TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/12 LVwG-M-20/001-2020

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Veröffentlicht am 12.01.2021
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Entscheidungsdatum

12.01.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
SPG 1991 §88

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter
HR Dr. Pichler über vorliegende Maßnahmenbeschwerde des A, geb. ***, wohnhaft in ***, ***, vertreten durch RA B in ***, ***, „gegen ein Verbrechen der illegalen Polizeigewalt am *** Hauptbahnhof“ nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 21.10.2020 am Sitz der BH Baden erwogen wie folgt und somit zu Recht erkannt:

I.

Vorliegender Maßnahmenbeschwerde des A wird keine Folge gegeben und diese als

unbegründet

abgewiesen.

Die am Sonntag, den 12.07.2020 ab 01:30 Uhr im Bereich der Schutzzone des Bahnhofs *** beginnende Amtshandlung der Polizeibeamtinnen C, D der PI *** und der intervenierenden Polizeibeamtin E, F, der Polizeistreife „***“ und der Streife „***“, besetzt mit G und H, im Zuge einer Personenkontrolle und anschließender Verbringung in die Räumlichkeiten der PI *** mit erfolgter Festnahme und Entlassung des A gegen 06:17 Uhr, war hinsichtlich sämtlicher Teilhandlungen, Aufforderungen an den nunmehrigen Beschwerdeführer, Belehrungen, Hinweise, Dauer,

rechtskonform

und keineswegs unangemessen, rechtswidrig, unverhältnismäßig und überschießend.

II

Der Beschwerdeführer A als unterlegene Partei des Verfahrens hat der obsiegenden Partei, der der Amtshandlung zuzurechnenden Bezirkshauptmannschaft Mödling, gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung nach Z 3 leg.cit. den Betrag von 57,40 Euro als Ersatz des Vorlageaufwandes, nach Z 4 obzitierter Bestimmung den Betrag von 368,80 Euro als Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie den Betrag von 461 Euro als Ersatz des Verhandlungsaufwandes binnen der angemessenen Frist von 8 Wochen zu bezahlen.

III

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Beschwerdeführer A hat fristgerecht schriftlich Beschwerde gegen „ein Verbrechen der illegalen Polizeigewalt am *** Hauptbahnhof“ erhoben, vorgebracht, zur genannten Tatzeit gewaltsam „zu Boden getreten“ worden zu sein, hätten sich die in eine Uniform mit der Aufschrift „Polizei“ gekleideten Personen sich ihm gegenüber nicht ausgewiesen, ihre Dienstnummer nicht bekanntgegeben, ist der Hinweis unterblieben, unter welchem Verdacht er zu einer Kontrolle gezwungen werde, wäre er von 7 weiteren Personen, deren Identität ihm gegenüber nicht bekanntgegeben worden wären, „gewaltsam in ein Polizeiauto entführt und gewaltsam in eine Zelle mit Handschellen hineingetreten“ worden.

Dort sei er auch „gewaltsam entkleidet und in der Dunkelheit eingesperrt worden“.

Er beantrage daher wegen Rechtswidrigkeit, dass das Verfahren „gegen eine Geldstrafe sofort eingestellt“ werde.

Er hätte einen Anwalt, der seine Beweise überprüft hätte und sei er bereit, die Polizeibehörde in der Stadt *** zu verklagen „gegen nicht ordentlicher Arbeit des öffentlichen Sicherheitsdienstes, illegalen Freiheitsentzuges, körperlichen Gewalt und Entführung“ (sic!).

In Hinblick auf dieses Vorbringen hat das LVwG NÖ als zuständige Behörde im Rahmen des Parteiengehörs die beschuldigten Polizeiorgane zur Abgabe einer Stellungnahme unter gleichzeitiger Vorlage sämtlicher bezughabender Akte aufgefordert, wurde diesem Ansinnen fristgerecht entsprochen, die Abweisung der Beschwerde unter Zuspruch der gesetzlich normierten Kosten seitens der Behörde begehrt.

Zwischenzeitig hat der nunmehr ausgewiesene Rechtsvertreter des Beschwerdeführers Ergänzungen zur vom Einschreiter persönlich eingebrachten Beschwerde getätigt, das Vorbringen im Wesentlichen in sachlicher Hinsicht präzisiert und formuliert, im Endeffekt das Vorbringen des A aufrecht gehalten und behauptet, dass die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt rechtswidrig gewesen wäre.

In Hinblick auf dieses Vorbringen hat das LVwG NÖ eine öffentliche mündliche Verhandlung am Sitz der BH Baden am 21.10.2020 durchgeführt, dies in Anwesenheit des persönlich erschienenen Beschwerdeführers, dessen Rechtsvertretung, der Vertreterin der belangten Behörde, sowie der Zeugen, den Polizeibeamten C, D, H und G, wurde Beweis aufgenommen durch Wertung und Würdigung des gesamten Akteninhaltes, ergänzend vorgebrachter schriftlicher Äußerungen, Unterlagen, den Angaben des Beschwerdeführers, dem Vorbringen der weiteren Parteien des Verfahrens, sowie insbesondere der unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben obgenannter vier Polizeibeamter, die ihre Aussage auch nach Erinnerung an ihren Diensteid tätigten, und steht somit folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt mit der für das Verwaltungsverfahren notwendigen Sicherheit als erwiesen fest:

Am Sonntag, den 12.07.2020 in der Zeit zwischen 01:00 Uhr und 02:00 Uhr morgens, befanden sich die Polizeibeamtinnen C und D im Bereich des Bahnhofs *** und nahmen routinemäßig in dieser ausgewiesenen Schutzzone Personenkontrollen vor.

Die beiden Beamtinnen waren vollständig ordnungsgemäß adjustiert, entsprechend den einschlägigen Vorschriften, waren sie zweifelsfrei als Polizeibeamtinnen erkennbar und hatten sie während ihrer zu Fuß durchgeführten Kontrollen ihr Dienst-KFZ in räumlicher Nähe des Bahnhofs *** abgestellt.

Während einer Personenkontrolle, es handelte sich um die Kontaktaufnahme zu drei Jugendlichen im Bereich der Schutzzone, darunter zwei Mädchen, wurden von diesen die Beamtinnen von dem Umstand in Kenntnis gesetzt, dass sie sich von einer ihnen nachfolgenden männlichen Person verfolgt fühlten.

Dabei handelte es sich um den nunmehrigen Beschwerdeführer A, der, von einem Lokalbesuch kommend, zu Fuß in deutlich alkoholisiertem Zustand laut artikulierend sich dem Schutzbereich des Bahnhofes *** näherte.

Als die beiden Beamtinnen den A ansichtig wurden, fiel ihnen dessen auffälliges Verhalten auf, insbesondere ein ungewöhnliches Gangbild, verbunden mit einer Mimik, welcher Umstand aufgrund der gut ausgeleuchteten Verhältnisse für die Beamtinnen zweifelsfrei erkennbar war.

Allerdings zeigte A zu diesem Zeitpunkt keinerlei Anzeichen verbaler oder tatsächlicher Aggression, dahingehend Auffälligkeiten.

In Anbetracht der Angaben der Jugendlichen, die auf die Polizistinnen auch einen verängstigten Eindruck machten, wurde der flotten Schrittes an den Beamten vorbeieilende A seitens C aufgefordert, stehen zu bleiben.

Ab diesem Zeitpunkt verhielt sich A gegenüber der die Amtshandlung führenden C aggressiv, unterschritt jeglichen persönlichen Sicherheitsabstand, weigerte sich trotz mehrmaliger höflicher Aufforderung dezidiert, sich auszuweisen, dies mit dem Hinweis, dass sich zuerst die Polizeibeamtinnen ausweisen müssten, da sie ja auch „Kasperln“ sein könnten.

Da A in seiner Weigerung, sich zu legitimieren, verharrte, wurde seitens der Polizistin per Funk Unterstützung herbeigerufen, dies, nachdem sie ihren Dienstausweis A gezeigt hat.

Aufgrund der Verständigung per Funk sind zeitnah zwei weitere Polizeistreifen, jeweils besetzt mit zwei männlichen Beamten, vor Ort eingetroffen.

In deren Beisein forderte C nochmals A höflich auf, sich zu legitimieren, dies unter Hinweis, dass er sich in einer verordneten Schutzzone befinde.

A weigerte sich jedoch weiterhin, und wurde seitens C ihm gegenüber sodann die Festnahme ausgesprochen, A sich seit Beginn der Amtshandlung aufbrausend, beleidigend und unkooperativ verhielt.

In Hinblick des nunmehr deutlich gezeigten aggressiven Verhaltens und seiner Weigerung, sich auszuweisen, wurde A in formal-korrekter Weise von zwei männlichen Polizeibeamten, G und E, zu Boden gebracht.

Selbst nach Verbringung zu Boden verhielt sich A weiterhin aggressiv, war nicht zu beruhigen, schimpfte er durchgehend und nannte die intervenierenden Polizeibeamten u.a. wörtlich „Scheiß-Kiberer“.

Im Zuge dieser Amtshandlung, zum Zeitpunkt, als A zu Boden gebracht wurde, wurden ihm Handschellen angelegt.

Dann weigerte sich A in ein Dienst-KFZ der Polizei zu steigen, versperrte er sich mit seinen Beinen und trat herum, wollte er sich immer wieder vom Fahrzeug mit seinen unteren Extremitäten abstoßen.

In Hinblick auf dieses Verhalten beschlossen die amtshandelnden Polizisten, unter Benutzung eines größeren Dienst-KFZ A zur Dienststelle der PI *** per Dienstbus zu verfrachten.

Allerdings war es dann möglich, ohne Beischaffung des Dienstbusses, A per normalem Dienst-KFZ an die Dienststelle der PI *** in die *** zu bringen.

Dort angekommen, wurde seitens der Beamten mit A ein Alkovortest gemacht, welcher auf einen deutlichen Grad der Alkoholisierung hinwies.

Daraufhin wurde dann A in einen Verwahrungsraum gebracht, fand die weitere Amtshandlung ausschließlich durch männliche Polizeibeamten statt, waren bei der vor Ort an der Dienststelle durchgeführten Personendurchsuchung die weiblichen Beamten D und C nicht anwesend.

In einer Räumlichkeit der Polizeiinspektion *** wurde das Gewand des A in Beisein von vier männlichen Beamten durchsucht, erfolgte die kurzfristige gänzliche Entkleidung des A, um sicherzustellen, dass dieser keine gefährlichen Gegenstände mit sich führte.

Nach Durchsuchung der Kleidungsstücke sind diese dem nunmehrigen Beschwerdeführer umgehend ausgefolgt worden, damit er sich ohne Verzug anziehen könne, Versuche der Deeskalation in Hinblick auf das aggressive Verhalten in der Person des A auch selbst unter Tätigung des Hinweises der Beamten erfolglos blieben, dass, wenn er sich beruhige und mäßige, die Festnahme früher aufgehoben werden könne.

Der Vorgang des „Entkleidens“ erfolgte dergestalt, dass A der diesbezüglichen, korrekten Aufforderung der Beamten nachkam und sich selbst auszog, nachdem ihm die angelegten Handfesseln abgenommen worden waren, welche ihm während des Tragens weder Schmerzen verursachten noch gar zu einer allfälligen Verletzung führten.

Während des Zeitpunkts der Anhaltung befand sich A in einem beleuchteten Raum.

Die Entlassung des A nach erfolgter Festnahme erfolgte am Sonntag, den 12.07.2020, gegen 06:17 Uhr.

Zu diesen Feststellungen gelangt das erkennende Gericht aufgrund des im Rahmen der Unmittelbarkeit durchgeführten Beweisverfahrens, den äußerst glaubwürdigen, übereinstimmenden, nicht formelhaft vorgebrachten, auch nicht abgesprochen klingenden, unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben sämtlicher einvernommener Polizeibeamten als Zeugen, die ihre Angaben logisch, schlüssig, emotionslos, sachlich einem logischen Gedankenductus folgend, unter Wahrheitspflicht ablegten, und in Zusammenschau dieser jeweiligen Aussagen das Gericht von der Richtigkeit des nunmehr als erwiesen anzusehenden Sachverhaltes überzeugt ist.

Darüber hinaus haben die berufserfahrenen, geschulten Beamten auch persönlichkeitsmäßig ein äußerst positives, glaubwürdiges Bild auf das Gericht hinterlassen, insbesondere die Angaben der dienstranghöheren Beamten C und G keinen Zweifel an der Richtigkeit der jeweiligen Aussage offenlassen.

Es konnte sich sohin das Gericht ein klares Bild über die wesentlichen Sachverhaltselemente machen, und war daher – ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung – von allfällig weiteren, auch amtswegigen Beweisaufnahmen Abstand zu nehmen, weil diese zu keiner Änderung oder allfällig in der Person des Beschwerdeführers liegenden günstigen Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage führen hätten können.

Sohin ist das Gericht von den unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben obgenannter Zeugen überzeugt.

Demgegenüber ist der Rechtfertigung des A in keinster Weise zu folgen, sind diese seine Angaben in sich widersprüchlich, völlig lebensfremd, stellt sein Vorbringen den Vorwurf eines strafrechtlich relevanten Agierens der amtshandelnden Polizeibeamten dar, hat er auch persönlichkeitsmäßig auf das Gericht einen ausgesprochen negativen Eindruck hinterlassen, handelt es sich hinsichtlich seiner Persönlichkeitsstruktur um eine Person, die ganz offensichtlich – fehlgeleitet – durchdrungen ist von vermeinten subjektiv zustehenden „Bürgerechten“ unter dessen Denkmantel A glaubt, keinerlei behördliches Agieren akzeptieren zu müssen.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der seinerseits geschilderten Abläufe der Amtshandlung in keinster Weise bereit ist, gesetzliche, behördliche Normen, so sie mit Befehls- und Zwangsgewalt verbunden sind, zu akzeptieren, steht er ganz offenbar staatlichen Institutionen ausgesprochen negativ und ablehnend gegenüber, und war auch seine Gestik und Mimik – im Rahmen der Unmittelbarkeit durch das Gericht wahrgenommen – geradezu als verhaltensoriginell und auffällig zu bezeichnen, geprägt von einer ganz offensichtlich vorliegenden, nur mühsam unterdrückten Aggression und Aversion gegenüber Sicherheitswacheorganen, insbesondere Uniformträger.

Die völlig unglaubwürdige Schilderung des Ablaufes der Amtshandlung legt den Schluss nahe, dass A bei vorliegender, von ihm persönlich ausformulierter, eingebrachter Beschwerde sich nicht nur von real vorliegenden Umständen leiten ließ, sondern Teile der von ihm geschilderten Amtshandlung, die überdies in äußerst unsachlicher, beleidigender Weise verfasst wurden, ganz offensichtlich seiner Phantasie entsprungen sind.

Daher ist dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers keinerlei Glaubheitswert beizumessen, hat er von seinem Recht der freien Verantwortung in geradezu exzessivem Umfang Gebrauch gemacht.

Rechtlich folgt daher:

Vorliegender Maßnahmenbeschwerde ist sohin jeglicher Erfolg zu versagen.

Vorweg ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen des Beschwerdeführers, ergänzt um Angaben seines nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreters, rechtlich der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu unterstellen ist, da nach der höchstgerichtlichen ständigen Judikatur des VwGH, der sich das LVwG NÖ rückhaltlos anschließt, diese dann vorliegt, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hiebei physischer Zwang ausgeübt wird, oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. bspw. VwGH v. 29.06.2000, 96/01/0596 uva).

Entscheidend ist dabei, dass es sich hiebei um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handeln muss, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler, in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45f zu § 129a B-VG).

Nach der ständigen Judikatur auch des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, muss es sich bei einer bekämpfbaren Maßnahme um die Anwendung physischen Zwangs oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsausspruch handeln (vgl. Eisenberger/Ennöckl/Helm, die Maßnahmenbeschwerde, Seite 40 folgende, weiters VfSlg. 11.935/1988, VwGH 16.04.1999, 96/02/0590 ua).

Voraussetzung für die Maßnahmenqualität eines behördlichen Befehls ist nach der Rechtsprechung ein unmittelbarer Befolgungsausspruch.

Das bedeutet, dass den Betroffenen bei Nichtbefolgung des Befehls unmittelbar, das heißt unverzüglich und ohne weiteres Verfahren eine physische Sanktion droht (vgl. VfSlg. .10.662/1985 ua).

Sohin ist gegenständlich von einem einer Maßnahmenbeschwerde zugängigen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu sprechen, da Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen einen individuell bestimmten Adressaten – vorliegenden Falls den Beschwerdeführer – Zwang ausübten und damit – ohne dass ein Bescheid vorgelagert ist – in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird (vgl. VwGH v. 26.06.2018,

Ra 2018/16/0054 ua).

All diese Voraussetzungen, um gegenständliches Vorbringen als Maßnahmenbeschwerde rechtlich zu qualifizieren, liegen vor und ist somit – wie aus obigen Ausführungen erhellt – im Rahmen einer durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung ein Beweisergebnis zu erheben und dieses rechtlich zu würdigen:

Aus obigen Ausführungen und Feststellungen erhellt somit in rechtlicher Hinsicht qualifiziert, dass sämtliche an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten sich entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, Dienstanweisungen und Einsatzordnungen entsprechend konform und korrekt verhielten, keinerlei Verhalten im Zuge der gesamten Amtshandlung durch irgendeinen an der Amtshandlung beteiligten Beamten erkennbar ist, wo einerseits weder auch nur eine ansatzweise Richtlinienverletzung zu ersehen, noch ein Übergriff oder unangemessene überzogene Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzunehmen ist.

In einem Rechtsstaat ist die Anwendung physischer Gewalt grundsätzlich der Exekutive vorbehalten, dies im Rahmen des staatlichen Gewaltmonopols, wonach die gewaltsame Erzwingung rechtskonformer Verhältnisse in verschiedenen Bereichen der Verwaltung erforderlich wird.

Gegenständlich war der von den Polizeibeamten angewandte unmittelbare Zwang notwendig, angemessen und wurde er ohne Verfahren im Rahmen der situationsbezogenen Angemessenheit von den vor Ort tätigen Organwaltern der Behörde getroffen und gesetzeskonform angewendet.

Die Anwendung körperlicher Gewalt war gegenständlich allein aus Gründen der Beweissicherung erforderlich und ausschließlich bedingt durch das unkooperative Verharren des Beschwerdeführers aus seiner subjektiven Rechtsmeinung heraus, welches dieses sein Verhalten zur unbedingt erforderlichen angemessenen Gewaltanwendung durch die amtshandelnden Polizeibeamten führte.

Diese staatliche Gewaltanwendung ist stets im Kontext jener vollständigen Amtshandlung zu beurteilen, der sie zumindest hätte dienen können, dies in Verbindung mit der gesetzeskonform erforderlichen ausgesprochenen Festnahme des Beschwerdeführers.

Die Anwendung von Körpergewalt als Teilaspekt der mit vorliegender Maßnahmenbeschwerde bekämpften Amtshandlung erweist sich sohin völlig rechtskonform.

Auch die im Rahmen der Amtshandlung durchgeführte und zweifelsfrei erforderliche gerechtfertigte Fesselung stellt gegenständlich keinen Verstoß gegen Art. 3 EMRK dar.

Genauso wenig stellt sie im Lichte ständiger höchstgerichtlicher Judikatur aufgrund ihrer unbedingten Notwendigkeit eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung“ dar.

Grundsätzlich rechtfertigt ja die Notwendigkeit, einschreitende Beamte vor den Aggressionen des Festgenommenen zu schützen, eine Fesselung, ergibt sich deren Notwendigkeit vorliegenden Falls aus dem Verhalten des Betroffenen, während und nach der Festnahme, weshalb diesem Verhalten bei der Beurteilung besonderer Bedeutung zukommt.

Da der festgenommene nunmehrige Beschwerdeführer zweifelsfrei gegen die Polizeibeamten zumindest verbal aggressiv vorgegangen ist, sich auch seinem Verhalten nach aggressiv im Zuge der Amtshandlung zeigte, sind allein aus diesen Gründen die Beamten gehalten, der Vorgangsweise des Beschwerdeführers entgegenzuwirken, und diese zu beenden, und ist die als vorliegend angenommene Situation vor Ort so gegeben, dass das Anlegen von Handschellen gerechtfertigt war (vgl. analog VfSlg. 11.146/1986 u.a.).

Sohin war sogar die zwangsweise Fesselung des nunmehrigen Einschreiters durch die Beamten grundsätzlich notwendig und geboten und zwar namentlich zur Vermeidung einer Gefährdung der körperlichen Sicherheit der Dienst versehenden Polizeibeamten (vgl. analog VfSlg. 10.321/1985 u.a.).

Auch die seitens der Beamten durchgeführte Durchsuchung der Bekleidung in den Räumlichkeiten der Polizeiinspektion *** durch die intervenierenden männlichen Polizeibeamten stellt keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch
Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens dar, wird diese Maßnahme gedeckt durch die gesetzlichen Ermächtigungen zur Festnahme und Anhaltung (vgl. VfSlg 13.708/1994 u.a.).

Bei der Besichtigung des Köpers ist dagegen nicht die Privatsphäre, sondern die Menschenwürde potentiell gefährdetes Rechtsgut.

In ständiger Judikatur hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass die Leibesvisitation nicht von vornherein gegen Art 3 EMRK verstößt, und ist der Befehl eines Sicherheitsorgans an einen Festgenommenen, sich zu entkleiden und einer Leibesvisitation zu unterwerfen, keine Verletzung der Verfassungsbestimmung des Art 3 EMRK.

Eine verfahrensrechtlich bedenkliche Vorgansweise, die in Art 3 EMRK verfassungsgesetzlich nicht gedeckt ist, liegt nur dann vor, wenn qualifizierend hinzutritt, dass dieser Befehlsgewalt eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person zu eigen ist (vgl. analog VfSlg 10.546/1985 uva).

Diese Umstände sind gegenständlich im Rahmen der Beweiswürdigung weder festgestellt worden, noch gab es dahingehend irgendwelche glaubhaft dargelegten Anhaltspunkte.

Auch gegenständliche Anhaltungsdauer ist durch die einschlägigen Bestimmungen nach der StPO - § 172 Abs 2 leg.cit. – in rechtskonformer Weise vorliegenden Falls gesetzlich gedeckt.

Allein aufgrund des unkooperativen Verhaltens des Festgenommenen A ist keinesfalls von einer unnötig langen Anhaltedauer zu sprechen, sohin die Rechtmäßigkeit der Festnahme auch in zeitlicher Hinsicht rechts- und gesetzeskonform bezogen auf das subjektive Recht auf persönliche Freiheit.

Unter Bedachtnahme auf gegenständliche Einzelumstände des Grundes der Festnahme und insbesondere des Verhaltens des Angehaltenen, war die mehrstündige Dauer der Anhaltung auch im Lichte ständiger Judikatur als nicht außerordentlich lange Zeit zu ersehen (vgl. analog VwGH 21.12.2000, 99/01/0174 ua).

Da A nach offensichtlichem Wegfall des Haftgrundes, welcher das entscheidende Kriterium für die Beendigung der Anhaltung darstellt, entlassen worden ist, war in Summe gesehen die Dauer der Amtshandlung, insbesondere die Zeitspanne von der Verbringung in die Räumlichkeiten der Polizeiinspektion *** bis zur Entlassung des A, gerechtfertigt und rechtskonform.

Es war sohin vorliegende Maßnahmenbeschwerde als völlig unberechtigt und grundlos zu verwerfen, gründet sich der Ausspruch der Kosten auf die spruchgenannten Gesetzesstellen und auf die diesbezüglichen Anträge der belangten Behörde.

Zum Ausschluss der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig, da gegenständlich keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der konkreten, mit Maßnahmenbeschwerde angefochtenen, Umstände des behördlichen Handelns ab, werden dazu beispielshaft höchstgerichtliche Entscheidungen zitiert, und fehlt es sohin keineswegs an einer solchen zur Anwendung zu bringenden Rechtsprechung.

Darüber hinaus liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen in diesem Einzelfall vor.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Anhaltung; Festnahme; Identitätskontrolle; Verwahrung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.20.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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