Entscheidungsdatum
21.01.2021Norm
GewO 1994 §13 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 7. Jänner 2020, ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ und „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ und Untersagung der Ausübung dieser Gewerbe nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)
I. zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
II. fasst den Beschluss:
1. Der Antrag auf Nachsicht gemäß § 26 Gewerbeordnung 1994 wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am 13.11.2020 hat A, geb. ***, wohnhaft in ***, ***, die Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ und „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Standort: ***, *** angemeldet.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 7. Jänner 2021, ***, stellte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten gemäß § 339 Abs. 3 iVm § 340 Gewerbeordnung 1994 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ bzw. „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Standort ***, *** nicht vorliegen und untersagte die Ausübung dieser Gewerbe.
In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Gewerbeanmeldung folgende Belege angeschlossen gewesen seien:
- Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschlussgründen
- Scan der Lenkberechtigung
Mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 3.2.2020, Zahl ***, sei das Schuldenregulierungsverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet worden, da der Antragsteller als Schuldner zahlungsunfähig gewesen sei.
Somit liege der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 vor. Ein Antrag auf Nachsicht gemäß § 26 GewO 1994 sei trotz des Hinweises auf diese Möglichkeit mit E-Mail der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als Gewerbebehörde vom 23.12.2020 nicht eingebracht worden. Außerdem seien die Vorbringen in den Stellungnahmen des Antragstellers nicht geeignet, Bedenken, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, auszuräumen.
Es sei daher gemäß § 340 GewO 1994 festzustellen gewesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes nicht vorliegen und sei die Ausübung zu untersagen gewesen.
Dagegen hat A fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass er die Umstände, die den Gewerbeausschluss begründen würden, ausführlich im Verfahren erklärt habe. Somit gebe es kein Hindernis für die Gewerbeanmeldung mehr. Weiters wurde ein Antrag auf Nachsicht gestellt. Sinngemäß wurde damit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.
Mit Schreiben vom 15. Jänner 2021 hat die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Unter einem wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zur Zahl ***, insbesondere in den Auszug aus der Insolvenzdatei vom 23.11.2020.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
Am 13.11.2020 hat A, ***, *** die Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ und „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Standort: ***, *** angemeldet.
Mit rechtskräftigem Beschluss des BG ***, Zl. *** vom 3.2.2020, wurde das Schuldenregulierungsverfahren betreffend A, geb. ***, mangels Kostendeckung nicht eröffnet.
Die Einsicht in die Insolvenzdatei ist noch nicht abgelaufen.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 23.12.2020 wurde der Antragsteller auf die Möglichkeit eines Antrags gemäß § 26 GewO 1994 hingewiesen. Ein Antrag auf Nachsicht gemäß § 26 GewO 1994 wurde im Verfahren vor der belangten Behörde nicht gestellt.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf der Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakt, insbesondere auf dem Auszug aus der Insolvenzdatei vom 23.11.2020. Im Übrigen sind die Feststellungen nicht strittig.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 339 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) hat, wer ein Gewerbe ausüben will, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.
Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen.
Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde dies gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.
§ 13 Abs. 3 GewO 1994 lautet:
(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn
1.
das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und
2.
der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.
§ 26 GewO 1994 lautet:
(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
(3) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird.
(4) Die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 ist nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.
§ 333 Abs. 1 GewO 1994 lautet:
(1) Soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, ist Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes, und zwar Behörde erster Instanz, die Bezirksverwaltungsbehörde.
Der nunmehrige Beschwerdeführer hat am 13.11.2020 die Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ und „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Standort: ***, *** angemeldet.
Gemäß § 13 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn
1.
das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und
2.
der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Dazu wurde festgestellt, dass mit rechtskräftigem Beschluss des BG ***, Zl. *** vom 3.2.2020, das Schuldenregulierungsverfahren betreffend A, geb. ***, mangels Kostendeckung nicht eröffnet wurde, wobei die Einsicht in die Insolvenzdatei noch nicht abgelaufen ist.
Somit liegt gegenständlich ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 vor, wobei es auf die Umstände, weshalb das Schuldenregulierungsverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wurde, nicht ankommt. Wenn das Vermögen eines Schuldners nicht einmal ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens abzudecken, soll er grundsätzlich von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen sein (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 20113; § 13, Rz 36). Dieser Ausschlussgrund besteht solange, solange in der Insolvenzdatei Einsicht in den Insolvenzfall gewährt wird.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Gewerbe „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ und „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“ im Standort ***, *** nicht vorliegen und die Ausübung dieses Gewerbes untersagt hat.
Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.
Zum Beschluss:
Gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird. Gemäß § 333 Abs. 1 GewO 1994 ist Behörde erster Instanz, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde. Der nunmehrige Beschwerdeführer wurde folglich mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 23.12.2020 auf die Möglichkeit eines Antrags gemäß § 26 GewO 1994 hingewiesen. Ein Antrag auf Nachsicht gemäß § 26 GewO 1994 wurde jedoch im Verfahren vor der belangten Behörde nicht gestellt, sondern erstmals in der Beschwerde.
Die Entscheidung über einen derartigen Antrag obliegt jedoch der Bezirksverwaltungsbehörde und fällt nicht in die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes. Dem Landesverwaltungsgericht war somit eine Entscheidung über den Antrag in erster Instanz verwehrt und war der Antrag daher aufgrund Unzuständigkeit zurückzuweisen.
Die öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen, zumal sie von keiner Partei des Verfahrens beantragt wurde, der Sachverhalt selbst geklärt ist und bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Handelsgewerbe; Gewerbeanmeldung; Untersagung; Insolvenzverfahren; Ausschlussgrund;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.100.001.2021Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021