TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/17 W158 2222163-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.11.2020
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Entscheidungsdatum

17.11.2020

Norm

BörseG 2018 §155 Abs1 Z2
BörseG 2018 §158 Abs1
BörseG 2018 §48d Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
VStG 1950 §1 Abs2
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §22
VStG 1950 §30
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VwGVG §44
VwGVG §50
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2

Spruch


W158 2222163-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorsitzende Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL, den Richter Dr. Martin MORITZ und den Richter Mag. Volker NOWAK als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Dr. Norbert Wess, LL.M., MBL, in XXXX Wien, vom 05.08.2019 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 08.07.2019, GZ. FMA-EL XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2020 zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Strafnorm lautet § 155 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 idgF.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 7.000,- zu leisten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Das hier angefochtene Straferkenntnis vom 08.07.2019 der Finanzmarktaufsicht (in Folge: FMA), dem Beschwerdeführer (in Folge: BF) am 10.07.2019 zugestellt, richtet sich gegen den BF als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

„Sehr geehrter Herr XXXX ,

Sie waren von 04.06.2016 bis 20.02.2018 Vorstand der XXXX AG, eine Aktiengesellschaft mit der Firmenbuchnummer XXXX mit Sitz in XXXX Wien, XXXX . Die Anleihen der XXXX mit der XXXX (Erstnotiz XXXX , Fälligkeit XXXX ) und XXXX (Erstnotiz XXXX , Fälligkeit XXXX ) sind seit XXXX bzw. XXXX in den Handel am Dritten Markt (Multilateral Trading Facility), Marktsegment corporate standard, der Wiener Börse AG einbezogen.

Sie haben in Ihrer Funktion als zur Vertretung der XXXX AG nach außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu verantworten, dass es die XXXX AG unterlassen hat, eine sie unmittelbar betreffende Insiderinformation und zwar die Information über die Nicht-Tilgung der Anleihe XXXX zum Tilgungstermin 20.12.2017 in Höhe von EUR 996.537,50 so bald wie möglich ab 13.12.2017, 14:28 Uhr gemäß Art 17 Abs 1 erster Satz Verordnung (EU) 596/2014 (MAR-VO) der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

Bei der oben genannten Information handelt es sich um eine öffentlich nicht bekannte, präzise Information gemäß Art 7 Abs 1 lit a MAR, die die XXXX AG direkt betraf und die – wäre sie öffentlich bekannt geworden – geeignet wäre, den Kurs der Anleihen der XXXX AG erheblich zu beeinflussen.

Erst am 18.01.2018 um 0:57 Uhr veröffentlichte die XXXX AG via Ad-hoc Meldung

‚ XXXX AG konnte darüber hinaus eine am 20.12.2017 fällige Unternehmensanleihe (ISIN XXXX ) nicht bei Fälligkeit bedienen und verfügt derzeit auch nicht über ausreichende Liquidität, um diese Unternehmensanleihe (ISIN XXXX ) zu bedienen.‘

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

Art 17 Abs 1 Marktmissbrauchsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 596/2014 - MAR) iVm § 155 Abs 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

35.000 Euro

9 Stunden

 

§ 155 Abs 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

--

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

•        3.500 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

•        0 Euro als Ersatz der Barauslagen für .

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

38.500 Euro.“

I.2. Dagegen richtet sich die am 05.08.2019 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde des BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Er beantragte, das Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in dem gegen den BF geführten Kriminalstrafverfahren bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (im Folgenden: WKStA) auszusetzen, jedenfalls, allenfalls nach erfolgter Aussetzung, den Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen; in eventu in der Sache selbst zu entscheiden und die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

Begründend brachte der BF im Wesentlichen vor, da auch wegen einer von der FMA eingebrachten Sachverhaltsdarstellung die WKStA wegen des ihm vorgeworfenen Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren führe, sei das Verwaltungsstrafverfahren auszusetzen. Die Beurteilung der FMA sei davon unabhängig unrichtig, weil der BF aufgrund glaubhafter Zusicherungen von Gläubigern der AG davon ausgehen konnte, die Anleihe innerhalb einer 30-tägigen Nachfrist tilgen zu können. Die schlechte wirtschaftliche Lage der AG sei zudem öffentlich bekannt gewesen, das Risiko eines Ausfalls sei daher durchaus marktbekannt gewesen und habe sich entgegen der Ansicht der FMA nicht erhöht. Ein verständiger Anleger würde die Nichttilgung der Anleihe zum Fälligkeitszeitpunkt nicht in seine Anlageentscheidung einbeziehen. Das Verfahren sei aufgrund einer unterbliebenen Einvernahme eines beantragten Zeugen und der Nichtdurchführung der beantragten Verhandlung mangelhaft. Ebenfalls sei die Strafe zu hoch bemessen worden.

I.3. Die FMA legte die Beschwerde und den dazugehörigen Verwaltungsakt mit Schreiben vom 07.08.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

I.4. Am Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, also am 07.10.2020, teilte der BF mit, er sei mit einer an Covid-19 erkrankten Person in Kontakt gewesen, die er aber nicht benennen wolle. Er beantrage daher eine Verschiebung der Verhandlung. Dem BF wurde daraufhin angeboten, die Verhandlung mittels Videoübertragung auf Grundlage von § 3 Covid-19-VwBG durchzuführen. Dies lehnte der BF ab, da eine solche seines Erachtens das Gebot der Unmittelbarkeit verletze.

I.5. Am 08.10.2020 hielt der entscheidende Senat eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung ab, in der die RV, der Zeuge und die belangte Behörde gehört wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einschau in den vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 08.10.2020, im Rahmen derer die RV, ein Zeuge und die FMA gehört wurden.

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur XXXX AG (im Folgenden: XXXX AG oder Emittentin) und zum BF

Die XXXX AG hat ihren Sitz in Österreich, an der Adresse XXXX Wien und notiert mit Anleihen im „Dritter Markt“ im Marktsegment „corporate standard“ der Wiener Börse AG.

Folgende Wertpapiere sind in den Handel am Dritten Markt (MTF), Marktsegment „corporate standard“ der Wiener Börse AG einbezogen:

?        ?XXXX (Marktsegment corporates standard)

?        ?XXXX (Marktsegment corporates standard)

Mit Veröffentlichung vom 14.02.2018 hat die Wiener Börse AG bekannt gemacht, dass die beiden Anleihen ab 14.02.2018 wegen einer infolge der Zurückziehung des Sanierungsplans erfolgten Umwandlung des Insolvenzverfahrens in ein Konkursverfahren vom Handel ausgesetzt worden sind.

Die ursprünglich (am 25.04.2008) als XXXX Aktiengesellschaft unter der FN XXXX im Firmenbuch des HG Wien eingetragene Gesellschaft wurde am 04.06.2016 in XXXX , am 14.12.2016 in XXXX AG und schließlich am 12.05.2017 in nunmehr XXXX AG umfirmiert. Weiters wurden im Laufe der letzten Jahre mehrere Gesellschaften auf die (nunmehr) XXXX AG als jeweils aufnehmende Gesellschaft verschmolzen.

Mit Ad-hoc Meldung vom 30.08.2017 veröffentlichte die XXXX AG den geprüften Jahresabschluss zum 31.12.2016 mit einem negativen Eigenkapital von rund EUR 28,7 Millionen, der mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen war. In dieser Ad-hoc Mitteilung wurde weiters bekannt gemacht, dass die XXXX AG über eine positive Fortbestehensprognose verfügt, die durch externe Experten von XXXX GmbH, Wien, plausibilisiert und bestätigt wurde. Weiters wird mitgeteilt, dass die XXXX AG in den letzten Wochen erste wesentliche Annahmen der Fortbestehensprognose bereits erfolgreich umsetzen konnte.

Mit Beschluss vom 02.02.2018 wurde das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beim Handelsgericht Wien zu AZ 4 S 16/18g eröffnet. Wesentlicher Inhalt des Sanierungsplanvorschlages war, dass die Insolvenzgläubiger eine 20%ige Quote zahlbar binnen zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplanes erhalten sollten. Mit Beschluss vom 15.02.2018, bekannt gemacht am 16.02.2018 in der Ediktsdatei, wurde die Bezeichnung von Sanierungsverfahren auf Konkursverfahren geändert, da der Sanierungsplan von der Schuldnerin zurückgezogen wurde. Die Mitteilung des Insolvenzgerichtes wurde am 20.02.2018 in das Firmenbuch eingetragen. Die Gesellschaft ist mit diesem Datum aufgelöst. Masseverwalter ist seit 03.02.2018 Rechtsanwalt Mag. XXXX .

Vor Auflösung der Gesellschaft bestand der Vorstand der XXXX AG ausschließlich aus Herrn XXXX , geb. XXXX , der seinen Hauptwohnsitz laut ZMR-Abfrage vom 18.02.2019 in XXXX Wien, XXXX hat. Der BF war seit 31.03.2016 Vorstand der XXXX AG, seit 17.02.2017 war er alleiniger Vorstand. Der Aufsichtsrat bestand vor Auflösung der Gesellschaft aus den Herren XXXX (Vorsitzender), XXXX (Vorsitzender-Stellvertreter) sowie XXXX .

Der BF ist seit der Gründung der XXXX GmbH (FN XXXX ) am 17.01.2017 deren alleiniger Geschäftsführer sowie Gesellschafter (zu 50%), wobei er eine Einlage in Höhe von EUR 17.500 geleistet hat. Weiters ist der BF seit der Gründung der XXXX GmbH (FN XXXX ) am 24.11.2017 (seit 18.01.2019 alleiniger) Geschäftsführer, wobei er auch als Gesellschafter einerseits eine Einlage von EUR 125 sowie andererseits die XXXX GmbH als Einlage eingebracht hat. Weitere Angaben zu den Vermögensverhältnissen beziehungsweise Sorgepflichten des BF liegen nicht vor beziehungsweise wurden auch von ihm nicht vorgebracht.

Von der XXXX GmbH bezieht der BF ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von EUR 5.000,-.

Am 25.09.2017 meldete ein Tochterunternehmen der XXXX AG, dass der BF Anleihen im Ausmaß von EUR 98.000,- gekauft habe. Dieses Tochterunternehmen konnte im Jahr 2017 noch eine neue Unternehmensanleihe erfolgreich platzieren.

Der verfahrensgegenständlichen Anleihe liegen Anleihebedingungen zugrunde. Gemäß Punkt 9.2. dieser Anleihebedingungen ist jeder Anleihegläubiger berechtigt, seine Teilschuldverschreibung zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zum Nennwert zuzüglich etwaiger bis zum Tage der Rückzahlung aufgelaufener Zinsen zu verlangen, falls a) die Emittentin Kapital oder Zinsen nicht binnen 30 Tagen nach dem jeweiligen Fälligkeitstag zahlt; b) die Emittentin eine sonstige Verpflichtung aus den Teilschuldverschreibungen oder den Anleihebedingungen verletzt und die Verletzung länger als 30 Tage fortdauert; c) die Eröffnung eines Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren über das Vermögen der Emittentin beantragt wird und – sofern der Antrag von dritter Seite erfolgte – ein solcher Antrag nicht binnen 60 Tagen zurückgezogen oder aus anderen Gründen als mangels kostendeckenden Vermögens (oder dem jeweiligen Äquivalent einer anderen Rechtsordnung) abgewiesen wird; d) die Emittentin in Liquidation tritt, ihre Geschäftstätigkeit ganz oder überwiegend einstellt oder wesentliche Teile ihres Vermögens veräußert oder anderweitig abgibt. Gemäß Punkt 9.5 der Anleihebedingungen ist in den Fällen des Punktes 9.2 die Kündigung erst wirksam, wenn bei der Emittentin sich auf den gleichen Kündigungsgrund stützende Kündigungserklärungen von Anleihegläubigern, die Teilschuldverschreibungen im Nennbetrag von mindestens 10% der dann ausstehenden Teilschuldverschreibungen halten, eingegangen sind; sobald dieser Schwellenwert überschritten ist, hat die Emittentin die Zahlstelle und die Anleihegläubiger, von denen ihr Kündigungserklärungen zugegangen sind, zu verständigen.

II.1.2. Chronologie zur Entstehung der Insiderinformation

Die XXXX AG agierte als Zahlstelle für die seitens der XXXX AG begebene Anleihe XXXX . Am 05.12.2017 informierte eine Mitarbeiterin der Zahlstelle einen Mitarbeiter der XXXX und den BF per E-Mail über den am 20.12.2017 anstehenden Tilgungs- und Kupontermin der verfahrensgegenständlichen Anleihe. Der Kupon wurde in dieser Nachricht mit EUR 16.537,50 und die Nominale der Anleihe mit EUR 980.000,- bekannt gegeben. Die Empfänger wurden aufgefordert, den Gesamtbetrag in Höhe von EUR 996.537,50 bis spätestens 13.12.2017 zu überweisen.

In einem Telefongespräch am 07.12.2017 forderte der BF als Vorstand die beiden Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder XXXX und XXXX auf, offene und fällige Forderungen der XXXX AG zu bezahlen. Die beiden sagten die Zahlung zu. Die offenen fälligen Forderungen betreffen 1. EUR 535.200 aus einem Generalunternehmensvertrag für private Umbauarbeiten am Haus des XXXX und 2. EUR 1.328.487,65 aus einer Rückführungsvereinbarung zwischen XXXX AG und der XXXX KG (Fälligkeit 30.09.2017).

Am 13.12.2017 informierte Herr XXXX die Zahlstelle sowie den BF und einen Vorstand des Tochterunternehmens, dass der Zinskupon in Höhe von EUR 16.537,50 per Eilüberweisung in Auftrag gegeben wurde und noch am selben Tag eingehen sollte.

Bereits zuvor wurde die Zahlstelle vom Vorstand des Tochterunternehmens informiert, dass die Tilgung der Anleihe in Höhe von EUR 980.000,- derzeit nicht erfolgen werden, was im Mail vom 13.12.2017 noch einmal bestätigt wurde. Diesbezüglich wurde gebeten, den Tilgungstermin bei der OeKB zu stornieren und in Aussicht gestellt, dass die XXXX AG betreffend die weitere Vorgehensweise auf die Zahlstelle zukommen wird.

Von Seiten der XXXX AG gab es zur nicht fristgerechten Rückzahlung des Nominales der 6,75% XXXX -Fixzinsanleihe per 20.12.2017 keine Veröffentlichung.

In einer Aufsichtsratssitzung am 04.01.2018 der XXXX AG, an der der gesamte Aufsichtsrat [ XXXX (Vorsitzender), XXXX (stellvertretender Vorsitzender) und XXXX ] sowie der BF als Vorstand der XXXX AG teilnahmen, berichtete der BF dem Aufsichtsrat, dass die XXXX AG zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Der BF begründete dies damit, dass seit geraumer Zeit fällige Forderungen der Gesellschaft gegenüber den Aktionären XXXX und XXXX (sowie deren verbundenen Unternehmen) nicht bezahlt wurden, obwohl seitens dieser und ihres Rechtsvertreters mehrmals bestätigt worden sei, dass umgehend Zahlungen erfolgen werden.

Die Bezahlung der bereits seit Jahren bestehenden offenen Forderungen der Gesellschaft gegenüber den Aktionären XXXX und XXXX stellten eine essentielle Annahme der XXXX -Fortbestehensprognose dar.

Zu diesem Zeitpunkt (04.01.2018) verfügte die Gesellschaft darüber hinaus über keine namhaften Forderungen (> 100.000), ausgenommen gegenüber der 99,99%igen Tochtergesellschaft XXXX in Höhe von rund EUR 2 Millionen, die jedoch noch nicht fällig waren. Somit bestand für den BF keine Möglichkeit, andere (fällige) Forderungen geltend zu machen, um die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

Das in diesem Zeitpunkt noch verbleibende Asset der Gesellschaft, die XXXX , befand sich in einer schwierigen Situation, und der BF als Vorstand ging von keinen Zahlungen der XXXX an die XXXX AG aus.

In der Aufsichtsratssitzung vom 04.01.2018 teilte der BF als Vorstand dem Aufsichtsrat mit, dass die XXXX AG die verfahrensgegenständliche Unternehmensanleihe in Höhe von rund EUR 1 Million am 20.12.2017 sowie eine Umsatzsteuer-Ratenzahlung in Höhe von rund EUR 150.000 am 28.12.2017 nicht bezahlen konnte.

Der BF riet in der Aufsichtsratssitzung am 04.01.2018 aufgrund der Konsultation einer Rechtsanwaltskanzlei zur gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Situation der Gesellschaft dringend zum Verkauf des letzten verbliebenen Assets der Gesellschaft, sollte nicht eine Einigung mit den Schuldnern der Gesellschaft erzielt werden.

Der BF ging als Vorstand der Gesellschaft zum 04.01.2018 aufgrund der neu eingetretenen Sachverhalte nicht mehr von einer überwiegenden wahrscheinlichen Bedienbarkeit der bereits fälligen und kurzfristig noch fällig werdenden Zahlungen aus, nachdem essentielle Annahmen der Fortbestehensprognose nicht mehr gegeben waren.

Ein überwiegender Teil der Forderungen, insbesondere das Verrechnungskonto XXXX in Höhe von rund EUR 1,4 Millionen sowie der Vertrag mit XXXX für dessen privaten Hausbau in Höhe von rund EUR 500.000 bestand bereits lange vor dem 01.04.2016 (Bestellung des BF zum Vorstand der Gesellschaft). Für das Verrechnungskonto XXXX wurde eine schriftliche Rückführungsvereinbarung abgeschlossen, in der festgehalten wurde, dass die Forderung unbestritten und mit 30.09.2017 zur Zahlung fällig ist. Für den privaten Hausbau von XXXX liegt ein Vertrag vor. Der BF hat als Vorstand die beiden Aktionäre XXXX und XXXX in den letzten Wochen mehrmals darauf hingewiesen, dass die offenen und fälligen Zahlungen bis zum 31.12.2017 geregelt werden müssen, um die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft(en) aufrecht zu erhalten.

Die Aktionäre XXXX und XXXX beziehungsweise deren verbundene Unternehmen schuldeten der Gesellschaft einen Betrag in Höhe von rund EUR 2 Millionen, wovon ein Betrag in Höhe von rund EUR 1,4 Millionen (Verrechnungskonto XXXX ) bereits am 30.09.2017 sowie ein Betrag in Höhe von EUR 150.000 (Restkaufpreis XXXX Straße) am 31.12.2017 fällig war. XXXX schuldete zusätzlich einen Betrag in Höhe von rund EUR 500.000 für einen privaten Hausumbau, der teilweise bereits länger fällig war. XXXX schuldete zusätzlich einen Betrag in Höhe von rund EUR 100.000 für einen privaten Apartmentausbau, der bereits schon länger fällig war.

Der BF hat als Vorstand der XXXX AG am 18.12.2017 alle offenen und fälligen Zahlungen mit einer schriftlichen, eingeschriebenen letzten Mahnung mit Zahlungsfrist 31.12.2017 nochmals eingefordert, nachdem in den letzten Wochen keinerlei Fortschritte in den Gesprächen mit den Aktionären erreicht werden konnten. Weiters hat der BF die Aktionäre XXXX und XXXX in den letzten Wochen mehrmals darauf hingewiesen, dass die offenen und fälligen Zahlungen bis zum 31.12.2017 geregelt werden müssen, um die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

Zwischenzeitlich kündigten die Aktionäre XXXX und XXXX (schriftlich per E-Mail und in einem persönlichen Gespräch am 22.12.2017) sowie auch deren rechtsfreundlicher Vertreter (in einem persönlichen Gespräch am 22.12.2017 und in einem Telefonat am 29.12.2017) zumindest eine Teilzahlung an.

Bis zum 04.01.2018 hatte der BF seitens der Aktionäre XXXX und XXXX weder eine Zahlung (auch keine Teilzahlung) noch eine Stellungnahme (jedweder Art) zu den offenen und fälligen Zahlungen erhalten. In einem persönlichen Gespräch mit den Aktionären und deren rechtsfreundlichen Vertreter am 22.12.2017 ersuchte er zumindest um eine Teilzahlung in Höhe der notwendigen Beträge, um eine Zahlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten, und übermittelte hierzu eine Aufstellung der Forderungen. Die Aktionäre signalisierten dazu grundsätzliche Bereitschaft, leisteten jedoch weder eine (Teil-)Zahlung noch nahmen sie dazu Stellung.

In einem E-Mail vom 09.01.2018, 18:39 Uhr an den Vorstand der XXXX und den BF fasste der Rechtsvertreter eine am selben Tag stattgefundene Besprechung folgendermaßen zusammen:

„Sie haben uns dargelegt, dass XXXX AG und XXXX durch die mediale Veröffentlichung einer bei der WKStA eingebrachten Sachverhaltsdarstellung (Ende November 2017) in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. XXXX sei seit dem Bericht nicht mehr in der Lage, Anleihen auf dem Kapitalmarkt zu platzieren (eine kurz zuvor aufgelegte Anleihe sei noch überzeichnet gewesen). Die weitere Emission von Anleihen sei aber ein wesentlicher Bestandteil der mit Unterstützung von XXXX für XXXX AG und XXXX erstellten Fortbestehensprognose vom 26.07.2017 (Update vom Oktober 2017 betreffend XXXX ).

Die fehlende Möglichkeit Anleihen zu platzieren, wirke sich negativ auf das Geschäftsmodell der XXXX aus und führt nach Prüfung durch den Vorstand wohl auch zu einer Herabsetzung der möglichen Kaufpreiserwartung für die von XXXX AG an XXXX gehaltenen Aktien. Abweichend von der Fortbestehensprognose vom 26.07.2017 […] ist nun nicht mehr mit einem Kaufpreis zu rechnen, der XXXX AG eine Vollabdeckung aller Verbindlichkeiten (im Wesentlichen Anleihen) ermöglicht. XXXX AG hat auch aus diesem Grund eine per 20.12.2017 fällige Anleihe nicht mehr bedient. XXXX AG verfügt derzeit auch nicht über die Liquidität, um diese Anleihe zu tilgen.“

Dem Mail angehängt war ein Memorandum zu ausgewählten Fragen des österreichischen Insolvenzrechts.

Ebenfalls am 09.01.2018 wies der Rechtsanwalt mit Mail um 20:25 Uhr den Vorstand der XXXX und den BF in Bezug auf das Thema Ad-hoc Pflicht auf die Veröffentlichungs- beziehungsweise Aufschubpflichten nach Art 17 MAR hin.

Das erste oben angeführte E-Mail vom 09.01.2018 leitete der BF als Vorstand am Sonntag, 14.01.2018 an den Aufsichtsratsvorsitzenden der XXXX AG weiter.

Betreffend die kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflichten kündigte der BF im E-Mail an, gleich im Anschluss eine weitere Stellungnahme einer Rechtsanwaltskanzlei weiterzuleiten und diesbezüglich am nächsten Tag vormittags gemeinsam mit einer anderen Rechtsanwaltskanzlei, die sie bereits seit Langem diesbezüglich betreut, einen dementsprechenden Vertraulichkeitsbereich einzurichten.

Am 15.01.2018 fand eine weitere Aufsichtsratssitzung der XXXX AG statt, an der der gesamte Aufsichtsrat sowie der BF als Vorstand der XXXX AG teilnahmen.

Unter Punkt 3 der Tagesordnung, „Bericht des Vorstands der XXXX AG betreffend Zahlungsunfähigkeit und insolvenzrechtlicher Überschuldung“ berichtete der BF unter anderem dass die XXXX AG eine per 20.12.2017 fällige Unternehmensanleihe nicht mehr bedienen konnte und die XXXX AG auch nicht über die notwendige Liquidität verfügte, um diese Unternehmensanleihe zu tilgen.

Weiters teilt der BF als Vorstand dem Aufsichtsrat mit, aufgrund der begründeten Annahme, dass die XXXX AG insolvenzrechtlich überschuldet und zahlungsunfähig sei, unverzüglich und ohne weiteres Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen.

Aufgrund eines per Mail erfolgten Auskunftsersuchen der FMA hinsichtlich der Rückzahlung der zum 20.12.2017 fälligen Anleihe XXXX teilte der BF am 17.01.2018 mit:

„Die Rückzahlung des Nominales der ursprünglich am 20.12.2017 fälligen Anleihe sowie die letzte Zinszahlung auf die Schuldverschreibungen konnte aus Liquiditätsgründen nicht zeitgerecht per 20.12.2017 am Fälligkeitstag erfolgen. Die Zahlstelle, XXXX AG, wurde vorab von diesem Umstand schriftlich informiert.“

Am 18.01.2018 um 00:57 Uhr veröffentlichte die XXXX AG folgende Ad-hoc-Mitteilung mit der Überschrift „Zahlungsunfähigkeit und insolvenzrechtliche Überschuldung der XXXX AG, Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird vorbereitet“:

„ XXXX AG gibt hiermit bekannt, dass aufgrund von Zahlungsunfähigkeit und einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorbereitet und so rasch wie möglich beim zuständigen Insolvenzgericht, dem Handelsgericht Wien, innerhalb der gesetzlichen Fristen eingebracht werden soll. […]

XXXX AG konnte darüber hinaus eine am 20.12.2017 fällige Unternehmensanleihe (ISIN XXXX ) nicht bei Fälligkeit bedienen und verfügt derzeit auch nicht über ausreichende Liquidität, um diese Unternehmensanleihe (ISIN XXXX ) zu bedienen.“

Im Anschluss an diese Veröffentlichung übermittelte die XXXX AG am 18.01.2018 um 08:25 Uhr der FMA die Information via E-Mail, dass diese Veröffentlichung zuvor am 14.01.2018 um 22:00 Uhr aufgeschoben wurde. Laut diesem Schreiben handelte es sich beim Aufschub um folgende Information:

?        Zahlungsunfähigkeit und insolvenzrechtliche Überschuldung der XXXX AG

?        Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird vorbereitet

Der BF hat der FMA mitgeteilt, dass die positive Fortbestehensprognose der XXXX AG am 07.12.2017 weggefallen sei und zu diesem Zeitpunkt auch die insolvenzrechtliche 60 Tagesfrist zu laufen begonnen habe. Es sei geplant gewesen, nach Begleichung der offenen Forderungen durch XXXX und XXXX die Anleihe XXXX zum Fälligkeitszeitpunkt vollständig zu bezahlen und anschließend ein Kuratorenverfahren zu beantragen. Diesen Sachverhalt übermittelte die FMA der WKStA wegen des Verdachts nach §§ 156, 158, 159 StGB. Die Sachverhaltsdarstellung wurde von der WKStA zu den gegen den BF geführten Verfahren zu 17 St 25/17t genommen.

II.2. Beweiswürdigung:

Der bereits von der FMA festgestellte Sachverhalt wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Da dieser auf unbedenklichen Beweismitteln beruht, auf die im Sachverhalt konkret Bezug genommen wurde und die sich aus den Akten selbst ergeben, konnte der bereits durch die FMA festgestellte Sachverhalt auch vom Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Im Einzelnen beruhen die Feststellungen auf folgenden Erwägungen:

Die Feststellungen zur XXXX AG, der XXXX GmbH, der XXXX GmbH und dem BF beruhen im Wesentlichen auf dem im Akt der FMA einliegenden Firmenbuchauszügen (ON 2, 13, 14). Das monatliche Bruttoeinkommen beruht auf der Aussage des BF im Verfahren W210 2178406-1 (ON 15). Zwar brachte die RV vor, dass der BF nunmehr über kein Einkommen mehr verfüge, da er im Bereich „serviced apartments“ tätig sei, welche den touristischen Bereich beträfen und daher durch die derzeitige Situation angeschlagen seien. Auf Vorhalt, dass die XXXX GmbH nach wie vor im Firmenbuch gemeldet ist und daher auch davon auszugehen ist, dass der BF, wie ursprünglich im Verfahren W210 2178406-1 vorgebracht, ein Geschäftsführergehalt im gleichen Ausmaß bezieht, erwiderte die RV lediglich, sie gäbe die Informationen des BF weiter. Bereits in der Verhandlung (in Folge: VH) vom 29.01.2020 zu W210 2178406-1 und 2176622-1 – also vor Eintritt der Corona-Krise und damit möglicherweise in Verbindung stehender Einbüßen im touristischen Bereich - ließ der BF durch seine RV ausrichten, dass er angeblich über keinerlei Einkünfte verfüge:

„VR an RV: Der BF1, Herr XXXX , gab bis dato im Verfahren zu seinen Generalien befragt wie folgt an: geboren am XXXX in XXXX , österreichischer Staatsangehöriger, wohnhaft in (Hauptwohnsitz) XXXX Wien und Nebenwohnsitz in XXXX . Von Beruf Vorstand der haftungspflichtigen Gesellschaft und der XXXX AG und GF aller Tochtergesellschaften, keine Sorgepflichten.

RV: Diesbezüglich hat sich nichts geändert, das ist richtig.

VR an RV: Ist es richtig, dass der BF ein monatliches Bruttogehalt von 5000 Euro aus der XXXX GmbH bezieht und ist nach wie vor Vorstand aller XXXX -Gesellschaften?

RV: Laut Auskunft des BF1 vom gestrigen Tag, ist seine Einkommenssituation so, dass er momentan als natürliche Person über kein Einkommen verfügt und so derzeit auch keine Immobilien, keine Fahrzeuge, keine Barmittel oder Wertpapiere besitzt. Außerdem auch keine Gehaltszahlungen aus den eigenen Gesellschaften mehr bezieht.

VR: Wovon lebt der BF1?

RV: Dazu hat der BF1 keine Angaben gemacht.

VR: Ist der BF1 noch Vorstand aller XXXX -Gesellschaften?

RV: Dazu hat der BF1 keine Angaben gemacht, aber auch keine Änderungen angegeben.

VR: Haben Sie bezüglich des Einkommens des BF1 Unterlagen mit?

RV: Nein.

FMA: Es ist aktenkundig, dass der BF1 an mehreren Gesellschaften beteiligt ist und daraus wohl Gewinnausschüttungen bezieht. Dies ergibt sich aus den vom BF1 vorgelegten Unterlagen.“

Weitere Einkünfte als das Gehalt von € 5.000,- als Geschäftsführer der XXXX GmbH hat die FMA bei der Strafbemessung im gegenständlichen Verfahren allerdings ohnedies nicht einbezogen. Dass sich an diesem Geschäftsführergehalt etwas geändert haben sollte, brachte die RV nicht vor.

Im vorliegenden Verfahren lehnte der BF die ihm angebotene Möglichkeit zur Teilnahme an der VH mittels Videokonferenz ab. Zur Übermittlung des angekündigten Corona-Tests ist es nicht gekommen, obwohl ein solcher angekündigt wurde und seit der VH nunmehr bereits mehr als ein Monat vergangen ist.

Der Inhalt der Ad-hoc Meldung vom 30.08.2017 konnte aufgrund der Beilage ./1 im FMA Akt festgestellt werden, an deren Echtheit und Richtigkeit kein Grund zu Zweifeln besteht. Die Feststellungen zum Insolvenzverfahren waren aufgrund einer Einsicht in die Ediktsdatei der Justiz zu treffen, die auch bereits im FMA Akt einliegt.

Die verfahrensgegenständlichen Anleihebedingungen liegen ebenfalls im FMA Akt ein (ON 11), sodass auf Basis dieser die entsprechenden Feststellungen erfolgen konnten.

Der chronologische Ablauf zum Entstehen der Insiderinformation war aufgrund der unbedenklichen im Akt einliegenden Dokumente zu treffen (Beilagen ./3, ./4, ./5, ./5a, ./6, ./7, ./8, ./11, ./12, ./13 und ./23), die größtenteils vom BF vorgelegt wurden. Auch die FMA hat den Sachverhalt auf Basis dieser Dokumente getroffen und der BF hat diese während des gesamten Beschwerdeverfahrens nicht bestritten, sondern sie anlässlich der Beschwerde noch einmal vorgelegt. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht daher kein Grund von den Feststellungen der FMA abzugehen.

Die zusätzlich getroffenen Feststellungen zur Sachverhaltsdarstellung und dem gegen den BF geführten Strafverfahren waren aufgrund der Angaben des BF zu treffen, die ebenfalls durch entsprechende unbedenkliche Dokumente belegt werden (Beilage ./1 zur Beschwerde).

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anwendbaren Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Gegenständlich wurde eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass hier die Zuständigkeit eines Senates vorliegt.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 50 VwGVG, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, in der Sache selbst zu entscheiden. Gemäß § 48 VwGVG ist bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in einer durchgeführten Verhandlung auch tatsächlich vorgekommen ist.

Das gegenständliche Straferkenntnis wurde dem BF am 10.07.2019 zugestellt und die gegenständliche Beschwerde am 05.08.2019 bei der FMA eingebracht. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig und auch sonst zulässig.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A):

II.3.2.1. Zum Antrag auf Aussetzung

Der BF beantragt in seiner Beschwerde, das Verfahren aufgrund des gegen ihn geführten Kriminalstrafverfahrens auszusetzen. Diesem Antrag ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen:

Nach § 22 Abs. 1 VStG ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. § 30 Abs. 2 VStG regelt für diesen Fall, dass, wenn eine Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und es zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, die Behörde das Strafverfahren auszusetzen hat, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

Gemäß Art. 4 des 7. ZPEMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- und Mehrfachbestrafung in diesem Sinn liegt dann vor, wenn eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war und dabei der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt des Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt in dieser Konstellation, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. Strafverfolgungen beziehungsweise Bestrafungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird (VwGH 28.05.2019, Ra 2018/05/0266).

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe strafbare Handlung im Sinn dieser Bestimmung vorliegt, allein auf die Fakten abzustellen. Die rechtliche Qualifikation derselben hat außer Betracht zu bleiben. Eine neuerliche Strafverfolgung ist dann unzulässig, wenn sie sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht. Er stellt darauf ab, ob dieselben Fakten das zentrale Element der Anschuldigungen und der beiden angewendeten Strafbestimmungen bilden und betont, dass die strafrechtliche Anklage die Fakten der Verwaltungsstraftat in ihrer Gesamtheit umfasst und umgekehrt die Verwaltungsstraftat keine Elemente enthält, die nicht bereits in der gerichtlich strafbaren Handlung gegeben waren, wegen welcher der Beschwerdeführer verurteilt wurde. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner Rechtsprechung die Ansicht, wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens sei die Verfolgung nach zwei verschiedenen Straftatbeständen zulässig, wenn und insoweit sich diese in ihren „wesentlichen Elementen“ unterscheiden; Art. 4 des 7. ZPEMRK schließe die Anwendung verschiedener Strafbestimmungen, die zueinander nicht im Verhältnis der Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion stehen, nicht aus. Unzulässig ist nach der Rechtsprechung die neuerliche Strafverfolgung nach einem rechtskräftigen Freispruch oder einer rechtskräftigen Verurteilung nur dann, wenn eines der beiden Delikte den Unrechtsgehalt des anderen umfasst, sodass kein weiteres Strafbedürfnis besteht (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0020 mN aus der Rsp des EGMR und des VfGH).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 22 Abs. 1 VStG ausschließlich auf die „Tat“ ab. Dass die Verwaltungsstrafnorm gegebenenfalls eine andere Schutzrichtung aufweist als die gerichtliche Strafnorm, ändert an der Subsidiarität nichts. § 22 Abs. 1 VStG stellt nur darauf ab, dass die Tat auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet; auf die tatsächliche Einleitung (oder gar den Abschluss) eines Strafverfahrens kommt es daher nicht an. Erschöpft sich daher die Tathandlung, die von der Verwaltungsstrafbehörde in den Blick genommen wird, in einem Verhalten, das den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, so ist die Verwaltungsübertretung gemäß § 22 Abs. 1 VStG nicht strafbar (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0020). Ob die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ist dabei von der Verwaltungsstrafbehörde – im Falle einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht – als Vorfrage zu beurteilen (VwGH 22.11.2016, Ra 2016/03/0095). Unter der „Tat“ ist im vorliegenden Zusammenhang jenes menschliche Verhalten zu verstehen, welches sowohl den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung verwirklicht, als auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet. (VwGH 24.02.2011, 2007/09/0361).

Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur gerechtfertigt sein, wenn zur Erreichung etwa des Ziels der Wahrung der Integrität der Finanzmärkte der Union und des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Finanzinstrumente mit diesen Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen komplementäre Zwecke verfolgt werden, die gegebenenfalls verschiedene Aspekte desselben rechtswidrigen Verhaltens betreffen (EuGH 20.3.2018, C-537/16, Garlsson Real Estate SA, Rn 46).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sieht sich das Bundesverwaltungsgericht nicht veranlasst, das Verfahren nach § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen, zumal nicht vom selben Tatbestand auszugehen ist. Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wird dem BF vorgeworfen, er habe eine Insiderinformation nicht rechtzeitig veröffentlicht. Der Sachverhaltsdarstellung der FMA, aufgrund derer die WKStA Ermittlungen führt, liegt jedoch zugrunde, dass der BF, obwohl er bereits von der Überschuldung beziehungsweise der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und des notwendigen Insolvenzantrags wusste, eine Forderung – nämlich die verfahrensgegenständliche Anleihe – voll befriedigen wollte, und dadurch einen Gläubiger begünstigen beziehungsweise die Befriedigung anderer Gläubiger vereiteln oder schmälern wollte, weswegen nach Ansicht der FMA der Verdacht der betrügerischen Krida (§ 156 StGB), der Begünstigung eines Gläubigers (§ 158 StGB) oder der grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB) gegeben sei.

Auch die Ausführungen des BF führen zu keinem anderen Ergebnis, wenn dieser auch noch vorbringt, es sei auch zweifelhaft, ob das ihm vorgeworfene Verhalten §§ 146 ff oder 163a StGB unterfallen könnte.

Der dem BF im Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfene Tatbestand ist auch nicht deckungsgleich mit § 163a Abs. 1 Z 1 StGB. Nach dieser Bestimmung ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer als Entscheidungsträger (§ 2 Abs. 1 VbVG) eines in § 163c StGB angeführten Verbandes oder sonst als von einem Entscheidungsträger mit der Informationsdarstellung Beauftragter in einem Jahres- oder Konzernabschluss, einem Lage- oder Konzernlagebericht oder einem anderen an die Öffentlichkeit, an die Gesellschafter oder die Mitglieder, an ein aufsichtsberechtigtes Organ oder dessen Vorsitzenden gerichteten Bericht eine die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Verbandes betreffende oder für die Beurteilung der künftigen Entwicklung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage bedeutsame wesentliche Information (§ 189a Z 10 UGB), einschließlich solcher Umstände, die die Beziehung des Verbandes zu mit ihm verbundenen Unternehmen betreffen, in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt, ist, wenn dies geeignet ist, einen erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen.

Es trifft zwar zu, dass, wie der BF in seiner Beschwerde ausführt, von dieser Bestimmung auch Ad-hoc Publizitätsmeldungen erfasst sind (Rohregger in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 163a, Rz 59), allerdings sind die Tatbestandsmerkmale durch die dem BF im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfene Tat ohne Zweifel nicht erfüllt. Tatbestandsmäßig nach § 163a StGB ist zunächst jede falsche Darstellung von Informationen. Da der BF hier zunächst keine Informationen dargestellt hat, konnten diese auch nicht falsch sein. Die – wie noch zu zeigen sein wird – zu spät erfolgte Darstellung der Informationen war demgegenüber nicht falsch. Neben der falschen Darstellung ist auch die unvollständige Darstellung gleichermaßen tatbestandsmäßig. Unvollständig bedeutet, dass der Täter zwar manche Informationen darstellt, aber nicht alle bedeutsamen. § 163a Abs. 1 StGB ist aber kein echtes Unterlassungsdelikt. Das gänzliche Unterlassen einer Informationsdarstellung – selbst wenn sie geboten ist – wird von § 163a StGB somit nicht erfasst (Rohregger in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 163a, Rz 25 f). Da hier dem BF das zunächst gänzliche Unterlassen vorgeworfen wird, ist die dem BF vorgeworfene Handlung nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 163a StGB. Die danach erfolgte Meldung war aber nicht unvollständig.

II.3.2.2 Anzuwendende Rechtslage:

Art. 3 Abs. 1 Z 21 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (im Folgenden: MAR) lautet:

„(1) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

‚Emittent‘ bezeichnet eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die Finanzinstrumente emittiert oder deren Emission vorschlägt, wobei der Emittent im Fall von Hinterlegungsscheinen, die Finanzinstrumente repräsentieren, der Emittent des repräsentierten Finanzinstruments ist;“

Art. 7 MAR lautet auszugsweise:

„(1) Für die Zwecke dieser Verordnung umfasst der Begriff ‚Insiderinformationen‘ folgende Arten von Informationen:

a) nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen; […]

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sind Informationen dann als präzise anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von den vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente oder des damit verbundenen derivativen Finanzinstruments, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen. So können im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, dieser betreffende zukünftige Umstand bzw. das betreffende zukünftige Ereignis und auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind, in dieser Hinsicht als präzise Information betrachtet werden.

(3) Ein Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang wird als eine Insiderinformation betrachtet, falls er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllt.

(4) Für die Zwecke des Absatzes 1 ist sind unter ‚Informationen, die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs von Finanzinstrumenten, derivativen Finanzinstrumenten, damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakten oder auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekten spürbar zu beeinflussen‘ Informationen zu verstehen, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.“

Art. 17 Abs. 1, 4 MAR:

„(1) Emittenten geben der Öffentlichkeit Insiderinformationen, die unmittelbar den diesen Emittenten betreffen, so bald wie möglich bekannt.

Die Emittenten stellen sicher, dass die Insiderinformationen in einer Art und Weise veröffentlicht werden, die es der Öffentlichkeit ermöglicht, schnell auf sie zuzugreifen, falls vorhanden, und sie vollständig, korrekt und rechtzeitig zu bewerten, und dass sie in dem amtlich bestellten System gemäß Artikel 21 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates veröffentlicht werden. Die Emittenten dürfen die Veröffentlichung von Insiderinformationen nicht mit der Vermarktung ihrer Tätigkeiten verbinden. Die Emittenten veröffentlichen alle Insiderinformationen, die sie der Öffentlichkeit mitteilen müssen, auf ihrer Website und zeigen sie dort während eines Zeitraums von mindestens fünf Jahren an.

Dieser Artikel gilt für Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat beantragt oder erhalten haben, bzw. im Falle von Instrumenten, die nur auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem gehandelt werden, für Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem in einem Mitgliedstaat erhalten haben oder die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem in einem Mitgliedstaat beantragt haben.

(4) Ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate, kann auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen für die Öffentlichkeit aufschieben, sofern sämtliche nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) die unverzügliche Offenlegung wäre geeignet die berechtigten Interessen des Emittenten oder Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate zu beeinträchtigen,

b) die Aufschiebung der Offenlegung wäre nicht geeignet, die Öffentlichkeit irrezuführen,

c) der Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate kann die Geheimhaltung dieser Informationen sicherstellen.

Im Falle eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der aus mehreren Schritten besteht und einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, kann ein Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen zu diesem Vorgang vorbehaltlich des Unterabsatzes 1 Buchstaben a, b und c aufschieben.

Hat ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate die Offenlegung von Insiderinformationen nach diesem Absatz aufgeschoben, so informiert er die gemäß Absatz 3 festgelegte zuständige Behörde unmittelbar nach der Offenlegung der Informationen über den Aufschub der Offenlegung und erläutert schriftlich, inwieweit die in diesem Absatz festgelegten Bedingungen erfüllt waren. Alternativ können Mitgliedstaaten festlegen, dass die Aufzeichnung einer solchen Erläuterung nur auf Ersuchen der gemäß Absatz 3 festgelegten zuständigen Behörde übermittelt werden muss.“

§ 48d Abs. 1 Z 2 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 76/2016, in Kraft vom 02.08.2016 bis 02.01.2018, lautete:

„(1) Wer

seine Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Insiderinformationen gemäß Art. 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 nicht erfüllt oder gegen daran anknüpfende Verpflichtungen gemäß der aufgrund Art. 17 Abs. 10 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 erlassenen technischen Durchführungsstandards verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt oder hinsichtlich der Z 1 und 2 mit einer Geldstrafe bis zu 1 Million Euro oder hinsichtlich der Z 3 bis 5 mit einer Geldstrafe bis zu 500 000 Euro zu bestrafen.“

§ 155 Abs. 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 in Kraft seit 03.01.2018:

„(1) Wer

seine Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Insiderinformationen gemäß Art. 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 nicht erfüllt oder gegen daran anknüpfende Verpflichtungen gemäß der aufgrund Art. 17 Abs. 10 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 erlassenen technischen Durchführungsstandards verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt oder hinsichtlich der Z 1 und 2 mit einer Geldstrafe bis zu 1 Million Euro oder hinsichtlich der Z 3 bis 5 mit einer Geldstrafe bis zu 500 000 Euro zu bestrafen.“

II.3.2.3. Zur objektiven Tatseite:

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der XXXX AG unstrittig um eine Emittentin im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Z 21 MAR handelt, war sie doch im Tatzeitraum eine juristische Person des Privatrechts, die Finanzinstitute emittiert. Die XXXX AG war daher nach Art. 17 Abs. 1 MAR verpflichtet, Insiderinformationen nach Art. 7 MAR so bald wie möglich bekannt zu geben.

Die Bestimmungen der MAR zur Insiderinformation sind im Wesentlichen ident zu den Vorgängerbestimmungen in § 48a Abs. 1 Z 1 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 184/2013 und § 48d Abs. 1, 2 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 68/2015, sodass die dazu beziehungsweise zur Marktmissbrauchsrichtlinie ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und des EuGH auch auf die Bestimmungen der MAR übertragbar ist (so auch Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art. 7 MAR, Rz 6).

Danach besteht der Begriff der Insiderinformation aus vier Tatbestandsmerkmalen (EuGH 11.03.2015, C-628/13, Lafonta mit Verweis auf EuGH 28.06.2012, C-19/11, Geltl). Erstens muss es sich um eine präzise Information handeln, die zweitens nicht öffentlich bekannt ist, drittens direkt oder indirekt einen oder mehrere Finanzinstrumente oder deren Emittenten betrifft und viertens geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, wenn sie öffentlich bekannt werden würde.

Eine Information ist nach Art. 7 Abs. 2 MAR erster Satz dann präzise, wenn damit ein Ereignis gemeint ist, das bereits eingetreten ist oder von dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente zuzulassen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Zahlstelle am 13.12.2017 um 14:28 Uhr per Mail darüber informiert, dass die Anleihe nicht termingerecht getilgt werden könne und der Tilgungstermin bei der OeKB zu stornieren sei. Nach dem Inhalt des Mails wurde die Zahlstelle bereits zuvor telefonisch diesbezüglich in Kenntnis gesetzt. Das Ereignis, nämlich die nicht fristgerechte Tilgung der Anleihe, ist daher bereits eingetreten.

Der BF bestreitet in seiner Beschwerde das Vorliegen einer präzisen Information im Wesentlichen mit der realistischen Erwartung von Zahlungseingängen, um die Anleihe entsprechend der in Punkt 9.2. der Anleihebedingungen vorgesehenen Nachfrist bedienen zu können. Unabhängig davon, ob die Erwartung der Zahlungseingänge tatsächlich realistisch war (siehe etwa die Ausführungen in der Aufsichtsratssitzung vom 04.01.2018 [Beilage ./4 im FMA-Akt], wonach die betreffenden Schuldner der XXXX AG seit 2010 dauerhaft und massiv Finanzmittel entzogen und sie die Forderungen trotz mehrmaliger Geltendmachung und Bestehen ausreichender Finanzmittel nicht beglichen hätten), ist es für die Frage ob bereits die nicht fristgerechte Tilgung eine Insiderinformation ist, unerheblich, ob diese allenfalls innerhalb der Nachfrist bedient werden hätte können. Vielmehr ist diese vertraglich vorgesehene Kündigungsmöglichkeit unabhängig von der nicht fristgerechten Tilgung zu sehen.

Diese präzise Information der nicht fristgerechten Tilgung einer Anleihe war auch bis zum 18.01.2018, wie vom BF im Übrigen auch nicht bestritten wurde, nicht öffentlich bekannt, zumal die XXXX AG erst am 18.01.2018 dies via Ad-hoc Mitteilung bekannt machte. Von dem nicht öffentlichen Ereignis war die XXXX AG auch direkt betroffen.

Bei der nicht fristgerechten Tilgung der Anleihe handelt es sich daher um eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die die Emittentin direkt betraf. Auch das vierte Tatbestandsmerkmal der Kurserheblichkeit ist erfüllt. Das ist nach Art. 7 Abs. 4 MAR dann der Fall, wenn ein verständiger Anleger diese wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.

Auch dazu verweist der BF wiederum auf die realistische Erwartung der Tilgung der Anleihe innerhalb der vertraglich vorgesehenen Nachfrist sowie weiters auf den Umstand, dass der Öffentlichkeit die schlechte wirtschaftliche Lage der XXXX AG und ein mögliches Risiko eines Ausfalls bekannt gewesen sei. Investoren einer wirtschaftlich angeschlagenen Gesellschaft würden typischerweise davon ausgehen, dass Zahlungen nicht immer fristgerecht erfolgen würden. Die Nichttilgung der Anleihe sei daher keine kursrelevante Information. Auch damit ist der BF nicht im Recht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie auch des EuGH kommt es für die Eignung einer Information zur erheblichen Beeinflussung des Kurses darauf an, wie ein verständiger Anleger die Information ex ante anhand ihres Inhaltes und ihres Kontextes im Marktgeschehen beurteilen würde. Führt diese Prüfung zum Ergebnis, dass ein verständiger Anleger die Information wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde, ist das Tatbestandselement der Kurserheblichkeit erfüllt. Eine tatsächliche, spürbare Beeinflussung des Kurses der betroffenen Finanzinstrumente – und damit ex post – ist nicht zu prüfen, vielmehr ist die genannte ex-ante Betrachtung anzustellen (VwGH 27.04.2017, Ro 2016/02/0020 mit Verweis auf EuGH 23.12.2009, C- 45/08, Spector Photo Group NV und Chris Van Raemdonck, sowie VwGH 20.04.2016, Ra 2015/02/0152 ua.).

Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung ist ex ante aus der Sicht eines verständigen Anlegers anhand des Inhalts und des Kontextes der Information im Marktgeschehen zu überprüfen, wobei der verständige Anleger eine Maßfigur ist, der aus unionsrechtlicher Perspektive zu unterstellen ist, dass sie alle bereits öffentlich bekannten Informationen kennt. Ein verständiger Anleger kann daher eine Information auch dann als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen, wenn sie es ihm nicht erlaubt, die Änderung des Kurses in eine bestimmte Richtung vorherzusehen. Die hohe Komplexität der Finanzmärkte macht eine exakte Einschätzung der Kursentwicklung nämlich besonders schwierig, sodass allgemein betrachtet jeder Anleger zu unterschied

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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