TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 L516 2229007-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch


L516 2229006-1/2E

L516 2229007-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb XXXX (protokolliert zu L516 2229006-1), und XXXX , geb XXXX (protokolliert zu 2229007-1), beide StA Georgien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung - ARGE Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2020, Zahlen XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57, § 10 Abs 1 Z 3, § 15b Abs 1, 2 AsylG 2005 iVm § 9, 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46 und § 53 Abs 1 iVm Abs 2, § 55 Abs 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers, beide sind georgische Staatsangehörige. Sie stellten am XXXX Anträge auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diese Anträge mit Bescheiden vom 24.01.2020 (I.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG sowie (II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei, erkannte (VI.) einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 die aufschiebende Wirkung ab, stellte (VII.) fest, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und sprach (VIII.) aus, dass den Beschwerdeführern gemäß § 15b Abs 1 AsylG aufgetragen wurde, ab XXXX in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Bescheide werden zur Gänze angefochten.

Die gegenständlichen Beschwerden samt Verwaltungsakten des BFA langten am 28.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: EBF=Erstbeschwerdeführerin; ZBF=Zweitbeschwerdeführer; S=Seite; AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; EB=Erstbefragung gem AsylG; EV=Einvernahme vor dem BFA; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift; SN=schriftliche Stellungnahme; EG=Eingabe; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich; SD=Staatendokumentation des BFA; LIB=Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA]

1.1 Die Beschwerdeführer führen die im Spruch angeführten Namen und sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Georgien, gehören der Volksgruppe der Georgier an und sind orthodoxe Christen [EB EBF und ZBF XXXX , S 2]. Ihre Identitäten stehen fest [Reisepass im Akt, jeweils AS 19].

1.2 Die Beschwerdeführer stammen aus XXXX , sie wohnten gemeinsam in einem Haus welches dem Vater des Zweitbeschwerdeführers (Exmann der Erstbeschwerdeführerin) gehört [EV EBF 14.01.2020, S 4; ZBF S 3]. Die Erstbeschwerdeführerin arbeitete als Haushaltshilfe, Kinderbetreuerin und Wahlhelferin einer der Partei „Nationale Bewegung“, der Zweitbeschwerdeführer war Schüler [EV 14.01.2020, EBF S 3, 5; ZBF S 3]. In Georgien leben die beiden Geschwister der Erstbeschwerdeführerin sowie der Vater des Zweitbeschwerdeführers [EV EBF und ZBF 14.01.2020, S 3]. Die beiden verließen Georgien mit einem Direktflug nach Wien am XXXX [EV EBF und ZBF XXXX , S 4], wo sie unmittelbar nach der Einreise ihre gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

1.3 Die Beschwerdeführer sind gesund. Sie haben in Österreich keine Verwandten oder andere Anknüpfungspunkte [EV EBF und ZBF 14.01.2020, S 2 und 4]. Sie sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.4 Die Beschwerdeführer haben nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass sie im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Georgien einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wären.

1.5 Zur Lage in Georgien

Politische Lage

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewann, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 4.2.2019).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt.(FH 4.2.2019).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor und forderten vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 4.2.2019).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei „Georgischer Traum“ sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die „Vereinigte Nationale Bewegung“ (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die „Allianz der Patrioten Georgiens“ (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der „Georgische Traum“ 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bei der für 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollen. Ursprünglich sollte erst ab 2024 nach den neuen Bestimmungen gewählt werden (DW 24.6.2019, vgl. RFE/RL 5.8.2019).

Sicherheitslage

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien bzw. Südossetiens und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 13.8.2019).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Es gibt weder formelle noch informelle Einschränkungen oder Eingriffe der Regierung in die Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit (BTI 1.2018). Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (AA 27.8.2018). Es gibt jedoch vereinzelt Berichte darüber, dass Regierungsvertreter und deren Unterstützer Angehörige der Opposition, Mitarbeiter der Zentral- und Kommunalverwaltung sowie Lehrer und Gewerkschaftsmitglieder durch Überwachungsmaßnahmen und angedrohte oder tatsächliche Entlassungen unter Druck gesetzt hätten (BAMF 11.2018).

Menschenrechtsorganisationen äußerten sich besorgt über die gesetzlichen Bestimmungen, darunter die Verpflichtung, dass politische Parteien und andere Organisationen den lokalen Behörden fünf Tage im Voraus mitteilen müssen, wenn sie sich in einem öffentlichen Bereich versammeln wollen, wodurch spontane Demonstrationen ausgeschlossen werden (USDOS 13.3.2019).

Illegale Beschränkungen bei der Errichtung von temporären Aufbauten während Demonstrationen und die ineffektive Kontrolle von Gegendemonstrationen durch Strafverfolgungsbeamte sind die Hauptprobleme bei der Verwirklichung der Versammlungsfreiheit. Die Probleme im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Vereinigungsfreiheit, die durch die Versuche der staatlichen Institutionen verursacht werden, ist es die Aktivitäten der NGOs zu diskreditieren (PD 2.4.2019).

Die Regierung hat die Gesetze, die die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer vorsehen und gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung verbieten, nicht wirksam durchgesetzt. Die Verletzungen der Arbeitnehmerrechte bleiben bestehen. Es gibt keine wirksamen Strafen oder Rechtsbehelfe für willkürlich entlassene Mitarbeiter. Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsrechte sind mit langen Verzögerungen verbunden (USDOS 13.3.2019).

Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL (ca. 24 EUR) monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL (ca. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Existenzminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 11.12.2017).

Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse: Existenzhilfe, Reintegrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, Soziale Sachleistungen, Sozialpakete.

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von 10-60 GEL pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft Schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2018).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Medizinische Versorgung

Im Jahr 2010 war das Gesundheitswesen bis auf wenige Ausnahmen privatisiert. Der Staat überließ es dem freien Markt, das Gesundheitswesen zu regulieren. Die Privatisierung hatte als Kehrseite, dass einem wesentlichen Teil der Bevölkerung der Zugang zum Gesundheitswesen aus finanziellen Gründen verwehrt blieb oder ein Krankheitsfall zu existenzbedrohenden finanziellen Engpässen führte. Ab 2007 steuerte der georgische Staat gegen, indem er kostenlose Krankenversicherungen und kostenlose medizinische Dienstleistungen für bestimmte vulnerable Gruppen einführte. 2013 schließlich wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen. Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018).

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den Verwaltungsverfahrensakt des BFA. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung jeweils in Klammer angeführt.

2.1 Die Feststellungen unter den Punkten 1.1 bis 1.3 stützen sich auf die jeweils in Klammer angeführten Beweismittel, wobei es sich dabei um die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer im Administrativverfahren, die Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführer sowie einen Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich handelt.

2.2 Die Feststellungen zur nicht glaubhaft vorgebrachten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität (Punkt 1.4) wurden auf Basis der eigenen Angaben der Beschwerdeführer gegenüber dem BFA, der Beweiswürdigung des BFA und der Beschwerde aus den folgenden Gründen getroffen:

2.2.1 Die Erstbeschwerdeführerin begründete das Verlassen ihres Herkunftsstaates damit, dass sie seit 2010 als Mitglied der Oppositionspartei „Nationale Bewegung“, als Koordinatorin, Wahlbeobachterin und Wahlwerbende von Mitgliedern der gegnerischen Regierungspartei unter Druck gesetzt und ihr gedroht worden sei. Sie habe Angst um sich und ihren Sohn gehabt.

Bei der Erstbefragung nach dem Asylgesetz am XXXX gab sie dazu an, dass im Jahr 2018 auf Sie ein Überfall verübt worden sei, bei dem sie verletzt worden und deshalb ungefähr zwei Tage im Krankenhaus gewesen sei; sie habe sich deshalb auch an die Polizei gewandt, man habe ihr versprochen, dass jener Vorfall aufgeklärt werde, doch sei bis dato nichts geschehen. (NS XXXX , S 6).

Bei der Einvernahme am 14.01.2020 führte sie gegenüber dem BFA aus, sie habe sich wegen des Drucks und der Drohungen an die regierungsfreie Organisation „Sociometry“ gewandt und dort alles erzählt; den Bericht darüber habe sie dabei, in denen die Fakten und Abläufe enthalten sind. Sie habe keinen Mitgliedsausweis, nur den Bericht. Sie habe 2018 bei den Präsidentenwahlen gearbeitet und sei als Koordinatorin und Wahlbeobachterin bei Wahlurnen tätig gewesen. Sie habe auch Wahlwerbung und Material an die Leute gegeben. Sonst habe sie keine Tätigkeit gehabt. Sie habe zwei bis drei Wochen vor den Wahlen, nicht täglich aber oft, dort gearbeitet. Sie habe auch Werbeplakate aufgehängt. Es habe dadurch auch ab und an Konflikte gegeben. 2018 sei sie auf dem Weg von ihrer Arbeit als Haushaltshilfe bei einer Familie von zwei unbekannten Typen abgepasst worden, von denen sie oft geschlagen und ihr gesagt worden sei, dass sie mit ihrer Tätigkeit bei der Opposition aufhören solle. Danach seien jene weggegangen. Sie habe eine leichte Gehirnerschütterung gehabt, sonst keine Verletzungen, ein Krankenwagen sei gekommen, sie sei aber gleiche entlassen worden und sie habe sich dann an die nächste Polizei gewandt und eine Anzeige erstattet. Der Vorfall sei am 14.06.2018 gewesen, gegen 21.00 Uhr, gegen 23.00 Uhr sei sie bei der Polizei gewesen und danach in der Nacht wieder zu Hause. Sein Sohn sei zu Haus gewesen und habe mitbekommen, dass ein Vorfall gewesen sei, sie habe es ihm erzählt. Sie habe keine Bestätigung von der Anzeige, habe die Kopie davon nicht nach Österreich mitgenommen. Jene zwei Personen habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Danach habe es noch einen Vorfall gegeben: am 20.06.2019 sei sie mit ihrem Sohn in XXXX bei einer Demonstration gewesen. Diese sei von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden, aber sie und ihr Sohn seien nicht verletzt worden. Während des Sommers sei die Erstbeschwerdeführerin oft bei Demonstrationen gewesen und der Zweitbeschwerdeführer sei ab und zu mitgekommen. Am 20.06.2019 seien dort von der Regierungspartei bestellte Typen zu jedem hingekommen und jene hätten zu jedem Warnungen ausgesprochen. Der fluchtausösende Grund für das Verlassen der Heimat sei ihre Furcht gewesen, weil sie 2018 bedroht worden seien. Auch ihr Sohn habe diesbezüglich Auseinandersetzungen gehabt. Er sei im Sommer 2019 in der Schule ausgelacht worden, weil er erzählt habe, dass er bei Demonstrationen beteiligt gewesen sei. Es habe Konflikte in der Schule gegeben, auch andere Schüler hätten Konflikte gehabt. Ein gewisser Mumladze habe in Belgien um Asyl angesucht und sei nach seiner Rückkehr nach Georgien festgenommen und umgebracht worden, was sie aus den Medien wisse. Obwohl auf sie bereits 2018 ein Überfall verübt worden sei, sei sie erst jetzt geflüchtet, dass sie noch die Hoffnung gehabt habe, dass sich die Lage bessere und ihr Sohn habe die Schule besucht und sie habe nicht gewollte, dass er die Schule aufgebe. Aber die letzte Zeit habe es Konflikte mit Mitschülern gegeben. Ihm sei etwas zum Rauchen angeboten worden. Er sei auch ausgelacht und gefragt worden, ob er immer noch ein Nationaler sei. Er werde beschuldigt, ein Nationaler zu sein. Sie habe Angst um ihren Sohn und wolle nicht, dass ihm etwas passiere. Die Schulbildung sei nicht so gut, um Bildung zu erhalten benötige man Geld. Sie sei eine alleinstehende Frau und habe nicht so viele Möglichkeiten gehabt. (NS 14.01.2020, S 4-7).

2.2.2 Der Zweitbeschwerdeführer gab bei der Erstbefragung am 26.12.2020 an, er sei wegen seiner Mutter ausgereist. Er persönlich habe auch in der Schule Probleme, weil seine Mutter oppositionell tätig gewesen sei: Er persönlich habe bei einer Rückkehr nichts zu befürchten, aber er habe Angst um seine Mutter und angeblich sei der Mutter gesagt worden, dass auch ihm etwas geschehen könne.

Bei der Einvernahme vor dem BFA am 14.01.2020 führte der Zweitbeschwerdeführer aus, seiner Mutter sei gedroht worden, dass er entführt werde und seinem Leben etwas angetan werden würde. Dies sei Ende September 2019 abends gewesen. Seine Mutter habe ihm das gesagt. Er kenne die Leute nicht, seiner Mutter sei in der Nähe der Wohnung gedroht worden. Er sei zu Hause gewesen, mehr könne er nicht sagen. Sonst habe es keine Drohungen gegeben. Sonst habe es niemals Drohungen gegeben, auch nicht gegenüber seiner Mutter. In der Schule sei er mit vielen ausgelacht worden, weil seine Mutter der Oppositionsbewegung angehört und auch zu der Opposition gehalten habe. Es sei zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Die Konflikte gebe es seit 2017 bis November 2019. (NS 14.01.2020, S 3-4)

Die bei der Einvernahme des Zweitbeschwerdeführers anwesende Erstbeschwerdeführerin wurde in dieser anschließend nach der Bedrohung vom September 2019 gefragt. Die Erstbeschwerdeführerin gab dazu an, dass sie nichts Konkretes erzählt habe, sie doch gesagt habe, dass sei bedroht worden sei und dass ihr Sohn entführt werden sollte. Betreffend die Bedrohung im September 2019 habe sie auf der Straße eine Person getroffen, sie kenne diese nicht und diese habe eine Warnung ausgesprochen. Es habe wie eine Warnung geklungen, sie solle auf ihren Sohn aufpassen, es könnte ihm etwas zustoßen. Sie habe sich bei ihrer eigenen Einvernahme nicht daran erinnern können. Danach habe sie den Entschluss gefasst, Georgien zu verlassen. (NS des Zweitbeschwerdeführers, 14.01.2020, S 5)

Die Erstbeschwerdeführerin legte dem BFA ein Schreiben in georgischer Sprache inklusive englischer Übersetzung vor, dass angeblich von einer Organisation namens „NGO Sociometry“ stammen solle (AS 141 -169).

2.2.3 Das BFA führte in seiner Beweiswürdigung insbesondere aus, dass die beiden Beschwerdeführer sich widersprechende Angaben gemacht haben würden:

Der Zweitbeschwerdeführer habe ausschließlich eine einzige Bedrohung seiner Mutter erwähnt, und zwar vom September 2019 und nicht vom Juni 2018 wie es aus der vorgelegten Stellungnahme der Nichtregierungsorganisation hervorgehe. Dass die Erstbeschwerdeführerin den Vorfall vom September 2019 in ihrer Einvernahme nicht erwähnt habe, sei nicht nachvollziehbar, da eine Verfolgung befürchtende Person ein derartig wichtiges Faktum gegenüber jenem Staat nicht verschweigen würde von dem die Person Schutz erwarte.

Während der Zweibeschwerdeführer angegeben habe, lediglich einmal an einer Demonstration teilgenommen zu haben, habe die Erstbeschwerdeführerin diesbezüglich angegeben, dass ihr Sohn mehrfach [„ab und zu“] mitgegangen sei.

Bei der Erstbefragung habe die Erstbeschwerdeführerin angegeben, nach dem Vorfall im Juni 2018 zwei Tage im Krankenhaus aufhältig gewesen zu sein, was im Widerspruch zu ihrer Aussage bei der Einvernahme stehe, welcher zufolge sie vom Ort des Geschehens noch am selben Abend nach Hause gegangen sei.

Weiters weise die vorgelegte Stellungnahme der Nichtregierungsorganisation zum Großteil Informationen betreffend Dritter auf und berichte nur kurz über den Vorfall betreffend die Erstbeschwerdeführerin vom Juni 2018. Jener Überfall auf die Erstbeschwerdeführerin vom September 2019 sei in dieser Stellungnahme nicht angeführt. Noch dazu berichte die Stellungnahme darüber, dass die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kollegen aufgrund einer Ermordung im Oktober 2019 den Entschluss gefasst haben würden das Land zu verlassen, was ein anderes fluchtauslösendes Ereignis darstelle, als es die Erstbeschwerdeführerin geschildert habe.

Darüber hinaus habe die Erstbeschwerdeführerin, trotz Zusicherung, ihren Mitgliedsausweis der Oppositionspartei dem BFA nicht vorgelegt und sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie die Stellungnahme der Nichtregierungsorganisation, nicht aber die Bestätigung der Anzeige hinsichtlich des Vorfalls vom Juni 2018 vorgelegt habe.

Hinsichtlich der vorgebrachten Probleme des Zweitbeschwerdeführers in der Schule wäre es möglich gewesen, sich jederzeit an die Schulleitung wenden zu können oder einen Schulwechsel andenken können, was jedoch aus eigenem Verschulden nicht gemacht worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb bei einer tatsächlichen bereits seit 2017 immer wiederkehrende Auseinandersetzungen mit Mitschülern nicht bereits sämtliche Maßnahmen (Meldung an den Schuldirektor, Schulwechsel) durchgeführt worden wären. Auch seien die Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, konkrete Namen oder eine genaue Schilderung der Geschehnisse anführen. (Bescheid zur Erstbeschwerdeführerin S 28ff; zum Zweitbeschwerdeführer, S 25ff).

2.2.4 Die Beschwerde rügt zunächst pauschal ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren ohne in konkreter Weise die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012).

Die Beschwerde bringt vor, dass der Zweitbeschwerdeführer den Vorfall vom September 2019 lediglich vom Hörensagen kenne, seine Mutter habe ihm jenen Vorfall nicht im Detail geschildert, um ihn nicht zu verängstigen, gleiches gelte auch für den Vorfall vom Juni 2018, den die Erstbeschwerdeführerin ihrem Sohn vorenthalten habe, um ihn nicht zu beunruhigen. Aus dem Protokoll des Zweitbeschwerdeführers sei offensichtlich, dass es bei ihm lediglich zu Verwechslungen von Details zu den Vorfällen gekommen sei bzw Wissenslücken vorhanden seien.

Dies entkräftet jedoch nicht das Argument des BFA, wonach es nicht nachvollziehbar sei, dass die Erstbeschwerdeführerin den Vorfall vom September 2019 in ihrer Einvernahme selbst nicht erwähnt habe, da eine Verfolgung befürchtende Person ein derartig wichtiges Faktum gegenüber jenem Staat nicht verschweigen würde von dem die Person Schutz erwarte. Einen Vorfall, der sich im September 2019 schilderte die Erstbeschwerdeführerin mit keinem Wort, vielmehr gab sie dezidiert an, dass das die Flucht auslösende Ereignis der Vorfall im Juni 2018 gewesen sei, welchen sie dem Zweitbeschwerdeführer – entgegen der nunmehrigen Beschwerdebehauptung – nicht vorenthalten sondern erzählt hat (NS der Erstbeschwerdeführerin 14.01.2020, S 6: „Ich habe es ihm erzählt“; S 6/7; „LA (BFA): Was war der furchtauslösende Grund weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben? VP (Erstbeschwerdeführerin): Ich hatte Furcht, weil wir bedroht wurden 2018. Auch mein Sohn hatte Auseinandersetzungen diesbezüglich“). Auch in dem von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegten Bericht ist kein Vorfall vom September 2019, der sie selbst betreffen würde, enthalten, obwohl sie selbst angegeben hat, dort alles erzählt zu haben (NS 14.01.2020, S 4).

Die Beschwerde bringt des Weiteren vor, dass der Zweitbeschwerdeführer in der Tat an mehreren Demonstrationen teilgenommen habe, er jedoch davon ausgegangen sei, dass sich die Behörde in ihrer Fragestellung auf jene Demonstration beziehe, die von den georgischen Sicherheitskräften aufgelöst worden sei.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das BFA den Zweitbeschwerdeführer gar nicht nach einer Demonstrationsteilnahme gefragt hat, er diese somit auch nicht in der behaupteten Weise missverstehen konnte. Vielmehr lautete die Frage des BFA, ob der Beschwerdeführer „aktives Mitglied bei der Oppositionspartei“ gewesen sei. Der Zweitbeschwerdeführer selbst sprach daraufhin von einer Demonstration führte an, dass er ein einziges Mal an einer solchen teilgenommen habe. (NS des Zweitbeschwerdeführers, 14.01.2020, S 4). Eine Verwechslung ist somit auszuschließen.

Soweit schließlich noch in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass die Erstbeschwerdeführerin im Anschluss an den Übergriff (im Jahr 2018) einen Krankenwagen gerufen habe und vor Ort erstversorgt worden sei, sie jedoch nie im Krankenhaus gewesen sei und es diesbezüglich bei der Erstbefragung „lediglich um einen Übersetzungsfehler“ gehandelt haben kann, handelt es sich dabei um eine nicht nachvollziehbar dargelegte bloße Behauptung und ist darauf zu verweisen, dass es für einen erfolgreichen Angriff auf die Beweiswürdigung nicht ausreicht, dessen Feststellungen diesen widersprechende Behauptungen entgegenzustellen (vgl VwGH 01.10.2014, Ra 2014/09/0022).

2.2.5 Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher den zuvor dargestellten beweiswürdigenden Argumenten des BFA (oben 2.2.3) an, welche von diesem in schlüssiger, vertretbarer dargelegt wurden und welche mit der Beschwerde in zentralen Punkten nicht entkräftet werden konnten. Angesichts dieser Erwägungen gelangte das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie bereits das BFA zur Überzeugung, dass die Beschwerdeführer keine individuell gegen ihre Person gerichtete und auch keine aktuelle Bedrohung in relevantem Ausmaß glaubhaft gemacht haben.

2.3 Den hier getroffenen Ausführungen zur Lage in Georgien (oben 1.5) liegen die vom BFA herangezogenen Länderberichte zugrunde, welche in den bekämpften Bescheiden enthalten sind. Die Beschwerdeführer sind diesen Länderfeststellungen weder gegenüber dem BFA noch in der Beschwerde entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zum Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)

3.1 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Entscheidend ist, dass der Asylwerber im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs 1 AsylG 2005 iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.2 Fallbezogen wurde nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine wohlbegründete Furcht vor einer aktuellen Verfolgung glaubhaft gemacht. Die vorgebrachte Bedrohung der Beschwerdeführer aufgrund der oppositionspolitischen Tätigkeit der Erstbeschwerdeführerin wurde nicht als glaubhaft erachtet. Die vom Zweitbeschwerdeführer behaupteten und lediglich verbalen Auseinandersetzungen und das Auslachen in der Schule erreichen zudem nicht eine derartige Intensität, dass deshalb sein weiterer Aufenthalt in seinem Heimatland als unerträglich anzusehen wäre (vgl VwGH 23.05.1995, 94/20/0808; 23.10.2019, Ra 2019/19/0413). Andere Fluchtgründe, außer einer schlechten wirtschaftlichen Lage, welche nicht zur Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten führen kann, wurden nicht vorgebracht.

3.3 Es liegt somit im Falle der Beschwerdeführer keine Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.4 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide des BFA wird daher als unbegründet abgewiesen.

Zum Status eines subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1 AsylG 2005)

3.5 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf das Vorliegen einer allgemein prekären Sicherheitslage - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung von EGMR und EuGH - zum Vorliegen eines reales Risikos iSd Art 3 MRK ausgesprochen, dass diese Voraussetzung nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") erfüllt ist. In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert sich der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs 1 Z 2 Asyl 2005 an Art 15 lit c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst - wie der EuGH erkannt hat - eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. (VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068)

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art 2 oder 3 MRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art 2 oder 3 MRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0196).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.6 Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen zur Lage in Georgien als gesichert angenommen werden (siehe oben 1.5). Es liegen keine aktuellen Hinweise auf das Vorliegen von akut existenzbedrohenden Krankheitszuständen im Falle einer Rückverbringung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat vor. Die Beschwerdeführer sind gesund, die Erstbeschwerdeführerin arbeitsfähig. Es ist nicht erkennbar, dass sie in eine aussichtslose Lage geraten sollten oder ihnen eine Existenzsicherung in ihrem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, zumal auch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervorgeht, dass die Lage für alle Personen (ohne Hinzutreten von besonderen Umständen) dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/20/0050).

Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse).

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063), liegt somit nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat möglicherweise schlechter sein wird, als in Österreich; aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art 3 EMRK nicht tangiert ist.

3.7 Der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer befindet sich auch nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Es kann daher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (vgl VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068).

3.8 Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann ferner auch nicht davon gesprochen werden, dass praktisch jedem, der nach Georgien abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, sodass die Abschiebung im Lichte des Art 3 EMRK unzulässig erschiene (vgl VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0196). Etwaige persönliche Gefährdungsmerkmale sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

3.9 Zusammenfassend finden sich somit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 AsylG 2005 ausgesetzt wären. Es kann daher den Beschwerdeführern der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt werden.

3.10 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide des BFA wird daher als unbegründet abgewiesen.

Zu einem Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 AsylG)

3.11 Fallbezogen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer ist weder seit einem Jahr geduldet noch ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen zu erteilen; schließlich haben die Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft gemacht, Opfer von Gewalt geworden zu sein sowie, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.12 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III der angefochtenen Bescheide wegen Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wird daher abgewiesen.

Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Georgien (§ 52 FPG; § 9 BFA-VG)

3.13 Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.14 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt halten sich die Beschwerdeführer seit XXXX , somit seit rund 10 Wochen, gestützt auf das vorläufige Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz, ununterbrochen in Österreich auf. Es handelt sich um ihr erstes Asylverfahren. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Sie sind auf Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde angewiesen. Sie ist nicht erwerbstätig, sprechen nicht Deutsch, haben keine Anknüpfungspunkte zu in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Personen und es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen der Beschwerdeführer in Österreich. Die Beschwerdeführer haben ihr Leben fast ausschließlich in Georgien verbracht und wurden dort sozialisiert. Es deutet nichts darauf hin, dass es den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren, zumal Verwandte der Beschwerdeführer nach wie vor in Georgien leben und keine Hinweise darauf vorliegen, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht erneut als Haushaltshilfe und Kinderbetreuerin arbeiten könne. Dass ihr, wie die Beschwerde vorbringt, keine Sozialleistungen in Georgien mehr zustehen, ist somit nicht von ausschlaggebender Relevanz. Der fast siebzehnjährige Zweitbeschwerdeführer würde seine Schulbildung abschließen können, wenn auch eventuell in einer anderen Schule, oder in den Arbeitsmarkt einsteigen können. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass den Beschwerdeführer jegliche existenzielle Grundlage fehle und keine Wohnmöglichkeit haben würden, so ist erneut auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Beschwerdeführer in Georgien zu verweisen, sowie darauf, dass sie vor ihrer Ausreise in einem Haus wohnten, welches dem Exmann der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers gehört. Weder die Beschwerdeführer gegenüber dem BFA noch die Beschwerde brachte vor, dass sie dort nicht mehr wohnen könnten.

3.15 Den privaten Interessen der Beschwerdeführer stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes erweisen sich die individuellen Interessen der Beschwerdeführer iSd Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen.

3.16 Es kann daher im gegenständlich zu beurteilenden Fall der Beschwerdeführer die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer für unzulässig erklärt und keine Aufenthaltsberechtigung erteilt werden.

3.17 Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre.

3.18 Die Beschwerde gegen Spruchpunkte IV und V der angefochtenen Bescheide, mit der die Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Georgien bekämpft wurde, wird daher ebenso abgewiesen.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG)

3.19 Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt.

3.20 Nachdem sich aus dem Verfahren ergeben hat, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine Gefährdung, Verfolgung oder menschrechtsrelevante Gefahr droht und sich auch sonst keine besonderen privaten Umstände der Beschwerdeführer hinsichtlich einer erforderlichen Frist zur freiwilligen Ausreise im Verfahren ergeben haben (vgl etwa VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146), erweist sich die vom BFA ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden als zu Recht erfolgt, zumal es sich bei Georgien auch um einen sicheren Herkunftsstaat handelt (vgl § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 12 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009).

3.21 Die Beschwerde ist der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden nicht konkret entgegengetreten.

3.22 Spruchpunkt VI der angefochtenen Bescheide war daher zu bestätigen.

Zur Ausreisefrist (§ 55 Abs 1a FPG)

3.23 Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

3.24 Der Ausspruch des BFA, wonach gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, da die Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar werde, erging somit zu Recht.

3.25 Spruchpunkt VII der angefochtenen Bescheide war daher zu bestätigen.

Zum Einreiseverbot (§ 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG)

3.26 Das BFA begründete die Erlassung des jeweils einjährigen Einreiseverbotes der Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst einerseits damit, dass die Beschwerdeführer einen unbegründeten und missbräuchlichen Asylantrag gestellt haben würden, sowie andererseits damit, dass die Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt in Österreich nicht nachzuweisen vermochten und dass nicht anzunehmen sei, dass die Beschwerdeführer in Zukunft den österreichischen Rechtsnormen und behördlichen bzw gerichtlichen Entscheidungen Folge leisten würden. Das Einreiseverbot gegen die Beschwerdeführer sei daher zum Zwecke des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen worden. Die familiären und privaten Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer seien nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden (Bescheid EBF, S 41ff; Bescheid ZBF, S 37ff).

3.27 Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, das BFA argumentiere widersprüchlich, wenn es einerseits davon ausgehe, dass es für die Beschwerdeführer ohne weiteres möglich sei, in Georgien Arbeit zu finden und sich andererseits auf das Fehlen der Mittel zum Nachweis des Unterhalts der Beschwerdeführer berufe (Beschwerden, S 9), so kann eine Widersprüchlichkeit nicht erkannt werden, da eine in der Zukunft liegende Arbeitsmöglichkeit in Georgien die derzeit vorliegende Mittellosigkeit in Österreich nicht beseitigen kann.

3.28 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII der angefochtenen Bescheide war daher abzuweisen.

Zur Anordnung einer Unterkunftnahme (§ 15b Abs 1 AsylG)

3.29 Mit Spruchpunkt IX erfüllte das BFA die gesetzlich normierte Pflicht, über eine Verfahrensanordnung im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Fallbezogen stützte sich das BFA auf § 15b Abs 2 Z 2 AsylG, da sich die Anträge der Beschwerdeführer auf einen sicheren Herkunftsstaat gemäß § 19 BFA-VG beziehen würden und die Beschwerdeführer Verfolgungsgründe nicht vorgebracht haben würden, weshalb ein qualifiziertes Schutzinteresse nicht gegeben sei und deshalb das öffentliche Interesse und die öffentliche Ordnung besonders schwer wiegen würden.

Der vom BFA verfügten Anordnung war daher nicht entgegenzutreten, zumal auch in der Beschwerde diese Anordnung nicht konkret bekämpft wurde.

3.30 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IX der angefochtenen Bescheide war daher abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.31 Die Abhaltung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen konnte in den gegenständlichen Fällen gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

Zu B)

Revision

3.32 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für die vorliegenden Fälle relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.33 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anordnung der Unterkunftnahme aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Familienverfahren Glaubwürdigkeit Interessenabwägung mangelnde Asylrelevanz Minderjährige Mittellosigkeit non refoulement öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L516.2229007.1.00

Im RIS seit

05.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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