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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 1995, Zl. SD 323/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit September 1991 im Bundesgebiet befinde, sei vom Jugendgerichtshof Wien am 17. Februar 1993 wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten, vom Strafbezirksgericht Wien am 28. März 1994 wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe und zuletzt vom Bezirksgericht Floridsdorf am 14. November 1994 ebenfalls wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden.
Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vorlägen, zumal der Beschwerdeführer nicht nur mehrmals wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen verurteilt, sondern in einem Fall auch das in der genannten Gesetzesstelle normierte Strafausmaß überschritten worden wäre.
Das den Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers sowie die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.
Diesbezüglich sei im Hinblick darauf, daß sich sowohl die Ehegattin als auch die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich aufhielten, von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei aber die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Immerhin sei der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von nicht einmal zwei Jahren insgesamt dreimal wegen Diebstahls rechtskräftig verurteilt worden. Dieses Verhalten bringe mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck, daß er offenbar nicht in der Lage sei, die zum Schutz fremden Eigentums aufgestellten Normen seines Gastlandes zu beachten. Alleine der Umstand, daß der Beschwerdeführer weder durch eine rechtskräftige Verurteilung noch durch eine niederschriftliche Ermahnung durch die Erstbehörde am 19. Juli 1993 davon abgehalten worden sei, unmittelbar darauf neuerlich straffällig zu werden, lasse eine positive Zukunftsprognose nicht zu. Der Versuch des Beschwerdeführers, seine strafbaren Handlungen damit zu erklären, daß er etwa sechs Monate arbeitslos gewesen wäre, sei nicht zielführend, seien doch die Verurteilungen in einem Zeitraum von rund 21 Monaten erfolgt. Angesichts des den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und der darin zum Ausdruck kommenden krassen Mißachtung des Eigentums anderer Menschen sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 MRK) als zulässig im Grunde des § 19 FrG zu erachten.
Im Lichte dieser Beurteilung müsse auch die gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausschlagen. Auch wenn dabei die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes in Anbetracht der engen familiären Bindungen, die der Beschwerdeführer zu Österreich habe, auf seine Lebenssituation und die seiner Familie als nicht unerheblich zu werten gewesen seien, sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, daß diese Umstände nicht schwerer wögen als die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde vermag der - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhenden - Auffassung der belangten Behörde, wonach vorliegend der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 verwirklicht und überdies die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme (in Ansehung der öffentlichen Ordnung) gerechtfertigt sei, nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.
2. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer sei vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes dahingehend "rechtsbelehrt" worden, daß "im Falle einer weiteren strafbaren Handlung" über ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt werde. Damit sei gemeint gewesen, daß ab Ausspruch der Verwarnung durch die erstinstanzliche Behörde keine weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer hätten gesetzt werden dürfen. Da dieser nach der niederschriftlichen Verwarnung am 19. Juli 1993 keine einzige Straftat gesetzt habe - so auch sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und in der Berufung - sei die Begründung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte durch die niederschriftliche Ermahnung der Erstbehörde von neuerlichen Strafhandlungen nicht abgehalten werden können, "aktenwidrig und unrichtig". Auch liege ein Begründungsmangel dahingehend vor, daß die nach der Verwarnung erfolgten Verurteilungen Tathandlungen beträfen, die "weit" vor der Verwarnung am 19. Juli 1993 gesetzt worden seien.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend: Den Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das Strafbezirksgericht Wien und das Bezirksgericht Floridsdorf liegen - nach seinen eigenen Angaben (S. 47 und 65 des Verwaltungsaktes) - Vorfälle vom Jänner bzw. April/Mai 1994 (also jeweils nach der Ermahnung am 19. Juli 1993) zugrunde. Sollte die Beschwerde damit meinen, die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene "Verwarnung" des Beschwerdeführers hätte bewirkt, daß alle vor diesem Zeitpunkt erfolgten Verurteilungen nicht mehr zu Lasten des Beschwerdeführers verwertet werden dürfen, so ist ihr zu entgegnen, daß eine "Verwarnung/Ermahnung" keine förmliche behördliche Entscheidung darstellt, die die belangte Behörde gehindert hätte, ein Aufenthaltsverbot (auch) auf die vor diesem Zeitpunkt gelegene rechtkräftige Verurteilung bzw. das ihr zugrunde liegende strafbare Verhalten des Fremden zu stützen.
2.1. Die Beschwerde bekämpft die von der belangten Behörde zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgegangene Interessenabwägung nach § 19 und § 20 Abs. 1 FrG.
Die belangte Behörde habe den "Schuldgehalt" der rechtskräftigen Verurteilungen (wohl: der ihnen zugrunde liegenden Tathandlungen) nicht überprüft und u.a. dadurch keine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer zugelassen. Durch diese unrichtige Zukunftsprognose habe die belangte Behörde "die Achtung des privaten Familienlebens des Beschwerdeführers mißachtet", der seit Jahren in Österreich mit seiner Familie zusammenlebe und dessen Lebensmittelpunkt in Österreich gelegen sei. Der Beschwerdeführer habe ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis und die dazu erforderliche Arbeitserlaubnis. Die Rechtstreue des Beschwerdeführers lasse sich auch daraus erkennen, daß er seinem Rechtsfreund aufgetragen habe, eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einzubringen und selbst ins Ausland ausgereist sei und vom Ausland die Entscheidung abwarte. Er verhalte sich nun "in größter Not" gesetzestreu.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung gemäß § 19 FrG auf die in Österreich bestehenden Bindungen des Beschwerdeführer zu seiner Familie Bedacht genommen. Sie hat zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Diesen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an seinem Verbleiben in Österreich sind die durch sein Fehlverhalten beeinträchtigten öffentlichen Interessen gegenüberzustellen. Die wiederholten Angriffe auf fremdes Vermögen in einem Zeitraum von rund 21 Monaten, noch dazu teilweise (der ersten Verurteilung zugrunde liegend) in Form gewerbsmäßiger Tatbegehung, lassen das Aufenthaltsverbot mit Rücksicht auf die Verhinderung von strafbaren Handlungen und den Schutz der Rechte anderer, also von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, auch unter Bedachtnahme auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers dringend geboten und damit im Grunde des § 19 FrG zulässig erscheinen. Wenn der Beschwerdeführer seine "Rechtstreue" nach Erlassung des angefochtenen Bescheides (durch Ausreise aus dem Bundesgebiet) für sich ins Treffen führt, so ist ihm zu entgegnen, daß mit Rechtskraft des Aufenthaltsverbotsbescheides für ihn die Verpflichtung zur Ausreise bestand (§ 22 Abs. 1 FrG) und ein gesetzeskonformes Verhalten keine Schmälerung des maßgeblichen öffentlichen Interesses bewirkt.
2.3. Der angefochtene Bescheid kann auch im Lichte des § 20 Abs. 1 FrG nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die im Hinblick auf die Dauer seines inländischen Aufenthaltes und seine familiären Bindungen gegebenen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers werden insoweit an Gewicht gemindert, als die für das Ausmaß seiner Integration wesentliche soziale Komponente durch die in Rede stehenden, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Verurteilungen deutlich beeinträchtigt ist. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer wurde demnach von der belangten Behörde auch gemäß § 20 Abs. 1 FrG nicht zu Unrecht für zulässig erachtet.
2.4. Auch das ergänzende Beschwerdevorbringen (Schriftsatz vom 16.3.1996), der Ehegattin und den Kindern des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 18. September 1995, Zl. MA 61/IV-P247/94, die Verleihung (Erstreckung der Verleihung) der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 20 des Staatsbürgerschaftsgesetzes - StbG, BGBl. Nr. 311/1985, für den Fall zugesichert worden, daß sie binnen zwei Jahren den Nachweis "über das Ausscheiden aus dem rumänischen Staatsverband erbringen", vermag die persönliche Interessenlage des Beschwerdeführers nach § 20 Abs. 1 FrG nicht maßgeblich zu verstärken.
3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995180807.X00Im RIS seit
20.11.2000