TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/24 VGW-251/078/7292/2018/VOR

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §57 Abs1
AVG §57 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Marcus Osterauer über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Jänner 2018, Zahlungsreferenz ..., betreffend die Vollstreckung der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 1. Dezember 2017, GZ MA 48/..., gemäß § 89a Abs. 7und 7a StVO auferlegten Verpflichtung zur Zahlung von Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung eines Kraftfahrzeuges, nach Erhebung einer Vorstellung gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23. Mai 2018, Zl. VGW-251/078/RP10/3283/2018-4,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Vollstreckungsverfügung bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und bekämpfter Bescheid:

1.1. Mit einem in Anwendung des § 57 AVG ergangenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (in Folge: belangte Behörde) vom 1. Dezember 2017, GZ MA 48/..., wurden dem Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO in Verbindung mit den §§ 2 und 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 15. Dezember 2016 betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen die Kosten für die am 28. November 2017 um 03:43 Uhr erfolgte Entfernung und Aufbewahrung seines in Wien, C.-straße … abgestellten Fahrzeuges (LKW-Klein, …) mit dem behördlichen Kennzeichen W-... mit 356,00 Euro vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7. Dezember 2017 durch Hinterlegung zugestellt.

1.2. Mit Vollstreckungsverfügung vom 29. Jänner 2018, Zahlungsreferenz ..., verfügte die belangte Behörde die Zwangsvollstreckung zur Einbringung des Gesamtbetrages von EUR 356,00.

1.3. Mit E-Mail vom 27. Februar 2018 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung, in welcher er zusammengefasst im Wesentlichen einwendet, er habe bereits im Dezember einen Einspruch erhoben und die Gebühr dafür entrichtet, sowie um Akteneinsicht und Vorlage der Bilder gebeten. Die Abschleppung sei zu Unrecht erfolgt. Den eingemahnten Betrag habe er unter Vorbehalt zur Anweisung gebracht.
Auch monierte der Beschwerdeführer, dass über den Einspruch gegen den Kostenbescheid trotz Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr nicht entschieden worden sei.

Der Beschwerdeführer übermittelte der belangten Behörde aus dem Postfach „D. Gesendet“ der E-Mail-Adresse info@d..eu Screenshots eines E-Mails an die elektronische Adresse asg@ma48.wien.gv.at der belangten Behörde vom 18. Dezember 2017 mit der Vorstellung und eines weiteren E-Mails an die belangte Behörde vom 29. Dezember 2017, in der er um Empfangsbestätigung ersuchte sowie einer weiteren Versendung der E-Mail am 27. Dezember 2017.

2. Beschwerde und Beschwerdeverfahren:

2.1. Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor. Mit der Beschwerde legte die belangte Behörde Screenshots des elektronischen Posteingangsordners der MA 48 Abschleppgruppe betreffend den Posteingang des 29. Dezember 2017 vor.

2.2. Mit E-Mail vom 21. März 2018 ersuchte das Verwaltungsgericht die belangte Behörde um nochmalige Durchsicht ihres E-Mail Archivs um den 18. Dezember 2017 und den 27. Dezember 2017.

2.3. Mit E-Mail vom 21. März 2018 gab die belangte Behörde bekannt, dass kein E-Mail des Beschwerdeführers gefunden habe werden können und übermittelte Screen-Shots des elektronischen Posteingangsordners der MA 48 Abschleppgruppe betreffend den 18. Dezember 2017 und den 27. Dezember 2017.

2.4. Mit dem durch die zuständige Rechtspflegerin erlassenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23. Mai 2018, GZ VGW-251/078/RP10/3283/2018, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung seines Erkenntnisses führte das Verwaltungsgericht (auf das Wesentlichste zusammengefasst) aus, dass es nach der unbedenklichen Aktenlage an Anhaltspunkten dafür fehle, dass die Vorstellung gegen den Kostenbescheid bei der belangten Behörde eingelangt sei. Auch die internen Nachforschungen der Behörde hätten ergeben, dass weder am 18. Dezember 2017 noch an den Tagen davor oder danach ein E-Mail des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde eingelangt ist. Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass ein solches E-Mail bei der belangten Behörde gelöscht worden sei. Der Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 2017 sei daher mangels Einbringung einer Vorstellung in Rechtskraft erwachsen und gegenüber dem Beschwerdeführer als Verpflichteten rechtswirksam geworden.

2.5. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Vorstellung an den zuständigen Richter.

2.6. Am 3. November 2020 fand vor dem Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, von der sich der Beschwerdeführer unmittelbar nach Vorhalt der Screenshots des elektronischen Posteingangsordners der MA 48 Abschleppgruppe noch vor Schluss der Verhandlung entfernte, wobei er ausführte, dass er schon wisse, worauf das Ganze hinauslaufe und der Richter den Angaben der Behörde, wonach sein Einspruch nicht rechtzeitig eingelangt sei, folgen werde.

2.7. Noch am 3. November 2020 langte ein E-Mail des Beschwerdeführers beim Verwaltungsgericht ein, in dem er (auf das Wesentlichste zusammengefasst), Zweifel an der Objektivität des Richters äußert und diesen „wegen Befangenheit und Inkompetenz“ ablehnt. Die mangende Objektivität des Richters ergebe sich einerseits aus dem Umstand, dass der Richter kein Interesse daran gezeigt habe, ob sich das abgeschleppte Fahrzeug innerhalb der 15-Meter-Grenze der Haltestellentafel befunden habe, obwohl es nach den im Akt erliegenden Fotos eher nach einem korrekt abgestellten Fahrzeug aussehe. Auch habe sich der Richter ausschließlich darauf „berufen“, dass die Behörde seinen Einspruch nicht bekommen habe, wofür als Beweis lediglich ein Protokoll vorgelegt worden sei. Es sei schade um die Zeit, wenn er zu einer Verhandlung geladen werde, in der ihm ein offenbar befangener Richter lediglich zu erklären versuche, dass er zu blöd sei, ein E-Mail zu schreiben. Die Entfernung von Fahrzeugen sei ein gutes Geschäft für Abschleppdienste. „[U]m das florierende Geschäft am Laufen zu halten“, hätten die Abschleppwagen meist vorgefertigte Anzeigen befreundeter Polizisten im Wagen. Wenn daher – wie im gegenständlichen Fall – ein Wagen ungerechtfertigt abgeschleppt werde, liege es in der Natur der Sache, dass „in einem korrupten System“ selbstverständlich auch die Einsprüche so manipuliert werden können „um per Säumnisurteil das Rechtsmittel unwirksam zu machen“. Das Begehren in seinem Einspruch sei lediglich Akteneinsicht gewesen und um diese nicht zu gewähren, sei sein Einspruch „offensichtlich“ gelöscht worden.

3. Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigung:

3.1. Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Die Vorstellung gegen den dem Beschwerdeführer am 7. Dezember 2017 zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 2017, GZ Ma 48/..., langte erst am 27. Februar 2018, im Zusammenhang mit der am 27. Februar 2018 per E-Mail bei der belangten Behörde eingelangten verfahrensgegenständlichen Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom 29. Jänner 2018, Zahlungsreferenz ..., bei der belangten Behörde ein.

3.2. Zur Beweiswürdigung:

Nach der ständigen Judikatur ist die Partei, der die Wahl des Mittels der Einbringung einer Eingabe offensteht, für das Einlangen einer Eingabe bei der Behörde beweispflichtig (VwGH 26. Jänner 2011. 2010/12/0075). Dieser Beweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Der Bescheid der belangten Behörde weist als elektronische Zustelladresse die Adresse: asg@ma48.wien.gv.at auf. Dass weder am 18. Dezember 2017 noch am 27. Dezember 2017 noch am 29. Dezember 2017 ein E-Mail des Beschwerdeführers in diesem elektronischen Postfach der belangten Behörde eingelangt ist, ergibt sich aus den im Akt erliegenden Auszügen aus dem elektronischen Posteingangsordner dieses elektronischen Postfaches. Der vom Beschwerdeführer Screenshots reicht für den Beweis des Einlangens der Vorstellung bei der belangten Behörde nicht aus, weil eine Sendebestätigung für eine E-Mail zwar den Schluss zulässt, dass diese versendet wurde, nicht jedoch den zwingenden Schluss, dass die E-Mail tatsächlich bei der belangten Behörde eingelangt ist (VwGH 12. August 2020, 2011/02/0333). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die belangte Behörde seine Vorstellung amtsmissbräuchlich gelöscht habe, handelt es sich dabei um eine reine Unterstellung, für die der Beschwerdeführer auch jegliches konkrete Beweisanbot schuldig geblieben ist. Von der belangten Behörde werden vielmehr regelmäßig Beschwerden gegen Kostenbescheide im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Kostenersatz gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO vorgelegt, denen teilweise auch stattgegeben wird. Von einer Praxis der belangten Behörde, berechtigte Vorstellungen gegen Kostenbescheide amtsmissbräuchlich zu manipulieren um diese „unwirksam“ zu machen, kann daher keine Rede sein. Auch bei der Behauptung, dass Abschleppwagen „meist“ vorgefertigte Anzeigen befreundeter Polizisten mit sich führten „um das florierende Geschäft“ am Laufen zu halten, handelt es sich um eine reine Unterstellung, für die der Beschwerdeführer keine konkreten Beweise angeboten hat, zumal der Sachverhalt im gegenständlichen Fall von den Wiener Linien angezeigt wurde.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Soweit sich die Einwände des Beschwerdeführers inhaltlich gegen die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung des Kostenersatzes im Bescheid vom 1. Dezember 2017 beziehen, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (des Titelbescheides) nicht mehr aufgerollt werden kann (VwGH 23. Mai 2017, Ro 2014/05/0041). Zudem liegt es im Wesen des Vollstreckungsverfahrens, dass Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurden, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden können (VwGH 11. Mai 2017, Ra 2017/04/0046 ).

Das bedeutet, dass auf die Gegebenheiten, die zur Entfernung und Aufbewahrung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers und der Vorschreibung der dadurch entstandenen Kosten führten, im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nicht mehr eingegangen werden kann. Aus dem Umstand, dass das erkennende Gericht auf die Rechtmäßigkeit der Kostenvorschreibung daher nicht mehr eingeht, kann daher – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – nicht auf eine Voreingenommenheit des erkennenden Richters geschlossen werden.

Entscheidungswesentlich im gegenständlichen Fall ist daher einzig und allein die Frage, ob der Beschwerdeführer rechtzeitig Vorstellung gegen den Kostenbescheid vom 1. Dezember 2017 erhoben hat, da für den Fall einer rechtzeitigen Vorstellung kein vollstreckbarer Titelbescheid vorläge und die Vollstreckungsverfügung in Stattgebung der ‚Beschwerde aufzuheben wäre. Auch aus dem Umstand, dass der erkennende Richter eine Erörterung dieser entscheidungswesentlichen Umstände mit dem Beschwerdeführer für erforderlich erachtete und dem Beschwerdeführer die bezughabenden im Akt erliegenden Beweisergebnisse (Screenshots) vorhielt, kann daher ebenfalls nicht auf eine Befangenheit des erkennenden Richters geschlossen werden.

4.2. Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde gemäß § 57 Abs. 1 AVG berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Der auf Grundlage des § 57 Abs. 1 AVG erlassene Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 2017, GZ MA 48/..., wurde dem Beschwerdeführer am 7. Dezember 2017 zugestellt. Die Frist zur Erhebung einer Vorstellung endete somit am 21. Dezember 2017. Nach den Sachverhaltsfeststellungen ist die Vorstellung des Beschwerdeführers erst im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom 29. Jänner 2018 am 27. Februar 2018 und somit nach Ablauf der Vorstellungsfrist bei der belangten Behörde eingelangt. Die Vorstellung ist somit verspätet und der Bescheid vom 1. Dezember 2017 in Rechtskraft erwachsen. Da der Beschwerdeführer den mit Bescheid vom 1. Dezember 2017 vorgeschriebenen Kostenersatz nach seinem Vorbringen erst nach Zustellung der Vollstreckungsverfügung bezahlt hat, hat die belangte Behörde zu Recht die Vollstreckung der dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid vom 1. Dezember 2017 auferlegten Zahlungsverpflichtung verfügt. Die Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom 29. Jänner 2018 war daher spruchgemäß abzuweisen und die Vollstreckungsverfügung zu bestätigen.

Zum Ausspruch über die Nichtzulässigkeit der ordentlichen Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall war auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Vollstreckung; Geldleistung; Kostenersatz; Vorschreibung; unaufschiebbare Maßnahmen; Mandatsbescheid; Vorstellung; Rechtzeitigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.251.078.7292.2018.VOR

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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