Feststellung, wonach der keinen Absender enthaltende, leere Formulareingang „Einspruch gegen eine Strafverfügung“ vom 11.03.2020 tatsächlich von der Beschwerdeführerin stammt, ergibt sich aus der Übereinstimmung der jeweils vorgelegten Eingangsnummern. So scheint die Eingangsnummer „***“ sowohl auf der seitens der Beschwerdeführerin vorgelegten Eingangsbestätigung, als auch in der vom für die Formularanwendung verantwortlichen Sachbearbeiter vorgelegten Liste mit Formulareingängen aus dem Zeitraum 09.03.2020 – 13.03.2020, auf.

Obwohl diesbezüglich kein Zustellnachweis vorliegt, musste – vor dem Hintergrund, dass der Einspruch vom 11.03.2020 der Beschwerdeführerin zugeordnet werden konnte – zumindest eine der beiden gegen die Beschwerdeführerin ergangenen Strafverfügungen dieser bereits vor dem 11.03.2020 zugegangen sein.

IV.      Rechtslage:

Die relevante Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) BGBl Nr 51/1991 (WV) idF BGBl I Nr 58/2018 lautet wie folgt:

„Anbringen

§ 13

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3)…

[…]“

Die relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 (VStG) BGBl Nr 52/1991 (WV) idF BGBl I Nr 58/2018 lautet wie folgt:

„§ 49

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

Die entscheidungsrelevante Bestimmung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 42/2020 lautet wie folgt:

„Hinterlegung

§ 17

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 119/2020 (VfGH) lauten wie folgt:

„Verhandlung

§ 44

(1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt  wurde oder

4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

[…]

Erkenntnisse

§ 50

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

V.       Erwägungen:

1. In der Sache:

Zum Einspruch vom 05.06.2020:

Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y 02.03.2020, Zl *** wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung zugestellt und nachweislich am 06.04.2020 von ihr übernommen. Damit gilt die Zustellung spätestens mit diesem Datum als bewirkt. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen lief daher spätestens am 20.04.2020 ab.

Mit E-Mail vom 05.06.2020 an die belangte Behörde erhob die die Beschwerdeführerin Einspruch gegen og Strafverfügung und verwies darin darauf, dass sie bereits am 11.03.2020 Einspruch erhoben habe.

Offenkundig ist, dass der Einspruch vom 05.06.2020 als verspätet anzusehen ist.

Zum Einspruch vom 11.03.2020:

Wie festgestellt wurde, übermittelte die Beschwerdeführerin bereits am 11.03.2020 via Online-Formular einen „Einspruch“ an die belangte Behörde.

Zur Art der Einbringung von Anbringen normiert § 13 Abs 1 AVG, dass diese bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden können. Gemäß § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden. Diese technologisch neutral gehaltene und damit für künftige Entwicklungen offene Formulierung erlaubt nicht nur die Einbringung mittels Telefax oder Bildschirmtext, sondern etwa auch mittels einer Online-Verbindung wie zB durch Online-Formulare im Internet oder via E-Mail (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Stand 01.01.2014, rdb.at).

Die Erhebung des Einspruchs via Online-Formular stellt demnach grundsätzlich eine den Regelungen des AVG entsprechende Art der Einbringung dar. Auch wenn festgestellt werden konnte, dass von der Beschwerdeführerin sämtliche Pflichtfelder im Einspruchsformular ordnungsgemäß ausgefüllt worden waren, so gingen diese Daten aufgrund eines IT-Problems verloren.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, trifft das Risiko des Postweges grundsätzlich denjenigen, der eine Eingabe an die Behörde übermittelt (VwGH 4.3.1983, 81/70/0092) und wurde die Beschwerdeführerin auf diesen Umstand in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides auch ausdrücklich hingewiesen [„Bitte beachten Sie, dass der Absender die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (z.B. Übertragungsfehler, Verlust des Schriftstückes) trägt“]. In seiner Entscheidung vom 26.01.2011, Zl 2010/12/0060 führt der Verwaltungsgerichtshof weiter aus, dass noch nicht einmal der Nachweis einer eingeschriebenen Absendung einen prima facie-Beweis ihres Einlangens bei der Behörde zu liefern vermag. Vielmehr sei es Angelegenheit des Rechtsmittelwerbers, das Einlangen der Eingabe unter Beweis zu stellen.

Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass die Einbringung eines Anbringens mittels Online-Formular der Einbringung auf konventionellem Wege gemäß § 13 AVG gleichzuhalten ist und in Anbetracht der zitierten, restriktiven Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass auch im Falle der elektronischen Übermittlung das Risiko des tatsächlichen Einlangens einer Eingabe den Übermittler trifft und auch das Vorhandensein einer elektronischen Eingangsbestätigung daran nichts zu ändern vermag.

Auf dem bei der belangten Behörde einlangenden Einspruchsformular vom 11.03.2020 war kein Absender ersichtlich und auch sonst genügte dieser „Einspruch“ keineswegs den Anforderungen an die Form eines Einspruchs:

So hat ein solcher jedenfalls die Strafverfügung, gegen die er sich richtet zu bezeichnen, weiters den Umstand, dass es sich um einen Einspruch handelt und ob sich der Einspruch nur gegen das Ausmaß bzw die Art der Strafe, gegen die Kostenentscheidung oder gegen den Schuldspruch richtet sowie allenfalls eine Begründung samt der die Verteidigung des Beschuldigten stützenden Beweismittel zu enthalten (vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht6, 480).

Das keinerlei Daten enthaltende Formular „Einspruch gegen eine Strafverfügung“ vom 11.03.2020 stellt somit keinen gültigen, rechtzeitigen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 02.03.2020, Zl *** dar, und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und damit gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Zurückweisung;
Verspäteter Einspruch;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2020.15.2600.6

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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