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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §45 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über den Antrag auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1996, Zl. 96/20/0414-3, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in einer Asylangelegenheit den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, der am 10. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 14. Februar 1992 den Asylantrag gestellt hat, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. März 1992, mit dem festgestellt worden war, daß er die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. November 1995, Zl. 4.331.689/9-III/13/95, wies die belangte (im zweiten Rechtsgang) diese Berufung ab. Der dagegen gerichteten Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1996, Zl. 96/20/0414-3, keine Folge.
Mit Eingabe vom 22. November 1996, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 25. November 1996, beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 45 VwGG und begründete diesen Antrag damit, es finde in der Heimat des Beschwerdeführers gerade eine massive Welle der Repression gegen Teilnehmer der Studentendemonstrationen im Jahr 1989 am Tiananmen-Platz statt. Der Studentenführer W sei nach sieben Jahren seit den Ereignissen am Tiananmen-Platz erst kürzlich zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, dies in einem Verfahren, das nicht im mindesten den Anforderungen eines fairen Strafprozesses entsprochen habe. Davor sei er 17 Monate rechtswidrig und willkürlich in Verwaltungshaft inhaftiert gewesen. Diese Repressionen seien im westlichen Ausland erst im Herbst 1996 bekannt geworden, weswegen sie der Verwaltungsgerichtshof in dem sein Verfahren abschließenden Erkenntnis offenbar auch nicht habe verwerten können. Der Beschwerdeführer habe Beweismittel erst am 8. bzw. 22. November 1996 erhalten, aus denen hervorgehe, daß die Annahmen der belangten Behörde, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt worden seien, unzutreffend seien und dem Beschwerdeführer gleich jenen in den erwähnten Berichten genannten Personen eine jahrelange Haftstrafe nach einem unfairen politischen Strafprozeß drohe. Zur Untermauerung dieser Angaben legte der Beschwerdeführer ein Konvolut diverser Urkundenkopien vor.
Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist einer Partei die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag zu bewilligen, wenn
1.
das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2.
das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3.
nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4.
im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte, oder
5.
das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.
Nach dem Inhalt des Antrages macht der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall erkennbar lediglich die Voraussetzung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend.
Der Wiederaufnahmegrund der Verletzung des Parteiengehörs im Sinne dieser Gesetzesbestimmung liegt nicht vor, wenn die Partei in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Gelegenheit hatte, all das vorzubringen, was im Wiederaufnahmeantrag als nicht berücksichtigtes Parteivorbringen bezeichnet wird, und sie von dieser Gelegenheit nicht Gebrauch gemacht hat. Auch bietet die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 VwGG keine Handhabe, eine im abgeschlossenen Verfahren geäußerte Rechtsansicht zu bekämpfen (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, S 642 ff zitierte Judikatur). Im übrigen reicht der bloße Hinweis auf Schicksale Dritter hiezu nicht aus.
Im übrigen hätte der Verwaltungsgerichtshof das den Wiederaufnahmeantrag begründende Vorbringen, "derzeit" seien weitere Repressionen gegen Demonstranten am Tiananmen-Platz 1989 im Gange, gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ohnedies nicht berücksichtigen dürfen, da der Verwaltungsgerichtshof gemäß dieser Bestimmung den angefochtenen Bescheid AUFGRUND DES VON DER BELANGTEN BEHÖRDE ANGENOMMENEN SACHVERHALTES im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen hat. Aus der Überprüfungsfunktion des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, daß für ihn daher grundsätzlich nur die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (hier: der 30. November 1995) maßgebend ist.
Da somit der behauptete Wiederaufnahmegrund nicht vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996200838.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010