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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des R in L, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. Februar 1997, Zl. St 12/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 11. Februar 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 iVm §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/92, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer - ein Staatsangehöriger von Rumänien - sei im Februar 1990 nach Österreich eingereist und mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 1990 als Flüchtling anerkannt worden. Dabei sei jedoch festgestellt worden, daß dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung zukomme. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. September 1996 sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer das ihm zuerkannte Recht auf Asyl verloren habe.
Am 10. November 1992 sei der Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstahles rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Wegen des gleichen Delikts sei er am 21. Jänner 1993 vom Bezirksgericht Pregarten sowie am 8. Juli 1993 und am 21. März 1994 jeweils vom Bezirksgericht Linz rechtskräftig zu Geldstrafen verurteilt worden. Am 8. August 1996 sei der Beschwerdeführer schließlich vom Bezirksgericht Linz wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer bedingten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden.
An den nachgenannten Tagen sei der Beschwerdeführer wegen Übertretung der im folgenden genannten Gesetzesstellen jeweils rechtskräftig mit einer Geldstrafe belegt worden:
14. September 1992; Art. IX Abs. 1 Z. 5 EGVG
20. Jänner 1993; Art. IX Abs. 1 Z. 5 EGVG
22. Jänner 1993; §§ 38 Abs. 5, 66 Abs. 2 StVO
1. April 1994; §§ 64 Abs. 1 und 102 Abs. 5 KFG
12. Februar 1996; § 24 Abs. 1 lit. a StVO
13. November 1996; § 64 Abs. 1 KFG.
Der derzeit arbeitslose Beschwerdeführer sei vom Dezember 1991 bis Mai 1996 mit Unterbrechungen beschäftigt gewesen. Seine Mutter halte sich im Bundesgebiet auf; seinen Vater kenne er nicht. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder.
Da der Beschwerdeführer mehr als einmal wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender strafbarer Handlungen (Diebstahl) rechtskräftig verurteilt und zweimal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG, welche zu den schwersten Verwaltungsübertretungen zähle, bestraft worden sei, seien die Tatbestände des §§ 18 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 erfüllt.
Im Hinblick auf die siebenjährige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und die Beziehung zu der in Österreich lebenden Mutter, der jedoch mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer bereits erwachsen sei, ein geringeres Gewicht beizumessen sei, werde durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Eine vollständige Integration in beruflicher Hinsicht komme dem Beschwerdeführer deshalb nicht zu, weil er nur mit Unterbrechungen beschäftigt gewesen und derzeit arbeitslos sei. Aufgrund der zahlreichen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zulässig. Aus der viermaligen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Diebstahles sei ersichtlich, daß er nicht gewillt sei, das Rechtsgut des Eigentums fremder Personen zu achten. Erschwerend komme hinzu, daß der Beschwerdeführer neben anderen Verwaltungsstrafen auch zweimal rechtskräftig "nach § 61 Abs. 1 KFG" (offensichtlich gemeint: § 64 Abs. 1 KFG) wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Straßen ohne gültige Lenkerberechtigung bestraft worden sei. Könnten nun, wie im Fall des Beschwerdeführers, ständige rechtskräftige Bestrafungen und Verurteilungen (die ja letztlich nur als Ermahnungen zu einem rechtstreuen Verhalten verstanden werden könnten) einen Fremden nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten, so sei die Behörde verpflichtet, auch von der Möglichkeit eines Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen. Da im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu erstellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 20 Abs. 1 FrG.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde enthält unter der Überschrift "Begründung der Rechtswidrigkeit" nach Zitierung von § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG sowie Auflistung der auch im angefochtenen Bescheid enthaltenen Verurteilungen und Bestrafungen des Beschwerdeführers nur folgendes Vorbringen:
"Die Auslegung der genannten Bestimmung ist gesetzeswidrig und willkürlich.
Die Z. 4 des § 10 FremdG bestimmt keineswegs, daß jede Verurteilung einen Sichtverweigerungsgrund darstellt. Es geht daraus hervor, daß z.B. der § 17/2/2 FremdG eine Ausweisung nur vorsieht, wenn eine Straftat mit "beträchtlicher" Strafe bedroht ist und der § 20/2 FremdG ein Aufenthaltsverbot für unzulässig erklärt, es sei denn, der Fremde sei zu einer mehr als fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
In diesem Zusammenhang muß auch auf den § 18/2/1 FremdG hingewiesen werden, der als Voraussetzung für ein Aufenthaltsverbot eine unbedingte Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten oder eine bedingte Verurteilung von mehr als 6 Monaten statuiert.
Aus diesen Gesetzesstellen ist eindeutig ablesbar, daß nur schwerste strafrechtlich geahndete Verhaltensweisen den Begriff der Ordnungs- und Sicherheitsstörung des § 10/1/4 FremdG zu subsumieren sind, nicht aber eine als geringfügig anzusehende Geldstrafe.
Es ist unzulässig, wegen meiner Verwaltungsübertretungen die Verlängerung meiner Aufenthaltsbewilligung zu verweigern.
Die Erstinstanz hat nicht nur die Bestimmungen der §§ 5/1 AufG und 10/1/4 FremdG unrichtig angewendet, sondern hat auch die Bestimmungen des § 4/2 AufG außer acht gelassen, welche die Begründung eines inländischen Wohnsitzes des Ausländers bereits nach 6 Monaten Aufenthalt normiert."
Weiters bringt der Beschwerdeführer als "Verfahrensmängel" vor:
"Diese Auslegungsfehler sind der ersten Instanz u. a. deshalb unterlaufen, weil im Verfahren schwerwiegende Mängel vorkamen.
Amtsbekannt ist, daß meine Mutter einen Österreicher geheiratet hat und ich auch im Rahmen der Familienzusammenführung beabsichtige, meinen Wohnsitz in Österreich zu begründen. Dieser Umstand wurde von der Erstinstanz nicht berücksichtigt."
1.2. Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, daß mit dem angefochtenen Bescheid - anders als der Beschwerdeführer offenbar meint - nicht über die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz entschieden, sondern ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde.
2.1. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG erfüllt seien, begegnet auf Grundlage der unbestrittenen Sachverhaltsannahme im Hinblick darauf, daß vier der fünf gerichtlichen Verurteilungen wegen versuchten Diebstahles, somit wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten, erfolgten (§ 18 Abs. 2 Z. 1 4. Fall FrG) und das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die hiefür erforderliche Berechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz 1967 zählt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 97/18/0037), der Beschwerdeführer somit auch mehr als einmal wegen einer "schwerwiegenden Verwaltungsübertretung" bestraft wurde (§ 18 Abs. 2 Z. 2 1. Fall FrG), keinen Bedenken.
2.2. Im Hinblick auf die starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch das den Verurteilungen und Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers ist auch die Ansicht der belangten Behörde, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, frei von Rechtsirrtum.
3.1. Wie die Behörde richtig erkannt hat, ist mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes aufgrund der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der Tatsache, daß sich auch dessen Mutter im Inland befindet, ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer auch durch die zahlreichen Verurteilungen und Bestrafungen nicht davon abhalten ließ, neuerlich (einschlägige) Straftaten zu begehen, und der daraus ableitbaren gleichgültigen Haltung des Beschwerdeführers gegenüber der österreichischen Rechtsordnung ist das Aufenthaltsverbot jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: Schutz der öffentlichen Ordnung sowie der Rechte und Freiheiten anderer, Verhinderung von strafbaren Handlungen) dringend geboten. Die belangte Behörde vertrat daher zu Recht die Auffassung, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 19 FrG zulässig.
3.2. Bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG durchgeführten Interessenabwägung hat die belangte Behörde die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und die Beziehung zu der im Inland lebenden Mutter berücksichtigt. Hiezu ist allerdings auszuführen, daß die soziale Komponente der aus der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers ableitbaren Integration durch die von ihm begangenen strafbaren Handlungen erheblich beeinträchtigt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1996, Zl. 96/18/0214). Zu Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, daß die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Mutter dadurch relativiert wird, daß der Beschwerdeführer bereits erwachsen ist. Den sohin nicht allzu stark ausgeprägten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die erhebliche Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen durch die zahlreichen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers gegenüber. Im Hinblick auf diese Umstände begegnet das Ergebnis der von der belangten Behörde durchgeführten Interessenabwägung keinen Bedenken. Daran änderte auch der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, daß seine Mutter einen österreichischen Staatsbürger geheiratet habe - sein Stiefvater somit österreichischer Staatsbürger sei -, nichts.
3.3. Soweit das Beschwerdevorbringen dahin zu verstehen ist, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers § 20 Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes entgegenstehe, ist ihm zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer schon mangels mindestens zehnjährigen inländischen Hauptwohnsitzes die primäre Voraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht erfüllt.
4. Da nach den vorstehenden Ausführungen bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180184.X00Im RIS seit
20.11.2000