TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 W122 2198897-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §16 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W122 2198897-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 05.02.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, im Iran wegen einer Auseinandersetzung mit Basiji (Religionspolizisten), die den Beschwerdeführer auch verletzt und versucht hätten, diesen festzunehmen und zu vergewaltigen, Verfolgung zu befürchten und andererseits in Österreich zum Christentum konvertiert zu sein, was im Iran zu einer Verfolgung führen würde. Vor dem Bundesamt legte der Beschwerdeführer seinen iranischen Führerschein und seine iranische Geburtsurkunde vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 05.02.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht, die das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom 25.06.2019 (schriftlich ausgefertigt am 01.08.2019) abwies (W170 2198897-1/18E).

Dagegen wurde die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Weder der Verwaltungsgerichtshof noch der Verfassungsgerichtshof erkannten der eingebrachten Revision bzw. der eingebrachten Beschwerde eine aufschiebende Wirkung zu.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 07.09.2020 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab er zusammengefasst an, dass er seine Religion gewechselt habe. Seine Eltern hätten erfahren, dass er zum Christentum konvertiert sei. Er werde daher in seiner Heimat bedroht und könne nicht zurückkehren. Das Christentum sei viel herzlicher. Seine alten Fluchtgründe seien weiterhin aufrecht.

Befragt nach dem Zeitpunkt der Änderungen seines Fluchtvorbringens gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr 2017 zum Christentum konvertiert sei.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 02.10.2020 gab der Beschwerdeführer an, dass er in eine protestantische Kirche gehe. Dort habe er 2016 ein Jahr lang den Glaubenskurs besucht und sei 2017 getauft worden. Er gehe gelegentlich in die Kirche. Seine bisher im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe halte er aufrecht. Zu seiner Familie habe er seit etwa zwei Jahren keinen Kontakt mehr, wobei er damit seinen Vater gemeint habe. Mit seiner Mutter und seinem Bruder habe er nach wie vor regelmäßigen Kontakt. An seinen Fluchtgründen habe sich dahingehend etwas geändert, dass er seinem Vater vor etwa einem Jahr gesagt habe, dass er zum Christentum konvertiert sei. Da sein Vater eine sehr religiöse Person sei, werde er nun nicht nur vom Staat, sondern auch von seiner Familie verfolgt. Dies sei der Grund für seine neuerliche Antragstellung. Sein Vater habe damals das Gespräch beendet, wie er ihm von seiner Konversion erzählt habe. Die seitens gegen ihn ausgesprochenen Drohungen von seinem Vater und dessen sehr religiösen Brüdern habe er durch seine Mutter erfahren. Wegen seiner Konversion würde er auch seitens des Staates verfolgt werden, weil dies ein islamischer Staat sei. Er habe vor seiner Ausreise aus dem Iran Probleme mit dem „Basiji“ gehabt.

In Österreich sei er im Jahr 2016 über einen Freund zur Kirche gekommen. Der protestantische Zweig habe ihm gefallen und so habe er sich taufen lassen. Daneben würde es noch den katholischen und den orthodoxen Zweig geben. Am Christentum gefalle ihm, wie über die Liebe gesprochen werde. Im Iran habe er den christlichen Glauben noch nicht gelebt, er sei auch kein strenggläubiger Christ. Er sei aber auch im Iran kein strenggläubiger Moslem gewesen, habe sich aber an die Vorschriften halten müssen und auch an diese gehalten.

Die Fußwaschung von Jesus Christus bei seinen Schülern sei für den Beschwerdeführer eine bedeutende Stelle im neuen Testament, weil hier die Gleichstellung der Leute dargestellt werde. Wichtig sei für ihn auch noch die Befreiung von den Sünden. Seinen Glauben lebe er durch das Gehen in die Kirche aus, wobei er seit einem Jahr nicht mehr in der Kirche gewesen sei und er auch schon vor Corona wenig in die Kirche gegangen sei.

Ein Gottesdienst sehe so aus, dass ein Pastor Geschichten über Jesus Christus erzähle und gemeinsam gebetet werde. Nach der Nennung einer christlichen Feiertage führte der Beschwerdeführer aus, dass Jesus am 25.12. geboren worden sei und die Christen dies feiern würden. Er begehe den Tag so wie die Christen dies tun würden und feiere mit diesen. Warum man im Christentum Wein trinke und ein kleines Stück Brot es esse, begründete der Beschwerdeführer dahingehend, dass dies vom letzten Abendmahl herkomme, er aber nicht mehr dazu wisse.

Im Christentum gäbe es kein Blutvergießen und es ginge nur um die Liebe. Ob er etwas über die Kreuzzüge wisse, verneinte der Beschwerdeführer. Er würde aber bei einer Rückkehr in den Iran nicht zum Islam rückkonvertieren, weil er seinen Glauben, den er dort weiterhin ausleben wollen würde, nicht verheimlichen könne.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 07.09.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Die Behörde stellte zusammengefasst fest, dass der Beschwerdeführer im neuerlichen Asylverfahren keine neuen Gründe vorgebracht habe bzw. sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Das Vorbringen, dass er nun durch Bedrohungen seines Vaters ausgesetzt sei, weil dieser von seiner Konversion erfahren habe, stehe untrennbar mit den bereits im Erstverfahren getätigten und als unglaubwürdig erachteten Angaben. Das neu getätigte Vorbringen, aus dem keine persönlichen Bedrohungen ableitbar gewesen seien, sei außerdem widersprüchlich, vage und nahezu einsilbig gewesen.

Am 26.11.2020 wurde eine Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht und zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nun seinen christlichen Glauben vertieft habe. Dies führe dazu, dass beim Beschwerdeführer in der Vertiefung des Glaubens und in der westlichen Orientierung in Folge der Anpassung an das Leben in Österreich, sehr wohl eine wesentliche Änderung des Sachverhalts vorliege. Da die belangte Behörde auch keine ausreichenden Recherchen zum geänderten Vorbringen getätigt habe, habe sie gegen die Ermittlungspflicht verstoßen. In weiterer Folge würde der von der belangten Behörde erlassene Bescheid daher an einem Begründungsmangel leiden. Anhand der in das Verfahren eingeflossenen Länderberichte sei auch ableitbar, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers glaubwürdig sei.

Der Beschwerdeführer regte an, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da die Nichtgewährung eines effektiven Rechtsschutzes zu einem realen Risiko einer Verletzung der EMRK führen könne. Wegen der vorherrschenden COVID-19-Situation hätte die Ausweisung (sic!) des BF nicht wenigstens vorläufig aufgeschoben werden müssen. Hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes sei die Begründung einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht nachvollziehbar gewesen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde, den Bescheid und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht mit Erledigung vom 27.11.2020 vor. Höchstgerichtliche Verfahren aufgrund des ersten Antrages sind nicht anhängig – wurde durch das Bundesverwaltungsgericht fernmündlich am 02.12.2020 erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein am XXXX geborener, volljähriger iranischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht.

Der Beschwerdeführer ist rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat – von seinem asylrechtlichen Status abgesehen – kein Aufenthaltsrecht in Österreich, ihm kam ein solches Aufenthaltsrecht niemals zu.

Der Beschwerdeführer hat Iran aus Sicht der iranischen Behörden illegal verlassen, er stammt aus XXXX .

Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers wird von den iranischen Behörden kontrolliert, es liegen dort keine kriegs- oder bürgerkriegsähnliche Zustände vor. Im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers ist die Grundversorgung gesichert.

Dem Beschwerdeführer droht wegen der illegalen Ausreise aus dem Iran, der gegenständlichen Antragstellung bzw. dem Aufenthalt im Ausland nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine behördliche Verfolgung.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. Zum Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte am 05.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Er verfügt in Österreich über keine familiären Bindungen.

Der Beschwerdeführer spricht rudimentär Deutsch, er hat in Österreich nie gearbeitet und bezieht hier – von der Grundversorgung abgesehen – kein Einkommen. Er arbeitete in seinen Unterkünften freiwillig mit und ging ins Fitnesscenter.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich kein Mitglied in einem Verein und besucht keine Schule und keine Universität, er besuchte früher eine Kirche, dies diente aber nur dazu, die Scheinkonversion glaubhaft zu machen; es sind keine darüberhinausgehenden Integrationsbemühungen feststellbar.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Der Beschwerdeführer stützt seinen Folgeantrag wie auch seinen Erstantrag auf Konversion zum Christentum. Substantielle Veränderungen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat oder in Bezug auf seine Konversion brachte der Beschwerdeführer nicht vor.

Zur maßgeblichen Situation Iran

Aus den ins Verfahren eingeführten Länderberichten ergibt sich Folgendes:

Zur Lage in Iran wird festgestellt, dass Iran eine islamische Republik ist, deren Verfassung islamische und demokratische Elemente kennt, eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht aber nicht.

Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen.

Die Justiz untersteht in Einzelfällen massivem Einfluss der Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren erfüllen internationale Standards nicht. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung und werden nach wie vor Körperstrafen, grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) und die Todesstrafe angewandt.

Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zoroastrier, Bahá‘í, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Etwa 100.000 bis 300.000 – vornehmlich armenische – Christen leben in Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die in der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben, allerdings kann jegliche Missionstätigkeit als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden und werden anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen – diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá’í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen „Apostasie“ (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden.

Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „moharebeh“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „Verdorbenheit auf Erden“, oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war.

Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt, Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen, allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird, die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab.

Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung; wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse; wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem, wenn aber ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook, berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Die Grundversorgung ist im Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt, es besteht kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung, wobei 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Die Qualität ist in Teheran und den großen Städten ausreichend bis gut, jedoch in vielen Landesteilen ist sie nicht vergleichbar mit europäischem Standard. Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben in bar bezahlt werden. In zahlreichen Apotheken sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer.

1.4. Die beschwerdeführende Partei hat einerseits angegeben, in Iran wegen einer Auseinandersetzung mit Basiji, die die beschwerdeführende Partei auch verletzt und versucht haben, diese festzunehmen und zu vergewaltigen, Verfolgung zu befürchten und andererseits in Österreich zum Christentum konvertiert zu sein, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde. Eine weitere Verfolgung wurde nicht vorgebracht.

Weder ist das Vorbringen zur Auseinandersetzung mit den Basijis und der daraus folgenden Verfolgungsangst glaubhaft gemacht worden, noch hat die beschwerdeführende Partei glaubhaft gemacht, dass sie ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist; bei der vorgebrachten Konversion handelt es sich um eine Scheinkonversion.

1.5. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr

Der Beschwerdeführer würde im Falle einer Rückkehr voraussichtlich nicht in eine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation gelangen.

Die Familie der beschwerdeführenden Partei lebt nicht in Österreich, hier befinden sich keine Verwandten der beschwerdeführenden Partei. Die beschwerdeführende Partei hat angegeben, in Österreich Freunde und eine Freundin zu haben, deren Nachnamen die beschwerdeführende Partei nicht angeben kann. Diese Beziehungen haben sich jedenfalls zu einem Zeitpunkt entwickelt, zu dem die Beteiligten um den prekären aufenthaltsrechtlichen Status der beschwerdeführenden Partei wussten.

Die beschwerdeführende Partei spricht rudimentär Deutsch, sie hat in Österreich nie gearbeitet und bezieht hier – von der Grundversorgung abgesehen – kein Einkommen.

Die beschwerdeführende Partei ist in Österreich kein Mitglied in einem Verein und besucht keine Schule und keine Universität, sie besuchte früher eine Kirche, dies dient aber nur dazu, die Scheinkonversion glaubhaft zu machen; es sind keine darüberhinausgehenden Integrationsbemühungen feststellbar.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerden folgende Erwägungen getroffen:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zum Beschwerdeführer:

Die getroffenen Feststellungen zum Beschwerdeführer selbst, seinem Leben im Iran und seinen Familienangehörigen dort beruhen auf seinen Angaben im Laufe der beiden Verfahren in Österreich; der Beschwerdeführer brachte weder im zweiten Verfahren noch in der gegenständlichen Beschwerde vor, dass die getroffenen Feststellungen nicht den Tatsachen entsprechen würden.

Die Identität konnte durch die Vorlage von iranischen Dokumenten im ersten Asylverfahren bereits festgestellt werden.

Das gleiche gilt für die Feststellungen zum Herkunftsort, zur Schulbildung und Berufsausübung, zu den Familienangehörigen im Iran und zum Gesundheitszustand.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu fehlenden familiären Anknüpfungspunkten in Österreich sind gleichbleibend und glaubhaft, weshalb dazu Feststellungen erfolgen konnten. Die Feststellungen zum sonstigen Leben in Österreich beruhen auf den Angaben im Verfahren und den im Verfahren vorgelegten Unterlagen, wie sie auch bei den Feststellungen näher bezeichnet wurden.

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, gründet sich auf einen Auszug aus dem Strafregister.

2.2.3.  Die Länderfeststellungen aus dem Erstverfahren beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Iran mit Stand 06/2019 und da wiederum auf den folgenden Einzelquellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

-        AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019

-        DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

-        FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019

-        HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019

-        ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

-        Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

-        US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

An der Aktualität, Verlässlichkeit und Richtigkeit der Informationen hat das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel.

2.2.4.  Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen, neben eines angeblichen Konflikts mit den Basiji, eine Gefährdung im Iran wegen einer Konversion zum Christentum vor. Eine solche – insbesondere innere – Konversion konnte er aber nicht glaubhaft machen:

Zur Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert sei und es sich bei der vorgebrachten Konversion um eine Scheinkonversion handle, ist beweiswürdigend auszuführen:

Hinsichtlich der Frage, ob die beschwerdeführende Partei ernstlich zum Christentum konvertiert ist, ist darauf hinzuweisen, dass diese einerseits – laut ihren Aussagen (Seite 9 der Niederschrift der Verhandlung vom 11.06.2019) – seit Monaten die Kirche nicht mehr besucht und andererseits nicht einmal in der Lage war, die Stelle im neuen Testament, die sie nach eigener Aussage am meisten beeindruckt oder interessiert hat, auch nur oberflächlich und in den Grundzügen richtig zu schildern, da sie einerseits davon sprach, dass die Söhne des Gartenbesitzers diesen von den Pächtern zurücknehmen und nicht – wie dies richtig wäre – die Pacht kassieren sollen und andererseits die beschwerdeführende Partei auch nicht dargelegt hat, dass der Gartenbesitzer zuerst seine Knechte hingeschickt hat sondern dieser nach den Angaben der beschwerdeführenden Partei sofort seine Söhne schickt. Zwar verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass von einem Konvertiten keine Bibelfestigkeit erwartet werden kann, aber es ist einer am Christentum interessierten Person, die, wie die beschwerdeführende Partei Zugang zu einer Heiligen Schrift in ihrer Muttersprache hat und - lesen kann, durchaus zuzumuten, ihre (von ihr selbst bestimmte) Lieblingsstelle in der Heiligen Schrift vorzutragen und gegebenenfalls auch erklären zu können. Weiters spricht gegen die Ernsthaftigkeit der Konversion, dass die beschwerdeführende Partei nicht weiß, was das Glaubensbekenntnis ist und das Osterfest nicht mit der Auferstehung Christi sondern mit – dem Inhalt nach – dem Pessachfest erklärt, das zwar im Judentum zur gleichen Zeit gefeiert wird, aber einen anderen religiösen Hintergrund hat. Daher ist insgesamt festzustellen, dass ein ernstlicher (innerer) Entschluss zum Christentum zu konvertieren oder bereits konvertiert zu sein, nicht festzustellen ist und es sich bei dem Vorbringen um eine Scheinkonversion handelt. Daran ändert auch die Vorlage des Taufscheins nichts.

2.5. Die Feststellungen zum fehlenden Familienleben in Österreich und zum Freundeskreis in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der beschwerdeführenden Partei und – hinsichtlich des zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Beziehungen bestehenden prekären aufenthaltsrechtlichen Situation der beschwerdeführenden Partei– aus der Aktenlage, die Feststellungen zum Niveau der Deutschkenntnisse der beschwerdeführenden Partei aus der Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich des Einkommens in Österreich und des Umstands, dass sich die beschwerdeführende Partei in Grundversorgung befindet, ist auf die Aktenlage und ihre Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verweisen.

Dass die beschwerdeführende Partei in Österreich kein Mitglied in einem Verein ist und keine Schule und keine Universität besucht, ergibt sich aus der Aktenlage und ihrem Vorbringen; ebenso ergibt sich die Feststellungen zum früheren Kirchenbesuch aus deren Vorbringen und zu den fehlenden Integrationsbemühungen der beschwerdeführenden Partei aus der Aktenlage und deren Vorbringen.

Die Feststellungen zur Lage in Iran ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt. Da dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das in das Verfahren eingeführt wurde, diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, waren die obigen Feststellungen zu treffen.

Der Beschwerdeführer gab außerdem selbst in der Verhandlung an, im Iran mit dem Christentum nicht in Kontakt gekommen zu sein und beruft sich darauf, sein Heimatland wegen eines Vorfalls mit den Basijis verlassen zu haben (vgl., Verhandlungsprotokoll, Seite 11f).

Dieser Vorfall habe sich Anfang 2015 zugetragen. Der Beschwerdeführer und sein Freund hätten beobachtet wie ein Pärchen geschmust hätte und dann von den Basiji geschlagen worden sei. Auch die seien von den Basiji gesehen worden und geflohen. Sein Freund habe dabei sein Handy verloren. Durch Anruf der Nummer hätten sie erfahren, dass dieses in die Hände der Basiji geraten sei. Am nächsten Tag am Abend wären sie von den Basiji aufgesucht worden und hätten gewaltsam mitgenommen werden sollen. Sie seien als Ungläubige bezeichnet, bedroht, geschlagen und verletzt worden, sodass der Beschwerdeführer sogar 25 Tage lang in einem Krankenhaus behandelt habe werden müssen. Er sei nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht mehr zu Hause gewesen und habe sich zuerst bei Verwandten dann bei einem Freund in Teheran jeweils vier oder fünf Monate aufgehalten, ehe er den Iran verlassen habe.

Zur Bewertung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens standen dem Bundesverwaltungsgericht neben der Aussage des Beschwerdeführers, auch das von diesem vorgelegte Video und die Aussage des Zeugen, der bei dem Vorfall dabei gewesen bzw. von diesem mitbetroffen gewesen sei, zu Verfügung. Bei der Bewertung der Aussagen des Zeugen sei zu berücksichtigen gewesen, dass dieser durch seine dreimalige Verurteilung wegen Suchtgifthandels und durch seine einmalige Verurteilung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bereits gezeigt habe, dass er mit den rechtlichen Werten nicht verbunden sei. Weiters sei darauf hingewiesen worden, dass das vorgelegten Video dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu mehr, sondern eher zu weniger Glaubwürdigkeit verholfen habe. Es sei inszeniert worden, weil man die direkten Angriffe nicht sehe und an den Angegriffenen zwar Blut darstellende Substanzen zu sehen gewesen wären, an den (Hieb- und Stich-) Waffen diese jedoch nicht zu sehen gewesen wären. Darüber hinaus sei absolut nicht nachvollziehbar gewesen, warum die iranischen Religionspolizisten das Video mit im Iran aus religiöser Sicht verbotener moderner Musik unterlegen hätten sollen.

Auch kommt dem Vorbringen an sich keine Glaubwürdigkeit zu, weil es einerseits oberflächlich und nicht lebensnahe geschildert worden ist und andererseits und vor allem nicht erklärbare Widersprüche in der Schilderung des Fluchtvorbringens im Laufe des Asylverfahrens vorzufinden gewesen sind.

So widersprach sich der Beschwerdeführer bei den Zeitangaben bis zu seiner Ausreise aus dem Iran und bezüglich des Angriffs der Basiji. Widersprüche zu Details bei der Entlassung aus dem Krankenaus und eines Anrufes zu Hause mit einer neuen Telefonnummer hätten ebenfalls nicht aufgeklärt werden können. Ebenso sei der Widerspruch nicht aufgeklärt worden, wo sich der Vorfall zugetragen habe, der den Konflikt mit den Basaiji ausgelöst habe.

Nicht nachvollziehbar war es gewesen, dass der BF und der Zeuge nur angegriffen worden seien, jedoch man diese nicht festgenommen habe bzw. festnehmen habe können.

Weiters hat der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, in der dritten Nacht im Viehbetrieb von den Basiji angegriffen worden zu sein, während er vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben habe, dass der Angriff in der zweiten Nacht im Viehbetrieb erfolgt sei; der Zeuge habe dahingegen in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, dass die Basiji in der ersten Nacht gekommen seien; trotz Vorhalt habe dieser Widerspruch nicht aufgeklärt werden können.

Daher sei dieses Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht worden. Die Narben, die der Beschwerdeführer am Körper tragen würde, würden den geschilderten Vorfall auch nicht erklären können. Es habe nur festgestellt werden können, dass entsprechende Verletzungen vorliegen würden. Auf eine gerichtsmedizinische Untersuchung der Narben sei daher verzichtet worden.

In Zusammenschau der nur oberflächlichen Angaben des Beschwerdeführers über seine Glaubensausübung in Österreich, über die wenig nachvollziehbare innere Konversion und die fehlende allgemeine Auseinandersetzung mit seiner alten, wie auch mit seiner neuen Religion, lässt einen tatsächlichen Religionswechsel nicht glaubhaft erscheinen.

Hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer ernstlich zum Christentum konvertiert sei, sei darauf hinzuweisen gewesen, dass dieser einerseits – laut seinen Aussagen (Seite 9 der Niederschrift der Verhandlung vom 25.06.2019) – seit Monaten die Kirche nicht mehr besuche und andererseits nicht einmal in der Lage gewesen sei, die Stelle im neuen Testament, die ihn nach eigener Aussage am meisten beeindruckt oder interessiert hätte, auch nur oberflächlich und in den Grundzügen richtig zu schildern, da er einerseits davon gesprochen habe, dass die Söhne des Gartenbesitzers diesen von den Pächtern zurücknehmen und nicht – wie dies richtig wäre – die Pacht kassieren sollen und andererseits der Beschwerdeführer auch nicht dargelegt habe, dass der Gartenbesitzer zuerst seine Knechte hingeschickt habe, sondern dieser nach den Angaben des Beschwerdeführers sofort seine Söhne schicken würde. Zwar verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass von einem Konvertiten keine Bibelfestigkeit erwartet werden könne, aber es ist einer am Christentum interessierten Person, die, wie der Beschwerdeführer Zugang zu einer Heiligen Schrift in seiner Muttersprache habe und lesen könne, durchaus zuzumuten sei, seine (von ihm selbst bestimmte) Lieblingsstelle in der Heiligen Schrift vorzutragen und gegebenenfalls auch erklären zu können. Weiters spreche gegen die Ernsthaftigkeit der Konversion, dass der Beschwerdeführer nicht wisse, was das Glaubensbekenntnis sei und das Osterfest nicht mit der Auferstehung Christi sondern mit – dem Inhalt nach – dem Pessachfest erklärt wurde, das zwar im Judentum zur gleichen Zeit gefeiert werde, aber einen anderen religiösen Hintergrund habe. Daher sei insgesamt festzustellen, dass ein ernstlicher (innerer) Entschluss zum Christentum zu konvertieren oder bereits konvertiert zu sein, nicht festzustellen gewesen sei und es sich bei dem Vorbringen um eine Scheinkonversion handeln würde. Daran ändere auch die Vorlage des Taufscheins nichts.

Auch im nun von der Behörde wiederholten Verfahren brachte der Beschwerdeführer einerseits eine Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Religionen zum Ausdruck und andererseits brachte er auch keine weiteren Details zum fluchtauslösenden und bereits rechtskräftig als negativ entschiedenem Vorfall mit den Basiji vor.

Zum nun mehr ergänzend getätigten Vorbringen, dass er nun von seinem Vater verfolgt werde, ist auszuführen, dass diese Verfolgung keine asylrechtlich relevante Verfolgung begründen könne, zumal sich dieses Vorbringen, nur auf eine private und keine staatliche bzw. staatliche geduldete Verfolgungshandlung beziehen würde.

Abgesehen davon, dass das Vorbringen, dass er nun durch Bedrohungen seines Vaters ausgesetzt sei, weil dieser von seiner Konversion erfahren habe, untrennbar mit den bereits im Erstverfahren getätigten und als unglaubwürdig erachteten Angaben stehen würde, sei aus diesem auch keine persönlichen Bedrohungen ableitbar gewesen seien. Ebenso sei dieses Vorbringen in Bezug auf den Kontakt mit der Familie (insbesondere dem Vater) widersprüchlich gewesen. Es blieb auch vage und nahezu einsilbig. Des Weiteren hat der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Erstverfahren bereits angegeben, dass er mit seiner Familie wegen seiner Konversion in Kontakt gewesen sei und seinem Vater dies missfallen hätte.

Dass sich der Beschwerdeführer seit seines am 25.06.2019 durch mündliche Verkündung des die Beschwerde in vollem Umfang abweisenden Erkenntnis rechtskräftig gewordenen Abweisung seines Asylantrages tiefergehend mit dem Christentum beschäftigt hätte, konnte im Folgeverfahren in seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt in keiner Weise geltend gemacht werden.

Hierbei führte er an, dass er in Österreich im Jahr 2016 über einen Freund zur Kirche gekommen sei. Der protestantische Zweig habe ihm gefallen und so habe er sich taufen lassen. Ein Schlüsselerlebnis oder einen sonstigen spirituellen Grund warum sich der Beschwerdeführer zum Christentum gewandt habe, könnte der Beschwerdeführer nicht vorbringen.

Er betonte, dass ihm am Christentum gefalle, wie über die Liebe gesprochen werde. Im Christentum gäbe es kein Blutvergießen und es ginge nur um die Liebe. Ob er etwas über die Kreuzzüge wisse, verneinte der Beschwerdeführer. Hierbei zeigte der Beschwerdeführer, dass keine innere Zuwendung zum Christentum darlegen hat können, sondern er sich lediglich allgemeingültigen Phrasen bediente, um Fragen, deren Antworten eine tiefere Auseinandersetzung mit der Religion belegen hätten können, auszuweichen. Da der Beschwerdeführer kaum ein tiefergehendes theologisches Wissen über die Religion hat darlegen können, hat dies den Eindruck verstärkt, dass er sich mit der christlichen Religion nicht ernsthaft auseinandergesetzt hat. Dieses Indiz verstärkt sich danach abermals, weil er angab, dass er auch kein strenggläubiger Christ sei. Dass er generell Religionen keine größere Bedeutung zumisst, machte der Beschwerdeführer auch durch seine Angaben deutlich, dass er im Iran weder den christlichen Glauben ausgelebt habe noch er dort ein strenggläubiger Moslem gewesen sei, er sich dort aber an die Vorschriften halten habe müssen und diese auch eingehalten habe. An dieser Stelle wird seitens des erkennenden Richters auch ausgeführt, dass dies aber seine Anpassungsfähigkeit an Gegebenheit seines Aufenthaltsortes zeigt.

Dass er das Christentum in keiner Weise vertieft habe, stellte er auch dahingehend zur Schau, in dem er zwar angab, seinen Glauben durch das Gehen in die Kirche ausübe, wobei er aber schon seit über einem Jahr nicht in der Kirche gewesen sei und er auch schon vor Corona wenig in die Kirche gegangen sei. In der seiner Pfarre habe er auch keine Funktion und würde dorthin nur zum Beten hingehen.

Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Christentum auseinandergesetzt hat und er ein rudimentäres Wissen zur Schau stellen konnte. So führte er an, dass die von Jesus Christus bei seinen Schülern durchgeführte Fußwaschung eine bedeutende Stelle im neuen Testament für ihn sei, weil hier die Gleichstellung der Leute dargestellt werde. Dass der Beschwerdeführer diese Stelle allerdings einstudiert hat, wird auch dahingehend deutlich, dass er danach wieder eine allgemeingültige Aussage traf, in dem er anführte, dass für ihn auch noch die Befreiung von den Sünden wichtig sei. Keine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Christentum wurde auch deutlich, als er einen Gottesdienst dahingehend beschrieb, dass ein Pastor Geschichten über Jesus Christus erzähle und gemeinsam gebetet werde. Eine Person, die sich tatsächlich für das Christentum interessiert und nach einer Konversion im Erwachsenenalter sein Wissen über diese vertiefen wolle, würde jedenfalls nicht diese Begriffe in Bezug auf einen Gottesdienst anführen und bei Begriffen über den Ablauf des Gottesdienstes zumindest „Liturgie“ und „Lesung“ und keineswegs „Geschichten erzählen“ verwenden.

Dass sich der Beschwerdeführer auch nicht tiefergehend mit dem Christentum auseinandergesetzt hat, wird auch dadurch deutlich, dass er zwar einige christliche Feiertage hat nennen können, er jedoch ausführte, dass Jesus am 25.12. geboren worden sei und die Christen dies feiern würden. Hierbei war insbesondere auffällig, dass auch die protestantische Kirche das Weihnachtsfest am 24.12. (dem Heiligen Abend) begeht und er keine Angaben dazu machen konnte, wie er Weihnachten feiern würde. Er gab ausweichend an, dass er dies so mache, wie die Christen das tun würden und feiere mit diesen. Hierbei bringt er nicht nur zum Ausdruck, dass er Weihnachten nicht feiern würde, sondern auch zum Ausdruck, dass er sich selbst nicht als Christen sehe, zumal er dezidiert ausführte, dass er „mit diesen feiere“. Eine Person, die sich als Christ sieht und sich tiefergehend mit der Religion beschäftigt hat, würde diese Aussagen über das christliche Weihnachtsfest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders formulieren.

Dass er über bestenfalls rudimentäres Wissen über die christliche Religion verfügt und er sich in keiner Weise mit dieser tiefergehend auseinandergesetzt hat, wird auch dadurch offenkundig, dass der Beschwerdeführer die Frage, warum man im Christentum Wein trinke und ein kleines Stück Brot es esse dahingehend beantwortete, dass dies vom letzten Abendmahl herkomme, er aber nicht mehr dazu wisse.

Dass er im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht zum Islam rückkonvertiere, weil er seinen jetzigen Glauben, den er dort weiterhin ausleben wollen würde, nicht verheimlichen könne, ist als eine reine Schutzbehauptung auszulegen, zumal der Beschwerdeführer in Österreich schon seit geraumer Zeit kein Interesse an der Ausübung der christlichen Religion zeigt und der Beschwerdeführer angab, dass er weder im Islam noch im Christentum strenggläubig (gewesen) wäre. Da er dezidiert anführte, dass er im Iran an die Regeln gehalten habe, weil nach den Vorschriften habe leben müssen und er im christlichen Glauben nach den christlichen Vorschriften leben würde, zeigt nur, dass er besonders anpassungsfähig ist. Dass er sich durch das Anpassen an „christliche Vorschriften“, die der Beschwerdeführer offenkundig mit einer westlichen Lebensweise gleichsetzt, im Falle einer Rückkehr nicht mehr an die Regeln in einem islamischen Staat halten könnte, in dem er sozialisiert wurde und die meiste Zeit seines Lebens gelebt hat, ist auch im Folgeverfahren nicht hervorkommen.

Dass die durch die rechtsfreundliche Vertretung verfasste Beschwerdeschrift vermeint, dass der Beschwerdeführer verwestlicht sei, weil er sich an das Leben in Österreich angepasst habe, spricht aufgrund der in der Beschwerde dazu nicht näher begründeten Ausführungen, in Zusammenschau der bisher getätigten Angaben des Beschwerdeführers, auch dafür, dass der Beschwerdeführer anpassungsfähig ist und er seine große Anpassungsfähig in verschiedenen Kulturen dadurch unter Beweis stellt. Dass er westliche Lebensweise derart verinnerlicht hätte, dass ihm eine Rückkehr in den Iran nicht mehr zumutbar wäre, könnte der Beschwerdeführer im Folgeverfahren weder durch seine Angaben vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde ausreichend begründend darlegen.

Zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, ergebe sich in erster Linie aus der persönlichen Situation des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zum fehlenden Familienleben in Österreich und zum Freundeskreis in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers und – hinsichtlich des zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Beziehungen bestehenden prekären aufenthaltsrechtlichen Situation des Beschwerdeführers – aus der Aktenlage, die Feststellungen zum Niveau der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers aus der Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung des ersten Verfahrens. Weiter Anhaltspunkte, dass sich daran etwas geändert habe, sind auch im Folgeverfahren nicht hervorgekommen.

Hinsichtlich des Einkommens in Österreich und des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer in Grundversorgung befindet, ist auf die Aktenlage im Folgeverfahren, die sich mit seinen Aussagen im ersten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht decken würden, zu verweisen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Mitglied in einem Verein ist und keine Schule und keine Universität besucht, ergibt sich aus der Aktenlage und seinem Vorbringen; ebenso ergibt sich die Feststellungen zum früheren Kirchenbesuch aus dessen Vorbringen und zu den fehlenden Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers aus der Aktenlage und dessen Vorbringen.

Die folgenden aktuellen Länderfeststellungen zeichnen kein anderes als bereits durch das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2019 gezeichnetes Bedrohungsbild:

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 19.06.2020

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums, die dem Präsidenten berichten, und die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC), welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen im ganzen Land, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij-Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten involviert (US DOS 11.3.2020). Organisatorisch sind die Basij den Pasdaran (Revolutionsgarden) unterstellt und ihnen gehören auch Frauen an (AA 26.2.2020). Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen und Universitäten, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander und reichen bis zu mehreren Millionen (ÖB Teheran 10.2019).

Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst. Eine Sonderrolle nehmen die Revolutionsgarden ein, deren Auftrag formell der Schutz der Islamischen Revolution ist. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben sie neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über fortschrittlichere Ausrüstung als die reguläre Armee, eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste, die auch mit Inlandsaufgaben betraut sind, sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer (AA 26.2.2020). Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 4.3.2020). Sie betreiben den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügen damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der IRGC Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als

120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Khamenei und den Revolutionsgarden gehören rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018). Längst ist aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden – gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Sehr zum Leidwesen von Hassan Rohani. Der Präsident versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Das gelingt ihm jedoch kaum (Tagesspiegel 8.6.2017; vgl. BTI 2020). Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor nach Belieben – nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen – überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017).

Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela’at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität (Imam Ali Universität). Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz (AA 26.2.2020).

Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem „Hohen Rat für den Cyberspace“ beschäftigt sich die iranische Cyberpolizei mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU- Menschenrechtssanktionsliste (AA 26.2.2020).

Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete. Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und für Proteste oder Aufstände. Sie wird von den Revolutionsgarden (IRGC) und den Basij Milizen unterstützt. Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den IRGC. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, ist aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BTI 2020).

Der Oberste Führer hat die höchste Autorität über alle Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit innerhalb des Sicherheitsapparates ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Fehlverhalten der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter zur Rechenschaft zieht (US DOS 11.3.2020).

Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da die Geheimdienste (der Regierung und der Revolutionsgarden) sowie die Basijis nicht nach iranischen rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Bereits auffälliges Hören von (insbesondere westlicher) Musik, ungewöhnliche Bekleidung oder Haarschnitt, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam, Partys oder gemeinsame Autofahrten junger, nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen könnte den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Misshandlung durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden (ÖB Teheran 10.2019).

In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung, ist nicht bekannt, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Insbesondere die kurdische Region scheint stärker überwacht zu sein, als der Rest des Landes (DIS 7.2.2020).

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2019).

Anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha‘i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 10.2019). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018; vgl. FH 4.3.2020). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018; vgl. FH 4.3.2020) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 4.3.2020).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2019).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 18.2.2020).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Farsi sind verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 26.2.2020).

Schiitische Religionsführer, welche die Regierungspolitik nicht unterstützen, sind weiterhin Einschüchterungen und Verhaftungen ausgesetzt (US DOS 21.6.2019).

Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran“ waren 2018 mindestens 272 Angehörige religiöser Minderheitengruppen aufgrund des Praktizierens ihrer Religion inhaftiert, 165 Gefangene wegen „Feindschaft gegen Gott“, 34 wegen „Beleidigung des Obersten Führers und Ayatollah Khomeini“ und 20 wegen „Korruption auf Erden“ (US DOS 21.6.2019).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 18.2.2020). In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie jedoch sehr selten (wenn überhaupt noch vorhanden), bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 10.2019).

Christen

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen – solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten – ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung zuerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 10.2019; vgl. AA 26.2.2020), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 26.2.2020). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht „Kultusfreiheit“ innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime weder Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, noch Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit. Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten (Proselytismusverbot) und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor, wobei es in den letzten Jahren zu keinem derartigen Urteil kam. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen („Hauskirchen“) oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 10.2019).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten