TE Lvwg Beschluss 2020/11/13 VGW-131/V/036/14343/2020

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Veröffentlicht am 13.11.2020
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Entscheidungsdatum

13.11.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §13
VwGVG §22 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über den Antrag des (am ...1988 geborenen) Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 16.09.2020, Zl. ..., betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, erhobenen und zur hg. Zl. VGW-131/036/14088/2020 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den

BESCHLUSS

gefasst:

Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG iVm § 22 Abs. 3 VwGVG wird dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde keine Folge gegeben.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 16.09.2020 war gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) Folgendes angeordnet worden:

„Die Landespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - entzieht Ihnen gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 die für die Klasse(n) AM, B erteilte Lenkberechtigung.

Gemäß § 26 Absatz 2a FSG 1997 wird verfügt, dass Ihnen die Lenkberechtigung für die Zeit von sechs (6) Monaten,

gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen wird.

Sie haben gemäß § 29 Absatz 3 FSG 1997 den am 20.05.2019 unter der Zahl ... von der LPD Wien/VA für die Klasse(n) AM, B ausgestellten Führerschein unverzüglich im Verkehrsamt der Landespolizeidirektion Wien abzugeben.

Einer eventuellen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 aberkannt.“

Begründend führte die belangte Behörde aus, am 30.05.2020 um ca. 0:34 Uhr habe der Bf in Wien 21., Nordbrücke iH Rampe 40 als Lenker des Pkws die außerhalb des Ortsgebietes zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 100 km/h überschritten. Diesbezüglich sei er vom Polizeikommissariat C. am 29.07.2020 wegen einer Übertretung nach § 52/10a StVO 1960 mit 800,-- Euro, im Uneinbringlichkeitsfalle 11 Tage und 11 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, bestraft worden.

Gemäß § 26 Abs. 2a FSG 1997 habe im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG genannten Übertretung die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. Nach Wiedergabe des § 7 Abs. 1 FSG 1997 und § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG 1997 führte die belangte Behörde weiters aus, aus dem Festgestellten lasse sich eine negative Prognose nach § 7 FSG 1997 für das zukünftige Verhalten des Bf im Straßenverkehr ableiten. Aus diesem Grunde liege bei ihm die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor. Um den Bf von der Begehung vergleichbarer Handlungen abzuhalten und zum Schutze der Allgemeinheit habe die Behörde als vorbeugende Maßnahme die Entziehung der Lenkberechtigung festgesetzt. Aus den gleichen Gründen sei einer eventuellen Beschwerde aus Gründen des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf fristgerecht Beschwerde. Zur Begründung brachte er vor, die von ihm begangene Tat sei durch einen Notstand entschuldigt, zumal eine akute Gefahr nicht nur für das Leben der Familienangehörigen, sondern auch eine Gefahr für das Vermögen (Wohnungsinhalt) bestanden habe.

Auch stellte er einen Antrag auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung. Er verwies darauf, bereits am 31.08.2020 eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis zeit- und formgerecht eingebracht zu haben (Anmerkung: diese Beschwerde ist beim Verwaltungsgericht Wien zur Zl. 031/062/13919/2020 protokolliert). Es sei daher der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zumal es möglich sei, dass das oben beschriebene Verhalten aufgrund entschuldigenden Notstands gerechtfertigt sei. Auch wenn die Geschwindigkeitsübertretung nach § 6 VStG nicht gerechtfertigt sei, so stelle es jedenfalls einen erheblichen Milderungsgrund dar, dass er nicht einfach aus Jux und Tollerei schnell gefahren sei, sondern das eigene Vermögen bzw. Leib und Leben der Familienangehörigen habe beschützen wollen und in dieser Absicht gehandelt habe. Außerdem sei es zu bedenken, dass er bisweilen außerhalb von Wien arbeite und daher zwischen seiner Wohnung und Arbeitsstätte pendeln müsse, wofür er unbedingt das Auto und somit auch seinen Führerschein benötige. Es gebe sonst niemanden, der ihn zur Arbeitsstätte fahren könnte. Auch die Möglichkeit einer Fahrgemeinschaft sei nicht gegeben. Der Zuerkennung stehen außerdem keine erkennbaren zwingenden öffentlichen Interessen entgegen bzw. vermöge die Behörde diese nicht aufzuzeigen. Allein aus einer einmaligen, wenn auch erheblichen Geschwindigkeitsübertretung lasse sich nicht eine negative Zukunftsprognose ableiten. Auch eine Gefahr in Verzug sei nicht zu erkennen, zumal er sich seit der letzten Tatbegehung wohlverhalten habe und sich keine verwaltungsstrafrechtlichen Vorwürfe zuschulden habe kommen lassen. Aus diesen Gründen werde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs. 3 VwGVG kann die Behörde Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die
Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist damit das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kommt diesem die Zuständigkeit zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zu (§ 22 Abs. 3 VwGVG). Es kann sowohl Bescheide der Behörde gemäß § 13 VwGVG als auch eigene Beschlüsse auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, nämlich u.a. dann, wenn sich die maßgeblichen Voraussetzungen wesentlich geändert haben. Diese Bestimmung ermöglicht also auch die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen nach der Entscheidung der Behörde (vgl. dazu den Beschluss des VwGH vom 01.09.2014, Zl. Ra 2014/03/0028).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG), dass im Fall der Feststellung der Verkehrsunzuverlässigkeit einer Person durch die Behörde (erster Instanz) die betreffende Person für die Dauer des Berufungsverfahrens (nunmehr: Beschwerdeverfahrens) vom Lenken von Kraftfahrzeugen auszuschließen ist. Dies liegt im öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Gefahren, die von verkehrsunzuverlässigen Lenkern ausgehen (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 29.06.1993, Zl. 93/11/0112, und die dort zitierte Vorjudikatur). In diesem Stadium des Verfahrens ist von der Rechtmäßigkeit der Annahme der belangten Behörde auszugehen; eine endgültige Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Annahme hat erst mit der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Entziehung der Lenkberechtigung zu erfolgen.

Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf das verwaltungsstrafrechtliche Verfahren wegen Übertretung des § 52 lit a Z. 10a StVO 1960 iVm § 99 Abs. 2e StVO 1960 (erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung) ausgeführt, dass beim Bf eine die Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 FSG 1997 ausschließende Sinnesart zu erkennen sei. Aus diesem Grund hat sie die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten nach dem FSG verfügt.

Der Bf hat in seiner Beschwerde selbst angegeben gehabt, dass er damals mit 198 km/h auf der Nordbrücke, wo die höchstzulässige Geschwindigkeit 80 km/h betrage, gefahren sei.

Es ist in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. das Erkenntnis vom 16.01.1985, Zl. 84/11/0243) zu verweisen, nach der die Voraussetzungen für die Ausschließung der aufschiebenden Wirkung im Falle der Entziehung der Lenkberechtigung (und damit auch hinsichtlich der mit dieser ausgesprochenen begleitenden Maßnahme) mangels Verkehrszuverlässigkeit gegeben sind, indem die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist (siehe zum Fall des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung im Falle der Zurücknahme des Taxilenkerausweises das Erkenntnis des VwGH vom 25.06.2003, Zl. 2002/03/0112).

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung liegen daher nicht vor.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerde; aufschiebende Wirkung; Zuerkennung; Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.131.V.036.14343.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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