TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/19 L501 2231436-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2020
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Entscheidungsdatum

19.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch


L501 2231436-1/15E


L501 2231437-1/15E


L501 2231435-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Frau XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2020, Zl. 1105457502/200103082, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I bis V und VIII gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gem. § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2020, Zl. 1105457600/200103095, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I bis V und VIII gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gem. § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Frau XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2020, Zl. 1259758807/200129825, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I bis V und VIII gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gem. § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.    Die beschwerdeführende Partei 1 (in der Folge „bP1“) brachte erstmalig am 14.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein.

Bei der damaligen Erstbefragung gab sie an, mit ca. 19 Jahren in Georgien einen Kurden kennengelernt zu haben und von ihm schwanger geworden zu sein. Er habe jedoch kein Interesse an dem Kind gehabt und sie verlassen. Nach ungefähr eineinhalb Jahren habe er dann seinen Sohn besuchen wollen, aber zu diesem Zeitpunkt habe sie einen Kontakt abgelehnt. Daraufhin habe sie wieder nichts vom Vater ihres Kindes gehört, jedoch wolle der Vater nun sein Kind bei sich haben, da er mit einer anderen Frau bereits zwei Töchter habe und er nun auch seinen Sohn wolle. Sie habe große Angst vor ihm, da er ein wichtiger und einflussreicher Mann sei und er ihr das Kind wegnehmen wolle und sie deshalb auch schon mit dem Umbringen bedroht habe.

Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 25.07.2016 bestätigte die bP1 ihre in der Erstbefragung genannten Antragsgründe und wurde sie darüber informiert, dass Deutschland in ihrem Falle gem. Art. 12 Abs. 4 der Dublin-Verordnung zugestimmt habe und daher Deutschland für die Prüfung ihrer Anträge zuständig sei. Die bP1 wandte ein, dass ein Großteil ihrer Familie hier in Österreich lebe und sie in Deutschland niemanden habe. Konkret würden sich ihre Mutter, ihr Bruder, zwei Schwestern, ihre Schwägerin sowie deren Kinder hier in Österreich aufhalten. Ihr Bruder sei mit seiner Familie bereits seit 13 oder 14 Jahren hier, ihre ältere Schwester bereits acht oder neun Jahre, ihre Mutter sechs oder sieben Jahre und ihre jüngere Schwester zwei oder zweieinhalb Jahre. Ihr Bruder und ihre Schwägerin seien bereits österreichische Staatsbürger, ihre Mutter und ihre Schwestern würden sich noch im Asylverfahren befinden. Die bP1 würde derzeit in einer Unterkunft der Caritas leben und nicht bei Verwandten, ihre Familie würde sie allerdings nach Möglichkeit unterstützen.

Mit Bescheid vom 06.08.2016 wurden die Anträge der bP 1 und 2 auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Deutschland zulässig sei. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.09.2016 als unbegründet abgewiesen. Eine außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Die bP reisten vor ihrer geplanten Abschiebung nach Deutschland am 05.09.2017 freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe nach Georgien aus.

I.2.    Ihren zweiten, nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz brachte die bP 1 für sich und ihren Sohn, der bP 2, am 27.01.2020 bei der belangten Behörde ein.

Im Rahmen der nunmehrigen Erstbefragung am 27.01.2020 brachte die bP1 vor, dass sie im Mai 2019 von einer Affäre mit einem in Linz wohnhaften Türken schwanger geworden wäre und nun im neunten Monat sei. Dies wäre bereits die zweite Schwangerschaft von ihm, die erste habe er allerdings nicht akzeptiert und sie gezwungen, das Kind abzutreiben. Die Abtreibung habe im Jänner 2018 stattgefunden und habe der Türke ihr hierfür Geld gegeben. Die zweite, nunmehrige Schwangerschaft habe sie ihm verschwiegen, da sie Angst gehabt habe; seit eineinhalb Monaten habe sie auch keinen Kontakt mehr zu dem Türken. In Georgien habe sie keine Unterstützung erhalten und auch mit ihrer Großmutter gestritten; sie habe nun in ihrem Herkunftsstaat keine Unterkunft. Deshalb habe sie ihre Mutter kontaktiert, welche ihr Geld für den Flug überwiesen habe. Bei einer Rückkehr befürchte sie, auf der Straße leben zu müssen.

Befragt zu ihrer Reiseroute gab die bP1 an, dass sie und die bP2 am 26.09.2019 von Georgien mit dem Flugzeug nach Österreich geflogen seien. Seither würden sie bei ihrer Mutter wohnen, seien aber dort nicht gemeldet.

Am 28.01.2020 kam die Tochter der bP 1, die bP3, in Österreich zur Welt. Für diese stellte die bP 1 als gesetzliche Vertreterin am 04.02.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 13.02.2020 wurden die bP vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, im Beisein einer Dolmetscherin für die georgische Sprache niederschriftlich von der zur Entscheidung berufenen Organwalterin einvernommen.

Eingangs bestätigten die bP bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben und der Einvernahme folgen zu können. Sie bestätigten auch, der georgischen Sprache mächtig zu sein und die anwesende Dolmetscherin gut zu verstehen.

Befragt zu ihrem bisherigen Lebenslauf gab die bP1 an, dass sie ab 9 Jahren für drei Jahre die Schule besucht habe, dann allerdings nicht weitergegangen zu sein. Es habe sich niemand um sie gekümmert, ihre Eltern seien getrennt gewesen und der Vater hätte auch viel Alkohol konsumiert. Ihre Tante mütterlicherseits habe sie und ihre Schwester für drei Jahre zu sich genommen und dafür gesorgt, dass sie die Schule besuchen, dann sei allerdings der Schwiegervater der Tante gestorben und hätte sich die Tante nicht mehr um sie kümmern können, woraufhin sie zur Großmutter gekommen wären. Ihre Mutter habe auch bei der Großmutter gelebt, sie sei aber selten zu Hause gewesen und auch der Vater, welcher woanders gelebt habe, habe seine Familie nicht besucht. Bei der Großmutter habe sie dann mit ihrem Sohn, der bP2, bis heute gelebt. Ihre jüngere Schwester lebe nun in Georgien bei ihrem Ehemann und sei Hausfrau. Mittlerweile sei die Mutter in Österreich und würde nun ihr Vater bei der Großmutter leben. Der Vater müsse der Großmutter monatlich 100 georgische Lari zahlen, damit er bei ihr wohnen dürfe. Sie habe nichts zahlen müssen, allerdings habe sie Lebensmittel kaufen müssen, als sie gearbeitet habe.

In Georgien habe sie früher, sie glaube im Jahr 2014/15 eine Zeit lang als Kellnerin oder Reinigungskraft gearbeitet, allerdings schwarz. Seit ihrer Ausreise habe sie nicht mehr gearbeitet.

Nachdem die beschwerdeführenden Parteien nach dem ersten rechtskräftig negativ entschiedenen Verfahren zurück nach Georgien gekommen seien, habe sie sich darum gekümmert, dass die bP2 wieder in die Schule komme. Nach vier Monaten seien die bP wieder für drei Monate nach Österreich gekommen und auf diese Art hin und her gereist. In Österreich habe sie gemeinsam mit ihrer Mutter Wohnungen geputzt und so Geld verdient, mit diesem Geld habe sie dann in Georgien leben können und die Reisen finanziert. Zudem hätte auch die Mutter sie etwas finanziell unterstützt, doch besitze diese selber nicht viel Geld.

Ihre zwei Kinder, die bP2 und bP3, hätten zwei verschiedene Väter, zu welchen die bP1 und auch die Kinder keinen Kontakt pflegen würden. Ihren Sohn habe die bP1 auch alleine großgezogen und nie vom leiblichen Vater des Kindes Unterstützung erhalten.

In Österreich würden ihre Mutter, ihre ältere Schwester, ihr älterer Bruder, ihre Nichten und Neffen und eine Tante mütterlicherseits leben. Unterstützt werde sie nur von ihrer Mutter.

Ihren Herkunftsstaat habe sie verlassen, da ihre Großmutter, die die einzige Person sei, welche sie unterstützen könnte, sie aus ihrer Wohnung geworfen habe. Sie habe sich generell öfters mit ihrer Großmutter gestritten und sei auch die Großmutter einmal mit einem Messer auf sie zugekommen, als sie Nachbarn getroffen habe. Diese hätten daraufhin laut geschrien, sodass die Großmutter wieder weggegangen wäre. Ihr Vater könne sie nicht unterstützen, da er selbst bei der Großmutter wohne und auch die verheiratete Schwester könne ihr nicht helfen. Die bP1 habe sich in Georgien an soziale Einrichtungen für alleinerziehende Mütter gewandt, doch auch diese hätten ihr nicht geholfen, da sie nur ein Kind habe und auch soziale Unterstützung vom Staat hätte sie keine erhalten, da sie zu oft in Österreich gewesen sei.

Ein weiterer Grund für die Antragstellung sei auch, dass der Vater ihrer Tochter, der bP3, ihr Kind das wegnehmen wolle. Der Vater sei ein in Österreich lebender Türke, welcher einen DNA-Test machen wolle, um die Vaterschaft der bP3 feststellen zu lassen. Sie habe mit ihm in Österreich eine Beziehung geführt und sei sie das erste Mal, als sie von ihm schwanger geworden sei, dazu genötigt worden, das Kind abzutreiben. Die zweite Schwangerschaft habe sie erst in Georgien festgestellt und dem Freund verschwiegen, da sie das Kind behalten wollte. Als sie nach Österreich zurückgekommen sei und der Freund die Schwangerschaft bemerkt habe, habe er ihr damit gedroht, das Kind wegzunehmen, da eine Abtreibung nicht mehr möglich gewesen sei. Mittlerweile habe sie sich von ihm auch getrennt.

Auch der Vater des Sohnes, der in Georgien sei, wolle ihr den Sohn wegnehmen. Dieser habe zwar zu Beginn kein Interesse an seinem Sohn gehabt, dies hätte sich aber nun geändert. So würde der Vater auch bereits Informationen über die bP2 sammeln und eine Wegnahme planen. Das alleinige Sorgerecht habe aber die bP1, hierzu legte sie auch einen georgischen Gerichtsbeschluss vor, welcher dies bestätigte.

Die bP2 gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme an, dass sie gesund sei und der Einvernahme folgen könne. Sie gab an, dass sie mit fünf Jahren in die Schule gekommen sei. Als sie die fünften Klasse, was der 1. Klasse Hauptschule entspreche, besucht habe, seien sie das erste Mal aus Georgien ausgereist und nach Österreich gekommen. In Österreich habe sie die zweite Klasse Hauptschule besucht, diese allerdings nicht geschafft, und seien sie nach einem negativen Asylbescheid wieder zurück nach Georgien gegangen. Dort habe sie die erste Klasse Hauptschule (also die fünfte Klasse) wiederholt, da sie in Österreich eine Schulstufe nicht geschafft habe. Sie seien allerdings alle drei Monate zwischen Österreich und Georgien hin und hergereist und habe sie verpasste Prüfungen in Georgien nachholen müssen. Zuletzt sei sie vor der Ausreise in der vierten Klasse Hauptschule gewesen, die Schuldirektion habe sich allerdings aufgeregt, dass sie immer wieder in Österreich gewesen sei. Sie hätten bei der Uroma gewohnt, jedoch habe sich die bP1 oft mit dieser gestritten, besonders nach dem sie wieder schwanger geworden sei. Sie wisse nicht, wer ihr leiblicher Vater sei und habe ihn auch nie gesehen.

I.3.    Am 13.02.2020 wurde die bP1 von der Polizei als Zeugin bzw. Opfer bezüglich des Verdachts einer schweren Nötigung befragt. Im Rahmen dieser Zeugenvernehmung gab die bP1 an, dass sie ca. 2016 nach Österreich gekommen sei und 6 – 7 Monate später den türkischen Staatsangehörigen in Linz kennengelernt habe, dieser habe eine Pizzeria besessen und habe ihr, obwohl er verheiratet sei und Kinder habe, den Hof gemacht. Zur Silvesterzeit im Jahr 2017 sei sie dann schwanger geworden und habe die Schwangerschaft zuerst verheimlicht. Da ihr Freund aber vermutlich etwas geahnt habe, habe er sie nett gefragt, ob sie schwanger sei und habe sie sich ihm schließlich anvertraut. In der Nacht, nachdem sie den türkischen Staatsangehörigen von ihrer Schwangerschaft erzählt habe, habe dieser sie, als sie im Bett gelegen sei, gewürgt und erst von ihr abgelassen, als diese gedroht habe, zu schreien. Er habe sie immer wieder gefragt, ob sie tatsächlich schwanger sei und vermutlich Angst um seinen guten Ruf gehabt. Daher sei er auch strikt dagegen gewesen, dass sie das Kind austrage und habe ihr gesagt, dass sie am nächsten Tag wegen einer Abtreibung zum Arzt gehen solle. Dabei habe er die bP1 auch immer wieder stark am Bauch gezwickt und ihr gedroht, sie ansonsten mit dem Auto anzufahren, damit sie das Kind verliere. Da sie gewusst habe, dass er zu jeder Tat fähig wäre, habe sie ihr Leben schützen wollen. Von der Schwangerschaft habe sie ihrer älteren Schwester und ihrer Mutter erzählt, die Schwester habe sie auch zu einem Beratungsgespräch im Krankenhaus begleitet. An dem Tag, an dem die Abtreibung durchgeführt wurde, sei sie alleine ins Krankenhaus gegangen, Mustafa habe sie allerdings zuvor nochmals angerufen, um sich zu vergewissern. Nach der Abtreibung habe sie ihn nur noch selten gesehen, aber dennoch immer wieder mit ihm Geschlechtsverkehr gehabt. Als sie drei Monate in Österreich gewesen sei, habe sie ihn wieder getroffen und sei abermals von ihm schwanger geworden. Ihre Schwangerschaft habe sie jedoch erst in Georgien ca. Ende Mai/Anfang Juni 2019 bemerkt und habe sie dem türkischen Staatsangehörigen nichts davon erzählt, da sie das Kind auch behalten wollte. Im September 2019 sei sie wieder nach Österreich gekommen und habe er von ihrer Schwangerschaft erfahren. Da es für eine Abtreibung bereits zu spät gewesen sei, habe er verlangt, nach der Geburt einen DNA-Test zu machen und falls das Kind von ihm sei, damit gedroht, ihr das Kind wegzunehmen, da sie es nicht gut betreuen könne. Ihre Bitte, sie bei der Erziehung zu unterstützen, habe er abgelehnt. Derzeit habe sie keinen Kontakt zu ihm, da sie annehme, dass er glaube, sie sei bereits wieder in Georgien sei.

I.4.    Am 17.02.2020 wurden die bP erneut niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen und gab die bP 1 an, dass sie ergänzen möchte, dass sie bei einer Rückkehr nach Georgien keine Unterkunft haben würde, da ihre Großmutter die Polizei eingeschaltet habe und sie unterschreiben habe müssen, dass sie gegen den Willen der Großmutter nicht mehr bei ihr einziehen werde. Bei der Unterkunft der Großmutter würde es sich um eine Einzimmerwohnung mit kleinem Vorraum und Toilette handeln. Die Wohnung hätte keine Fenster und würde in einem italienischen Gebäude liegen. In Österreich habe sie in einer Einzimmerwohnung mit Fenstern gelebt. Bei ihrer Rückkehr nach Georgien habe sie keine Unterstützung erhalten, obwohl ihr georgische Bekannte gesagt haben, dass man als Rückkehrer Unterstützung erhalte. Sie hätte sich aber auch nicht bei den georgischen Behörden erkundigt, wo sie Unterstützung erhalte, da sie nicht gewusst habe, an wen sie sich wenden solle.

Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme der bP2 am 27.02.2020, wiederholte diese, dass sie die siebte Schulstufe in Georgien abgeschlossen habe und vor der Ausreise nach Österreich in der achten gewesen sei. Ob sie wieder in Georgien in die Schule gehen könne, wisse sie nicht. In Georgien habe sie viele Freunde gehabt und sei sie auch bei einem Basketballverein gewesen. In Österreich habe sie Kontakt zu ihren Cousins und Cousinen, wenn diese Zeit haben. Sie habe ihren Herkunftsstaat verlassen, da sie in der Schule nicht gut lernen konnte und man in der Schule die russischen Fachbücher im Gegensatz zu den georgischen selber kaufen habe müssen.

Die bP1 gab bei dieser Einvernahme an, dass sie in Georgien vor der Geburt der bP2 bei ihrer Großmutter gewohnt habe, allerdings nach der Schwangerschaft zu ihrer damals noch in Georgien lebenden Mutter gezogen sei. Als diese nach Österreich ausgereist sei, sei sie zurück zu ihrer Großmutter gegangen und habe auch begonnen zu arbeiten als ihr Sohn in den Kindergarten gekommen sei. Sie habe allerdings nur gelegentlich gearbeitet und habe ihre Mutter sie finanziell unterstützt. Ihre Mutter habe beispielsweise den Schulbedarf für die bP2 bezahlt und ihr immer wieder Geld geschickt, um die Konflikte mit der Großmutter zu vermeiden, diese habe nämlich verlangt, dass sie arbeiten gehe und Lebensmittel kaufe. Die Großmutter selbst würde von ihrer Rente leben und betteln, auch der Vater der bP1 würde eine Rente bekommen. Die Großmutter habe ihre Wohnung vom Staat bekommen, habe es aber unterlassen, diese Wohnung in einem Register eintragen zu lassen, damit sie in ihr Eigentum übergehe und ihrer Familie traue sie nicht, dies zu veranlassen. Bei ihrer zweiten Schwangerschaft seien alle dagegen gewesen, nur ihre Mutter habe sie unterstützt. Das Verhältnis zu ihrem Vater sei gut.

I.5.    Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) jeweils den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten als auch einer subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung in die Republik Georgien fest (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde wurde jeweils die aufschiebende Wirkung aberkannt, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und die Wohnsitznahme in einer näher bezeichneten Unterkunft angeordnet.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung bzw. Furcht als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus: Es sei nicht nachvollziehbar und auch kein Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn die bP ihr Herkunftsland verlässt, weil sie von einem in Österreich lebenden Türken schwanger geworden sei und sie keine Unterstützung habe. Dass ihre Großmutter die Schwangerschaft mit einem Türken, welcher bereits verheiratet sei und Kinder habe, nicht gutgeheißen habe, sei kein asylrelevanter Ausreisegrund. In Bezug auf den von der bP1 angeführten Konflikt mit dem Vater der bP2 wurde ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass sich die bP1 bei ihrem ersten Asylverfahren einerseits vor einer Wegnahme des Kindes durch den Vater gefürchtet habe, sie aber andererseits dennoch lieber freiwillig zurück nach Georgien zurückgekehrte, als zwecks Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz nach Deutschland zu gehen. Auch sei mittlerweile eine gewisse Zeit vergangen und hätte der Vater der bP2 keine Versuche unternommen, der bP1 ihr Kind wegzunehmen; dass er wissen wolle, wie sein Sohn aussehe, zeige lediglich Neugierde bezüglich seines Kindes. Betreffend die Kinder wurde festgehalten, dass etwaige Konflikte bezüglich des Sorge- oder Kontaktrechts keine Sachverhalte des Asylrechts, sondern im Rahmen des georgischen bzw. internationalen Familienrechts zu klären seien.

Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat würden keine asylrelevante Gefährdungspotenziale bestehen und sei Georgien zudem ein sicherer Herkunftsstaat. Auch wenn die bP1 alleinerziehende Mutter von zwei Kindern sei, sei nicht von einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK oder ihrer relevanten Zusatzprotokolle auszugehen, da sie an keiner schwerwiegenden Erkrankung leide und bei einer Rückkehr in keine - die Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitende - existenzbedrohenden Verhältnisse geriete. Die bP1 habe bereits als alleinerziehende Mutter die bP2 großgezogen und zeitweise gearbeitet; dass ein durch Schwarzarbeit in Österreich verdientes Geld lukrativer sei als in Georgien einer Beschäftigung nachzugehen, sei irrelevant, solange die bP1 auch in Georgien ihre Existenz sichern könne. Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass die bP wieder bei der Großmutter leben werden können, da die bP1 ausgeführt habe, bereits öfters mit der Großmutter gestritten zu haben und auch dieser Streit nur vorübergehender Natur sein werde; die Großmutter sei auch mit der ersten Schwangerschaft nicht einverstanden gewesen und habe sie die bP1 und bP2 trotzdem bei sich wohnen lassen. Die bP1 werde zudem finanziell von ihrer Mutter unterstützt und seien diese Leistungen angesichts des niedrigeren Lebensstandard in Georgien höherwertig als in Österreich. Die bP1 könne die Vaterschaft des in Österreich lebenden Türken feststellen lassen und allfällige Unterhaltsansprüche abklären lassen. Die bP1 habe in Georgien noch ihren Vater, ihre jüngere Schwester, ihre Tante und eben auch die Großmutter, welche die bP1 unterstützen bzw. bei der Betreuung der bP3 helfen können, um ihr eine Arbeitsaufnahme zu ermöglichen. Für Rückkehrer gebe es überdies staatliche Unterstützung. Die belangte Behörde ging sohin zusammenfassend davon aus, dass die bP bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht in eine existenzbedrohende Lage kommen würden. Dass ihre Lage keine leichte sei, sei nicht entscheidend, solange die Schwelle des Art. 3 EMRK nicht überschritten sei.

Hinweise auf einen Sachverhalt, welcher zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG führen würde, hätten sich nicht ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, die Abschiebung sei zulässig.

I.10.   Mit Verfahrensanordnungen jeweils vom 29.04.2020 wurde den bP gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

I.11.    Gegen die genannten Bescheide wurden mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerden erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP1 alleinerziehende Mutter von zwei Kindern sei, welche ohne Unterstützung in Georgien in eine ausweglose Lage geraten würde. Die Großmutter der bP1, welche sie zuvor unterstützt hatte, hätte die bP1 nach einem Streit aus der Wohnung geworfen und würden die bP in Georgien ansonsten niemanden haben, der sie unterstützen könnte. Die Großmutter hätte es nicht gutgeheißen, dass die bP1 abermals von einem Muslim schwanger sei und noch dazu als unverheiratete Frau.

In einer Einrichtung für alleinerziehende Mütter in Georgien sei die bP abgewiesen worden und hätte sie auch vom georgischen Staat keine soziale Unterstützung erhalten. Da die bP3 noch ein Baby sei und es keine Betreuungsmöglichkeiten für sie geben würde, könne die bP1 auch nicht arbeiten. Somit sei das Kindeswohl der bP2 und bP3 nicht berücksichtigt worden, die bP3 würde als Säugling einer besonders vulnerablen Gruppe angehören. Hätte sich die Behörde intensiv mit der Lage von alleinerziehenden Müttern in Georgien auseinandergesetzt, dann hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass das Vorbringen der bP glaubhaft sei und ihnen subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei. Zudem gehöre die bP1 der sozialen Gruppe der Frauen, insbesondere der alleinerziehenden Frau mit einem Säugling an, und kann der Entzug jeglicher Existenzgrundlage grundsätzlich asylrelevant sein, wenn diese Benachteiligung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe geschehen würde.

Seitens des Bundesverwaltungsgericht wurde den Beschwerden mit Beschlüssen von jeweils 15.06.2020 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

In der am 13.08.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefundenen mündlichen Verhandlung wurden die bP 1 und die bP 2 einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Parteien sowie den Geschehnissen

Die bP 1 ist die Mutter der am 23.10.2005 in Georgien geborenen männlichen bP 2 und der am 28.01.2020 in Österreich geborenen weiblichen bP 3. Die bP sind Staatsbürger Georgiens, gehören der armenischen Volksgruppe an, bekennen sich zum Christentum und wird die armenische Sprache von den bP 1 und 2 auf muttersprachlichen Niveau gesprochen. Die bP 1 und 2 sprechen zudem ausgezeichnet russisch und georgisch. Der Vater der bP 2 ist ein in Georgien lebender Kurde, der Vater der bP 3 ist laut Geburtsurkunde unbekannt. Ein Vaterschaftstest wurde von der bP 1 nicht veranlasst, als Vater gibt sie einen in Linz lebenden türkischstämmigen Kurden an. Dieser bezweifelt seine Vaterschaft, zeigt kein Interesse an der bP 3und anerkennt diese auch nicht als seine Tochter. Laut dem vorgelegten Gerichtsbeschluss kommt das alleinige Sorgerecht hinsichtlich der bP 2 der bP1 zu. Die bP 2 und 3 haben zu ihren jeweiligen (behaupteten) Vätern keinen Kontakt. Die bP 1 hat auch keinen Kontakt mehr mit dem von ihr angegebenen Vater der bP 3.

Die bP 1 ist in Georgien, Tiflis geboren und aufgewachsen. Nachdem sich ihre Eltern getrennt hatten, lebte die bP 1 gemeinsam mit einer ihrer Schwestern für einige Zeit bei einer Tante und besuchte sie in diesem Zeitraum auch die Schule. Aufgrund eines Todesfalls konnte sich die Tante nicht mehr um sie kümmern und lebte die bP 1 fortan mit ihrer Mutter in Tiflis bei der Großmutter in einer 25 m2 großen Einzimmerwohnung mit einem kleinen Vorraum und einer Toilette. Die Wohnung hat zumindest ein Fenster, das sich öffnen lässt. Es handelt sich hierbei um eine Eigentumswohnung Die bP 1 arbeitete als Putzfrau. Nach der Geburt ihres Sohnes zog sie zu ihrer Mutter, die zwischenzeitig bei der Großmutter ausgezogen war.

Am 24.05.2008 reiste die Mutter der bP illegal nach Österreich ein; ihr am 24.05.2008 gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.06.2018 abgewiesen, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt.

Nach der Ausreise ihrer Mutter lebte die bP 1 mit der bP 2 bei der Großmutter und übernahm Gelegenheitsarbeiten; die Arbeiten waren nicht gemeldet, es handelte sich um Schwarzarbeit. Die bP 1 musste der Großmutter für die Unterkunft keine Miete bezahlen, ging sie einer Arbeit nach, hatte sie jedoch Lebensmittel einzukaufen; monatlich musste sie ca. 80 Lari Betriebskosten bezahlen. Ihre zu dieser Zeit in Österreich lebende Mutter unterstützte die bP 1 finanziell, sie bezahlte beispielsweise auch die für den Schulbesuch der bP 2 erforderlichen Utensilien. Die bP 1 hat einen guten Kontakt zu ihre Mutter.

Die Großmutter der bP 1 bezieht eine Rente in Höhe von ca. 220 Lari. Der gleichfalls bei der Großmutter lebende Vater der bP 1 bezieht eine etwa gleich hohe Rente; er muss der Großmutter der bP 1 für das Wohnen monatlich 100 georgische Lari bezahlen. Die bP hat ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater. Die jüngere Schwester der bP 1 lebt mit ihrem Gatten in Tiflis, ist Hausfrau, ihr Gatte arbeitet als Automechaniker. Die bP 1 hat in Tiflis zudem drei Tanten, diese sind Hausfrauen; die Ehegatten von zwei Tanten sind selbständig erwerbstätig und geht es ihnen finanziell gut. In Tiflis leben auch noch – jeweils mit Familie - zwei Onkel mütterlicherseits. Die bP 1 steht mit ihren Verwandten in Kontakt.

Im Zuge der erstmalig im Jahr 2016 gestellten Anträge auf internationalen Schutz arbeitete zunächst die Mutter der bP 1 in der Pizzeria des als Vater der bP 3 angegebenen türkischstämmigen Kurden, danach die bP 2. Sie war dort jeden Abend, sieben Tage die Woche, eine Stunde bzw. 1 ½ Stunden tätig und brachte ca. EUR 250 bis 300 ins Verdienen. Zudem arbeitete sie gemeinsam mit ihrer Mutter als Putzfrau in einem Geschäft; die Mutter wurde für die Arbeit entlohnt, die bP 1 erhielt kein Geld. Sie lebte damals mit ihrem Sohn bei der Mutter und wurden von diesem Verdienst Lebensmittel gekauft.

Die von den bP 1 und 2 am 14.02.2016 gestellten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 06.08.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass I. Deutschland gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung der Antragstellerinnen angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG deren Abschiebung nach Deutschland zulässig sei. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.09.2016 abgewiesen. Die bP 1 und 2 reisten vor ihrer geplanten Abschiebung nach Deutschland am 05.09.2017 freiwillig unter Gewährung der Übernahme der Heimreisekosten und einer Reintegrationshilfe in Höhe von EUR 2.000,00 am 05.09.2017 freiwillig nach Georgien aus.

In Georgien wohnten die bP 1 und 2 neuerlich bei der Großmutter – bei der auch der Vater der bP 1 wohnt - und besuchte die bP 2 die Schule. Die Mutter der bP 1 überwies der bP 1 Geld nach Georgien. Bereits nach vier Monaten reisten die bP 1 und 2 wieder nach Österreich und blieben für drei Monate. In Österreich putzte die bP 1 – ohne zur Sozialversicherung gemeldet zu sein - gemeinsam mit ihrer Mutter Wohnungen und finanzierte sie mit dem so verdienten Geld ihr Leben in Georgien sowie die Reisekosten. Dieses Vorgehen wiederholte sich bis zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz. Die bP 1 war zu dieser Zeit mit der bP 3 schwanger. Während ihres Aufenthaltes in Österreich wurde die bP 1 finanziell auch von ihrem Bruder unterstützt. Die bP 1 verfügt nur über rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache; sie legte keine Prüfung ab.

Am 28.01.2020 kam die Tochter der bP 1, die bP3 in Österreich zur Welt. Für diese stellte die bP 1 als gesetzliche Vertreterin am 04.02.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die bP 2 wurde von der armenischen Kirche in Georgien getauft. Sie kam mit fünf Jahren in die Schule. Als sie das erste Mal aus Georgien ausgereiste, besuchte sie gerade die fünfte Klasse. Die fünfte Klasse in Georgien entspricht in etwa der 1. Klasse Hauptschule in Österreich. In Österreich besuchte sie die zweite Klasse Hauptschule, konnte diese allerdings nicht positiv abschließen. Nach der freiwilligen Rückkehr nach Georgien musste sie dort die fünfte Klasse wiederholen, da sie in Österreich eine Schulstufe nicht geschafft hatte. Da sie gemeinsam mit ihrer Mutter immer alle drei Monate zwischen Österreich und Georgien hin und herreiste, musste sie verpasste Prüfungen in Georgien nachholen. Vor Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz besuchte sie in Georgien die achte Schulstufe, die siebte hatte sie positiv abgeschlossen. Seitens der Schuldirektion wurden die wiederholten Aufenthalte in Österreich negativ registriert. In Georgien hatte sie Freunde, spielte Fußball und war Mitglied in einem Basketballverein. In Österreich hat sie ein paar Schulfreunde, es besteht jedoch eine Sprachbarriere. Sie hat Kontakt zu ihren in Österreich lebenden Cousins und Cousinen. Die bP 2 verfügt über nur rudimentäre Deutschkenntnisse.

In Österreich lebt die Mutter der bP 1, ihr Bruder samt Familie sowie ihre Schwester mit den drei Kindern. Die Schwester ist psychisch krank und lebt bei der Mutter.

II.1.2.  Zu den Ausreisegründen aus dem Herkunftsstaat und zur Rückkehrgefährdung:

II.1.2.1.  Die beschwerdeführenden Parteien gehören keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatten in ihrem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund ihrer armenischen Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund ihres christlichen Religionsbekenntnisses zu gewärtigen.

II.1.2.2. Die bP 1 ist im Falle einer Rückkehr nach Georgien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt oder Zwangsehe betroffen oder aufgrund der Tatsache, dass sie alleinerziehend ist, einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Die bP 1 wird im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht obdachlos sein und wird deshalb nicht aufgrund Obdachlosigkeit der Gefahr ausgesetzt sein, Opfer von sexueller Gewalt zu werden. Seitens des Vaters der bP 2 droht der bP 1 keine Gefahr.

II.1.2.3.  Die bP 2 und 3 brachten keine eigenen asylrelevanten Ausreisegründe vor.

II.1.2.4.  Die beschwerdeführenden Parteien waren vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat nicht einer anderweitigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in ihrem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt bzw. sind sie im Falle einer Rückkehr dorthin keiner solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt. Den beschwerdeführenden Parteien droht außerdem im Rückkehrfall keine strafrechtliche Verfolgung.

II.1.2.5.  Den beschwerdeführenden Parteien droht im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe, ebenso keine anderweitige individuelle Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf eine im Herkunftsstaat drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge, stammesbezogene Gewalt oder organisierte kriminelle Handlungen.

II.1.2.6. Die beschwerdeführenden Parteien waren vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat nicht von einer existentiellen Notlage und/oder Obdachlosigkeit betroffen oder werden einer solchen im Falle ihrer Rückkehr ausgesetzt sein.

Einerseits stammen die beschwerdeführenden Parteien aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist, andererseits gehören sie keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Die bP1 ist ein junger, gesunder, arbeits- und anpassungsfähiger Mensch mit Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und mit im Herkunftsstaat erworbener Erfahrung mit Gelegenheitsarbeiten sowie in Österreich erworbener Erfahrung im Reinigungsbereich. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Familienauskommens ist ihr im Rückkehrfall insbesondere im Hinblick auf die jedenfalls zu erwartenden Unterstützung ihrer in Georgien lebenden Verwandten (Großmutter, Vater, Schwester, drei Tanten und zwei Onkel samt Familien) bei den Betreuungspflichten betreffend die bP 3 grundsätzlich möglich und zumutbar.

Der bP wird zudem finanzielle Unterstützung von ihren in Österreich lebenden Familienangehörigen sowie den nach wie vor in Georgien in nicht schlechten finanziellen Verhältnissen lebenden Verwandten zuteil werden. Auf diesen familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung konnte sich die bP 1 bereits seit ihrer Kindheit verlassen; so kümmerte sich eine Tante drei Jahre lang um sie und ihre Schwester, durfte sie als Alleinerziehende mit ihrem Sohn kostenlos bei der Großmutter wohnen, erhielt sie finanzielle Unterstützung von ihrer in Österreich lebenden Mutter und bekam sie während ihrer Österreichaufenthalte Zuwendungen von ihrem Bruder.

Davon abgesehen, haben die beschwerdeführenden Parteien als Staatsbürger Georgiens aber auch Zugang zu den in Georgien vorhandenen – wenn auch minder leistungsfähigen als die österreichischen - Systeme der sozialen Sicherheit. Alle georgischen Staatsbürger sind berechtigt, dem Sozialversicherungssystem beizutreten. Dies gilt insbesondere für solche, die entweder selber oder deren Familienmitglieder bestimmten sozial gefährdeten Gruppen angehören (z.B. körperlich Benachteiligte, alte Menschen oder von Armut betroffene Personen). Menschen unterhalb der Armutsgrenze können z.B. mit einer Unterstützung von GEL 10 bis 60 pro Familienmitglied rechnen. Es gibt in Georgien für Arbeitslose zwar keine Arbeitslosenunterstützung, jedoch sind sie berechtigt von der Sozial Service Agency (SSA) Unterstützung in Form von Hilfe bei der Arbeitssuche, Trainingsangebote, Weiterbildungsmaßnahmen etc. zu beziehen.

Da sich die bP 1 Ihren eigenen Angaben nach seit 26.9.2019 (vgl. Seite 2 der Beschwerde) in Österreich befindet und sohin länger als ein Jahr außerhalb von Georgien verbracht hat, kann sie als Rückkehrerin überdies auch das staatliche Reintegrationsprogramm in Anspruch nehmen, dieses bietet Beratung und finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt und wird bei Bedarf zudem eine Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Im Falle der Bedürftigkeit können sich die bP auch an NGOs ihres Heimatlandes wenden, welche vom Staat finanzielle Mittel erhalten, und die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen. Von diesen NGOs werden temporäre Unterkünfte, Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung, medizinische Behandlung und Medikamente, etc. angeboten.

Darüber hinaus besteht für die bP die Möglichkeit, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Im Falle der Notwendigkeit einer Behandlung der von der bP1 im Zuge der Verfahren einmal am Rande erwähnte Asthmaerkrankung, hat die bP Zugang zum Universal Health Care (UHC) Programm Georgiens. Sollte sie hierbei mit einem Selbstbehalt belastet werden, steht es ihr im Falle der Bedürftigkeit frei, die Kostenübernahme dieses Selbstbehaltes durch den Staat zu beantragen, worüber eine eigens hierfür eingerichtete Kommission entscheidet.

Die bP 1 verfügt sohin über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage in ihrem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte, wie Großmutter, Schwester, Vater, Tanten, etc.

Die minderjährigen bP 2 und 3 verfügen in ihrer Herkunftsregion über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage, ferner ist eine hinreichende Betreuung durch ihre Mutter und den Familienverband und eine hinreichende Absicherung in ihren altersentsprechenden Grundbedürfnissen gegeben. Den Minderjährigen steht ferner kostenfreier und nichtdiskriminierender Zugang zum Kindergarten bzw. öffentlichen Schulwesen sowie leistbarer und nichtdiskriminierender Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung in ihrem Herkunftsstaat zur Verfügung. Abhängig von den Ergebnissen in den Examen und in Übereinstimmung mit den vom Bildungsministerium vorgegebenen Regeln, werden zudem staatliche Zuschüsse im Bereich der höheren Bildung gewährt.

II.1.2.8.  Georgien ist für georgische Staatsangehörige gefahrlos erreichbar.

II. 1.3.  Zur Lage der beschwerdeführenden Parteien m Bundesgebiet:

II. 1.3.1. Die bP 1 und 2 halten sich seit ca. September 2019 neuerlich durchgehend im Bundesgebiet auf. Sie sind Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel. Die bP 3 wurde im Bundesgebiet geboren, stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, ist seither Asylwerberin und verfügt ebenfalls über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Die bP beziehen seit ihrer Antragstellung Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und sind nicht regulär erwerbstätig. Die bP 1 übte im Bundesgebiet diverse Gelegenheitsarbeiten aus, sie war dabei nicht zur Sozialversicherung gemeldet. Weder die bP 1 noch die bP 2 haben eine Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt in Aussicht. Sie sind in Österreich weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation Mitglied. Sie verrichteten keine gemeinnützige Tätigkeit.

Die bP 1 besucht einen Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache, sie legte keine Prüfungen ab. Sie beherrscht die deutsche Sprache nur in rudimentärem Ausmaß. Anderweitige Integrationsschritte hat die bP 1 nicht ergriffen.

Die bP 2 besuchte in Österreich die Schule, konnte allerdings die zweite Klasse Hauptschule nicht positiv abschließen. Sie hat ein paar Schulfreunde, es besteht jedoch eine Sprachbarriere. Sie hat Kontakt zu ihren in Österreich lebenden Cousins und Cousinen. Die bP 2 verfügt über nur rudimentäre Deutschkenntnisse.

Die beschwerdeführenden Parteien leiden aktuell an keinen psychischen bzw. schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten; sie stehen nicht in medizinischer Behandlung. Die bP1 litt an Asthma, benötigt aber schon seit langer Zeit keine Medikamente mehr.

II. 1.3.2. Mehrere Verwandte der beschwerdeführenden Parteien leben in Österreich. Die Mutter, die ältere Schwester der bP 1 sowie deren drei Kinder sind in Österreich aufenthaltsberechtigt. Die Schwester ist psychisch krank und lebt bei der Mutter. Der Bruder der bP 1 ist österreichischer Staatsbürger und lebt mit seiner Familie in Österreich. Die beschwerdeführenden Parteien haben zu ihrer Familie in Österreich Kontakt. Sie besuchen sich und werden von der Mutter der bP 1 fallweise durch finanzielle Zuwendungen unterstützt. Auch der Bruder der bP 1 unterstützt die bP bisweilen während ihres Aufenthalts in Österreich. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den bP und ihren in Österreich lebenden Verwandten besteht nicht.

Zwischen der bP3 und dem von der bP1 als Vater der bP3 angegebenen türkischstämmigen Kurden besteht kein aufrechtes Familienleben, es finden keine Besuche statt, anerkennt dieser die bP nicht als seine Tochter bzw. lehnt er sie ab.

II. 1.3.3. Die beschwerdeführenden Parteien sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

II.1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

II.1.4.1. Bei der Republik Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.

II.1.4.2. Zur aktuellen Lage in der Republik Georgien werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten Quellen getroffen:

1.       Politische Lage

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 10.3.2020).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 10.3.2020).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei „Georgischer Traum“ sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die „Vereinigte Nationale Bewegung“ (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die „Allianz der Patrioten Georgiens“ (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der „Georgische Traum“ 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).

Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die übernächsten, 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (KP 23.11.2019a; vgl. RFE/RL 28.11.2019). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bereits bei der für Oktober 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollten (DW 24.6.2019; vgl. RFE/RL 5.8.2019). Die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit zur Abänderung des Wahlgesetzes für die Wahl 2020 kam infolge des parlamentarischen Abstimmungsverhaltens der Regierungspartei „Georgischer Traum“ nicht zustande (KP 23.11.2019a; vgl. NZZ 20.11.2019).

Zu Beginn des Jahres 2020 kam es zu Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien, wobei im März 2020 ein Kompromiss erzielt werden konnte. Bei den kommenden Wahlen im Oktober 2020 werden 120 Abgeordnete über proportionale Parteilisten und 30 Abgeordnete über das Mehrheitswahlsystem (Wahlkreise mit einem einzigen Mandat) gewählt werden. Die Wahlhürde für die Verhältniswahl wird auf 1% der Stimmen festgelegt. Es wird ein Begrenzungsmechanismus eingeführt, der vorsieht, dass keine einzelne Partei, die weniger als 40 % der abgegebenen Stimmen erhält, die Mehrheit der Sitze im Parlament erhalten darf (civil 8.3.2020; vgl. KP 11.4.2020).

Quellen:

•        CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 12.8.2019

•        civil.ge (8.3.2020): Georgian Dream, Opposition Reach Consensus over Electoral Reform, https://civil.ge/archives/341385, Zugriff 9.3.2020

•        DW – Deutsche Welle (24.6.2019): Proteste in Tiflis trotz Zugeständnissen, https://www.dw.com/de/proteste-in-tiflis-trotz-zugest%C3%A4ndnissen/a-49339505, Zugriff 13.8.2019

•        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 12.8.2019

•        FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020, Zugriff 11.3.2020

•        KP – Kaukasische Post (23.11.2019a): Vorhängeschlösser und Wasserwerfer ersetzen den politischen Diskurs, http://www.kaukasische-post.com/?p=3078, Zugriff 17.1.2020

•        KP – Kaukasische Post (23.11.2019b): Welches Wahlrecht für Georgien?, http://www.kaukasische-post.com/?p=3075, Zugriff 17.1.2020

•        KP – Kaukasische Post (11.4.2020): Neues Wahlrecht mit Virus infiziert?, in: Kaukasische Post Ausgabe März 2020, Seiten 1,2.

•        NZZ – Neue Zürcher Zeitung (20.11.2019): Georgiens Politiker manövrieren sich in eine Sackgasse, https://www.nzz.ch/international/georgien-proteste-nach-gebrochenem-versprechen-ld.1522982, Zugriff 22.11.2019

•        OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (29.11.2018): International Election Observation Mission, Georgia – Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 12.8.2019

•        RFE/RL – Radion Free Europe/Radion Liberty (28.11.2019): Georgian Police Cordon Off Parliament Building To Prevent Opposition Rally, https://www.rferl.org/a/georgian-police-cordon-off-parliament-building-to-prevent-opposition-rally/30297334.html, Zugriff 2.12.2019

•        RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 12.8.2019

•        RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2019): Georgian Parliament Speaker Presents Amendments To Electoral Code, https://www.rferl.org/a/georgian-parliament-speaker-presents-amendments-to-electoral-code/30093372.html, 13.8.2019

•        Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 12.8.2019

2.       Sicherheitslage

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen (EDA 23.3.2020; vgl. BMEIA 13.5.2020). Die Kriminalität ist gering (MSZ 25.5.2020; vgl. EDA 23.3.2020).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetiens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Quellen:

•        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten der Republik Österreich (13.5.2020): Reiseinformation Georgien, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/georgien/, Zugriff 10.6.2020

•        EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 30.1.2019

•        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (23.3.2020): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 10.6.2020

•        MSZ – Ministerstwo Spraw Zagranicznych Rzeczypospolitej Polskiej (25.5.2020): Informacje dla podró?uj?cych – Gruzja, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/gruzja, Zugriff 10.6.2020

3.       Rechtsschutz / Justizwesen

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 10.3.2020).

Quellen:

•        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

•        EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

•        FH - Freedom House (10.3.2020): Freedom in the World 2020 - Georgia, https://freedomhouse.org/country/georgia/freedom-world/2020, Zugriff 11.3.2020
4.         Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation der Strafverfolgung und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitsdienste und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, der für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass die zivilen Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben (USDOS 11.3.2020).

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).

Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 11.3.2020) und Straffreiheit bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector‘s Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector‘s Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019; vgl. HRW 14.1.2020).

Quellen:

•        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

•        Eurasianet (19.4.2020): Dashboard: Coronavirus in Eurasia, https://eurasianet.org/dashboard-coronavirus-in-eurasia, Zugriff 20.4.2020

•        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Georgia, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/georgia, Zugriff 17.1.2020

•        SIS - Sta

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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