TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/29 VGW-141/056/10271/2020

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Veröffentlicht am 29.01.2021
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Entscheidungsdatum

29.01.2021

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §24 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch den Erwachsenenvertreter Rechtsanwalt …, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 10.07.2020, Zl. MA 40 - Fachzentrum Soziale Leistungen - ..., betreffend Kostenersatz für Leistungen der Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Wege seiner Erwachsenenvertretung gemäß § 24 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) aufgefordert, binnen 4 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 31.10.2018 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von € 2127,17 zu ersetzen.

Begründet wurde dies damit, dass laut Pflegschaftsrechnung vom 10.12.2019 das Guthaben des Mündelgeldkonto € 6374,20 (dies bereits abzüglich des Aufwandsersatzes für den erwachsenen Vertreter) zuzüglich des Guthabens des Bausparvertrages per 29. 11. 2019 von € 339,72 betragen habe. Unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages sei daher jedenfalls ein Betrag von 2127,17 für den Kostenersatz heranzuziehen. Der Beschwerdeführer habe im Zeitraum Juni 2017 bis September 2017 monatlich € 118,50 bezogen. Er habe im Zeitraum von Oktober 2017 bis Dezember 2017 monatlich € 125,94 bezogen und im Zeitraum Jänner 2018 bis Februar 2018 monatlich € 123,44 sowie im Zeitraum März 2018 bis Oktober 2018 monatlich € 136,52 bezogen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird von der Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers eingewendet, dass es sich hier um Vermögen aus Leistungen der Mindestsicherung handle. Dies sei nicht als Ersparnis anzusehen. Es bleibe unbestritten, dass ein Vermögen in der genannten Form vorhanden sei.

Ferner läge insofern auch kein Vermögen vor, da dem Betrag geplante Ausgaben gegenüberstünden. Die Wohnung des Beschwerdeführers bedürfe seit einiger Zeit einer intensiven Sanierung. Es müssten sämtliche Räume ausgemalt werden sowie eine umfassende Reinigung der Wohnung erfolgen. Die voraussichtlichen Kosten würden sich dafür auf € 3500-€ 4000 belaufen. Allein wegen der Covid-Problematik sei dies bisher noch nicht erfolgt.

2.) Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt geht folgender Sachverhalt hervor:

Der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegende Antrag auf Mietbeihilfe wurde am 04.05.2020 gestellt.

In der Folge legte der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers die Einkünfte des Beschwerdeführers vor sowie eine Information betreffend sein Vermögen, wie aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes … vom 10.12.2019 zur Zahl ... hervorgeht.

3.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 30.09.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers erschien und darauf hinwies, dass die Ersparnisse aus Ersparnissen der Mindestsicherung zustande gekommen seien. Es sei relevant, dass das Geld schon verplant sei und vergeben sei für die notwendige Renovierung der Wohnung des Beschwerdeführers. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung sei es nicht so einfach gewesen, diese sofort durchzuführen. Es sei dies für Frühjahr 2020 geplant gewesen, die Covid-Situation habe dies dann nicht erlaubt. Der Auftrag sei schon erteilt worden.

4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

§ 12.

Anrechnung von Vermögen

(1) Auf die Summe der Mindeststandards ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(2) Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten als verwertbar:

1. unbewegliches Vermögen;

2. Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

(3) Als nicht verwertbar gelten:

1. Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2. Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3. Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4. unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5. verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);

6. sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

§ 24.

Kostenersatz bei verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt

(1) Für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, ist dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten.

(2) Ersatzpflichtig sind alle anspruchsberechtigten Hilfe suchenden oder empfangenden Personen, soweit sie zu verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.

(4) Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(5) Ersatz ist im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.

(6) Der Kostenersatzanspruch des Trägers der Bedarfsorientierten Mindestsicherung verjährt drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

Es steht fest, dass der Beschwerdeführer Ersparnisse in der von der Behörde angenommenen Höhe zur freien Verfügung hat. Es handelt sich hier um einen Betrag von € 6713,92 ohne Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages für das Jahr 2020, ebenso fest, dass der Beschwerdeführer die von der Behörde angeführten Leistungen aus der Mindestsicherung für Mietbeihilfen im fraglichen Zeitraum bezogen hat. Ebenso blieb unbestritten und steht fest, dass der Rückforderungszeitraum von der Behörde richtig herangezogen wurde.

Strittig war im Verfahren, ob es sich bei diesem Betrag um Ersparnisse handelt. Ferner wendete der Vertreter des Beschwerdeführers ein, dass es insofern nicht mehr zur Verfügung stünde, als dieser Betrag bereits für Investitionen für den Beschwerdeführer verplant sei.

Es ist nicht maßgeblich, aus welchen Quellen die Ersparnisse gebildet wurden. Auch wenn die Ersparnisse aus Einkommen gebildet wurden, die bei der Gewährung von Sozialhilfe außer Ansatz zu bleiben haben, sind sie als Vermögen im Sinne der Regelungen über die Heranziehung des Vermögens bei der Leistung von Kostenersatz anzusehen (vgl. Erkenntnisse vom 29.04.2002, 98/03/0289, vom 19.12.2005, 2003/10/0200 und vom 31.5.2006, 2003/10/0203).

Ersparnisse liegen demnach vor, sobald Geldbeträge zur Verfügung stehen, welche über den notwendigen Betrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Abzug des Vermögensfreibetrages zur Verfügung stehen.

Daher handelt es sich auch gegenständlich bei den Geldbeträgen, welche aus Leistungen der Mindestsicherung aus früheren Jahren erspart wurden um Ersparnisse und damit um gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 WMG verwertbares Vermögen. Demnach verfügte der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt über ein Vermögen in der Höhe von € 6713,92. Dieser Betrag errechnet sich aus dem Sparguthaben auf dem Mündelgeldkonto, inklusive dem Guthaben des Bausparvertrages. Abzüglich des Vermögensfreibetrages gemäß § 12 Abs. 3 Z. 5 WMG in der für 2020 geltenden Höhe von € 4586,75 bleiben daher dem Beschwerdeführer verwertbare Ersparnisse (und damit verwertbares Vermögen) in der Höhe von € 2127,17. Aus diesem Vermögen sind aufgewendete Kosten für Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung grundsätzlich zu ersetzen.

Die von der Behörde durchgeführten Berechnungen zur Höhe der bezogenen Leistungen aus der Mindestsicherung (Wohnbeihilfen) sowie die herangezogenen Zeiträume blieben unbestritten und stehen diese als erwiesen fest.

Eingewendet wurde, dass diese Ersparnisse bereits zweckgebunden sind und ein Auftrag an eine Firma bereits erteilt wurde, wonach diese Ersparnisse für Aufwendungen zur Renovierung der Wohnung des Beschwerdeführers zu verwenden sind.

Das WMG unterscheidet hier nicht zwischen frei verfügbaren Vermögen und Vermögen, welches zwar vorhanden ist, aber planerisch bereits investiert ist. Vielmehr geht aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 WGG klar vor, dass eine Rückforderung aufgrund dieser Bestimmung auch dann durchzuführen ist, wenn das Geld schon ausgegeben wäre, also nicht mehr faktisch zur Verfügung stünde.

Demnach erweist sich der Rückforderungsbescheid der Behörde als rechtmäßig.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Vermögen; Anrechnung; Ersparnisse

Anmerkung

VwGH v. 7.5.2021, Ra 2021/10/0063; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.141.056.10271.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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