TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/2 W161 2219828-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W161 2219838-1/8E

W161 2219831-1/8E

W161 2219830-1/5E

W161 2219828-1/5E

W161 2219833-1/2E

W161 2219836-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden

1.) des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 1100782803-160010936-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

2.) der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 100782901-160010965-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

3.) des mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 1100783103-1160010987-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

4.) des mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 1100783005-160010995-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

5.) der mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 1100783310-160011002-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

6.) der mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zl. 1179135602-180054024-B3, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht,

alle StA. Afghanistan, sämtlich vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 iVm § 15 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer (BF), ein Ehepaar und ihre vier minderjährigen Kinder, alle afghanische Staatsangehörige, stellten am 04.01.2016 (1.BF bis 5.BF) bzw. am 16.01.2018 (6.BF) die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz.

2. Jeweils mit Bescheid vom 31.01.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

In den Bescheiden des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin wurde festgehalten, es sei von besonderer Bedeutung, dass beide ein offensichtlich eigens zum Zweck des Asylverfahrens angefertigtes Video eingebracht hätten, wobei aber das unzweifelhaft und unverändert elektronisch abgespeicherte Abbild der objektiven Realität im krassen Widerspruch zu den eigenen und auch den Schilderungen des Ehepartners zu den Umständen, dem Ablauf und den Folgen der angeblichen Entführung stehe. Das von den Beschwerdeführern selbst vorgelegte Beweismittel beweise daher unzweifelhaft die Unwahrheit des gemeinsamen Entführungsvorbringens. Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin sei die persönliche Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen.

3. Gegen diese Bescheide wurde am 07.03.2019 im Namen aller Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

4. Jeweils mit Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.05.2019 wurde der Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben, dies mit der Begründung, dass der - allenfalls mangelnde - Wahrheitsgehalt des von den Beschwerdeführern als Beweismittel vorgelegten Videos durch die Behörde im ursprünglichen Ermittlungsverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit ermittelt worden sei. Es bestehe daher die Möglichkeit, dass die Behörde bei der Beurteilung der Anträge auf internationalen Schutz von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei und sei ein weiterführendes Ermittlungsverfahren zur rechtsrichtigen Beurteilung der Anträge erforderlich.

5. Dagegen brachten die Beschwerdeführer am 21.05.2019 - rechtzeitig - den Antrag ein, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

6. Jeweils mit Bescheid des BFA vom 22.05.2019 wurde der Vorlageantrag der Beschwerdeführer vom 21.05.2019 als unzulässig zurückgewiesen.

7. Dagegen richtet sich die am 31.05.2019 eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, die Zurückweisung der Vorlageanträge durch das BFA sei damit begründet worden, dass mit den Beschwerdevorentscheidungen den Parteianträgen vollinhaltlich entsprochen worden wäre. Im gegenständlichen Fall habe aber die Behörde mit ihren Berufungsvorentscheidungen keine inhaltliche Entscheidung zugunsten der Beschwerdeführer im Sinne einer Stattgebung der Asylanträge getroffen, sondern habe die Behörde nur dem dritten Eventualbegehren in der Beschwerde stattgegeben. Damit habe die belangte Behörde die Vorlageanträge zu Unrecht zurückgewiesen und die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

8.1. Mit Stellungnahme vom 04.06.2019 nahm das BFA zur Beschwerde der Beschwerdeführer vom 31.05.2019 Stellung und führte insbesondere aus, der ursprünglich bekämpfte Bescheid, mit welchem über den Antrag der Familie XXXX auf internationalen Schutz (samt Nebenansprüchen) negativ entschieden worden sei, sei mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2019 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG aufgehoben worden und somit außerhalb des Rechtsbestandes getreten. Schon aus diesem Grund wäre die Beschwerde vom 07.03.2019 gegen den außer Kraft getretenen Bescheid vom 31.09.2019, deren inhaltliche Entscheidung von den Beschwerdeführern in der nun gegenständlichen Beschwerde neuerlich beantragt worden sei, mangels Existenz eines zu bekämpfenden Bescheides als unzulässig zurückzuweisen. Da zudem sämtliche abweisenden Entscheidungen durch die Beschwerdevorentscheidung aufgehoben worden seien, seien die Beschwerdeführer durch genau jene Beschwerdevorentscheidung auch ausschließlich begünstigt. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer gegen diese Beschwerdevorentscheidung bestehe somit nicht. Wie sich aus dem Beschwerdeschriftsatz ergebe, haben die Beschwerdeführer - eventualiter - beantragt, dass das Bundesverwaltungsgericht den bekämpften Bescheid aufheben und zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückverweisen möge. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2019 sei der Beschwerde, gestützt auf die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz, hinsichtlich genau dieses Antrages stattgegeben und der bekämpfte Bescheid vollinhaltlich aufgehoben worden. Da sich die Stattgebung mehrerer der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge bzw. Eventualanträge logisch zwingend gegenseitig ausschließe und sich die Beschwerde zutreffend darauf stütze, dass ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen sei, sei der Beschwerde in diesem Sinne vollinhaltlich stattgegeben. Wie die Beschwerdeführer zutreffend aufgezeigt haben, habe das Bundesamt es verabsäumt, den Sachverhalt um das vorgelegte Videomaterial hinreichend zu ermitteln. Da eine raschere Einvernahme als am 05.06.2019 nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre, aber gleichzeitig gerade die von den Beschwerdeführern monierten fehlenden Ermittlungen nachzuholen seien - bzw. wären - wäre eine Entscheidung in der Sache selbst nun nicht möglich, weswegen folgerichtig der Bescheid aufzuheben gewesen wäre. Korrespondierend wären der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu einer Einvernahme am 05.06.2019 geladen worden, die Beschwerdeführer hätten jedoch ihr Erscheinen zu dieser Einvernahme eigenmächtig abgesagt und sohin auch die Beseitigung der - von ihnen selbst in der ursprünglichen Beschwerde monierten - Ermittlungsmängel durch Nichtmitwirkung zu vereiteln versucht. Insgesamt erweise sich die Beschwerde daher als unbegründet und sei als solche abzuweisen.

8.2. Mit Sachverhaltsmitteilung vom 04.06.2019 erstattete das BFA Strafanzeige an die Landespolizeidirektion XXXX gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Hinblick auf vorgelegte Tazkiras. Weiters bestehe der dringende Verdacht, dass die Verfahrensparteien ein eigens für das Asylverfahren angefertigtes und insoweit gefälschtes Beweismittel vor dem Bundesamt in Vorlage gebracht hätten, um einen Schutzstatus zu erschleichen, nämlich einen USB-Stick, welches nach Angaben der Verfahrensparteien ein Erpresservideo der Entführung des XXXX sein sollte.

Bei der Staatsanwaltschaft XXXX ist zu Zahl 56 BAZ 834/19v ein Strafverfahren wegen Verdachtes auf Fälschung eines Beweismittels gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin anhängig. Am 14.10.2019 erfolgte eine Beschuldigtenvernehmung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

In der Folge wurde ein Sachverständigengutachten zur Überprüfung des vorgelegten USB-Sticks in Auftrag gegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte aufgrund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer stellten am 04.01.2016 bzw. am 16.01.2018 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Diese Anträge wurden jeweils mit Bescheid des BFA vom 31.01.2019 negativ entschieden. Den Beschwerdeführern wurde weder der Status eines Asylberechtigten noch ein solcher eines subsidiär Schutzberechtigten zugesprochen, auch wurde ihnen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde beantragen die Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht wolle eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, der Beschwerde Folge geben und ihnen den Status von Asylberechtigten zuerkennen, in eventu subsidiären Schutz zuerkennen, in eventu einen humanitären Aufenthaltstitel zuerkennen, in eventu den Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Jeweils mit Bescheid vom 03.05.2019 wurde vom BFA den Beschwerden vom 07.03.2019 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und die bekämpften Bescheide jeweils aufgehoben.

Der in der Folge eingebrachte Vorlageantrag der Beschwerdeführer wurde vom BFA mit den hier verfahrensgegenständlichen Bescheiden vom 22.05.2019 jeweils als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die hier verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 31.05.2019.

Aufgrund einer Sachverhaltsdarstellung des BFA an die Bundespolizeidirektion XXXX wurde in der Folge von der Staatsanwaltschaft XXXX ein Strafverfahren gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wegen des Verdachtes der Fälschung eines Beweismittels eingeleitet. Diese Strafverfahren sind noch anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

3.1. Die gegenständliche Beschwerde ist nach dem 01.01.2014 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden, sodass insgesamt nach der Rechtslage ab diesem Tag vorzugehen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 MRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß §§ 14 sowie 15 VwGVG gilt:

Beschwerdevorentscheidung

§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß § 15 Abs 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Gemäß § 15 Abs 3 VwGVG sind verspätete und unzulässige Vorlageanträge von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen. Die Zuständigkeit, verspätete oder unzulässige Vorlageanträge zurückzuweisen kommt nach § 15 Abs. 3 VwGVG zunächst der Behörde zu. Die bescheidmäßige Zurückweisung durch die Behörde ist jedoch beim Verwaltungsgericht mit Beschwerde bekämpfbar, wobei die Beschwerde bei der Behörde einzubringen ist (§ 12 VwGVG). Beschwerdegegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist diesfalls allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], Kommentar 7 zu § 15 VwGVG)

Im Beschwerdefall ist allein von Bedeutung, ob der von den Beschwerdeführern gestellte Vorlageantrag vom 21.05.2019 im Hinblick auf die der Beschwerde vollinhaltlich Rechnung tragende Beschwerdevorentscheidung vom 03.05.2019 zulässig war.

Durch die Beschwerdevorentscheidung kann die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten nach jeder Richtung abändern oder aufheben. Die Beschwerdevorentscheidung stellt eine neue Sachentscheidung dar, die gegenüber allen Parteien zu ergehen hat und die den mit Beschwerde angefochtenen Bescheid - im Umfang, indem er angefochten wurde - zur Gänze ersetzt. Nach der Rechtsprechung zur Beschwerdevorentscheidung, die sinngemäß relevant bleibt, ist der Vorlageantrag unzulässig, wenn bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten dem Parteiantrag in der Beschwerdevorentscheidung ohnehin vollinhaltlich entsprochen wurde.

Im vorliegenden Fall stellten die Beschwerdeführer in ihrer ursprünglichen Beschwerde vom 07.03.2019 mehrere Eventualanträge. Wie bereits von der erstinstanzlichen Behörde zutreffend ausgeführt, ist es rechtlich nicht möglich, allen Anträgen gleichzeitig stattzugeben, sondern kann nur jeweils einem der Eventualanträge vollinhaltlich stattgegeben werden. Dies erfolgte durch die Entscheidung des BFA (Aufhebung der bekämpften Bescheide), die Beschwerdeführer wurden dadurch auch nicht schlechter gestellt, zuvor waren ihre Anträge in allen Spruchpunkten negativ entschieden worden. Durch die Aufhebung der Entscheidung besteht aktuell für sie die Möglichkeit, dass in einem oder mehreren Spruchpunkten eine für sie positive Entscheidung ergehen kann und haben sie nach neuerlicher Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde wieder die Möglichkeit, deren Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, setzt die Zulässigkeit des Rechtsmittels des Vorlageantrages voraus, dass der Beschwerdeführer einen Grund dafür hat, die Beschwerdevorentscheidung zu bekämpfen; dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Beschwerde ohnehin vollinhaltlich entsprochen wurde (vgl. zB die zur Zulässigkeit des Rechtsmittels der Berufung ergangenen und insoweit übertragbaren Erkenntnisse des VwGH vom 22.04.1994, 93/02/0283, und 22.04.1999, 98/07/0107, jeweils mwN. sowie VwGH vom 16.06.2019, 2005/10/0222 und VwGH vom 22.06.2010, 2007/11/0113).

In casu fehlte es den Beschwerdeführern somit an einem Grund, die Beschwerdevorentscheidung zu bekämpfen, weshalb ihr Vorlageantrag unzulässig war. Die belangte Behörde hat diesen somit zu Recht zurückgewiesen.

Die Beschwerden sind daher aus den dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt unmittelbar auf Grund des vollständigen Aktes festgestellt werden konnte; die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ließe somit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Dem stehen auch weder Art. 6 Abs 1 MRK noch Art. 47 GRC entgegen.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz BGBl. Nr. 10/1985 i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig, auch weicht die gegenständliche Entscheidung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab oder liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung Eventualantrag Familienverfahren individuelle Verhältnisse keine Schlechterstellung mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Vorlageantrag VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W161.2219828.1.00

Im RIS seit

05.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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