Entscheidungsdatum
21.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L525 2133733-1/39E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9.8.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 11.5.2017 und am 4.5.2020, zu Recht erkannt:
A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsbürger, reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt illegal in Österreich ein und stellte am 14.2.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am 15.2.2016 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der arabischen Minderheit an und werde von der Regierung unterdrückt. Als Araber dürfe er keine wichtigen Arbeiten erledigen und sich nur begrenzt fortbewegen. Er erhalte keinen Reisepass und werde öfters von der Polizei angehalten. Er hätte eine Werkstatt gehabt aber die Arbeitserlaubnis sei immer teurer geworden, weil er Araber sei.
Der Beschwerdeführer wurde daraufhin am 8.8.2016 einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen. Zur Frage, ob im Zuge der Erstbefragung etwas falsch übersetzt worden sei, so gab der Beschwerdeführer an, bei der Frage, ob ihm im Falle seiner Rückkehr in den Iran etwas passieren könne, sei niedergeschrieben worden, dass er keinen Gefahren ausgesetzt sei, richtig sei aber, dass er nicht wisse, ob ihm was passieren würde. Der Beschwerdeführer legte im Zuge der Einvernahme eine Bestätigung des XXXX Jesuszentrums vor. Er sei nunmehr Angehöriger der Pfingstgemeinde in Wien, sei aber noch nicht getauft. Er nehme seit drei Monaten an der Taufvorbereitung teil. Auf die Kirche sei er durch einen anderen iranischen Asylwerber aufmerksam geworden. Er bekomme Geld aus dem Iran überwiesen, seine Eltern dort seien vermögend. Er habe keine familiären Bindungen nach Österreich, er befinde sich in Grundversorgung und seine Eltern würden ihn unterstützen. Er besuche keine Kurse in Österreich, spreche ein bisschen Deutsch. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er habe einen Brief vom Sicherheitsdienst erhalten. Daraufhin habe er den Iran verlassen. Der Sicherheitsdienst habe ihn über eine näher bezeichnete Person fragen wollen. Dieser sei Christ, weshalb er Angst bekommen habe. Ein offizieller Haftbefehl liege nicht vor gegen ihn. Seine Eltern seien aber bedroht worden, dabei sei etwas auf die Wände geschrieben worden, die Scheiben des Elternhauses seien eingeschlagen worden und das Auto seines Bruders demoliert worden. Er habe aus Angst vor der Ladung des Sicherheitsdienstes das Land verlassen. Er habe mit seinem Freund ein oder zwei Mal eine Hauskirche besucht. Er interessiere sich seit ca. einem Jahr für das Christentum, als er den oben angeführten Freund getroffen habe. Im Iran habe er noch kein christliches Leben geführt. Der Beschwerdeführer könne keine christlichen Gebete aufsagen, er lebe seinen Glauben derzeit in Österreich nicht, da er nicht getauft sei. Er stehle nicht, erzähle keine Lügen und trinke keinen Alkohol. Sein Schlüsselerlebnis, warum er vom Islam abgefallen sei, seien die Morde, die im Namen des Islams passieren würden und die Vorurteile gegen die arabische Minderheit im Iran. Bei seiner Rückkehr in den Iran werde er ev. hingerichtet.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 9.8.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AslyG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer hätte keine Gefährdungslage bzw. Verfolgung glaubhaft machen können. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, er sei aufgrund einer Anzeige aus dem Iran geflohen. Das Vorbringen sei schon deswegen unglaubwürdig, weil er im Zuge der Erstbefragung eine völlig andere Fluchtgeschichte darlegte. Dies stelle einen kompletten Austausch seines Fluchtgrundes dar. Selbst der Aufforderung seitens der belangten Behörde die Fluchtgründe lebensnah und detailreich zu schildern, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen, sondern hätten sich seine Angaben oft auf einen einzigen Satz beschränkt. Für die Behörde sei nicht nachvollziehbar und plausibel, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Ladung zu den Sicherheitsbehörden aus dem Iran ausgereist sei. Der Beschwerdeführer habe auch den Ort nicht nennen können, zu dem der Beschwerdeführer geladen worden sei. Auch seine Besuche der Hauskirche im Iran habe der Beschwerdeführer nicht detailreich schildern können, so habe er nichts über den dortigen Geistlichen sagen können. Auch habe der Beschwerdeführer kein einziges Gebet gekannt und habe der Beschwerdeführer zugegeben, im Iran kein christliches Leben geführt zu haben. Ebenso sei die vage Behauptung, seine Volksgruppe werde unterdrückt, aufgrund der aktuellen Länderfeststellungen nicht nachvollziehbar. Eine gezielte Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu seiner Volksgruppe bzw. Religion habe nicht festgestellt werden können. Fluchtgründe iSd GFK oder Gründe, die zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würden, hätte das Verfahren nicht ergeben. Ebenso würde die Abschiebung des Beschwerdeführers keinen Eingriff in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht bedeuten.
Mit Schriftsatz vom 18.8.2016 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde führte im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer besuche einen Taufvorbereitungskurs in der XXXX Kirche in XXXX . Der Beschwerdeführer sei zwar in Ermangelung der Taufe noch nicht offiziell in die christliche Glaubensgemeinschaft aufgenommen worden, jedoch aufgrund seines ausgeprägten Interesses bereits vom Islam abgefallen. Der Beschwerdeführer habe seine innere Konversion bereits in der Einvernahme dargelegt und lebe seinen Glauben offen in der Unterkunft. Ebenso sei das Interesse des Beschwerdeführers nun auch einigen in der eigenen Familie bekannt. Der Beschwerdeführer wäre daher auch durch seine Familie bedroht. Zum angeblichen Widerspruch zwischen Erstbefragung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in Begleitung seines Onkels väterlicherseits zur Befragung erschienen. Zu diesem Zeitpunkt hätte er noch nicht die Kraft gehabt, seiner Familie von seiner zukünftigen Konversion zu erzählen. Es werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.12.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L 522 abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung L 525 zugewiesen.
Mit Schreiben vom 8.3.2017 zeigte der nunmehrige Rechtsvertreter seine Vollmacht an und legte gleichzeitig die Taufbestätigung des Beschwerdeführers vor und wurde die Vernehmung einer Zeugin beantragt, die über die Aktivitäten des Beschwerdeführers Auskunft geben kann.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.5.2017 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer samt seiner Vertreterin erschien. Die belangte Behörde entsandte unentschuldigt keinen Vertreter. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde ein hochrangiges Mitglied der XXXX Kirche Frau XXXX XXXX als Zeugin einvernommen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.7.2017, GZ L525 2133733-1/14E, wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs.1, § 8 Abs.1, § 10 Abs1. Z 3, § 57 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005, als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass sich der Beschwerdeführer nicht aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt habe und ging daher von einer Scheinkonversion aus, die ausschließlich zum Zwecke der Asylerlangung in Österreich angegeben worden sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wurde.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27.2.2018, GZ E 2958/2017-17, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben, da der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei und ihm die Prozesskosten zugesprochen. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers betreffend seine missionarische Tätigkeit, Grundkenntnisse über den christlichen Glauben sowie seine Auseinandersetzung mit anderen christlichen Strömungen teilweise ignoriert bzw. falsch interpretiert worden seien.
Am 4.5.2020 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Pastor XXXX als Zeuge einvernommen. Dem Beschwerdeführer wurden mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung die gegenständlich (auszugsweise) verwendeten Länderberichte der Staatendokumentation zum Iran mitübermittelt. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und bekennt sich zur arabischen Volksgruppe. Er reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.2.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Iran einer unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bereits im Iran in Kontakt mit dem Christentum gekommen ist, iranischen Behörden davon Kenntnis erlangt haben oder er von seiner Familie aufgrund seiner Religion bedroht worden ist.
Der Beschwerdeführer wurde als schiitischer Moslem im Iran geboren. Nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet kam der Beschwerdeführer im April 2016 in Kontakt mit der protestantischen Pfingstgemeinde XXXX ( XXXX ). Dabei handelt es sich um eine Gemeinde innerhalb des Bundes der Freikirchen in Österreich. Der Beschwerdeführer besucht seither diese Kirche und wurde nach vorangegangener Taufvorbereitung am 19.11.2016 getauft. Er nimmt regelmäßig an den Gottesdiensten und Glaubenskursen der Gemeinde teil. Der Beschwerdeführer engagiert sich ehrenamtlich in der Gemeinde ist dort bspw. als Ordner tätig, sammelt Geschenke, verteilt Broschüren, hilft im Kaffeehaus der Kirche und hilft auch oft aus, in dem er an Wochenenden als Teil eines Küchenteams für Teilnehmer von geistlichen Seminaren kocht und abwäscht. Der Beschwerdeführer sieht die Mission als wichtigen Teil seines christlichen Lebens an, so hat er bereits mehrfach versucht andere Asylwerber zu missionieren, er nimmt jedoch auch an einem Projekt der Kirchengemeinde teil, bei dem sie Leute in die Kirche einladen und mit diesen über ihren Glauben sprechen.
Der Beschwerdeführer lebt seinen christlichen Glauben in Österreich aktiv als praktizierender Christ. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern seinen christlichen Glauben leben würde.
Es kann vor dem Hintergrund der nachstehend angeführten Länderfeststellungen zum Iran nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran wegen seines Glaubenswechsel mit asylrelevanter Verfolgung seitens der iranischen Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hätte.
1.2 Länderfeststellungen zur maßgeblichen Situation im Iran:
Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen
Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).
Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen „Missionsarbeit“ verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).
Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).
Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit „Konversion“ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).
Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).
In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).
Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low-profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).
Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).
Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).
Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).
Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019
- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019
- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019
- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019
- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019
- ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019
- Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019
- US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde (AS 55 f) und dem erkennenden Gericht (OZ 9, S 8 ff; OZ 34, S 8 f). Seine Identität konnte aufgrund der Vorlage seiner iranischen Geburtsurkunde im Original festgestellt werden (vgl. AS 172). Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer vom erkennenden Gericht durchgeführten Abfrage im Strafregister der Republik Österreich, in der keine Verurteilung aufscheint. Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung ebenso vor, dass er unbescholten sei (Prot. mV S. 7). Die Antragstellung des Beschwerdeführers am 14.2.2016 ergibt sich aus der unbedenklichen Niederschrift der Erstbefragung vom selben Tag (AS 23).
Zu den ausreiserelevanten Schilderungen des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht verweist das erkennende Gericht auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 13.7.2017 (OZ 14, S 19 ff) und wird hier nur kurz und auszugsweise darauf eingegangen. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft darlegen, dass er bereits im Iran in Kontakt mit dem Christentum gekommen ist, iranischen Behörden davon Kenntnis erlangt haben oder er von seiner Familie aufgrund seines Glaubens bedroht worden ist:
So gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung zunächst zusammengefasst an, er sei aus dem Iran geflohen, da er als Angehöriger der arabischen Minderheit Schikanen ausgesetzt sei (AS 29). Vor dem BFA wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich dazu befragt, ob er den Eindruck gehabt hätte, dass alles gepasst hätte im Zuge der Erstbefragung, woraufhin der Beschwerdeführer angab, es hätte einen kleinen Übersetzungsfehler gegeben (AS 54). In weiterer Folge gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund dann ein völlig abweichendes Vorbringen zu Protokoll, nach der er wegen einer Ladung durch den Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit einem christlichen Freund des Beschwerdeführers geladen worden sei (AS 57 ff). Die belangte Behörde kam beweiswürdigend unter anderem zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund ausgetauscht habe (AS 113). Diesen Wiederspruch versuchte der Beschwerdeführer damit zu erklären, dass er von seinem Onkel zur Erstbefragung begleitet worden sei und er habe zum damaligen Zeitpunkt noch nicht die Kraft besessen, seiner Familie von der Konversion zu erzählen (AS 148). Für das erkennende Gericht ist diese Verantwortung jedoch im höchsten Maße unglaubwürdig.
Der Beschwerdeführer behauptete vor dem erkennenden Gericht, er werde nunmehr aufgrund seiner Konversion von seiner Familie bedroht. Dazu sei zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde noch ausführte, er werde von seinen Eltern finanziell unterstützt (AS 57) und stellte der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht zunächst klar, er werde seit Juli (gemeint: 2016) bedroht, was er allerdings anfangs nicht so ernst genommen hätte (vgl. OZ 9, S 12). Diese Aussage ist zunächst deswegen bemerkenswert, da der Beschwerdeführer im August 2016 durch die belangte Behörde vernommen wurde. Es erscheint dem erkennenden Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer durch seine Familie zwar finanziell unterstützt wird, gleichzeitig aber auch bedroht wurde.
Zum angeblichen Fluchtgrund aus dem Iran sei ausgeführt, dass auch das erkennende Gericht zum Ergebnis kommt, dass der Beschwerdeführer seine Verfolgung durch den Sicherheitsdienst nur oberflächlich und vage ausführte und musste das erkennende Gericht teilweise mehrmals nachfragen, damit der Beschwerdeführer auf die gestellten Fragen einging. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer überhaupt keine Verfolgung vor der belangten Behörde durch die Polizei geltend gemacht hatte, da er nur anführte, er hätte eine Ladung durch die Polizei erhalten (AS 57). Weder konnte der Beschwerdeführer angeben, was die Polizei von ihm wollen hätte, noch konnte der Beschwerdeführer angeben, was die Polizei von ihm gewollt hätte. Aber auch vor dem erkennenden Gericht konnte der Beschwerdeführer nicht ausführen, was die Polizei eigentlich von ihm wollte. Im Gegenteil versuchte der Beschwerdeführer zunächst wiederum ausweichend zu antworten, obwohl er konkret nach dem Grund der Befragung gefragt wurde (vgl. OZ 9, S 12f: "RI: Was hätte die Polizei von Ihnen wollen bei der Befragung?" - "P: Die sind gegen Hauskirchen dort. Man wird meistens ... " - RI wiederholt die Frage. - "P: Im Iran dürfen sich nicht mehr als fünf Personen versammeln. Wir waren in einer Privatwohnung, dort haben wir uns getroffen. Es kann sein, dass ein Nachbar was mitbekommen hat und uns verraten hat. Wenn einer dieser Gruppe festgenommen wird, versuchen sie den zu einer Aussage zu zwingen. Ich hatte Angst davor, nachdem sie auch meinen Namen erwähnt haben."). Der Beschwerdeführer kann nicht angeben, dass die Polizei tatsächlich gegen ihn ermitteln würde bzw. bringt der Beschwerdeführer ausschließlich Vermutungen über den Grund der angeblichen Nachfrage durch die Polizei vor. Eine Verfolgung ist darin nicht zu erkennen und muss davon ausgegangen werden, dass es eine solche auch überhaupt nicht gegeben hat. Dazu passt im Übrigen auch, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde bereits angab, dass er nie persönlich bedroht worden sei und auch sonst nie etwas passiert sei (AS 57), was der Beschwerdeführer im Übrigen auch vor dem erkennenden Gericht nicht behauptete (vgl. OZ 9, S 9f).
Das erkennende Gericht übersieht in seinen Überlegungen in weiterer Folge nicht, dass die offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechenden Ausführungen des Beschwerdeführers seiner persönlichen Glaubwürdigkeit, insbesondere der Glaubhaftigkeit seines Asylvorbringens, nämlich der Konversion zum Christentum nicht zuträglich ist. Wie der Verfassungsgerichtshof im ersten Rechtsgang dem erkennenden Gericht allerdings als Rechtsansicht aufbürdet, kommt es auf den Wahrheitsgehalt des ausreisekausalen Vorbringens gegenständlich im Ergebnis nicht an, sondern auf die derzeitige christliche Überzeugung. Es geht gegenständlich um die derzeitige Glaubensüberzeugung, also um die Frage, ob derzeitig von einer inneren Hinwendung zum Christentum ausgegangen werden kann. Dies ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes aus den folgenden Überlegungen zu bejahen:
Zunächst lebt der Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben öffentlichkeitswirksam. Der Beschwerdeführer besucht mittlerweile seit dem Jahr 2016 durchgehend die protestantische Pfingstgemeinde XXXX und engagiert sich auch in dieser Kirche. Es erscheint dem erkennenden Gericht glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht angab, durch einen anderen Iraner in seiner Unterkunft darauf aufmerksam gemacht und dorthin mitgenommen worden zu sein (OZ 34, S 9), obwohl damit kein religiöses Motiv dargelegt wird. Der Beschwerdeführer wurde dort auch nach einer mehrmonatigen Vorbereitung im November 2016 getauft (OZ 6 zur Taufbestätigung bzw. OZ 9, S 16f bzw. Aussage Zeugin XXXX , OZ 9, S 19f). Für die seit seiner ersten Kontaktaufnahme mit der Pfingstgemeinde vergangenen Zeit ist zweifellos ein Prozess der Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben erkennbar, der auch von der Zeugin XXXX (vgl. OZ 9, S 20) – als hochrangiges Gemeindemitglied – bestätigt wird. Diese beschrieb in ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme, wie sich der Glaube des Beschwerdeführers im Laufe der Zeit entwickelt und vertieft hat und wie der Beschwerdeführer seinen Glauben in der Gemeinde lebt. So hoben beide Zeugen zumindest das ehrenamtliche Engagement des Beschwerdeführers in der Kirchengemeinde hervor (siehe dazu unten). Im Einklang mit den Zeugenaussagen steht auch der Umstand, dass die Kenntnisse des Beschwerdeführers vom Christentum im Laufe des Verfahrens erkennbar zunahmen, was ebenso auf eine ernsthafte Beschäftigung mit dem christlichen Glauben schließen lässt. Wiesen die Antworten des Beschwerdeführers auf die ihm im August 2016 durch die belangte Behörde gestellten Fragen noch nicht auf eine feststellbare Auseinandersetzung mit dem Christentum und seinen Glaubenslehren hin (vgl. AS 61 f), so stellte sich das Wissen des Beschwerdeführers über den christlichen Glauben im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 11.5.2017 hingegen als ausgeprägter dar, wenngleich das Gericht keineswegs verkennt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor über kein allumfassendes Wissen über das Christentum verfügte, doch war er bspw. in der Lage mehrere Sakramente sowie neun der zwölf Apostel zu nennen (OZ 9, S 16 f). In der mündlichen Verhandlung am 4.5.2020 konnte der Beschwerdeführer bspw. ausführliche Angaben zum Pfingstfest und dessen Bedeutung machen (OZ 34, S 14 f). Trotz massiver Zweifel ist beim erkennenden Gericht insgesamt der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer einen persönlichen Zugang zum christlichen Glauben gefunden hat.
Der Beschwerdeführer besucht seinen eigenen Angaben zufolge jeden Gottesdienst der Gemeinde und nimmt auch an anderen Veranstaltungen teil (OZ 9, S 14; OZ 34, S 13f). Dies wird durch die Aussagen der Zeugin XXXX (OZ 9, S 19) und des Zeugen XXXX (OZ 34 Beilage Z1, S 3) bestätigt und erscheint dem Gericht als unstrittig. Aufgrund der Coronavirus-Krise nimmt er derzeit jedoch nur eingeschränkt bzw. über das Internet am Gottesdienst teil (OZ 34, S 7). Der Beschwerdeführer übernimmt in der Gemeinde Aufgaben im Ordnerdienst, wo er bspw. anderen Menschen hilft einen Platz zu finden, die Kollekte einsammelt oder auch Anmeldelisten durchgibt und engagiert sich auch darüber hinaus ehrenamtlich in der Gemeinde in dem er Broschüren verteilt, im Kaffeehaus der Kirche aushilft oder bei christlichen Veranstaltungen in der Küche hilft (OZ 9, S 15; OZ 34, S 5, 15; Aussage Zeuge XXXX , OZ 34 Beilage Z1, S 3). Insgesamt spricht eine derartige Einbindung in seine Glaubensgemeinschaft über einen längeren Zeitraum gegenständlich grundsätzlich für den Beschwerdeführer. Das erkennende Gericht verkennt in diesem Zusammenhang gerade nicht, dass der Besuch – ja selbst der regelmäßige Besuch – von Gottesdiensten bzw. selbst die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft samt der Übertragung an Aufgaben in erster Linie äußere Umstände darstellen, die eben nicht zwingend die innere Hinwendung zum Christentum durch den Asylwerber bedeuten, sondern erst in Zusammenschau mit der persönlichen Glaubensüberzeugung ergibt sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion. Daran ändern im Übrigen auch nichts die Aussagen der einvernommenen Zeugen, die naturgemäß auch nur einen persönlichen Eindruck, den sie vom Beschwerdeführer gewonnen haben, wiedergeben können. Es ist in dieser Instanz ausschließlich dem Bundesverwaltungsgericht vorbehalten zu beurteilen, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers glaubhaft ist oder nicht und somit auch, ob der Beschwerdeführer nur zum Schein vorgibt vom Islam abgefallen zu sein und aus niederen Bewegzwecken – nämlich der Erschleichung eines Titels – dies vorbringt. Daher war für das erkennende Gericht im Ergebnis ausschlaggebend, dass der Beschwerdeführer nachvollziehbar und glaubhaft eine Art "Gesinnungswechsel" darlegen konnte, der ihn zum christlichen Glauben führte bzw. den er durch seine Glaubensausübung fand. Gerade die glaubhaften Angaben hinsichtlich seiner gelebten Hilfsbereitschaft und seinem Bedürfnis missionierend tätig zu sein, macht eine glaubhafte Konversion zum christlichen Glauben zumindest wahrscheinlich.
Der Beschwerdeführer sieht die Mission als wichtigen Teil seines christlichen Lebens an, er hat bereits mehrfach versucht andere Asylwerber zu missionieren und nimmt auch an einem Projekt der Kirchengemeinde teil, bei dem sie Leute in die Kirche einladen und mit diesen über ihren Glauben sprechen (OZ 9, S 15, OZ 34, S 13f, 16; Aussage Zeuge XXXX , OZ 34 Beilage Z1, S 3). Das erkennende Gericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass es dem Beschwerdeführer ein inneres religiöses Bedürfnis ist zu missionieren (vgl. auch die Ausführungen des VfGH im Erkenntnis vom 27.2.2018, OZ 27, S 7), auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht einmal den Namen des angeblich missionierten nannte und er offenbar nur diese Person zu missionieren versuchte (OZ 34, S 16). Im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller bekannten Tatsachen geht das erkennende Gericht – auch in Erfüllung der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes – im Ergebnis davon aus, dass im Fall des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass nicht doch eine ernsthafte Konversion vorliegt.
2.3 Zu den Länderfeststellungen zur maßgeblichen Lage im Iran:
Die getroffenen Länderfeststellungen stützen sich auf den Abschnitt "Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen" im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran (Gesamtaktualisierung vom 14.6.2019).
Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asylrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen – sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges – handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten – immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse – der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen – allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden – aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, GZ. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, GZ 2000/01/0348).
Im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die hier verwendeten Länderberichte zum Iran übermittelt; eine Stellungnahme wurde nicht erstattet. Anhaltspunkte dafür, dass die Länderberichte falsch oder unvollständig seien, wurden nicht aufgezeigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
A) Stattgebung der Beschwerde:
3.1. Stattgebung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG:
§ 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet auszugsweise:
"Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.
(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
…"
Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." (vgl. VfSlg 19.086/2010; VfGH vom 12.6.2010, U 613/10).
Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. das Erk. des VwGH vom 23.2.2016, Zl. Ra 2015/20/0113, mwN). Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. das Erk. des VwGH vom 28.5.2009, Zl. 2008/19/1031, mwN). Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (vgl. das Erk. des VwGH vom 15.3.2016, Zl. Ra 2015/01/0069).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend (VwGH vom 3.5.2016, Ra 2015/18/0212).
Zum Fluchtgrund der Konversion zum Christentum:
Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. unter vielen VwGH vom 23.1.2019, Zl. Ra 2018/19/0453).
Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst (vgl. etwa das Erk vom 24. Oktober 2001, Zl. 99/20/0550; das Erk vom 17. September 2008, Zl. 2008/23/0675, je mwN). Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2003/20/0544; das Erk. des VwGH vom 23.6.2015, Zl. Ra 2014/01/0120 zum Herkunftsstaat Marokko). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum nicht entscheidend, ob der Religionswechsel bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. unter vielen VwGH vom 23.1.2019, Zl. Ra 2018/19/0453).
Es kommt nach der Rechtsprechung des EuGH darauf an, ob der Asylbewerber aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland u.a. tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (vgl. das Urteil des EuGH vom 5.9.2012, C-71/11 bzw. C-99/11).
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich eine nähere Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten unmittelbaren Ausreisegründen, nämlich der Besuch von Hauskirchen, eine Ladung der iranischen Behörden sowie die Bedrohung durch seine Familie, im gegenständlichen Fall erübrigt, da es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung ankommt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH vom 26.3.2019, Ra 2018/19/0530) und sich alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund ohnedies nicht schlüssig begründen ließe, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien (vgl. VwGH vom 2.9.2015, Ra 2015/19/0091). An der tatsächlichen Zuwendung zum Christentum hegt das erkennende Gericht ebenso wenig Zweifel wie an dem Bedürfnis des Beschwerdeführers sein weiteres Leben als Christ zu führen.
Nach iranischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das erkennende Gericht festgestellt hat, hat sich der Beschwerdeführer (zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle seiner Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass der Beschwerdeführer – unter den konkreten, individuell seine Person betreffenden Umständen – bei einer Rückkehr in den Iran dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.
Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaats zu bedienen. Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben. Da dem Beschwerdeführer die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden.
Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich – wie bereits ausgeführt – eine nähere Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Ausreisegründen und war das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers damit nicht mehr zu beurteilen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.2 Behebung der restlichen Spruchpunkte:
Da mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die rechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheids weggefallen sind waren diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung Christentum ersatzlose Teilbehebung Flüchtlingseigenschaft Konversion Rechtsanschauung des VfGH religiöse GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L525.2133733.1.00Im RIS seit
09.03.2021Zuletzt aktualisiert am
09.03.2021