Entscheidungsdatum
16.02.2021Index
41/01 SicherheitsrechtNorm
SPG 1991 §88 Abs1;Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch den Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA, über die Beschwerde von AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen die zwangsweise Abnahme seines Sohnes aus seiner Wohnung und die Verbringung zur Kindesmutter am 5.12.2020 gegen 21:00 Uhr durch – der Bezirkshauptmannschaft Y (belangte Behörde) zurechenbare – Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.2.2021,
zu Recht:
1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 88 Abs 1 SPG wird der Beschwerde Folge gegeben und festgestellt, dass die – am 5.12.2020 um 21:00 Uhr durch das Einschreiten der Polizistinnen bewirkte – Abholung des Sohnes C aus der Wohnung des Beschwerdeführers, Adresse 2, **** X, gegen dessen Willen durch die Kindesmutter den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat.
2. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 Z 1 und 2 VwG-Aufwandersatzverordnung wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz seiner Aufwendungen Folge gegeben. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei ihre Aufwendungen von € 1.689,60 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
A. Maßnahmenbeschwerde
In seiner Maßnahmenbeschwerde vom 14.12.2020 bringt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer – zusammengefasst – vor, die zwangsweise Abnahme seines Sohnes C aus seiner Wohnung und die Verbringung zur Mutter durch zwei Polizistinnen am 5.12.2020 gegen 21:00 Uhr, hätte den Beschwerdeführer in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten und einfachgesetzlichen Rechten verletzt.
Beide Söhne des Beschwerdeführers hätten sich aufgrund der zufolge seiner Scheidung mit seiner früheren Ehegattin getroffenen Kontaktregelung am Wochenende vom 4.12.2020 bis 6.12.2020 bei ihm aufgehalten. Beim Einschlafen am 5.12.2020 hätte der jüngere Sohn C nach seiner Mutter geweint und diese auch angerufen. Daraufhin habe die Kindesmutter die Polizeiinspektion (PI) Y kontaktiert und veranlasst, dass der Sohn durch zwei Polizistinnen zwangsweise und rechtswidrig aus dem Gewahrsam des Vaters abgeholt und zur Mutter verbracht worden sei. Dazu seien gegen 21:30 Uhr die beiden Polizistinnen am Wohnort des Beschwerdeführers erschienen und hätten diesen aufgefordert, den Sohn zu übergeben, um ihn zur Kindesmutter zu bringen. Als der Beschwerdeführer seinen rechtlichen Vertreter kontaktiert habe, habe dieser mit den Beamtinnen sprechen wollen, um die Rechtswidrigkeit der zwangsweisen Abholung des minderjährigen C und die anschließende Verbringung zur Kindesmutter zu erläutern. Die Polizistinnen hätten jedoch das Gespräch mit dem Rechtsvertreter verweigert. Der Beschwerdeführer habe seinen Sohn den beiden Beamtinnen übergeben, welche ihn zu seiner Mutter verbracht hätten.
Bei diesem Sachverhalt handle es sich um eine gravierende Kompetenzüberschreitung der beiden Polizistinnen, da diese über keinerlei Kompetenz verfügt hätten, um in familienrechtlichen Angelegenheiten ohne die Mitwirkung der Kinder- und Jugendgerichtshilfe oder des Familiengerichts derart einzuschreiten. Zudem sei dieses Verhalten insbesonders aus pädagogischen Gründen unverantwortlich und hätte für die beiden Söhne gravierende Auswirkungen. Einen Minderjährigen um 21:30 Uhr kurz vor dem Einschlafen beim Kindesvater zwangsweise abzuholen und mit dem Polizeiauto zur Kindesmutter zu verbringen, stelle eine massive Verletzung der Kompetenz der beiden Beamtinnen dar. Diese hätten lediglich über eine Befugnis zur zwangsweisen Abholung und Verbringung verfügt, wenn der Verdacht einer strafrechtlichen Handlung bestünde, der hier jedoch zweifelsohne nicht bestanden habe. Das Einschreiten der beiden Polizistinnen sei grob rechtswidrig gewesen. Der Beschwerdeführer stütze diese Maßnahmenbeschwerde auf Art 132 Abs 2 B-VG, da er durch das rechtswidrige Verhalten der beiden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Ausübung ihrer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt in seinem Recht auf Ausübung seines vereinbarten Kontaktrechtes mit seinen beiden Söhnen verletzt worden sei. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Kostenersatz gemäß § 28 Abs 6 VwGVG die angefochtene Maßnahme für rechtswidrig zu erklären.
B. Gegenschrift
In ihrer Gegenschrift vom 30.12.2020 bejahte die Bezirkshauptmannschaft Y ihre Zuständigkeit als Sicherheitsbehörde erster Instanz und somit als belangte Behörde im gegenständlichen Maßnahmenbeschwerdeverfahren.
Darüber hinaus brachte die belangte Behörde – wiederum zusammengefasst – vor, am 5.12.2020 um 20:45 Uhr hätte die Ex-Frau des Beschwerdeführers, DD, der PI Y telefonisch mit weinerlicher Stimme mitgeteilt, ihre beiden minderjährigen Kinder seien beim von ihr getrenntlebenden Vater übers Wochenende. Der achtjährige C sei mit ihr per SMS und Sprachnachrichten in Kontakt getreten, er weine und wolle wieder zu ihr nach Hause. Die Mutter hätte sich deutlich wahrnehmbar und glaubwürdig Sorgen um ihre Kinder gemacht und die Polizei um Nachschau gebeten.
Die beiden Polizistinnen EE und FF hätten sich um 20:48 Uhr zur Durchführung einer Gefahrenerforschung gemäß §§ 28a iVm 16 Abs 4 SPG zum Wohnort des Beschwerdeführers begeben und seien dort um 21:00 Uhr eingetroffen. Der Beschwerdeführer habe erst nach merklich langer Wartezeit nur mit einer Unterhose bekleidet die Türe geöffnet. Daraufhin hätten die Polizistinnen ihn über den besorgten Anruf der Kindesmutter in Kenntnis gesetzt und gefragt, ob sie mit dem Sohn persönlich reden dürften.
Der Beschwerdeführer habe erklärt, C befinde sich im Bett, schlafe aber noch nicht. Daraufhin habe der Beschwerdeführer – auf explizite Frage – den Polizistinnen das Betreten der Wohnung erlaubt. Diese hätten im Flur der Wohnung gewartet, weil sie angenommen hätten, der Beschwerdeführer würde das Kind zu ihnen bringen. Er habe sich allerdings vor das Zimmer der Kinder begeben und ihnen den Weg in das Zimmer gezeigt. Die Tür des Zimmers sei offen gestanden, es habe Licht gebrannt, beide Söhne seien in einem Bett gesessen und hätten miteinander geredet. Die Polizistinnen hätten den Kindern den Grund ihrer Anwesenheit erklärt.
Der achtjährige C habe Tränen in den Augen gehabt und den Polizistinnen erklärt, er wolle zu seiner Mutter und von ihr abgeholt werden. C habe mehrfach wiederholt, dass er zu seiner Mutter und nicht bei seinem Vater bleiben wolle. Dabei sprach die Polizeibeamtin E – welche speziell ausgebildete Mitarbeiterin des polizeilichen Peer-Supportteams sei – mit den Kindern im Zimmer, die andere Polizeibeamtin FF habe mit dem Beschwerdeführer das Gespräch vor dem Zimmer verfolgt. Nach Feststellung des Sachverhalts habe die Polizeibeamtin F telefonisch die besorgte Mutter der Kinder kontaktiert und ihr das festgestellte Ergebnis mitgeteilt. Dabei habe die Polizeibeamtin der Kindesmutter erklärt, C habe weinerlich angegeben, zur Mutter zu wollen. Die Mutter habe der Beamtin im Gespräch mitgeteilt, sie werde ihren Sohn C abholen.
Die Polizistinnen hätten den Beschwerdeführer über das Gespräch mit der Mutter der Kinder informiert, auch darüber, dass diese C abholen werde. Daraufhin sei der Beschwerdeführer ohne Widerrede und ohne irgendeine Aufforderung durch die Polizistinnen ins Nebenzimmer gegangen, hätte dort die Sachen von C zusammengepackt und ihn vor den Polizistinnen aufgefordert, sich anzuziehen, weil er von seiner Mutter abgeholt werde. Der Beschwerdeführer hätte in keinem Wort bemerkt, dass er damit nicht einverstanden wäre.
In weiterer Folge hätten die Polizistinnen mit den Kindern geredet, welche einen sehr aufgeschlossenen Eindruck vermittelt hätten.
Der Beschwerdeführer habe von der vereinbarten Besuchsregelung die Kinder betreffend erzählt, jedoch zu keinem Zeitpunkt angemerkt, dass er nicht möchte, dass sein Sohn jetzt von der Mutter abgeholt werde. Die Polizistinnen hätten vor Ort den Eindruck gewonnen, die getrenntlebenden Elternteile könnten absolut nicht mehr miteinander kommunizieren.
Vor dem Eintreffen der Kindesmutter beim Wohnhaus und als die Polizistinnen die Wohnung verlassen wollten, habe der Beschwerdeführer ein Telefonat mit seinem Rechtsvertreter geführt. Dabei habe der Beschwerdeführer eine Polizistin aufgefordert, mit seinem Anwalt zu reden. Dazu hätten die Beamtinnen zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Veranlassung gesehen, da es sich nach ihrer Einschätzung um eine rein privat- bzw familienrechtliche Angelegenheit gehandelt hätte und seitens der Polizistin noch keinerlei Zwangsmaßnahmen gesetzt worden seien. Der Beschwerdeführer habe den Polizistinnen daraufhin die Botschaft des Anwalts übermittelt, ihr Vorgehen werde Konsequenzen haben.
Nach Eintreffen der Kindesmutter mit ihrem PKW beim Wohnhaus des Beschwerdeführers hätten die Polizistinnen die Wohnung verlassen und das Zusammentreffen der Kindeseltern im Sinne einer präventiven Streitschlichtung beobachtet. Dabei hätten sie festgestellt, wie sich der achtjährige C in der Wohnung bei seinem Vater mit einer Umarmung verabschiedet hätte. Sein zehnjähriger Bruder G hätte darauf bestanden, das Gepäck und die Posaune für seinen jüngeren Bruder zu tragen und diesen zur Mutter begleitet. Der Beschwerdeführer hätte auch gegenüber der Mutter der Kinder keine Erwähnung gemacht, dass ihm diese Situation so nicht passe oder er möchte, dass C bei ihm bleibe. Den Polizistinnen gegenüber habe der achtjährige C im Verlauf der Gespräche mehrfach geäußert, dass er nicht bei seinem Vater sein möchte. Sein älterer Bruder und seine Mutter hätten anschließend übereinstimmend erklärt, es gehe dem achtjährigen C in der ersten Nacht bei seinem Vater immer gut, eine weitere Nacht sei aber zu viel für ihn.
Die vor Ort anwesenden Polizistinnen hätten zu keinem Zeitpunkt irgendeine Maßnahme gesetzt. Die gesamte Amtshandlung habe der Feststellung des Sachverhalts, der Gefahrenerforschung und präventiven Streitschlichtung im Sinne des SPG gegolten und auf freiwilliger Mithilfe des Beschwerdeführers durch Öffnen der Wohnungstüre und Einlass in die Wohnung sowie der freiwilligen Mithilfe der Kinder durch Gespräche beruht, wobei die Beamtinnen auf einen in dieser Situation gebotenen emphatischen Umgang mit den Kindern im Sinne und zum Wohle der beiden Kinder besonders achteten.
Aus rechtlicher Sicht handle es sich um keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die Polizistinnen seien aufgrund des besorgten Anrufs der Kindesmutter ihrer Verpflichtung zur Gefahrenerforschung gemäß § 28 Abs 1 SPG nachgekommen. Dahingehend wurde auch auf § 22 Abs 4 SPG hingewiesen. Es hätte sich gegenständlich – objektiv nachvollziehbar aufgrund des Anrufs der besorgten Kindesmutter bei der PI Y – um eine Verdachtssituation gehandelt, die die Polizistinnen zur Gefahrenerforschung verpflichtet hätte. In diesem Zusammenhang seien gegenüber dem Beschwerdeführer, entgegen seinem Vorbringen keinerlei Befehle erteilt oder Zwangsmittel eingesetzt worden.
Abschließend beantragte die belangte Behörde neben einer mündlichen Verhandlung und Kostenersatz die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
C. Weiteres Verfahren
Mit Schreiben vom 20.1.2021 legte die Staatsanwaltschaft Z – nach entsprechender Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol – zahlreiche Unterlagen hinsichtlich des aufgrund dieser Amtshandlung geführten Strafverfahrens gemäß § 302 StGB (Verdacht auf Missbrauch der Amtsgewalt) gegen die beiden Polizistinnen vor.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 3.2.2021 eine mündliche Verhandlung durch. Zu dieser erschienen der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter BB sowie für die belangte Behörde JJ. Der Beschwerdeführer wurde ebenso einvernommen, wie als Zeugen sein Rechtsvertreter, die Kindesmutter DD und die Polizistinnen EE und FF.
II. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer und DD waren bis 2016 verheiratet und sind nunmehr geschieden. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder, der zehnjährige G und der achtjährige C. Es besteht für beide Kinder das geteilte Obsorgerecht.
Während das Verhältnis zwischen G und seinem Vater problemlos und gut funktioniert, möchte C wiederholt die Wochenenden nicht bei seinem Vater verbringen. So holte die Kindesmutter mehrmals während den gemäß einer gerichtlichen Besuchsregelung dem Beschwerdeführer zustehenden Wochenenden, den achtjährigen C ab. Auch wenn der Kindesvater mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden war, leistete er widerstandslos Folge. Entweder brachte er C zurück zu seiner Mutter, oder sie holte C ab.
Im November 2020 fand vor dem Bezirksgericht Y eine mündliche Verhandlung hinsichtlich der Obsorgeregelung statt. Dabei teilte die zuständige Richterin KK gemeinsam mit einem Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe der Kindesmutter mit, sie muss die Obsorgeregelung einhalten und dafür sorgen, dass der achtjährige C die Wochenenden gemäß der Besuchsregelung beim Vater verbringt. Darüber hinaus klärte die Richterin die Kindesmutter über allfällige Strafen bzw Sanktionsmaßnahmen auf, sollte sie sich weiterhin der Besuchsregelung widersetzen.
Von Freitag, 4.12.2020, bis Sonntag, 6.12.2020, war ein Wochenende geplant, das beide Kinder bei ihrem Vater verbringen sollten. So holte er am Freitag die Kinder ab. Sie verbrachten die Nacht bei ihm.
Über den Samstag verteilt schickte der achtjährige C seiner Mutter zahlreiche Sprach- und Textnachrichten, wonach er nicht mehr bei seinem Vater bleiben möchte. Die Mutter versuchte, C dazu zu bewegen, beim Vater zu bleiben. Sie stellte ihm dafür auch Geschenke in Aussicht.
Um ca 20:00 Uhr teilte der achtjährige C seiner Mutter über einen Videoanruf mit, dass sein zehnjähriger Bruder und der Vater gemeinsam Fernsehen und ihm kalt ist. Er weinte und ersuchte die Mutter, ihn abzuholen.
Die Mutter war sich zu diesem Zeitpunkt – aufgrund der unmissverständlich geäußerten Rechtsbelehrung durch die Richterin des Bezirksgericht Y – bewusst, dass sie keine rechtliche Möglichkeit hat, ihren Sohn selbst abzuholen.
So rief sie nach dem Videotelefonat mit C bei der PI Y an. Sie teilte dem den Anruf entgegennehmenden Polizisten mit, ihr Sohn befindet bei seinem Vater, er weint und möchte zur Mutter. Der Polizist erklärte der Kindesmutter, die Polizei wird Nachschau halten. Er notierte ihre Handynummer und versprach einen Rückruf.
Aufgrund dieser Information begaben sich die Polizistinnen EE und FF zur Wohnung des Beschwerdeführers. Sie läuteten dort um ca 21:00 Uhr an, worauf der sichtlich überraschte Beschwerdeführer die Tür öffnete. Die Polizistin E leitete die Amtshandlung. Sie setzte den Beschwerdeführer vom Anruf der Kindesmutter in Kenntnis und forderte, mit C sprechen zu dürfen. Daraufhin teilte der Beschwerdeführer mit, die Kinder befinden sich im Bett, und bat die Polizistinnen in die Wohnung. Diese blieben im Flur stehen, da sie erwarteten, C würde zu ihnen gebracht werden. Der Beschwerdeführer stellte sich hingegen vor die geöffnete Türe des Kinderzimmers und gab den Polizisteninnen zu verstehen, sie sollen reinschauen.
Die Polizistinnen sahen die beiden Kinder im Bett sitzend miteinander sprechen. Daraufhin fragte die Polizistin E, wer C ist. Dieser gab sich zu erkennen. Die Polizistin klärte C über den Anruf seiner Mutter auf. Daraufhin bestätigte C, dass er nicht mehr bei seinem Papa bleiben, sondern zur Mutter möchte. Dabei machte C einen weinerlichen Eindruck. Es war für die Polizistinnen offensichtlich, er hatte zuvor schon geweint.
Nach dieser Information entschieden die Polizistinnen die Kindesmutter von ihren Wahrnehmungen in Kenntnis zu setzen. Schon zu diesem Zeitpunkt wies der Beschwerdeführer auf die Besuchsregelung hin. Daraufhin verließ die Polizistin F die Wohnung und rief außer Hörweite des Beschwerdeführers und ihrer Kollegin die Kindesmutter an. Sie teilte dieser mit, der achtjährige C möchte zu ihr. Daraufhin erklärte die Kindesmutter, sofort mit dem Auto loszufahren und C abzuholen. Die Polizistin bestätigte: „Das wird das Beste sein!“.
Nach Beendigung des Gesprächs kehrte die Polizistin in die Wohnung zurück und teilte dem Beschwerdeführer in Anwesenheit ihrer Kollegin und der beiden Kinder mit, die Kindesmutter kommt C abholen.
Der Beschwerdeführer erwiderte, das ist „sein“ Wochenende und wies auf die Besuchsregelung hin. Die Polizistin E wiederum entgegnete, es ist das Wohl des Kindes entscheidend. Der Beschwerdeführer hatte den Eindruck, die Sache über sich ergehen lassen zu müssen.
Er verlangte von den Polizistinnen die Bekanntgabe der Dienstnummern. Die Polizeibeamtin F schrieb diese auf einen Zettel, den sie dem Beschwerdeführer aushändigte.
Der Beschwerdeführer begab sich ins Nebenzimmer und packte die Sachen von C in eine Tasche. Auch forderte er C auf, sich anzuziehen.
Der Beschwerdeführer rief seinen Rechtsvertreter auf dessen Mobiltelefon an und setzte ihn über die Amtshandlung in Kenntnis. Dieser verlangte mit den Polizistinnen zu sprechen. Diesem Wunsch entsprechend hielt der Beschwerdeführer der Polizistin E sein Handy hin und forderte sie auf, das Gespräch an sich zu nehmen. Die Polizistin verweigerte.
In weiterer Folge instruierte der Rechtsvertreter den Beschwerdeführer, alles zu unterlassen, was als Widerstand gegen die Staatsgewalt gedeutet werden könnte. Auch stellte er rechtliche Konsequenzen in den Raum. Nach Beendigung des Telefongesprächs setzte der Beschwerdeführer die Polizistinnen von der Einleitung rechtlicher Schritte gegen ihre Amtshandlung in Kenntnis.
Schließlich verließen die Polizistinnen gemeinsam mit den beiden Kindern die Wohnung. Sie beobachteten, wie sich C von seinem Vater verabschiedete.
In Erdgeschoss angekommen fuhr die Kindesmutter mit ihrem Auto vor. C umarmte seine Mutter. Sie entschuldigte sich bei ihren Kindern, die Polizei gerufen zu haben. Die Mutter teilte den Polizistinnen noch mit, es gibt immer wieder Probleme, wenn C mehrere Tage bei seinem Vater verbringt.
Schließlich packte die Kindesmutter die Tasche von C und dessen Posaune, die sein älterer Bruder G getragen hatte, ins Auto. C stieg ein. Sein Bruder G kehrte in die Wohnung zu seinem Vater zurück.
III. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die vom Beschwerdeführer, von der belangten Behörde und von der Staatsanwaltschaft Z vorgelegten Unterlagen sowie auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 3.2.2020. Grundsätzlich ist der festgestellte Sachverhalt unstrittig.
Der Familienstand, die beiden Kinder sowie das geteilte Obsorgerecht wurden sowohl vom Beschwerdeführer („Wir beide sind obsorgeberechtigt.“) als auch von der Kindesmutter („Mein Ex-Mann und ich, wir haben beide das Sorgerecht für unseren Sohn C.“) in der mündlichen Verhandlung angegeben.
Das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Kindern sowie die Abholung des jüngeren Sohnes während der Besuchswochenenden des Vaters verbunden mit der dahingehenden Reaktion des Kindesvaters schilderte sowohl der
Beschwerdeführer („Sein Bruder G, der lässt sich die Wochenenden nie nehmen. Er ist jedes zweite Wochenende bei mir. Wir gehen auch Mountainbiken und Zelten. Wir sind 120 km gemeinsam mit dem Fahrrad und den Zelten gefahren. Wir fahren regelmäßig Schi. C hingegen lässt sich nicht überzeugen. Er sitzt meistens am Handy oder hinter der Playstation und auch seine Mutter wirkt nicht mit, um ihn zu überzeugen, dass er doch Aktivitäten mit mir und seinem Bruder machen soll. … [A]lle halben bzw dreiviertel Jahre [ist] C bei mir. Das geht manchmal … drei bis vier Nächte gut, und höre ich bzw sehe ich wieder eine lange Zeit nichts, weil er nicht mehr zu mir will und das geht seit der Trennung von meiner Frau und somit seit über vier Jahren so. Das hat es früher schon gegeben, dass C bei mir gewesen und nicht bei mir übernachten wollte. Es ist so gewesen, dass C seine Mutter angerufen hat, er hat ja ein Handy. Entweder ist sie gekommen und hat ihn abgeholt oder ich habe C zurück zu seiner Mutter gebracht. Das hat es in einzelnen Fällen so gegeben. Im Großen und Ganzen ist es jedoch so gelaufen, dass ich über Monate nichts von C gesehen habe.“) als auch die
Kindesmutter („Früher ist es so gewesen, dass C, wenn er beim Vater war bzw nicht beim Vater bleiben wollte, ich mich mit meinem Ex-Mann insoweit verständigt habe, dass wir zusammengehalten haben und die Regelung so getroffen haben, dass wir miteinander gesprochen haben.“).
Den Inhalt der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksgericht Y im November 2020 gaben sowohl der
Beschwerdeführervertreter („Dort wurde in einem ausführlichen Gespräch zwischen der Richterin und auch dem Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe umfassend erörtert, dass C oft monatelang keinen Kontakt zum Vater hat, da die Mutter dem Wunsch von C, nicht zum Vater zu wollen, entsprochen hat. Dabei wurde seitens des Vertreters der Kinder- und Jugendhilfe und auch der Richterin der Kindesmutter erklärt, dass sie zur Kontakterhaltung zwischen C und seinem Vater mitwirken muss. Bei dem Verhalten von C handelt es sich offenbar um ein Machtspiel, bei dem sie als Mutter nicht mitwirken soll bzw darf.“) als auch die
Kindesmutter („Ende November hat es eine Verhandlung gegeben und da hat mir die Richterin KK mitgeteilt, ich muss C so weit bringen, dass er auch bei seinem Vater bleibt. Mir wurde auch gesagt, wenn C nicht zum Vater geht, muss ich mit einer Geldstrafe rechnen.“) an.
Dass die Kinder dieses Wochenende beim Vater verbringen sollten, steht ebenso außer Streit, wie die Übernachtung von Freitag auf Samstag beim Beschwerdeführer.
Den Nachrichtenverkehr mit ihrem achtjährigen Sohn legte die Kindesmutter bei ihrer Einvernahme vor dem Bezirkspolizeikommando Y am 19.12.2020 vor, worauf eine Lichtbildbeilage vom 20.12.2020 erstellt wurde. Diese übermittelte die belangte Behörde gemeinsam mit der Gegenschrift ebenso wie die Staatsanwaltschaft Z. Der Inhalt der Textnachrichten ist somit belegt. Den Inhalt der Sprachnachrichten schilderte die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung („Es hat über den Tag verteilt zahlreiche Gespräche bzw Nachrichten zwischen C und mir gegeben. Er hat so geweint. … Beim letzten Videoanruf hat mir C mitgeteilt, sein Bruder G und Papa schauen fern und er sitzt da und ihm ist kalt.“).
Ihren Anruf bei der PI Y, die dahinterliegende Intention und den Inhalt des Gesprächs schilderte die Kindesmutter glaubwürdig und nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung („Das war am Abend zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr, die genaue Zeit kann ich nicht mehr angeben. Dann habe ich bei der Polizei in Y angerufen. Der Polizei habe ich mitgeteilt, dass ich Gespräche mit C geführt habe und dass C seit mehreren Stunden beim Papa ist, er sehr stark weint und nicht mehr beim Papa bleiben möchte. Mir wurde gesagt, es wird eine Polizei dorthin geschickt. Ich wusste nicht die genaue Adresse, ich sollte zuhause abwarten. Über weitere Befragung, was ich den Polizisten genau gesagt habe: Ich habe ihnen gesagt, dass C weint, dass er ganz stark weint. … Das Gespräch mit der Polizei hat ein paar Minuten gedauert: vielleicht zehn Minuten, vielleicht 15 Minuten, das kann ich schwer einschätzen. Ich habe nicht beim Notruf angerufen, sondern habe im Internet die Nummer der Polizeiinspektion Y gesucht und diese gewählt. Es hat ein Mann abgehoben und somit kann es keine der beiden Polizistinnen gewesen sein. Er hat mir mitgeteilt, als erstes sucht er selbständig die Adresse raus. Und er hat mir gesagt, ich bekomme einen Rückruf. Auf diesen Rückruf habe ich gewartet. … Über Vorhalt der Aussage meiner Zeugeneinvernahme [‚Wenn C nach Hause wollte, habe ich ihn geholt und der Vater hat das zur Kenntnis genommen. Er hat gejammert, warum der C wieder weg wollte, aber das war es.‘] und warum ich ihn nicht angerufen habe: Weil die Richterin mir das gesagt hat und dass ich sonst eine Strafe bekomme und dass es gesetzlich so entschieden ist und er muss zum Papa. Über Befragung, ob C auch zu mir gekommen wäre, wenn ich die Polizei nicht angerufen hätte: Ich hätte C nicht abgeholt. Ich hätte mich nicht getraut, gegen das zu widersprechen, was mir am Verhandlungstag von der Richterin gesagt wurde.“).
Den Beginn der Amtshandlung, das Läuten an der Türe, die Ansprache durch die Polizistinnen sowie die darauffolgende Aufforderung, die Wohnung zu betreten, durch den Beschwerdeführer gaben sowohl die
Polizistinnen E („Dort haben wir geklingelt und geklopft. Der Beschwerdeführer hat uns geöffnet. Wir haben dem Beschwerdeführer den Grund erklärt, warum wir hier sind. Dabei haben wir ihm erklärt, dass es einen Anruf gegeben hat, dass sich die Kindesmutter Sorgen macht und wir Nachschau halten wollen. … Wir haben mitgeteilt, dass wir mit C Rücksprache halten wollen und wir die Wohnung betreten wollen. Dem ist zugestimmt worden. Herr A hat uns mitgeteilt, dass die Kinder schon im Bett sind, aber noch nicht schlafen. Wir haben gesagt, dass wir gern mit C selber sprechen, um zu erörtern was los ist, warum er seiner Mutter Nachrichten schickt und warum er weint. Dann haben wir gefragt, ob wir die Wohnung betreten dürfen. Dem ist zugestimmt worden. Wir sind in die Wohnung reingegangen und … im Gang der Wohnung … stehen geblieben. Wir haben dabei geglaubt, er bringt C zu uns. … Er ist vorgegangen in die Wohnung und hat uns mitgeteilt, dass die Kinder im Kinderzimmer sind mit den Worten: ‚Da sind sie.‘, und hat uns zu verstehen gegeben, dass wir dort reingehen sollen. Er hat uns zum Zimmer geführt.“) und
F („Wir haben an der Türe angeläutet, die Türe wurde uns auch geöffnet von Herrn A. Wir haben erklärt, worum es geht und warum wir hier sind. … Herr A hat uns hereingebeten. Wir haben ihm mitgeteilt, dass wir nach seinem Sohn schauen wollen und er hat uns mitgeteilt, dass sich sein Sohn im Bett befindet, aber noch wach ist.“) als auch übereinstimmend der
Beschwerdeführer („Als wir im Bett waren, das war ca gegen 21.00 Uhr, hat es plötzlich an der Tür geklingelt. Das erste Mal habe ich nicht aufgemacht, weil ich mit den Kindern schon im Bett war und ich nicht gewusst habe, dass es die Polizei ist. In weiterer Folge hat es Sturm geklingelt und ich habe aufgemacht. … Ich bin zur Türe gegangen, habe diese geöffnet und die beiden Polizistinnen haben mir gesagt, dass sie von der Kindsmutter angerufen wurden und nach C schauen wollen. Die Anführerin bzw die Polizistin, die mit mir gesprochen hat, hat gesagt, dass sie C sehen wollen und dass ich C zur Türe holen soll. Ich habe gesagt, die Kinder sind im Bett, sie können aber reinkommen und schauen, ob es den Kindern gut geht. Daraufhin habe ich die Polizistinnen zum Schlafzimmer geführt und die Polizistinnen haben reingeschaut, haben die beiden Kinder gesehen und diese gefragt, wer C ist.“) an.
Die Wahrnehmungen der Polizistinnen im Kinderzimmer, deren Eindruck von C und das Gespräch mit ihm schilderten die
Polizistinnen E („Auf dem Bett sind die beiden Kinder gesessen. Ich habe den Raum betreten, habe mich vorgestellt und den Kindern ebenfalls erklärt, warum wir hier sind. Zuerst habe ich nachgefragt, wer von ihnen beiden C ist. C hat sich zu erkennen gegeben und ich habe ihm erklärt, dass uns die Mutter angerufen hat und habe ihn gefragt, was los ist. Man hat gesehen, dass er Tränen in den Augen gehabt [hat] und er hat uns weinerlich erklärt, dass er unbedingt zu seiner Mutter nach Hause will. Er hat uns auch erklärt, dass er nicht beim Papa sein möchte. Er hat auch gesagt, er möchte, dass die Mutter ihn abholt, das hat er öfter erwähnt. Er hat auch mitgeteilt, dass er über den Tag verteilt der Mutter Sprach- und Textnachrichten geschickt hat.“) und
F („Er hat weinerlich gewirkt, hat auch Tränen in den Augen gehabt. C hat in dem Gespräch mitgeteilt, dass er gerne nach Hause möchte zu seiner Mutter.“).
Übereinstimmendes bestätigte der Beschwerdeführer („C hat sich zu erkennen gegeben. Daraufhin hat die Polizistin C gefragt, ob er seine Mama angerufen hat, geweint hat und gesagt hat, dass er nach Hause will. Das hat C bejaht. Daraufhin hat die Polizistin C gefragt, ob sie seine Mama anrufen soll, damit sie ihn abholt.“).
Der Beschwerdeführer gibt an, schon vor dem Telefonat zwischen der Polizistin F und der Kindesmutter auf die Besuchsregelung hingewiesen zu haben („Daraufhin hat die Polizistin C gefragt, ob sie seine Mama anrufen soll, damit sie ihn abholt. In diesem Moment habe ich gegen die Amtshandlung Widerspruch eingelegt und gesagt: Es gibt ein Umgangsrecht mit den Kindern, das ist festgelegt und dieses Wochenende gehört mir.“). Dies bestätigt auch die
Polizistin F („Er hat uns zwar schon zu Beginn von einer gerichtlichen Vereinbarung hinsichtlich der Obsorgeregelung in Kenntnis gesetzt.“).
Das Telefonat zwischen der Polizistin F und der Kindesmutter ergibt sich wiederum aus den übereinstimmenden Aussagen der
Polizistin F („Ich habe die Mutter angerufen und sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass es tatsächlich den Tatsachen entspricht, dass C geweint hat und nach Hause möchte. Dann hat die Mutter gesagt, sie holt C ab. Ich habe darauf gesagt: ‚Das wird das Beste sein!‘. … Über Befragung, von wem der Schritt gekommen ist, dass C abgeholt wird während des Telefonats zwischen mir und der Kindesmutter: Das weiß ich jetzt nicht mehr genau. Jedenfalls haben wir uns darauf geeinigt, dass sie ihn abholen kommt. Ich habe, wie ich vorher schon mitgeteilt habe, den Eindruck gehabt und auch der Kindesmutter das mitgeteilt, dass es das Beste sein wird, wenn sie C holt. … [D]ie Kindesmutter hat mir mitgeteilt, dass es eine Besuchsregelung gibt und dass es das Wochenende des Vaters ist. Sie hat mir auch mitgeteilt, dass C in der zweiten Nacht immer wieder weint und dass das nicht das erste Mal ist, dass das vorkommt. Sie hat sinngemäß mitgeteilt, sie hat keinen anderen Ausweg mehr gesehen, weil ihr Sohn so geweint hat.“) sowie der
Kindesmutter („Ich bin so gegen 21.00 Uhr zurückgerufen worden. … Das ist offenbar die Polizistin gewesen. Sie hat mir mitgeteilt, dass sie mit C gesprochen hat und ob es möglich ist, dass ich C selbst abhole. … Die Dame hat mir mitgeteilt, sie sind in der Wohnung des Beschwerdeführers. Sie haben gesagt, sie haben sich mit C unterhalten und C möchte abgeholt werden.“).
Die anschließende Rückkehr der Polizistin F in die Wohnung und die Information über die Abholung der Kinder schilderten wiederum die
Polizistinnen E („Nachdem Kollegin F zurückgekommen ist, hat sie mitgeteilt, dass die Kindesmutter C nun abholen kommt. … Wir haben die Mutter angerufen. Die Mutter hat gesagt, sie holt ihn. … Über Befragung, ob wir den Beschwerdeführer ausdrücklich gefragt haben, ob er dem zustimmt, dass sein Sohn abgeholt wird: Nein.“) und
F („Ich bin zurück in die Wohnung und habe der Kollegin E und dem heutigen Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Mutter kommt und das Kind holt. … Über Befragung, ob der Beschwerdeführer ausdrücklich gesagt hat, dass er nicht will, dass C abgeholt wird: Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was er genau gesagt hat. Über abermalige Nachfrage, dass das ein zentraler Aspekt ist: Wie gesagt, die Kollegin hat die Amtshandlung geführt und ich kann mich nicht mehr an alles genau erinnern. Über Befragung, ob der Beschwerdeführer ausdrücklich zugestimmt hat, dass C von seiner Mutter abgeholt wird: Da muss ich dasselbe sagen, wie ich bei der vorherigen Frage schon beantwortet habe. Über Befragung, warum wir nicht den Vater gefragt haben, ob er diesem zustimmt, nachdem wir mit der Mutter telefoniert haben: Nachdem wir mitgeteilt haben, dass die Mutter losfährt, hat er von sich aus die Sachen gepackt. Über Vorhalt, dass geteiltes Obsorgerechts und es ‚das Wochenende des Vaters‘, gewesen ist und warum wir nur mit der Mutter gesprochen haben und nicht den Vater um ausdrückliche Zustimmung ersucht haben: Ja, jetzt im Nachhinein. An den genauen Wortlaut, als ich wieder zurückgekommen bin nach dem Gespräch, kann ich mich nicht mehr erinnern. Wahrscheinlich habe ich ihm mitgeteilt, dass die Mutter C holen kommt.“).
Ebenso übereinstimmend sind die Reaktion des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die Besuchsregelung und das ihm zustehende Wochenende sowie wiederum darauf die Reaktion der Polizistin E
(Beschwerdeführer: „Als die Polizistin C gefragt hat, ob er von seiner Mutter abgeholt werden soll, habe ich ausdrücklich gesagt, dass ich das nicht möchte. Die Polizistin hat mir mitgeteilt, es ist ausschließlich das Kindeswohl relevant.“; und die
Polizistin E: „Herr A hat erwähnt, dass es ein geregeltes Besuchsrecht gibt. Wir haben ihm mitgeteilt, dass das niemand in Abrede stellt und auch die Mutter dies anerkennt. … Er hat uns mitgeteilt, dass das Besuchsrecht richterlich festgestellt wurde bzw dass es dahingehend eine Abmachung gibt. Er hat uns auch mitgeteilt, dass er dieses Wochenende dran ist.“).
Seinen Eindruck, die Sache über sich ergehen lassen zu müssen, schilderte der Beschwerdeführer glaubwürdig und nachvollziehbar („[Die Polizistin] hat mir auch gesagt, dass ich jetzt gegen diese Amtshandlung nichts unternehmen kann. Ich wusste in dieser Zeit nicht genau, was ich sonst machen soll, wollte auch keine Diskussion mit den Polizistinnen anfangen, insbesondere auch nicht vor den Kindern. Ich habe den Eindruck gehabt, dass ich die Sache über mich ergehen lassen muss.“).
Das Verlangen der Dienstnummer sowie die dahingehende Entsprechung gehen auf die Aussagen des
Beschwerdeführers („Ich habe zur Polizistin … gesagt, dass ich ihre Dienstnummern haben möchte. Das war nachdem ich ihr mitgeteilt habe, dass ich nicht einverstanden bin, dass C jetzt zu seiner Mutter kommt.“) sowie der
Polizistin F („Die haben wir auf einem Zettel auf[ge]schr[ie]ben. Ich glaube, ich habe ihm das aufgeschrieben, das kann ich aber nicht mehr beschwören.“) zurück.
Das Zusammenpacken der Sachen von C sowie die Aufforderung des Beschwerdeführers an seinen jüngeren Sohn, sich anzuziehen, schilderten übereinstimmend und glaubwürdig der
Beschwerdeführer („Ich … habe angefangen, die Sachen von C zu packen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass C schon davon ausgegangen ist, dass er zu seiner Mutter kommen kann.“) sowie die
Polizistinnen E („Er hat C selbständig aufgefordert sich anzuziehen und seine Sachen zusammenzupacken. … So ist er ins Nebenzimmer gegangen und hat die Tasche und die Posaune von C eingepackt.“) und
F („Herr A hat ohne jegliche Aufforderung begonnen, die Sachen von C zusammenzupacken. Den genauen Wortlaut kann ich jetzt nicht mehr angeben, aber er hat sinngemäß gesagt, C soll sich anziehen, weil seine Mutter ihn holen kommt.“).
Das Telefonat des Beschwerdeführers mit seinem Rechtsvertreter und die Aufforderung an die Polizistin E, das Telefonat zu übernehmen, gehen auf die Aussage des
Rechtsvertreters („Ich habe Herrn A aufgefordert, mir eine der Polizistinnen ans Telefon zu geben. … Herr A hat daraufhin gesagt, er hat mir am Telefon mitgeteilt, die wollen nicht mit mir reden. … Ich habe im Hintergrund nur gehört, dass eine der Polizistinnen gesagt hat, sie wolle nicht mit mir reden.“), des
Beschwerdeführers („Zu dem Zeitpunkt, als die Polizistinnen das Gespräch mit meinem Anwalt am Telefon verweigert haben, hat die Polizistin gesagt, hier geht es ums Kindeswohl.“), sowie der Polizistinnen E („Herr A ist mit dem Telefon in der Hand wieder auf mich zugekommen und hat gesagt, dass ich mit seinem Anwalt sprechen soll. … Das habe ich abgelehnt.“) und
F („Er wollte auch, dass die Kollegin mit dem Anwalt spricht. Das hat sie verweigert, weil für uns die Amtshandlung schon beendet gewesen ist.“) zurück.
Ebenso unstrittig ist die Androhung rechtlicher Konsequenzen durch den Beschwerdeführer nach Beendigung des Telefonats
(Beschwerdeführer: „Nach dem Telefonat mit meinem Anwalt habe ich ihnen mitgeteilt, dass das rechtliche Konsequenzen hat.“;
Polizistin E: „Daraufhin ist Herr A auf uns zugekommen und hat uns mitgeteilt, dass das Konsequenzen haben wird.“; und
Polizistin F: „Sinngemäß hat er gesagt, das wird Konsequenzen haben.“).
Das Verlassen der Wohnung der Polizistinnen gemeinsam mit den beiden Kindern sowie die Verabschiedung des Vaters von C schilderte die Polizistin E („Wir sind alle hintereinander aus der Wohnung rausgegangen. … Wir haben noch gesehen, wie C sich bei seinem Vater verabschiedet hat.“).
Die darauffolgende Abholung der Kinder durch die Kindesmutter gehen auf die Aussagen der
Kindesmutter („Als ich angekommen bin, sind die Polizistinnen und beide meiner Kinder im Gang gestanden. Nachdem sie mich gesehen haben, sind sie rausgegangen. … G hat die Posaune von C in der Hand gehabt, eine der Polizistinnen hatte die übrigen Sachen von C in der Hand. Die Polizistinnen haben mitgeteilt, dass sich C nun beruhigt hat. Ich habe G noch gefragt, ob er noch bei seinem Papa bleiben möchte, oder ob er mit mir fahren will. G hat gesagt: ‚Mama, ich bleibe bei Papa‘. C hat gesagt, dass er nach Hause möchte. … Ich habe die Sachen von C ins Auto gepackt. C ist ins Auto gestiegen und wir sind losgefahren.“) sowie der
Polizistinnen E („Es ist die Kindesmutter zugefahren. … C ist der Mutter um den Hals gefallen. Wir haben gesehen, dass er sichtlich erleichtert war in diesem Moment. Sie hat sich bei den Kindern entschuldigt, dass sie die Polizei verständigt hat. … C ist ins Auto eingestiegen. Wir sind auch im Auto gewesen, haben aber noch wahrgenommen, wie der ältere G wieder zurück zum Wohnblock gegangen ist.“) und
F („Dann haben wir zeitgleich mit den Buben die Wohnung verlassen und es ist die Mutter gekommen.“) zurück.
IV. Erwägungen
A. Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol
Gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Akte unmittelbarer Verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Die Landesverwaltungsgerichte erkennen gemäß § 88 Abs 1 SPG über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
B. Zulässigkeit der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde
1. Allgemeines zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
Nach der stRsp des VwGH liegt ein Verwaltungsakt in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar – somit ohne vorangegangenen Bescheid – in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl VwGH 20.11.2006, 2006/09/0188; 22.2.2007, 2006/11/0154). Es muss ein Verhalten vorliegen, das als „Zwangsgewalt“, zumindest aber als – spezifisch verstandene – Ausübung von „Befehlsgewalt“ gedeutet werden kann. Weil das Gesetz auf Befehle, also auf normative Anordnungen abstellt, sind behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird. Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt nach stRsp, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein Befolgungsanspruch aus einer solchen, dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich drohenden physischen Sanktion (objektiv) nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (dazu VwGH 29.11.2018, Ra 2016/06/0124; 1.3.2016, Ra 2016/18/0008; 29.7.2009, 2008/18/0687 mwN).
In diesem Sinne wurde ua das Aufsperren verschlossener Räume oder das gewaltsame Eindringen in ein ehemaliges Geschäftslokal bzw in eine Wohnung als ein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert (vgl VwGH 22.1.2002, 99/11/0294) (VwSlg 19.288 A/2016).
Der VfGH sah die Abhaltung einer militärischen Übung ohne die Zustimmung des Grundeigentümers (vgl VfSlg 10.409/1985), das Betreten eines Hauses und die ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten vorgenommene Nachschau in einigen Zimmern durch einen Gendarmeriebeamten (VfSlg 12.122/1989), das Betreten und die Nachschau in einer Wohnung, ohne dass dies freiwillig gestattet worden wäre (vgl VfSlg 12.053/1989), als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt an, obwohl in all diesen Fällen physischer Zwang weder ausgeübt noch angedroht worden war (VwSlg 19.288 A/2016).
2. Vorliegen eines Eindrucks einer Befolgungspflicht durch Gesamtheit der Amtshandlung
a) Allgemeines
Im Unterschied zu klar abtrennbaren Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie zB dem Ausspruch einer Festnahme, ist im gegenständlichen Fall die gesamte Amtshandlung zu betrachten (übereinstimmend Eisenberger, Gegenstand der Maßnahmenbeschwerde, in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde2 [2016] 21).
Es ist demnach relevant, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Beschwerdeführers bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist.
So qualifizierte der VfGH die Aufforderung in einem Bus zu steigen bei Anwesenheit von uniformierten Sicherheitsorgane als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt, da keine Freiwilligkeit vorlag (VfSlg 18.836/2009). Die Behörde vermittelte – so der VfGH – den Eindruck, dass die Anordnung, in den Bus einzusteigen – ungeachtet der Frage nach der Freiwilligkeit – im Falle der Nichtbefolgung zwangsweise durchgesetzt und nicht etwa der behördlich angeforderte Bus wieder abgezogen werde. Auch legte die Behörde sowohl den Termin für die Verbringung der Beschwerdeführer fest und forderte die Sicherheitsorgane zur Assistenzleistung an. Dass sich die Sicherheitsorgane bloß passiv verhalten und an der Verbringung nicht mitgewirkt haben, ändert – unter den besonderen Umständen des Falles – nichts am Vorliegen eines Akts unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt. Darüber hinaus handelte es sich bei den Betroffenen um Asylwerber, auf die gerade die Anwesenheit von uniformierten Sicherheitsorganen den Eindruck einer Befolgungspflicht verstärkt auszulösen vermag.
b) Gegenständlicher Fall
Sowohl der Kindesvater als auch die Kindesmutter haben jeweils das (geteilte bzw gemeinsame) Obsorgerecht. Am gegenständlichen Abend bestand das gerichtlich angeordnete Besuchsrecht des Vaters. Allein schon aus diesem Grund hätte eine ausdrückliche Zustimmung des Vaters vorliegen müssen, damit sein Sohn von der Mutter abgeholt wird. Diese lag nicht vor.
Doch auch wenn man keine ausdrückliche Zustimmung für erforderlich erachten würde, lag bei Gesamtbetrachtung der Amtshandlung der Eindruck einer Befolgungspflicht des Beschwerdeführers und somit keine Freiwilligkeit vor.
Gegen das Vorliegen eines Eindrucks einer Befolgungspflicht und somit für das Vorliegen der Freiwilligkeit sind erstens persönliche Aspekte des Beschwerdeführers ins Treffen zu führen. Er ist der deutschen Sprache mächtig, kann sich artikulieren, kennt die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie damit verbunden seine Rechte und Pflichten. Zweitens setzte der Beschwerdeführer bestimmte Handlungen, die als konkludente Zustimmung gedeutet werden könnten. So forderte er seinen Sohn auf, sich anzuziehen, und packte seine Tasche.
Im Gegensatz dazu spricht für den Eindruck einer Befolgungspflicht und somit gegen die Freiwilligkeit erstens die an den Beschwerdeführer gerichtete Aussage der Polizistin. Die Ankündigung, die Mutter kommt das Kind abholen, impliziert eine schon getroffene Willensübereinkunft zwischen der Polizistin und der Kindesmutter, bei der dem Kindesvater kein Mitspracherecht zukommt. Bei der Äußerung schwingt ein rechtsgestaltender Charakter mit.
Zweitens brachte der Beschwerdeführer seinen Widerspruch mehrfach zum Ausdruck. So wies er als Reaktion auf die – vor Gericht getroffene – Besuchsregelung hin, wonach die Kinder an diesem Wochenende bei ihm sind. Darüber hinaus verlangte er die Dienstnummern der einschreitenden Polizistinnen, die für rechtliche Schritte dienlich sein können (dazu § 9 Abs 4 VwGVG für die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde) und somit auf eine Unzufriedenheit mit der Amtshandlung hindeuten. Später kontaktierte er seinen Rechtsvertreter und forderte die einschreitende Polizistin ausdrücklich auf, die Angelegenheit mit diesem zu sprechen. Dies wurde verweigert. Daraufhin drohte der Beschwerdeführer den Polizistinnen rechtliche Konsequenzen an. Abgesehen davon holten die Polizistinnen nicht die Zustimmung des Kindesvaters ein. Auch wenn man eine ausdrückliche Zustimmung nicht für erforderlich halten würde, stellt doch das Unterlassen einer dahingehenden Frage an den obsorge- und besuchsberechtigten Elternteil ein Indiz gegen die Freiwilligkeit dar.
Drittens sind auch weitere Alternativmöglichkeiten des Beschwerdeführers fraglich, um seinen Widerspruch auszudrücken. Verbunden mit dem finalen Charakter der Äußerung der Polizistin sah der Beschwerdeführer – wie vom Landesverwaltungsgericht Tirol festgestellt – keine Möglichkeit mehr sich zu widersetzen, da er vielmehr den Eindruck hatte, die Abholung seines Sohnes über sich ergehen lassen zu müssen. Auch wollte er keinerlei Handlungen setzen, die ihn einer Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt – wie ihn ausdrücklich von seinem Rechtsvertreter geraten – aussetzen könnte. Überdies fand die gesamte Amtshandlung vor den Augen der Kinder statt. Der achtjährige Sohn war über die Abholung durch seine Mutter schon informiert. Somit ist es nachvollziehbar, wenn der Kindesvater einen zusätzlichen Widerstand unterlässt, um die offenbar ohnehin fragile Beziehung zu seinem Sohn nicht weiter zu beschädigen.
Viertens sind auch die übrigen Umstände der Amtshandlung zu betrachten. So handelt es sich um 21:00 Uhr üblicherweise um Schlafenszeit für Kinder in diesem Alter, nur unüblicherweise um Zeiten für Transporte von einem Elternteil zum anderen. Die Amtshandlung fand im Kinderzimmer der Wohnung des Beschwerdeführers statt. Ein – wenn auch vom Beschwerdeführer freiwillig gestattetes – Betreten dieses besonders geschützten Privatbereichs verschafft dort getätigten Aussagen zusätzliches Gewicht. Auch verleiht das Tragen einer Uniform grundsätzlich Aussagen und Handlungen einschreitender Polizeibeamten zusätzliche Autorität.
Abschließend und wohl am gewichtigsten stellt fünftens die Abholung des eigenen Kindes einen besonders gravierenden Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens nach Art 8 EMRK dar, bei dem die Freiwilligkeit unter besonders strengen Gesichtspunkten zu prüfen ist.
In Zusammenschau überwiegen somit die Argumente für das Vorliegen eines Eindrucks einer Befolgungspflicht und somit gegen die Freiwilligkeit. Bei objektiver Betrachtungsweise musste für den Beschwerdeführer bei Beurteilung der gegenständlichen Amtshandlung in ihrer Gesamtheit der Eindruck entstehen, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist.
Vor dem Einschreiten der Polizistinnen befand sich der achtjährige Sohn des Beschwerdeführers im Kinderzimmer. Nach dem Gespräch der Polizistinnen mit dem Sohn, erfolgte ein Telefongespräch mit der Kindesmutter außer Hörweite des Beschwerdeführers. Dabei vereinbarte die Polizistin mit der Kindesmutter, dass diese das Kind abholt, was schließlich erfolgte. Das Einschreiten der Polizistinnen führte zur Abholung des Kindes durch die Kindesmutter gegen den Willen des Kindesvaters. Ohne die Involvierung der Polizistinnen wäre es nicht dazu gekommen. Durch das Telefonat zwischen der Polizistin und der Kindesmutter, der dabei vereinbarten Abholung des Kindes, ohne Einholung einer ausdrücklichen Zustimmung des obsorgeberechtigten Kindesvaters an dem ihm aufgrund einer gerichtlich bewilligten Besuchsregelung zustehenden Wochenendes bzw gegen seinen Willen, handelt es sich um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde ist somit zulässig. Freilich richtet sich die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde nur gegen die „zwangsweise Abnahme des Sohnes C aus der Wohnung“. Das Betreten der Wohnung wurde nicht gerügt und ist somit vom Landesverwaltungsgericht Tirol auch nicht näher zu prüfen.
C. Keine gesetzliche Ermächtigung
Wie auch von der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung eingestanden, liegt keine Rechtsgrundlage für das Einschreiten der Polizeibeamten in der gegenständlichen Angelegenheit vor.
Die allenfalls heranzuziehende – von der belangten Behörde nicht einmal behauptete – Ermächtigung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 162 Abs 1 ABGB auf Ersuchen eines berechtigten Elternteils bei der Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch bei der Zurückholung des Kindes mitzuwirken, scheidet aus. Erstens war der Aufenthalt des Kindes unzweifelhaft in der Wohnung des Kindesvaters und somit nicht unbekannt. Dieses Zurückholungsrecht liegt zweitens nicht vor, wenn das Kind der Besuchsregelung entsprechend das Wochenende beim obsorgeberechtigten Kindesvater verbringt (im Umkehrschluss aus AB 587 BlgNR 14. GP, 9). Drittens würde im Falle der Verweigerung der Herausgabe des Kindes der berechtigte Elternteil einen gerichtlichen Herausgabebeschluss benötigen (OGH 10 Ob 31/04 p = EFSlg 107.708; LGZ Wien 42 R 112/05 i; AB 587 BlgNR 14. GP, 9). Selbsthilfe ist nur zulässig, wenn richterliche Hilfe zu spät käme, zum Beispiel bei Gefahr, dass das Kind ins Ausland verbracht wird (Fischer-Czermak, § 162 ABGB, in Klete?ka/Schauer [Hrsg], ABGB-ON1.05 [Stand 1.10.2018] Rz 5 mwN). Auf § 162 Abs 1 ABGB kann sich somit die Amtshandlung der Polizistinnen im gegenständlichen Fall nicht stützen.
Gemäß Art 2 Abs 1 BVG Kinderrechte hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen. Daraus lässt sich jedoch keine verfassungsunmittelbare Kompetenz zum Einschreiten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ableiten.
Vielmehr handelt es sich bei Besuchsregelungen getrenntlebende Elternteile um Aspekte des grundrechtlich geschützten Familienlebens nach Art 8 EMRK. Bei dieser äußerst sensiblen Angelegenheit sind verschiedenste Aspekte zu berücksichtigen. Schon allein aus diesem Grund ergibt sich mangels Vorliegen einer tatsächlichen konkreten Gefährdung eines Kindes keine Kompetenz von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, sich über gerichtlich abgeordnete Besuchsregelungen hinwegzusetzen.
Auch wenn die beiden Polizistinnen bei der gegenständlichen Amtshandlung vermeinten, dem Wohl des Kindes zu entsprechen, handelte es sich um eine unüberlegte und unreflektierte Handlung. So sieht Art 2 Abs 1 BVG ausdrücklich das Recht eines Kindes auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakte zu beiden Elternteilen vor. Es kann somit – im Gegensatz zur Annahme der beiden Polizistinnen – zum Wohl des Kindes sein, beim Vater zu bleiben, um mit diesem eine Beziehung aufzubauen. Durch ihre aus einer Momentaufnahme getroffenen Einschätzung des Wohls des Kindes, ignorierten die Polizistinnen zahlreiche ebenfalls zu berücksichtigende Umstände.
Für diese Amtshandlung lag keine rechtliche Grundlage vor. Die Polizistinnen überschritten ihre Befugnisse und konterkarierten gerichtlich bewilligte Besuchsregelungen. Die beiden Polizistinnen verletzten somit durch ihr Einschreiten das Recht des Beschwerdeführers nach Art 8 EMRK ohne eine entsprechende einfachgesetzliche Grundlage. Diese wäre jedoch nach Art 8 Abs 2 EMRK sowie nach dem Legalitätsprinzip gemäß Art 18 B-VG erforderlich gewesen.
D. Kosten
Gemäß § 35 VwGVG hat die im Verfahren über