TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/15 L504 2120700-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2020
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Entscheidungsdatum

15.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L504 2120700-1/33E

Schriftliche Ausfertigung des am 04.03.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2015, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen als Spruchpunkt III. 1. Satz lautet: Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gem. § 57 AsylG nicht erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 23.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, der den ersten Angaben nach Staatsangehöriger des Irak mit sunnitischem Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört und aus XXXX im Gouvernement Dhi Qar stammt.

In der von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.06.2015 durchgeführten Erstbefragung gab die bP zu ihrer Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtung Folgendes an:

„Warum haben Sie Ihr Land verlassen?

Ich hatte im Irak eine Freundin im Geheimen. Als ihre Familie vor ca. 6 Monaten davon erfuhr, habe ich sie nicht mehr wiedergesehen. Ich erhielt Todesdrohungen und floh aus Angst um mein Leben.

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich habe Angst von der Familie meiner Freundin getötet zu werden.

Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde? Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen? Wenn ja, welche?

Keine

[…]“

In der nachfolgenden Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte die bP zu ihrer ausreisekausalen Problemlage im Herkunftsstaat und allfälligen Problemen die sie im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat erwarte, am 09.12.2015 im Wesentlichen vor:

„[…]

Erklärung: Sie haben am 23.06.2015 beim Bezirkspolizeikommando Baden, PI Traiskirchen um Asyl ersucht. Sie wurden am 23.06.2015 vor o.a. Behörde bereits zu Ihrem Asylverfahren, d.h. zu Ihrem Reiseweg und den Gründen Ihrer Ausreise, befragt. Können Sie sich an Ihre damaligen Angaben erinnern und stimmen diese?

A: Ja ich kann mich an meine Angaben erinnern und sie entsprachen der Wahrheit, Kleinigkeiten möchte ich ändern.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Wurden alle Ihre Angaben richtig und vollständig protokolliert und rückübersetzt?

A: Nein, es wurde mir nicht übersetzt.

F: Welche Angaben haben nicht gepasst?

A: Beim Fluchtgrund gibt es Sachen, die nicht passen, was genau drin steht weiß ich nicht mehr.

F: Was haben Sie bei der Erstbefragung angegeben?

A: Das weiß ich nicht mehr genau.

F: Noch einmal, was haben Sie bei der Erstbefragung angegeben?

A: Am 09.06. habe ich den Irak verlassen. Die Gründe waren, dass ich in ein Mädchen verliebt war, wir waren 2 Jahre zusammen. Ich habe 2-mal um Ihre Hand angehalten, einmal mit Frauen und einmal mit Männern. Ihre Familie war dagegen, weil ich Schiit bin und sie Sunniten sind.

F: So haben Sie das bei der Erstbefragung angegeben?

A: Ja.

F: Und das stimmt nicht so?

A: Doch, aber ich möchte noch mehr hinzufügen.

F: Was war nun falsch bei der Erstbefragung?

A: Ich bin am XXXX , nicht am XXXX . Und mein Name ist falsch. Ich heiße XXXX .

Dokumente

F: Haben Sie sich mittlerweile irgendwelche Dokumente besorgt?

A: Ja, ich habe Fotos dabei, von

1) meinem Personalausweis ( XXXX , geb. XXXX in XXXX , XXXX ; ausgestellt 2005)

2) Wehrdienstausweis

3) Staatsbürgerschaftsnachweis, ausgestellt 1994

F: Wo sind die Originale?

A: Meinen Reisepass habe ich im Meer verloren. Die anderen Originale befinden sich im Irak, bei meiner Familie.

F: Besitzen Sie weitere Identitätsdokumente?

A: Nein.

H: Haben Sie irgendwelche Krankheiten? Sind Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie Medikamente ein?

A: Ja, ich bin in Behandlung. Ich muss Medikamente nehmen.

4) Trittico (Trazodonhydrochlorid)

5) Sertralin Tabletten 50mg

F: Weswegen müssen Sie die Medikamente nehmen?

A: Das hängt mit dem Mädchen zusammen, ich war schwer verliebt, ihre Eltern waren dagegen, sie hat mich in der Arbeit besucht und sagte, sie würde sich das Leben nehmen. Sie sagte mir, sie würde mit mir ins Bett gehen, weil wir ja nicht heiraten durften. Ich war aber dagegen, aber sie ließ mir keine Ruhe, also haben wir es gemacht, mehrmals. 3 Monate später hörte ich, dass sie getötet wurde.

F: Wann haben Sie das gehört?

A: Sie war von mir schwanger.

F: Wann war das?

A: Im April 2015.

F: Wo waren Sie zu dem Zeitpunkt?

A: Ich habe mich in meinem Gebiet aufgehalten, in XXXX , ich war zu Hause. Meine Mutter war auf der Straße. Ihre Brüder fragten nach mir. Sie beschimpften uns und schossen in die Luft. Dann fingen alle Frauen zum Schreien an, ich ging raus und sah dass meine Mutter am Boden lag. Als ich meiner Mutter helfen wollte, haben sie auf mich geschossen, aber ich konnte weglaufen.

F: Wo sind Sie hin gelaufen?

A: Am 09.06. bin ich zum Flughafen.

F: Noch einmal, wo sind Sie direkt nach diesem Vorfall hin gelaufen?

A: Nach XXXX .

F: Wie weit ist das entfernt?

A: Ca. 200 Kilometer.

F: Wie sind Sie da hingekommen?

A: Mit dem Auto.

F: Bitte schildern Sie die Situation noch einmal, es wurde auf Sie geschossen und dann?

A: Ich bin gelaufen, dann habe ich ein Taxi genommen, bin zur Garage gefahren und in mein Auto gestiegen und bin weg gefahren.

F: Wieso nach XXXX ?

A: Ich habe dort Verwandte.

F: Wie lange waren Sie in XXXX ?

A: Ca. von April bis 09.06.2015.

F: Was ist passiert als Sie in XXXX waren?

A: Meine Familie hat das Haus verlassen, sie wurden bedroht, dass sie getötet werden. Sie drohten damit, dass sie entweder mich tötet oder einen meiner Brüder.

F: Die Frage war eigentlich, warum Sie die Tabletten nehmen?

A: Ich weine viel, ich kann nicht schlafen.

[…]

F: Hatten Sie jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Ihres Religionsbekenntnisses?

A: Nein.

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit der Polizei bzw. Polizisten in Ihrem Heimatland?

A: Nein.

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit den Behörden oder Gerichten in Ihrem Heimatland?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals irgendwo in Haft?

A: Ja, ich war 4 Mal in Haft. Zu Saddam Hussein Zeiten. 1995,1996, 1997 und 1998 war das.

F: Waren Sie jemals politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

Angaben zur Person und Lebensumständen

Name: XXXX alias XXXX

Geboren: XXXX

Geburtsort: XXXX

Familienstand: ledig

Kinder: keine

Religion: Islam, Schiit

Volksgruppe: Araber

Sprachen: Arabisch (Muttersprache)

Schule: 12 Jahre

Beruf: in einer Boutique als Verkäufer

Finanzielle Situation: 300 000 Dinar pro Monat (ca. 250 Euro)

Adressen im Herkunftsstaat:

XXXX

XXXX XXXX , XXXX , XXXX XXXX

F: Wer wohnt jetzt noch an der Adresse?

A: Niemand mehr.

[…]

Familie im Herkunftsstaat

Vater: XXXX , geb. XXXX , wurde getötet 2014

Mutter: XXXX , geb. XXXX ,

Brüder: XXXX , geb. XXXX

XXXX , geb. XXXX

XXXX , geb. XXXX

XXXX , geb. XXXX

Schwester: XXXX , geb. XXXX

Alle derzeit in XXXX

Anm.: Vertrauensperson kommt zur Einvernahme, bringt ärztliches Attest (4) mit.

F: Wie waren die Lebensumstände in XXXX ?

A: Es geht ihnen sehr schlecht.

F: Warum?

A: Meinetwegen.

F: Warum genau?

A: Wege allem was passiert ist.

F: Was ist jetzt konkret, dass es ihnen schlecht geht?

A: Sie haben kein Geld und arbeiten nicht.

F: Wieso nicht?

A: Sie haben Angst, dass sie getötet werden.

F: Aber wie sollten die Personen sie in XXXX finden?

A: Sie wissen überall wo sich jeder aufhaltet. Man wird nach dem Namen gefragt. Meine Eltern können nicht mehr nach Hause zurückkehren, entweder ich stelle mich freiwillig hin oder sie töten einen meiner Brüder.

F: Wann sind Ihre Brüder nach XXXX ?

A: Eine Woche nach mir.

F: Also befinden sie sich jetzt etwa 8 Monate dort?

A: Ja.

F: Und in diesem Zeitraum ist nichts passiert?

A: Nein.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie im Herkunftsstaat? Wenn ja, wie?

A: Ja, telefonisch.

F: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Familie?

A: Gut, ich bin ja für alles verantwortlich.

[…]

F: Schildern Sie detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! […]

A: Das was ich vorhin auf die Frage nach den Medikamenten gesagt habe. Wenn ich dort geblieben wäre, hätten sie mich sicher schon getötet.

F: Haben Sie noch weitere Gründe, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

A: Nein, das ist der Grund, wieso ich mein Heimatland verlassen habe.

F: Haben Sie sämtliche Gründe und Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben, angeführt?

A: Ja.

F: Wie war der Name des Mädchens?

A: XXXX . Nachgefragt, sie wurde XXXX geboren, sie ist vielleicht 30 oder 35.

F: Wo haben Sie sie kennengelernt?

A: Sie war eine Kundin bei mir.

F: Schildern Sie wie sie sich kennenlernten.

A: Sie kam immer zu mir einkaufen und einmal hat sie mich nach meiner Handynummer gefragt und am Abend hat sie mich angerufen.

F: Wann war das?

A: Am 14.02.2013.

F: Wieso wissen Sie das Datum so genau?

A: Das war meine erste Liebe.

F: Erzählen Sie von dem Mädchen.

A: Sie hat mich öfter angerufen wir haben über Kleidung geredet und sie sagte dass sie mich liebt.

F: XXXX

A: XXXX

F: Was bedeutet das?

A: Zuerst gehen nur Frauen dorthin und besprechen das mit den Frauen. Dann sprechen die Männer über das Geld und Schmuck und so weiter und über Familie.

F: Wer war da dabei?

A: Meine Mutter, meiner Schwester und Tante.

F: Und von der Familie Ihres Mädchens war niemand dabei?

A: Doch, wir sind zu ihrer Familie.

F: Wann war denn der Punkt an dem die Familie Ihnen sagte, dass sie das nicht möchte?

A: 3 Tage später haben sie mir das mitgeteilt.

F: Wann war das?

A: Juli 2014.

F: Was passierte dann?

A: Dann hat sie mich abends angerufen und gesagt, wenn sie mich nicht heiraten kann, dann wird sie sich umbringen. Ich habe sie beruhigt, sie hat immer angerufen. Dann hat sie mich einmal angerufen und mir gesagt, entweder nimmt sie sich das Leben oder sie schläft mit mir. Ich sagte ihr immer wieder dass so was unmöglich ist. Sie sagte aber immer wieder dass sie sich sonst das Leben nehmen würde. Also stimmte ich zu und wir schliefen 3 oder 4 Mal miteinander. 3 Monate später war sie schwanger. Dann passierte eben der Vorfall den ich schon schilderte.

F: Wer hat sie da bedroht?

A: Ihre Brüder.

F: Wie heißen die Brüder?

A: XXXX

F: Wie alt sind die Brüder?

A: Ca. 26, 30 und 34.

F: Wo wohnen die Brüder?

A: In XXXX XXXX .

F: In der Zeit als SIe in XXXX waren, haben Sie etwas von den Brüdern gehört?

A: Man hat sie in XXXX gesehen.

F: Aber sie haben Sie nicht gefunden?

A: Nein, ich war immer zu Hause.

F: Wer hat die Brüder gesehen?

A: Mein Cousin.

F: Woher kennt Ihr Cousin die Brüder?

A: Bei der Verlobung hat er sie gesehen.

F: Wieso sind Sie nicht in XXXX geblieben?

A: Ich wäre schon tot wenn ich geblieben wäre.

F: Warum wollen die Brüder Sie töten?

A: Weil ich mit ihr geschlafen habe.

F: Woher wissen die Brüder das?

A: Weil sie ein ärztliches Attest hatte.

F: Woher wissen die dass Sie das waren?

A: Sie hat das zugegeben.

F: Wenn Ihre Brüder ansonsten statt Ihnen getötet werden sollen, wie können Sie dann erklären, dass sie seit 8 Monaten dort leben können?

A: Sie befinden sich außerhalb der Stadt und sind immer im Haus, die Verwandten bringen immer das Essen.

F: Wovon leben Ihre Brüder und Mutter derzeit?

A: Von den Verwandten, von meinen Cousins und Onkel. Meine Mutter ist Witwe und bekommt alle 3 Monate Pensionsgeld.

F: Haben Sie sich wegen Ihrer Probleme an die Polizei gewandt?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Wenn ich mich selber bei der Polizei melde, dann würde mich die Polizei gleich direkt zu der Familie bringen, das ist ja Ehrensache. Und es gibt ja keine Freiheit im Irak was so was betrifft.

F: Wann haben Sie den Entschluss gefasst Ihr Heimatland zu verlassen?

A: Am 08.06. habe ich mich entschlossen und am 09.06.2015 bin ich ausgereist, es war ein Dienstag.

F: Haben Sie Ihr Heimatland legal oder illegal verlassen?

A: Legal.

F: Haben Sie Besitztümer (Grundstücke/ Häuser/ Landwirtschaft)?

A: Nein.

F: Was passierte mit Ihrem Auto?

A: Es war ein Leihauto.

F: Wie sind Sie auf Österreich gekommen?

A: Ich habe früher immer nur Positives über Österreich gehört. Ich wünschte mir immer auf legale Weise nach Europa zu kommen. Jetzt habe ich zufällig diese Probleme bekommen und jetzt bin ich hier.

F: Wie viel mussten Sie für die Verbringung nach Österreich insgesamt bezahlen?

A: ca. 3000 Euro.

F: Woher hatten Sie das Geld?

A: Mit diesem Geld wollte ich die Verlobung bezahlen.

[…]

F: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes zu leben?

A: Nein, das ist unmöglich.

F: Warum?

A: Sie werden mich töten.

F: Wer?

A: Die Brüder.

F: Wie könnten sie Sie im Irak finden?

A: Ihre Familie ist eine große Familie, ihre Brüder sind sehr bekannt, vielleicht fragen sie mit einem Lichtbild nach mir.

V: Wenn diese Brüder jemanden im gesamten Irak finden könnten, wie kann es dann sein, dass die Brüder in XXXX waren und weder Sie noch die Brüder gefunden haben?

A: In XXXX ist viel Landwirtschaft und wir blieben immer zu Hause. Sie haben viele Kontakte, sie suchten gezielt nach mir.

V: Aber genau dann hätten sie Sie ja ganz einfach finden können, in dem sie zu einer Person gehen und fragen, ob jemand Sie kennt oder Ihre Cousins, und schon hätten sie Sie gefunden?

A: Ja, die Geheimdienste finden Leute auf solche Art.

F: Was meinen Sie mit Geheimdiensten?

A: Ich meinte sie werden so wie der Geheimdienst arbeiten um mich zu finden.

F: Können die Personen Sie auch in Österreich finden?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Sie haben keine Kontakte in Österreich.

F: Wären Sie abgesehen von der behaupteten Bedrohung wirtschaftlich in der Lage, sich in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes niederzulassen und Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten?

A: Ja.

F: Was erwartet Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Sie werden mich töten. Das ist Familienehre.
[…]

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden und konnten Sie die Dolmetscherin während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen?

A: Ja.

F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?

A: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Wurde Ihnen von der Dolmetscherin alles korrekt rückübersetzt und Ihre Einvernahme richtig protokolliert?

A: Ja.

[…]“

Die Behörde zog die folgenden Beweismittel heran:

- Kopie des Personalausweises

- Kopie des Wehrdienstausweises

- Kopie des Staatsbürgerschaftsnachweises

- Medikamente: Trittico (Trazodonhydrochlorid) und Sertralin Tabletten 50mg

- ärztliches Attest
Weitere von der Behörde herangezogene Beweismittel:

- niederschriftliche Angaben

- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Irak vom 20.06.2014

- Information der Staatendokumentation zur aktuellen Situation im Irak 15.06.2015

- Akteninhalt zur IFA XXXX

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Relevante Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht gegeben sein und werde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist durch die vertretene bP Beschwerde erhoben.

Über Aufforderung des BVwG hat die bP mit Schriftsatz vom 19.11.2019 Fragen zum Privat- und Familienleben in Österreich beantwortet. Zur Frage, ob sich seit Einbringung der Beschwerde Änderungen hinsichtlich ihrer Problemlage im Irak ergeben hätten, wurde angegeben:

„Die Cousine des BF berichtet ihm immer wieder, dass maskierte Personen zu ihr kommen und nach dem BF fragen. Das letzte Mal waren diese im September 2019 bei ihr. Die Personen haben der Cousine gegenüber gesagt, dass sie den BF töten werden, würden sie ihn erwischen. Dabei handelt es sich um Familienmitglieder der ehemaligen Geliebten des BF. Daher ist die Verfolgungsgefahr nach wie vor aktuell. Eine Rückkehr würde für den BF den sicheren Tod bedeuten.“

Mit Schriftsatz vom 04.02.2020 wurden den Parteien vom BVwG im Rahmen des Parteiengehörs Berichte einschließlich einer vorläufigen Lagebeurteilung des BVwG (auf Basis der zu Gehör gebrachten Quellen) übermittelt, die das Verwaltungsgericht zur Beurteilung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage zugrunde legt und zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen aufgefordert.

Weder die bP noch das Bundesamt gaben dazu eine Stellungnahme ab.

Am 04.03.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters eine Verhandlung durch. Das Bundesamt blieb entschuldigt fern.

Die Verhandlung gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt:

„[…]

Ausreise:

Hat Sie bei der Ausreise irgendjemand von Ihrer Familie, Verwandten oder Freunden im Irak unterstützt? Auf welche Weise?

Ich habe den Irak legal verlassen. Ein Cousin von mir hat mich unterstützt. Im Flughafen, weil er Offiziere kennt. Nachgefragt: Ich hatte ein schweres Problem gehabt und diese Offiziere haben mein Einstieg ins Flugzeug erleichtert/ermöglicht.

Was wäre gewesen, wenn Sie diese Unterstützung nicht gehabt hätten?

Wenn sie mir nicht geholfen hätten, wäre ich umgebracht worden.

Von wem und aus welchem Grund wären Sie am Flughafen umgebracht worden?

Das hätten die Brüder und die Verwandten von der Frau mit der ich eine Liebschaft gehabt habe und die von ihren Verwandten umgebracht wurde, obwohl sie schwanger war.

Was haben die Offiziere konkret getan, damit dies am Flughafen nicht passiert?

Sie haben nur den Abflug ermöglicht. Ich bin geflüchtet von den Verwandten der Frau. Sie war in einer anderen Stadt, also nicht in der Stadt in der ich abgeflogen bin und sie wohnen in dieser anderen Stadt.

Wie haben Sie das Flugticket und das Visum für den Flug nach Istanbul besorgt?

Mein Cousin hat für mich gebucht, das Ticket und das Visum ist bei dieser Buchung dabei gewesen.

Soz. Umfeld im Hks.:

Gehören Sie im Irak einem Clan/Stamm an? Wenn ja, wie viele Mitglieder hat dieser und wo leben diese überwiegend? Sind dies Sunniten oder Schiiten oder beide Konfessionen vermischt?

Ja. XXXX . Ich glaube mehr als eine Million Mitglieder. Sie leben meistens in Al Basra und im Süd-Irak. Auch im Norden gibt es XXXX . Im Irak sind die XXXX meist Schiiten und in Syrien Sunniten.

Beim Bundesamt haben Sie Angaben über Familienangehörige und deren Aufenthaltsort gemacht. Wo leben diese aktuell, wie sind deren Wohnverhältnisse und wie finanzieren diese derzeit ihr Leben?

Meine Mutter und meine Geschwister sind seit 2015 nach XXXX geflüchtet. Sie wohnen ca. 40 Kilometer von der Stadt entfernt in einem Miethaus. Meine Brüder arbeiten nur in der Nacht. Meine Mutter ist krank und meine Schwester ist geschieden und lebt mit meiner Mutter zusammen. Sie leben alle zusammen. Nachgefragt: Meine Brüder arbeiten in der Landwirtschaft.

Welche Arbeiten verrichtet man in der Landwirtschaft in der Nacht?

Ackern, die Bäume betreuen, die Tiere betreuen. Abfälle von den Tieren sammeln.

Haben sie eine eigene Landwirtschaft oder arbeiten sie für andere Leute?

Der Boden gehört nicht ihnen. Sie arbeiten für andere Leute. Am Anfang haben sie ohne Lohne nur für Essen und Wohnen gearbeitet und seit einiger Zeit bekommen sie einen Lohn.

Wie würden Sie Ihr persönliches Verhältnis zu diesen beschreiben?

Die sind böse auf mich. Wegen dieser Geschichte mit der Frau, das verbotene Verhältnis, weil ich die Frau geschwängert habe und die wurde dann getötet.

Wann haben Sie zuletzt Kontakt mit Familienangehörigen gehabt im Irak?

Ich habe keinen Kontakt zu meiner Familie, sondern nur zu anderen Verwandten.

Zu welchen Verwandten haben Sie Kontakt und wo leben diese?

Mein Cousin, der in der Provinz Dhi Qar lebt. Die Familie von meinem Cousin, ich habe Kontakt mit der Familie meinen Cousin die in Dhi Qar leben. Zu diesen habe ich ein besseres Verhältnis als zu meiner Familie.

Sind Ihre Familienangehörigen Sunniten oder Schiiten?

Schiiten

Ad I:

Seit Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland ist nun schon einige Zeit vergangen. Würden Sie aus heutiger Sicht bei einer Rückkehr an Ihren früheren Wohnort noch Probleme erwarten? Wenn ja, geben Sie bitte konkret und vollständig alle Probleme an, die Sie persönlich für sich bei einer Rückkehr erwarten würden.

Wenn ich heute zurückkehre, diese Leute würden mich umbringen und meine Leiche verstümmeln. Auch meine Familie wird entehrt und es wird niemanden geben, der mich begraben würde. Das ist es.

Vorhalte / Fragen:

Wer hat Ihnen diese Dokumente geschickt?

Mein Cousin aus der Provinz Dhi Qar.

Wie hat der Cousin diese Dokumente bekommen?

Er ist in unser Haus gekommen und er hat die Dokumente fotografiert und per WhatsApp geschickt.

Diese Dokumente wurden aber in Original übermittelt?

Die wurden nach Schweden verschickt von Irak und von Schweden wurden sie mir geschickt. Nachgefragt: Der Cousin hat diese Dokumente seinem Freund in Schweden geschickt und dieser Freund hat sie mir dann hierher geschickt.

Wie konnte der Cousin die Dokumente so einfach aus dem Haus holen?

Er ist insgeheim in unser Haus gegangen. Er wohnt unmittelbar neben unser Haus und er hat sie genommen.

Woher wusste der Cousin, wo sich die Dokumente befinden?

Ich habe ihm Hinweise gegeben, wo sich die Dokumente befinden. In einer Schachtel oder in einer Box in einem Schrank.

Sie haben beim Bundesamt von einem Erlebnis erzählt wo auf Sie geschossen wurde. Erzählen Sie mir bitte was Sie persönlich dabei wahrgenommen haben, wie das abgelaufen ist.

Ich habe gearbeitet auf dem Bazar in einem Frauenmodegeschäft und diese Frau, in der ich mich verliebt habe, ist in das Geschäft gekommen und sie hat meine Telefonnummer aufgeschrieben und hat angerufen, wann die Bestellung die sie gemacht hat kommt. Wir wollten uns verloben, da sind zuerst die weiblichen Familienmitglieder meiner Familie zu ihrer Familie gegangen und um ihre Hand gebeten, dann als die Männer von meiner Familie hingegangen sind wegen der Verlobung, hat ihre Familie mich abgelehnt. Nach der Ablehnung hat sie mich dann öfters angerufen und hat gesagt, sie würde sich das Leben nehmen und ich wäre dann schuld daran. Sie wollte, dass wir eine nicht legale Heirat eingehen und dass wir uns treffen illegal und die würde dann niemand anderen heiraten. Nach dem dieses illegale Verhältnis begonnen hat, wurde sie schwanger und im dritten Monat ist es ihr zu Hause schlecht geworden und man hat sie zum Arzt gebracht und der Arzt hat die Schwangerschaft festgestellt und sie hat meiner Schwester die zufällig beim Arzt war gesagt, dass sie von mir Schwanger war. Sobald die Frau nach Hause zurückkehrte, wurde sie getötet und ihre Leiche wurde in die Wüste weggeworfen. Die Verwandte von dieser Frau sind dann zu uns nach Hause gekommen und haben auf unser Haus geschossen. Meine Mutter saß vor dem Haus und ich war im Haus drinnen, dann habe ich meine Mutter hereingeholt und ich bin dann mit meiner Mutter von Garten des Hauses weggeflüchtet. Während die unser Haus beschossen haben, sind die Nachbarn herausgekommen und in diesem Moment konnten wir flüchten. Wir haben dann ein Taxi genommen und sind nach XXXX geflohen. Wir sind dort 45 Tage in einem ländlichen Gebiet gewesen. Danach bin ich in die Türkei geflogen.

Bei wem waren Sie in XXXX ?

Bei Verwandten von uns, die dort wohnen.

Warum sind Sie ausgerechnet zu diesen Verwandten?

Erstens, weil dieses Gebiet weit von Dhi Qar und weil es ein ländliches nicht dicht bewohntes Gebiet ist.

Ist Ihnen in der Zeit, als Sie bei den Verwandten in XXXX gelebt haben, irgend etwas passiert?

Ich war diese ganzen 45 Tage nur im Haus. Ich bin nicht rausgegangen. Der Cousin, der in Dhi Qar war, hat den Verwandten, bei denen wir wohnten berichtet, dass die Familie der Frau in unsere Gegend gekommen sind und nach mir gesucht haben.

Warum sind Sie nicht in XXXX geblieben?
Die würden das erfahren und die würden mich auch dort töten.

Gehört die Freundin dem gleichen Stamm wie Sie an?

Nein, sie ist Sunnitin.

Haben Sie sich außer an die Verwandten sonst an jemanden gewandt, um Schutz zu finden?

Nein, nur bei diesen Verwandten am Land.

Warum haben Sie sich an niemand anderen gewandt?

Niemand würde sich trauen, in so einem Fall mir zu helfen, weil das eine Ehrenangelegenheit ist und weil da jemand getötet wurde. Jeder fürchtet sich davor.

Gab es Versuche, dies zwischen den Stämmen zu regeln?

Die Verwandten der Frau lehnen jede Vermittlung ab. Sie wollen nur mich töten und verstümmeln.

Frage wird wiederholt

Während ich dort war, war es unmöglich, so eine Vermittlung durchzuführen. Es war eine stark aufgewühlte Situation.

Woher wissen Sie, dass es unmöglich war eine Vermittlung durchzuführen?

In solchen Fällen ist eine Vermittlung unmöglich. Es geht um die Ehre.

Woher wissen Sie, dass Ihre Freundin ermordet wurde?

Ein Freund von mir, der in ihrer Gegend lebt, hat mir davon erzählt.

War dieser bei der Ermordung dabei?

Er hat Schüsse gehört und ist hingegangen und die Verwandten haben gesagt, dass sie ihre Tochter getötet haben.

Woher wissen Sie, dass die Leiche ihre Freundin in die Wüste gebracht wurde?

Das habe ich erst, als ich in Österreich war erfahren, dass sie in die Wüste gebracht wurde. Das ist ein bekanntes Ritual bei uns. Es ist üblich, dass man Leichen in die Wüsten bringt in solchen Ehr Angelegenheiten.

Von wem wissen Sie das und woher weiß das diese Person?

Ich habe es erfahren von einem Freund der in dem gleichen Gebiet wohnt und das ist bekannt, dass jemand der zu einer Schande für die Familie verursacht, dass mit der Leiche so verfahren wird.

In der ersten Einvernahme haben sie Angegeben, dass es eine geheime Beziehung war. Heute geben Sie an, dass seitens Ihrer Familie bei der Familie Ihrer Freundin um die Hand angehalten wurde, dies spricht dafür, dass es keine geheime Beziehung war?

Das ist missverstanden worden, ich habe diesen Menschen geliebt und ich habe um ihre Hand angehalten aber weil die Heirat oder die Verlobung nicht genehmigt wurde, ist es dann zu der geheimen, sexuellen Beziehung gekommen.

Warum war die Familie Ihrer Freundin gegen diese Beziehung?

Aus religiösen Gründen, weil ich Schiit bin und sie Sunnitin.

In der Niederschrift aus der Erstbefragung bei der Polizei steht, dass sie Sunnit sind. Ab der nächsten Einvernahme gaben Sie an, dass Sie Schiit sind. Was sagen Sie dazu?

Ich bin Schiit und das Mädchen ist Sunnit. Das habe ich sicher nicht gesagt, dass ich Sunnit bin.

Sie haben im Zuge des Verfahrens unterschiedliche Angaben zur Existenz Ihres Reisepasses gemacht.

Erstbefragung: „Ich hatte nie einen Reisepass“

Einvernahme: „Meinen Reisepass habe ich im Meer verloren“

Was sagen Sie dazu?

Ausgeschlossen, beides habe ich nicht gesagt. Da wurde es falsch protokolliert, ich habe gesagt, mein Reisepass hat der Schlepper mir abgenommen.

Was wollen Sie mit dem irakischen Scheidungsurteil Ihrer Schwester beweisen?

Weil sie wegen dieser Schande, die ich gemacht habe, von ihrem Mann verstoßen wurde.

Das Original des Scheidungsurteils wird vom Vertreter zur Ansicht ausbefolgt. Dolmetscher liest dies durch hinsichtlich allfällige Hinweise auf die Fluchtgründe des BF.

Dolmetscher: Es gibt im Dokument keinen Hinweis auf die Ursache die in der Beziehung des BF zu seiner Freundin eine Ursache hätte. Scheidungsdatum 21.05.2015, Familiengericht in XXXX . Name der Frau: XXXX .

Kopie des Originals wird zum Akt genommen.

Wer hat Ihnen das Scheidungsurteil geschickt?

Mein Cousin.

Wie hat Ihr Cousin das bekommen?

Der geschiedene Mann meiner Schwester hat meinem Cousin eine Kopie übergeben.

Ad II.:

Waren Sie vor der Ausreise in Ihrem Herkunftsstaat in der Lage ihren Lebensunterhalt zu sichern? Wenn ja, wie?

Ja, ich habe in einem Frauenkleidergeschäft gearbeitet.

Sind Sie aktuell in der Lage zu arbeiten?

Ja, ich will arbeiten. Ich mag die Arbeit.

Sind Sie derzeit wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Österreich in medizinischer Behandlung?

Ja, ich bin in Behandlung wegen psychischen Problemen. Schlafstörungen, schlechte Träume. Am Tag rede ich mit mir selber. Deshalb bin ich zum Arzt gegangen und ich habe Medikamente bekommen.

Nehmen Sie derzeit Medikamente dagegen?

Ja.

Rückkehrentscheidung:

Die schriftliche Stellungnahme zu diesem Thema wird zum Inhalt dieser Verhandlung erklärt.

Haben Sie in Österreich eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt?

Ende 2019 habe ich ein Prüfungszeugnis der Diakonie übergeben. A1 Prüfung habe ich nicht bestanden.

Folgende Frage wird auf Deutsch gestellt und Antwort wortwörtlich protokolliert:

„Erzählen Sie mir etwas über Ihre Person, also wer Sie sind, woher Sie kommen, was Sie bisher in Ihrem Heimatland gemacht haben“

P versteht die Frage nicht.

Worterteilung an BFV: Keine weiteren Fragen.

Verständigung mit Dolmetscher:

Haben Sie den Dolmetscher gut verstanden?

Ja, gut.

[…]“

Am Ende der Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet. Die bP stellte nach Ende der Verhandlung am 04.03.2020 schriftlich den Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat

Name und Geburtsdatum (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen fest.

Die bP bezeichnet sich der Volksgruppe der Araber und dem muslimischen Glauben zugehörig.

In der Erstbefragung gab sie an, dass sie Sunnit ist, ab der Einvernahme beim Bundesamt gab

sie an, dass sie Schiit ist.

Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist der Irak.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise

Die bP ist in XXXX , Gouvernement Dhi Qar, geboren und absolvierte über 9 Jahre ihre Schulbildung.

Sie wohnte vor ihrer Ausreise in XXXX , ihren Angaben nach zuletzt in XXXX ( XXXX ) bei Verwandten.

Im Herkunftsstaat war sie als Verkäufer tätig und bestritt dadurch ihren Lebensunterhalt.

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Ihre Mutter und mehrere Geschwister leben seit 2015 in XXXX in einem gemieteten Haus. Die Brüder sind in der Landwirtschaft als Dienstnehmer erwerbstätig.

Das Verhältnis zu diesen Familienangehörigen gibt sie im Verfahren widersprüchlich an. Beim Bundesamt bezeichnete sie dieses als gut und sie stehe mit diesen seit der Ausreise auch telefonisch in Verbindung. In der Verhandlung gab sie an, dass diese „böse“ auf sie seien und auf die Frage, wann sie mit diesen zuletzt Kontakt hatte, äußerte sie, sie habe zu diesen keinen Kontakt.

Die bP hat ihren Angaben nach bis April 2015 bei ihrer Familie (Mutter, eine Schwester und 3 Brüder) in XXXX und dann für 45 Tage bis 09.06.2015 in XXXX im gleichnamigen Gouvernement bei Verwandten gelebt.

Ihren Angaben nach wurde die bP während ihres Aufenthaltes in Österreich von den Verwandten durch Übermittlung von Bescheinigungsmittel, darunter Identitätsdokumente, unterstützt.

Die bP gehört im Irak dem Stamm der „ XXXX “ an. Dieser hat nach ihren Aussagen nach mehr als 1 Million Stammesmitglieder, wobei diese überwiegend in Al Basra und im Südirak leben. Die Stammesangehörigen sind demnach überwiegend Schiiten, jedoch sind auch Sunniten dabei. Es gibt aus den Aussagen der bP keine konkreten Hinweise darauf, dass sie aus dem Stamm ausgeschlossen worden wäre bzw. sie nicht mehr Unterstützung durch diesen erlangen könnte.

Die bP hat in der Verhandlung nicht angegeben, dass bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat kein für sie zugängliches soziales Netzwerk mehr bestünde.

1.4. Ausreisemodalitäten

Sie reiste ihren Angaben nach am 09.06.2015 legal per Flugzeug von XXXX nach Istanbul und von dort schlepperunterstützt über ihr unbekannte Länder und Routen bis nach Wien.

Zum Verbleib des heimatsstaatlichen Reisepasses machte sie unterschiedliche Angaben:

Erstbefragung: „Ich hatte nie einen Reisepass“

Einvernahme: „Meinen Reisepass habe ich im Meer verloren“

Verhandlung: „Das Original vom Reisepass wurde von den Schleppern in der Türkei behalten.“

Sie durchreiste auf ihrem Weg nach Österreich mehrere als sicher geltende Staaten. In diesen suchte sie nicht um Schutz an. Es wurde nicht behauptet, dass ihr dort die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht auch möglich gewesen wäre oder, dass Flüchtlinge dort keinen Schutz erlangen könnten.

1.5. Gesundheitszustand

Ihren Angaben in der Verhandlung nach hat sie aktuell Schlafstörungen und träumt schlecht. Sie hat vom Arzt dagegen Medkamente verschrieben bekommen. Aus dem jüngsten vor der Verhandlung vorgelegten Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie vom 25.02.2019 ergibt sich als Diagnose: Angst und depressive Störung gemischt im Sinne reaktive Depressio. Medikamentöse Therapie und Kontrolle bei Bedarf. Aus einem älteren med. Bescheinigungsmittel ergibt sich auch eine Anpassungsstörung.

Die bP hat in der Verhandlung keine Rückkehrproblematik hinsichtlich Vorhandensein und Zugang einer diesbezüglichen Gesundheitsversorgung im Irak geäußert.

1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich

Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes

Die bP begab sich mit Unterstützung einer kriminellen Schlepperorganisation und ohne Vorhandensein eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels am 23.06.2015 in das Bundesgebiet.

Mit der am gleichen Tag erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangte die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die Beschwerdeerhebung verlängert wurde.

Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise als rechtswidrig und stellt grds. gem. § 120 Abs 1 u. Abs 7 FPG eine Verwaltungsübertretung dar.

Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich:

Die bP hat in Österreich keine als Familienleben zu wertenden Umstände dargelegt oder nachgewiesen.

Grad der Integration

Die bP besuchte einen Deutschkurs für A1. Eine abgelegte Prüfung gem. dem GER für Sprachen liegt nicht vor. Sie hat am Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Sie hat im Zuge des Projekts „Nachbarschaftshilfe“ im Bereich Landschaftspflege gearbeitet

Teilweise oder gänzliche wirtschaftliche Selbsterhaltung während des Verfahrens bzw. Teilnahme an möglicher und erlaubter Erwerbstätigkeit für Asylwerber (https://www.ams.at/unternehmen/service-zur-personalsuche/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitskraefte/beschaeftigung-von-asylwerberinnen-und-asylwerbern#wieknnenasylwerberinnenundasylwerberbeschftigtwerden) oder Abhängigkeit von staatlichen Leistungen:

Diesbezügliche konkrete Bemühungen zur wirtschaftlichen Selbsterhaltung sind nicht hervorgekommen und ist die bP seit Antragstellung wirtschaftlich von staatlichen Leistungen abhängig.

Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Familienleben; die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren:

Die bP hat alle privaten Anknüpfungspunkte während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war.

Bindungen zum Herkunftsstaat:

Die beschwerdeführende Partei ist im Herkunftsstaat geboren, absolvierte dort ihre Schulzeit, kann sich im Herkunftsstaat – im Gegensatz zu Österreich – problemlos verständigen und hat ihr überwiegendes Leben in diesem Staat verbracht. Sie kennt die dortigen Regeln des Zusammenlebens und verfügt dort auch noch über Familienangehörige und Verwandte.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wäre.

Strafrechtliche/verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:

In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen rk. gerichtlicher Verurteilungen auf.

Das Vorliegen von rk. Verwaltungsstrafen wurde dem BVwG nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt.

Sonstige Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. §§ 120 Abs 1 u. 7, 31 FPG).

Die beschwerdeführende Partei verletzte – trotz diesbezüglicher Belehrung - durch die nichtwahrheitsgemäße Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz ihre gesetzlich auferlegte Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren. Sie versuchte dadurch die entscheidenden Instanzen zur Erlangung von internationalen Schutz zu täuschen.

Verfahrensdauer:

Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 23.06.2015 gestellt und erging der Bescheid vom Bundesamt am 30.11.2015. Nach eingebrachter Beschwerde erging mit heutigem Erkenntnis die Entscheidung im Beschwerdeverfahren.

1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der von der bP problematisierten Rückkehrsituation aus maßgeblicher aktueller Sicht

Die bP vermochte das behauptete und in jeglicher Hinsicht unbescheinigt gebliebene, als ausreisekausal dargelegte, persönliche Bedrohungsszenario durch Familienangehörige ihrer Freundin, somit durch nichtstaatliche Akteure, aus den in der Beweiswürdigung angeführten Gründen nicht glaubhaft machen.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die bP im Zusammenhang mit ihrer als nicht glaubhaft erachteten ausreisekausalen Bedrohungslage im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer entscheidungsrelevanten realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

Auf die Frage in der Verhandlung welche Probleme die bP persönlich aktuell noch erwarten würde, brachte sie nur sicherheitsrelevante Probleme vor.

Es kann mangels Vorbringen der bP in der Verhandlung daher nicht festgestellt werden, dass sie aktuell im Falle der Rückkehr in den Irak in Bezug auf die Erlangung von Lebensnotwendigem, insbesondere hinsichtlich Nahrung, Unterkunft, allfällig erforderlicher med. Behandlung nicht das Notwendige erlangen könnte.

Aus den Angaben der bP ergibt sich im Herkunftsstaat, insbesondere in der Herkunftsregion der bP, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bestünde. Dies ergibt sich auch nicht aus der amtswegigen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat auf Basis der verfahrensgegenständlichen aktuellen Berichtslage.

1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat

ACCORD-Themendossier zum Irak: Schiitische Milizen

Joel Wing – Overview oft he State of Iraq – spring 2019, 28.03.2019

Musings on Iraq – Security in Iraq, Oct 1-14 2019

Internetbericht Die Welt vom 08.11.2019, „Tränengas, Detonationen, …“

XXXX – Google-Suche-Abfrage v. 30.01.2020; Wikipedia

Gouvernement Dhi Qar, Wikipedia

ACLED 3. Quartal 2019

Länderinformationsblatt Irak Stand 30.10.2019

BVwG-Länderfeststellungen – Allg. (vorläufiges) Lagebild zum Irak v. 30.01.2020

Aus den oa. und im Folgenden zitierten Quellen ergibt sich zum Irak folgendes Lagebild:

Politik allgemein

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

Ethnisch- religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung

Der Irak hat ca. 40 Millionen Einwohner. Etwa 75–80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15–20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

Etwa 95-98 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Ca. 17-22 % sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten.

Der Irak hat eine junge Bevölkerungsstruktur. 0-14 Jahre: 37.02% (M 7,349,868/F 7,041,405), 15-24 Jahre: 19.83% (M 3,918,433/F 3,788,157), 25-54 Jahre: 35.59% (M 6,919,569/F 6,914,856), 55-64 years: 4.23% (M 805,397/F 839,137), 65 Jahre und älter: 3.33% (M 576,593/F 719,240). (https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html).

Sicherheitskräfte – Rechtschutz

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere „Minderheiten-Einheiten“ der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offizi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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