TE Lvwg Erkenntnis 2021/3/1 LVwG-2021/40/0159-4

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Veröffentlicht am 01.03.2021
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Entscheidungsdatum

01.03.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §359b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde der 1. AA und der 2. BB, beide Adresse 1, **** Z gegen den Bescheid der Stadt Z vom 25.11.2020, Zl ***, betreffend das gewerbebehördliche Feststellungsverfahren für den Umbau beim bestehenden „CC“ am Standort Adresse 2, **** Innsbruck, nach § 359b GewO 1994, nach öffentlicher mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom 25.03.2020 beantragte die CC GmbH bei der belangten Behörde die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Umbau des bestehenden Hotels im Standort **** Z, Adresse 2. Mit Kundmachung vom 20.08.2020 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung für Dienstag, den 08.09.2020 anberaumt. Mit Eingabe vom 07.09.2020 erstatteten die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerinnen Einwendungen zum geplanten Projekt.

Aufgrund der Anzahl der zur mündlichen Verhandlung erschienenen Personen und der Größe des reservierten Raumes war eine Verhandlung unter Wahrung der Corona-Abstandsbestimmungen nicht möglich und wurde die Verhandlung auf den 21.09.2020 vertagt.

Mit „Mitteilung Verhandlungstermin“ vom 10.09.2020 der belangten Behörde wurde die mündliche Verhandlung für Montag, 21.09.2020 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 359b Abs 1 Z 1 GewO 1994 iVm § 1 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, anberaumt.

Mit weiterer Eingabe vom 21.09.2020 teilten die Beschwerdeführerinnen mit, wie eine verfahrensrechtliche Annahme einer fortgesetzten Verhandlung möglich sei, es sei ja auch das zwingende Vorverfahren nach § 359b GewO nicht vorgenommen worden. Die Vorfragen, welche Bewilligungen bereits vorlägen, seien nicht geklärt. Es gehe um die verfahrensrechtliche Festlegung des Verfahrensgegenstandes. Dabei müsse zuerst erhoben werden, was bewilligt sei, dann könne man sehen, was der Gegenstand des Ergänzungsverfahrens sei. Die Wahl des vereinfachten Genehmigungsverfahrens sei aufgrund der Größe der gegenständlichen Betriebsanlage unzulässig. Eine Umstellung des Verfahrens sei nicht möglich.

Mit Eingabe vom 14.10.2020 wurden ergänzende Planunterlagen seitens der Antragstellerin nachgereicht.

Mit weiterer Mitteilung der belangten Behörde vom 20.10.2020 wurde den Parteien die Antragsergänzung gemäß § 359b Abs 1 Z 1 GewO 1994 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Gelegenheit gegeben, binnen 14 Tagen ab Erhalt dieser Mitteilung Einwendungen schriftlich bei der belangten Behörde zu erheben.

Mit weiterer Stellungnahme der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerinnen vom 02.11.2020 teilten diese mit, dass die Vorfragen, welche Bewilligung bereits vorliegeg oder ob es mehrere solche seien, nicht geklärt seien. Im baurechtlichen Verfahren seien 76 Betten typisiert. Wenn nun 96 gebaut würden (betrieben werden sollen) stelle sich die Frage, wie diese Differenz zu bewerten sei. Es werde in der neuerlichen Ladung nicht einmal belegt, aus welchen Angaben folge, dass man hier ein sogenanntes vereinfachtes Verfahren vornehmen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Stadt Z vom 25.11.2020, Zl *** wurde gemäß § 359b Abs 1 Z 5 iVm § 81 GewO 1994 und der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl Nr 850/1994 in der geltenden Fassung unter Beachtung der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektunterlagen die Beschaffenheit der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderungen im Sinne des § 359b Abs 1 Z 3 GewO und unter Anwendung des § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz festgestellt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass zur Abklärung von diversen offenen Fragen am 08.09.2020 eine mündliche Verhandlung zum gegenständlichen Betriebsanlagenänderungsverfahren stattgefunden habe. Diese Verhandlung sei für eine Antragspräzisierung notwendig gewesen. Woraufhin die Antragstellerin mit Eingabe vom 12.10.2020, eingelangt am 14.10.2020, der Behörde ergänzende Projektunterlagen nachgereicht habe, in welchen die komplette Einheit der Betriebsanlage dargestellt werde. Aus den Unterlagen sei klar ersichtlich, dass sich in der Betriebsanlage unter 100 Betten befänden, dass im Barbereich unter 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt würden und dass in der Betriebsanlage Musik bloß in Form von Hintergrundmusik wiedergegeben werde. Wie in der Projektbeschreibung bereits ausgeführt, werde Musik lediglich über TV Geräte in den Hotelzimmern wiedergegeben, die mit einem „Hotelmodus“ ausgestattet würden. Damit sei die maximale Lautstärke auf unter 56 dB (A) beschränkt.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringen die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass Maßnahmen vorgenommen würden, für die aus Sicht der Nachbarin ein Konsens womöglich nicht vorliege. Dazu gehöre die An- und Einbringung einer Lüftungsanlage beträchtlichen Umfanges auf dem Dach im Zwischenraum zwischen den beiden betroffenen Liegenschaften, die unmittelbar aneinander anrainen. Gegenstand des Verfahrens sei die Änderung einer bestehenden gewerberechtlichen Betriebsanlagenbewilligung für ein Hotel, ein Restaurant und Nebenanlagen. Dieses Verfahren sei nun beendet, weil ein neues Ansuchen vorliege und ein neues Verfahren mit einem anderen Gegenstand vorgesehen sei. Die Vorfragen, welche Bewilligung bereits vorgelegen sei oder ob es mehrere solche wären, seien nicht geklärt. Es müsse zuerst erhoben werden, was bewilligt sei, dann könne man sehen, was der Gegenstand des Ergänzungsverfahrens sei. Im baurechtlichen Verfahren seien 76 Betten typisiert. Wenn nun 96 gebaut würden oder betrieben werden sollen, stelle sich die Frage, wie diese Differenz zu bewerten sei. Die gegenständliche Betriebsanlage werde offenbar bereits errichtet. Die Wahl des vereinfachten Genehmigungsverfahrens sei aufgrund der Größe der gegenständlichen Betriebsanlage, der eingebrachten Geräte, der zu erwartenden Immissionen und Emissionen unter Bezugnahme auf die öffentlich beworbene künftige Betriebsweise unzulässig. Es würden die Voraussetzungen der Freistellungsverordnung nicht vorliegen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Am 22.02.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, in welcher die eingereichten Planunterlagen näher erörtert wurden und die Akten der belangten Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes verlesen wurden.

II.      Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 25.03.2020, zuletzt ergänzt mit Eingabe vom 14.10.2020 hat die Konsenswerberin CC GmbH bei der belangten Behörde um die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung für den Umbau beim bestehenden CC im Standort **** Z, Adresse 2 angesucht. Die gegenständliche Betriebsanlage wurde mit Bescheid vom 31.07.1948, Zl *** gewerbebehördlich erstgenehmigt und zuletzt mit Bescheid vom 10.08.2005, Zl III-*** geändert. Das Bestandsgebäude soll für die Neupositionierung der Rezeption und des Frühstücks- und Barbereichs mit zugehörigem Küchenbereich aufgestockt werden. Die bestehenden Gastronomieflächen im ersten Obergeschoss werden aufgelassen und zu Gästezimmern umgebaut. Die Rezeption im zweiten Obergeschoss wird zu Gästezimmern umgebaut, die Wäscherei wird aus dem fünften Obergeschoss in die Erdgeschosszone verlegt und im fünften Obergeschoss Gästezimmer geschaffen. Sämtliche Gästezimmer sollen generalsaniert werden inklusive Erneuerungen aller Sanitärräume. Geplant ist weiters der Neubau eines Fluchtstiegenhauses über alle Geschosse als Teil einer brandschutztechnischen Neustrukturierung, die Errichtung eines zusätzlichen Personenaufzuges an der Innenhoffassade, die Modernisierung der gesamten Heizungs- und Lüftungsanlage sowie die Herstellung einer Gebäudeklimatisierung. Sowohl vor als auch nach erfolgtem Umbau befinden sich in der gegenständlichen Betriebsanlage weniger als 100 Betten. Nach erfolgtem Umbau befinden sich in der gegenständlichen Betriebsanlage insgesamt 96 Gästebetten, verteilt auf 48 Zimmer. Die 90 geplanten Verabreichungsplätze für die Hotelgäste befinden sich ausschließlich im sechsten Obergeschoss. Die nähere Beschreibung ist den eingereichten und genehmigten Projektsunterlagen zu entnehmen

Die Beschwerdeführerinnen sind Nachbarinnen im Sinne des § 75 Abs 2 GewO 1994.

III.     Beweiswürdigung:

Der vorhin festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Projektunterlagen bzw aus dem Akt der belangten Behörde. Insbesondere ergibt sich aus den Einreichunterlagen, dass im vorliegenden Fall sowohl vor als auch nach erfolgtem Umbau in der gegenständlichen Betriebsanlage weniger als 100 Betten (konkret 96) und weniger als 200 Verabreichungsplätze (konkret 90) geplant sind. Hingegen konnten die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerinnen nicht darlegen, dass im konkreten Fall die Anzahl der Betten mehr als 100 bzw die Anzahl der Verabreichungsplätze mehr als 200 betragen würde.

IV.      Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lauten:

„§ 359b.

(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

3. die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

4. das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

5. bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spätestens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu entscheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.“

Die hier relevante Bestimmung der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28.10.1994, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl 850/1994 idF BGBl II Nr 19/1999 lautet:

„§ 1.

Folgende Arten von Betriebsanlagen sind dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen:

1. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste);

2. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, in

denen nicht mehr als 100 Fremdenbetten bereitgestellt werden;

3. Betriebsanlagen, die sowohl unter 2 1 als auch unter Z 2 fallen; (…)“

V.       Erwägungen:

Im vereinfachten Betriebsanlagen Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Darüber hinaus kommen dem Nachbarn keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu; insbesondere kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegens der in § 74 Abs 2 normierten Voraussetzungen.

Unter Hinweis auf die obigen Feststellungen sowie die Darstellung der Rechtslage wird festgehalten, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Recht das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 359b GewO 1994 durchgeführt hat, zumal die Betriebsanlage die in der zitierten Verordnung des zuständigen Bundesministers dafür vorgesehenen Voraussetzungen (weniger als 100 Betten bzw weniger als 200 Verabreichungsplätze) erfüllt. Dabei war weiters zu berücksichtigen, dass es sich beim Betriebsanlagengenehmigungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei welchem ausschließlich die Angaben des Antragstellers zur Beurteilung des Vorhabens relevant sind (vgl dazu etwa VwGH 07.07.2015, Ra 2015/04/0049).

Dass die belangte Behörde ursprünglich das gegenständliche Projekt im „normalen“ Verfahren gemäß § 356 GewO 1994 kundgemacht hat, schadet nicht, zumal die Beschwerdeführerinnen dadurch nicht in ihren Parteirechten beschränkt wurden. Im Gegenteil hatten sie die Gelegenheit, sämtliche subjektive Rechte, welche ihnen nach § 74 Abs 2 GewO 1994 zustehen, geltend zu machen. Ein nachträglicher Wechsel in das vereinfachte Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 erweist sich sohin als zulässig. Im Übrigen wäre ein allfälliger Verfahrensmangel ohnehin durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.02.2021 vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol als geheilt anzusehen.

Was den bereits genehmigten Bestand anbelangt ist festzuhalten, dass die gegenständliche Betriebsanlage mit Bescheid vom 31.07.1948, Zl *** erstgenehmigt und zuletzt mit Bescheid vom 10.08.2005, Zl *** geändert wurde. Aus den Betriebsbeschreibungen, insbesondere aus der dem Bescheid vom 10.08.2005 zugrundeliegenden Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung ergibt sich, dass sich in der Betriebsanlage vor erfolgten Umbau 40 Gästezimmer verteilt auf das zweite, dritte, vierte und fünfte Obergeschoss befinden. In Verbindung mit den nunmehr eingereichten Projektunterlagen ergibt sich für das konkrete Vorhaben, dass im Altbestand, welcher auch unberührt bleiben soll, im vierten Obergeschoss zwölf Betten und im fünften Obergeschoss acht Gästebetten als genehmigt anzusehen sind. Dies betrifft die Betten im Gebäude Adresse 2. Entsprechend den Planunterlagen befinden sich im Bestand im Gebäude Adresse 2im zweiten Obergeschoss sieben Betten, im dritten Obergeschoss 18 Betten, im vierten Obergeschoss 15 Betten und im fünften Obergeschoss elf Betten. Somit ist von einem bereits genehmigten Bestand von insgesamt 71 Betten auszugehen. Neu hinzu kommen sohin 25 Betten. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass sowohl vor als auch nach erfolgtem Umbau in der gegenständlichen Betriebsanlage weniger als 100 Gästebetten zur Verfügung stehen, weshalb die belangte Behörde zu Recht das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 359b GewO 1994 durchgeführt hat.

Wenn die Beschwerdeführerinnen weiters auf dem Standpunkt stehen, dass die Gewerbefläche im Erdgeschoss des Hauses Adresse 2 (dabei handelt es sich um einen Handelsbetrieb für Bekleidung) im Sinne der Einheit der Betriebsanlage dem Projekt hinzuzurechnen wäre, so ist festzuhalten, dass es sich diesbezüglich um zwei verschiedene Unternehmen mit 2 verschiedenen Betreibern handelt. Der Handelsbetrieb dient nicht dem Zweck des Hotelbetriebes oder umgekehrt, sodass von einer Einheit der Betriebsanlage keine Rede sein kann.

Da die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens gemäß § 359b GewO 1994 im Gegenstandsfall vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

vereinfachtes Verfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.40.0159.4

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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