TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/6 L518 2124364-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2020
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Entscheidungsdatum

06.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L518 2124364-1/12E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 26.05.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RAe Mag. Josef BISCHOF & Mag. Andreas LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 11.03.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.05.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ist Staatsangehörige der Republik Georgien und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 03.05.2015 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bereits im Jahr 2002/2003 stellte die bP unter einem anderen Geburtsdatum einen Asylantrag in Österreich, wurde aber nach Tschechien abgeschoben, von wo aus sie freiwillig nach Georgien zurückkehrte.

I.2.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP nunmehr im Wesentlichen Folgendes vor:

„Ich lebe an der südossetisch-georgischen Grenze. Das Militär von Süd-Ossetien hat mich immer wieder überfallen. Sie haben mir mit dem niederbrennen meines Hauses gedroht. Mein Sohn war 2 Wochen in Gefangenschaft. Ich habe Lösegeld bezahlt und habe ihn frei gekauft. Georgische Behörden können uns nicht beschützen, weil sie die Grenze nicht kontrollieren können.“

I.2.2. Vor der belangten Behörde brachte die bP zum Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor:

Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

VP:      Ein Monat nach der Abschiebung damals hatte ich einen Herzinfarkt. Und bekam zwei  Operationen in Georgien und habe jetzt 2 Herzschrittmacher drinnen. Ich habe aus  Georgien Befunde mitgebracht, welche ich hier Krankenstation abgegeben habe und  wurde es dort auch behalten.

LA:      Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP:      Ich nehme jeden Tag Medikamente ein. Ich leide auch unter Bluthochdruck.

LA:      Welche Medikamente nehmen Sie ein?

VP:      Ich habe nicht alle hier. Die gegen Bluthochdruck und meine Augentropfen habe ich  zuhause. Anm: VP zeigt folgende Medikamente vor: Reparil 20 mg Dragees,  ThromboASS 100 mg. Filmtabletten. VP gibt an, diese Medikamente aus Georgien  mitgenommen zu haben.

LA:      Waren Sie in Österreich bei Ihrem jetzigen Aufenthalt schon man bei einem Arzt  außer hier im Lager?

VP:      Ich gehe auch in meinem Wohnort zum Arzt. Nachgefragt – Die Ärztin heißt XXXX XXXX .

LA:      Von welchem Arzt bekommen Sie Ihre Medikamente?

VP:      Bis jetzt hat sie nur Kopfschmerztabletten verschrieben. Ich habe meine  Medikamente von zuhause mitgenommen. Die gehen jetzt aber mittlerweile aus, ich  müsste sie verschreiben lassen.

Fassen Sie jetzt nochmal zusammen, unter welchen Erkrankungen Sie leiden?

VP:      

Augentropfen weil ich immer einen Schleier sehe. Nachgefragt – Ich habe das Problem schon seit einigen Jahren und wurde bereits im Heimatland behandelt.

Ohrentropfen weil ich Ohrenschmerzen habe. Das ich schlecht höre, das habe ich  schon seit vielen Jahren, aber die Schmerzen erst seit ca. einem Monat, daher  nehme ich diese Tropfen. Nachgefragt – Die Tropfen habe ich auch von zuhause  mitgenommen. Ich hatte bei Auftreten von Schmerzen auch in Georgien die Ohren  bereits eingetropft.

Bluthochdrucktabletten. Die nehme ich bereits seit vielen Jahren.

Herzmedikamente musste ich bereits in Georgien nach meiner Operation einnehmen.  In Georgien war ich regelmäßig zur Kontrolle beim Arzt.

Neurose – ich war diesbezüglich ein paar Mal beim Psychologen wo wir nur über  meine Probleme in Form einer Sprachtherapie gesprochen haben. Medikamente  nahm ich dahingehend keine.

LA:      Haben Sie vom Staat auch irgendwelche Gelder bekommen?

VP:      Ich bin Invalide 2. Grades und bekomme 100 Lari Pension. Meine Frau bekommt  keine   Pension, sie arbeitet auch in der Landwirtschaft.

Haben Sie außer Ihrem Haus und der Landwirtschaft noch weitere Besitztümer in Ihrem Heimatland?

VP:      Wir haben noch eine 3-Zimmer Wohnung in TiflisXXXX , diese gehört aber bereits meinem  Sohn. Er wohnt dort mit seiner Familie. Er ist Elektriker und arbeitet. Sonst besitze ich  nichts.

Fragen zur Flucht

LA:      Aus welchem Grund haben Sie nunmehr Ihren Heimatstaat verlassen? Schildern Sie Ihre Fluchtgründe. Versuchen Sie chronologisch vorzugehen, schildern Sie es so, dass es auch unbeteiligte Personen nachvollziehen können und verzetteln Sie sich nicht zu sehr in Details. Wenn ich etwas näher wissen möchte, frage ich explizit nach.

VP:      Probleme gab es schon immer dort. Mein Sohn wurde im Jahr 2011 verhaftet als er auf der Jagd war. Das waren ossetische und russische Soldaten. Nach 2 Wochen habe ich 2000 Lari bezahlt und er wurde freigelassen. Dazu kamen noch meine Krankheiten und meine Operation, das ist der Grund weshalb ich hier bin. Dieser Herzschrittmacher müsste in 5 oder 6 Jahren ausgetauscht werden. Ich habe aber keine 3000 Dollar für eine Operation. Ich leide an Neurose. Mein nervlicher Zustand war so schlecht dass ich mich fast umgebracht hätte. Das waren meine Fluchtgründe.

LA:      Gab es nach dem Vorfall mit Ihrem Sohn im Jahr 2011 diesbezüglich auch noch einmal Probleme für Sie?

VP:      Nein, ich war nur nervös.

LA:      Sie gaben in Ihrer Erstbefragung an, dass man gedroht hätte, Ihr Haus niederzubrennen. Wer hat diese Drohung wann und wie ausgesprochen?

VP:      Nein es wurde mir durch die bewaffneten Leute 4 Kühe mitgenommen, als ich mein Vieh auf der Weide hatte. Das waren bewaffnete Leute. 2 Kühe waren von mir und 2 vom Nachbarn. Das war 2010.

LA:      Können Sie diese bewaffneten Männer zuordnen?

VP:      Das waren Militärs aus Südossetien.

LA:      Diese halten sich auch außerhalb des autonomen Gebietes, also auf georgischer Seite auf?

VP:      Ja sie kommen immer wieder auf diese Seite. Sie entführen manchmal die Leute die in der Nähe der Grenze leben. Unsere Regierung tut nichts, die sind zu vorsichtig in diesem Zusammenhang.

LA:      Gab es sonst auch noch Drohungen in den letzten Jahren?

VP:      Früher schon, in den letzten Jahren nicht mehr. Nachgefragt – mit früher meine ich bis 2011. Ich habe schon lange daran gedacht auszureisen, aber in den letzten 2 Monaten habe ich dann den endgültigen Entschluss gefasst. Ich habe einfach Angst vor diesen Südosseten.

LA:      Nachdem die Vorfälle mit diesen Leuten doch schon etwas länger her ist, ist anzunehmen, dass der letztendliche Ausreisegrund vorwiegend mit Ihren gesundheitlichen Problemen zusammenhängt. Stimmt das?

VP:      Ja das stimmt, das war sicher mein Hauptgrund. Es wäre gut, wenn ich hier eine Behandlung oder eine ‚Operation bekommen könnte. Auf dem Rücken spüre ich auch etwas. Ich bin sehr nervös, mein ganzes Geld geht für Medikamente auf und ich kann aufgrund dieses Zustandes auch nicht mehr arbeiten in der Landwirtschaft.

LA:      Warum waren Sie bisher wegen der aufgezählten gesundheitlichen Probleme noch bei keinem Arzt in Österreich?

VP:      Man hat mir gesagt dass Wien ein anderes Bundesland ist und ich mich dort nicht behandeln lassen kann. Bei uns gibt es nicht so viele Ärzte.

LA:      Theoretisch, was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Heimatstaat befürchten?

VP:      Hauptsächlich habe ich Angst, dass ich mir meine Behandlungen nicht mehr leisten  kann. Und auch vor den Südosseten habe ich Angst.

Vorgelegt vor dem BFA wurde von den bP:

?        Georgischer Personalausweis

?        Heiratsurkunde

?        Befund v. 11.09.2015

?        Befundbericht v. 09.02.2016

?        Med. Bericht incl. Schrittmacherkontrolle v. 13.10.2015

?        Entlassungsbericht v. Universitätsklinikum XXXX v. 23.02.2016

?        Laborbefund v. 27.01.2016

?        Gastroskopie-Befund v. Zentrum für Innere Medizin v. 16.12.2015

I.3. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei.

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid) :

Betreffend Ihre Fluchtgründe brachten Sie vordergründig die schlechte medizinische Versorgung ins Treffen. Eine Ihrem Erkrankungsbild entsprechende sei für Sie nicht finanzierbar und somit auch nicht zugänglich. Kurz erwähnten Sie im fluchtkausalen Zusammenhang auch noch einen Vorfall, wo im Jahr 2011 Ihr Sohn von ossetischen bzw. russischen Soldaten verhaftet wurde und einen anderen Vorfall, bei welchem Ihnen von ebensolchen Personen Kühe geraubt wurden. Diese Umstände veranlassten Sie letztendlich, Ihr Heimatland zu verlassen.

Ad medizinische Versorgung

Ihr geschildertes Krankheitsbild war glaubhaft. Sie leiden an verschiedenen Erkrankungen. Einerseits sind Sie Träger eines Herzschrittmachers, außerdem leiden Sie an Bluthochdruck und haben des Weiteren Probleme fallweise mit den Ohren. Eine angesprochene Neurose wurde bislang nicht mit Medikamenten therapiert. Es liegen diesbezüglich auch keine med. Befunde vor, sodass davon auszugehen ist, dass dieser Erkrankungsgrad entweder nur von geringer Bedeutung ist oder dieser überhaupt nur eine Mutmaßung Ihrerseits ist und dies noch gar nicht diagnostiziert wurde. Es ist ebenfalls nicht in Zweifel zu stellen, dass Sie hinsichtlich der anderen erwähnten Erkrankungen bereits im Heimatland seit Jahren behandelt wurden. Auch die zur Therapie benötigten Medikamente nahmen Sie bereits von Ihrem Heimatland mit und bedarf es daher keiner weiteren Recherche, ob diese Medikamente in Ihrem Heimatland erhältlich sind. Aus dem med. Bericht v. 13.10.2015 durch XXXX geht hervor, dass eine Schrittmacherkontrolle als unauffällig klassifiziert wurde und eine nächste Kontrolle im November 2016 erfolgen sollte. Nachdem Sie bereits seit mehreren Jahren Träger eines Herzschrittmachers sind und dieser in Ihrem Heimatland eingesetzt wurde, sprechen auch keine plausiblen Gründe dagegen, weswegen Sie eine solche Kontrolle in Ihrem Heimatland nicht erhalten sollten.

Sie wurden in Österreich am linken Auge operiert und am Tag nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen. Für eine Woche wurde Ihnen eine Salbe verschrieben. Etwaige Komplikationen sind der Behörde nicht bekannt und liegen sohin keine Gründe vor, welche Ihnen aus diesem Umstand eine Rückkehr in Ihr Heimatland unmöglich machen würden.

Aus dem Laborbericht v. 21.01.2016 geht darüber hinaus hervor, dass Sie an einer bedingten, geringgradigen, chronischen Corpusgastritis leiden sowie erschließt sich aus dem Laborbericht v. 27.01.2016, eine bedingte, mäßiggradige, chronische Antrumgastritis mit geringen akuten entzündlichen Aktivitätszeichen. Nachdem diesbezüglich keinerlei weiteren medizinischen Berichte vorgelegt wurden, in welcher eine extravagante Behandlung vorgeschlagen worden wäre, ist davon auszugehen, dass Sie auch in dieser Hinsicht keiner besonderen medizinischen Betreuung bedürfen und einer Heimreise negativ gegenüberstehen würde.

Aus den folgenden Auszügen der Länderfeststellungen lässt sich entnehmen, dass Sie auf ein vorhandenes medizinisches Netzwerk in Ihrem Heimatland zurückgreifen können und Sie entgegen Ihrer Behauptungen sehr wohl auf eine staatliche Unterstützung zurückgreifen können:

Im Rahmen des Entwicklungsprogramms des klinischen Versorgungsnetzwerkes wird das georgische Krankenhaussystem betrieben. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es 100 entweder neu eröffnete oder renovierte funktionierende Krankenhäuser in XXXX und den umliegenden Regionen.

Leistungen des Notfallkrankenwagens und medizinischer Transport

a) Leistungen des Notfallkrankenwagens

b) Medizinischer Transport

Die Leistungen sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten.

Dorfarzt

Das Programm deckt die primäre Gesundheitsversorgung in Dörfern, die laut dem Umfang der Leistungen durch eine spezielle Resolution festgesetzt wurden, ab, es werden aber auch sowohl stationäre aber auch ambulante Leistungen von den medizinischen Einrichtungen, die speziell finanziert werden, angeboten.

Notfallbehandlung

Das Programm bietet folgende Leistungen für Personen ab 60 Jahren:

a) Behandlung in Krisensituationen (für die ersten 6 Monate)

b) Stationäre Behandlung von Krankheiten die in der speziellen offiziellen Resolution gelistet sind.

Der Patient muss eine 25%ige Zuzahlung leisten, die Kosten für eine Behandlung in Krisensituationen wird für die ersten 6 Tage vollständig vom staatlichen Programm übernommen.

Herzoperationen

a) Kardiologische chirurgische Behandlungen von Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen (unabhängig vom Alter)

b) Kardiologische chirurgische Behandlungen von erworbenen Herzerkrankungen und Erkrankungen der Hauptarterien (für Personen ab 60 Jahren)

c) Koronare Angioplastie (Setzen von Stents) (für Personen ab 60 Jahren)

Die Behandlung von angeborenen Herzerkrankungen ist für Personen bis 18 Jahren vollständig abgedeckt; Personen über 18 Jahren ist eine Zuzahlung von 30% vorgeschrieben.

Medikamente:

Alle Arten von Medikamenten sind in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge ), PSP (www.psp.ge ), und AVERSI (www.aversi.ge).

Krankenversicherung:

Am 28.2.2013 ist das neue allgemeine staatliche Gesundheitsprogramm in Kraft getreten. Das Programm garantiert Krankenversicherung für alle unversicherten Einwohner von Georgien. Mitglieder der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind daher nicht durch das Programm abgedeckt. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte von Georgien sind daher sowohl georgische Staatsbürger, als auch Inhaber neutraler Identifikationsdokumente und –pässe sowie Staatenlose krankenversichert. Das Programm wird von der Sozialversicherungsagentur durchgeführt. Die Krankenversicherungsprogramme, die 2007 und 2012 begonnen haben und insgesamt ca. 2,1 Millionen Menschen abdecken, versichern sozial gefährdete und Menschen im Rentenalter, Kinder bis zum Alter von 5 Jahren, Schüler und Studenten, behinderte Kinder und Erwachsene mit schweren Behinderungen. Private Versicherungsprogramme implementieren die Programme.

Die Programmleistungen beinhalten:

a) ambulante Behandlungen

b) dringende ambulante oder stationäre Behandlung in Notfällen

Die Behandlung wird vollständig vom Staat gedeckt und bedarf keiner Zuzahlung durch den Patienten. Die Grenze für einen stationären Notfall liegt bei 15.000 GEL (IOM 06.2014; vgl. IBZ 27.6.2014).

Das zwischen 2008-09 seitens der Regierung initiierte Privatisierungsprogramm führte dazu, dass heute 95 Prozent aller Hospitäler privatisiert sind. – 40 Prozent der Krankenhäuser gehören Versicherungsgesellschaften, 50 Prozent besitzen private Unternehmen oder Individuen. Die Tatsache, dass Versicherungen gleichzeitig Eigentümer von Hospitälern sind, verursacht Interessenskonflikte. Es gibt Fälle, bei denen der Arzt zugleich der Vertreter der Versicherung ist, wodurch Versicherungsansprüche von Patienten zurückgewiesen werden.

Während es in XXXX eine große Anzahl von Krankenhäusern mit ausreichend Bettenkapazitäten gibt, finden sich am Lande nur kleine Hospitäler mit einer begrenzten Anzahl an Diensten, die mitunter überbelegt sind (IBZ 27.6.2014)

Ad Vorfälle betr. Verhaftung des Sohnes u. des Nutztierraubes

Es sind derartige Vorkommnisse gewiss nicht auszuschließen, jedoch fanden diese Vorfälle im Jahr 2011 statt und gab es seither keine weiteren Vorfälle in diesem Zusammenhang. Es ist deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Sie nicht im Visier von etwaigen Kämpfern stehen. Eine aktuelle Gefährdungslage konnte in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden.

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Ebenso besteht ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien bietet.

I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb Rückehrentscheidung und Abschiebung in Bezug auf Georgien zulässig sind.

I.4. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP von einer Person mit hoher Position im Innenministerium verfolgt sei und dem Fluchtvorbringen zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden wäre. Die Länderfeststellungen wären mangelhaft.

Vorgelegt mit der Beschwerde wurde von der bP:

?        Medizinische Unterlagen

I.5. Für den 26.05.2020 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde – in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

In der Stellungnahme vom 20.05.2020 wurde vorgebracht, dass die bP in engmaschiger ärztlicher Überwachung stünde und die Behandlung in Georgien nicht leistbar wäre. Es wurden Unterlagen zur Integration und zur Erkrankung vorgelegt.
Vorgelegt in der Verhandlung wurde von der bP:

?        Georgischer Reisepass

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und Erörterung von Länderinformationen wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben vom 08.06.2020 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

II.1.1.1. Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Georgier, welcher sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP schloss die Schule in Georgien ab und machte eine Zusatzausbildung.

Die bP ist ein arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Familienangehörige (Geschwister, Ehegattin und Kinder mit ihren Familien) leben nach wie vor in Georgien. Die Ehegattin bewirtschaftet die Landwirtschaft der Familie, in welcher auch die bP früher arbeitete. Zudem bezieht die Ehegattin die Pension der bP in Georgien und lebt im Haus der Familie. Der Sohn lebt in einer Eigentumswohnung in XXXX und arbeitet als Elektriker. Die bP hat regelmäßigen Kontakt mit ihren Angehörigen im Herkunftsstaat.

II.1.1.2. Die bP leidet an folgender Erkrankung:

Es wurden zwei Herzoperationen in Georgien durchgeführt bzw. erfolgte eine Herzschrittmacherimplantation 2012. Die bP befand sich deswegen in Georgien in Behandlung. Sie leidet außerdem an Bluthochdruck, Hyperlipidamie und hört schlecht. Zudem leidet sie an Bluthochdruck und Diabetes Typ II. Es wurde im Februar 2016 eine Pterygium Excision am linken Auge durchgeführt. Sie nimmt regelmäßig Medikamente ein und werden regelmäßige Kontrollen des Herzschrittmachers durchgeführt. Am 11.10.2019 wurde ein Generatortausch sowie ein Sondentausch komplikationslos durchgeführt. Die bP wird mit Jentadueto und Jardiance wegen der Diabetes, Atorvastatin und Ezetimib (Cholesterin)und Ramipril (Bluthochdruck – Herzinsuffizienz) behandelt. Sie wurde in Georgien auch wegen der Augen- und Ohrenprobleme sowie einer Neurose behandelt. In Österreich finden diesbezüglich aktuell keine Therapien oder Behandlungen statt.

Die von bP genannten Erkrankungen sind in Georgien behandelbar und hat die bP auch Zugang zum georgischen Gesundheitssystem. Soweit sie im Falle der Behandlung mit einem Selbstbehalt belastet wird, steht es ihr im Falle der Bedürftigkeit frei, die Kostenübernahme des Selbstbehaltes durch den Staat zu beantragen, worüber eine eigens hierfür eingerichtete Kommission entscheidet.

Die volljährig bP hat Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen. Sie zeigte sich auch in Österreich arbeitsfähig.

Ebenso hat die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und kann dieses in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

II.1.1.3. Die bP hat in Österreich einen aufenthaltsberechtigten Bruder, mit welchem sie in einer Wohnung lebt. Der Bruder lebt von Sozialhilfe. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit 5 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie lebt von der Grundversorgung und hat zwar Deutschkurse besucht, jedoch keine Prüfung abgelegt und spricht nur geringfügig Deutsch. Sie ist strafrechtlich unbescholten. Besondere integrative Aspekte liegen nicht vor, sie vertreibt lediglich den Augustin und hat diesbezüglich Kontakte.

Die Identität der bP steht fest.

Bei der volljährigen bP handelt es sich um einen mobilen, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern und bezog sie insbesondere eine Pension, welche nach wie vor von der Ehegattin in Georgien bezogen wird.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

II.1.2.1.

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 05.02.2020


1.         Politische Lage

Letzte Änderung am 5.2.2020

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 4.2.2019).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt (FH 4.2.2019).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in XXXX und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor und forderten vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 4.2.2019).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei „Georgischer Traum“ sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die „Vereinigte Nationale Bewegung“ (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die „Allianz der Patrioten Georgiens“ (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der „Georgische Traum“ 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).

Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die übernächsten, 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (KP 23.11.2019a; vgl. RFE/RL 28.11.2019). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bereits bei der für 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollten (DW 24.6.2019, vgl. RFE/RL 5.8.2019). Die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit zur Abänderung des Wahlgesetzes für die Wahl 2020 kam infolge des parlamentarischen Abstimmungsverhaltens der Regierungspartei „Georgischer Traum“ nicht zustande (KP 23.11.2019a, vgl. NZZ 20.11.2019).

Als Reaktion demonstrierten ab Mitte November zeitweise Tausende im Zentrum von XXXX . Die Polizei löste die Blockade des Parlamentsgebäudes am 18.11.2019 unter Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern auf und nahm etliche Demonstranten fest (RFE/RL 28.11.2019, NZZ 20.11.2019, JAMNews 20.11.2019, KP 23.11.2019a). Bei neuerlichen Demonstrationen am 25.11.2019 waren rund 30 Menschen festgenommen worden, nachdem die Protestierenden versucht hatten die Eingänge des Parlamentsgebäudes zu blockieren (ZO 26.11.2019). Dies wiederholte sich am 28.11.2019 (RFE/RL 28.11.2019).

Quellen:

?        CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 12.8.2019

?        DW – Deutsche Welle (24.6.2019): Proteste in XXXX trotz Zugeständnissen, https://www.dw.com/de/proteste-in- XXXX -trotz-zugest%C3%A4ndnissen/a-49339505, Zugriff 13.8.2019

?        JAMnews (20.11.2019): Protests in Tbilisi continue after dispersal – demonstrators plan to disrupt parliament, https://jam-news.net/protests-in-tbilisi-continue-after-dispersal-demonstrators-plan-to-disrupt-parliament/, Zugriff 22.11.2019

?        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 12.8.2019

?        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 12.8.2019

?        KP – Kaukasische Post (23.11.2019a): Vorhängeschlösser und Wasserwerfer ersetzen den politischen Diskurs, http://www.kaukasische-post.com/?p=3078, Zugriff 17.1.2020

?        KP – Kaukasische Post (23.11.2019b): Welches Wahlrecht für Georgien?, http://www.kaukasische-post.com/?p=3075, Zugriff 17.1.2020

?        NZZ – Neue Zürcher Zeitung (20.11.2019): Georgiens Politiker manövrieren sich in eine Sackgasse, https://www.nzz.ch/international/georgien-proteste-nach-gebrochenem-versprechen-ld.1522982, Zugriff 22.11.2019

?        OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia – Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 12.8.2019

?        RFE/RL – Radion Free Europe/Radion Liberty (28.11.2019): Georgian Police Cordon Off Parliament Building To Prevent Opposition Rally, https://www.rferl.org/a/georgian-police-cordon-off-parliament-building-to-prevent-opposition-rally/30297334.html, Zugriff 2.12.2019RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 12.8.2019

?        RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2019): Georgian Parliament Speaker Presents Amendments To Electoral Code, https://www.rferl.org/a/georgian-parliament-speaker-presents-amendments-to-electoral-code/30093372.html, 13.8.2019

?        Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen – derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 12.8.2019

?        Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 12.8.2019

?        ZO – Zeit Online (26.11.2019): Zahlreiche Festnahmen bei regierungskritischen Protesten, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/georgien-tbilissi-proteste-wahlsystem-reform, Zugriff 2.12.2019


2.         Sicherheitslage

Letzte Änderung am 12.9.2019

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien bzw. Südossetiens und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 13.8.2019).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Quellen:

?        EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 30.1.2019

?        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (13.8.2019): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 13.8.2019

2.1.    Regionale Problemzone: Abchasien

Letzte Änderung am 5.2.2020

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich [1992; Time 23.7.2012] – unterstützt von Russland – als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in XXXX hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in dem sich de facto ein politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär, sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur in einem sehr geringen Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 keine mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/minegrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/minegrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen, der Besetzung öffentlicher Stellen, dem Zugang zu Bildung oder bei der Gesundheitsfürsorge). Erschwernisse gibt es beim Übertritt der administrativen Grenze nach Georgien. Ziel ist es offenbar, die georgische Bevölkerung entweder zur Aufgabe der georgischen Staatsangehörigkeit oder zum Verlassen ihrer angestammten Heimat zu veranlassen (AA 19.10.2019).

In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 13.3.2019, vgl. FH 4.2.2019). Die abchasischen Behörden verfolgen eine Politik, die den rechtlichen Status von ethnischen Georgiern im Distrikt Gali bedroht. Sie schlossen Dorfschulen und zwingen georgische Schüler, ausschließlich in russischer Sprache zu lernen (USDOS 13.3.2019).

Die abchasischen Behörden und russische Streitkräfte schränken weiterhin die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung entlang der administrativen Grenzlinie (ABL) ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung, etc. zeigen. Dorfbewohner, die sich unerlaubt der administrativen Grenze oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch die Grenzschutzbeamten der Russischen Föderation. Russische Grenzschutzbeamte entlang der ABL mit Abchasien setzen die Vorschriften der abchasischen Behörden mittels Festnahmen und Geldbußen durch (USDOS 13.3.2019).

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat keinen Zugang zu Gefängnissen und Haftanstalten in Abchasien. Die Zustände dort gelten als chronisch schlecht (USDOS 13.3.2019).

Im März 2019 nahm der UN-Menschenrechtsrat erneut eine Resolution an, die große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Abchasien ausdrückte, wobei insbesondere Entführungen, willkürliche Festnahmen, Verletzung von Eigentumsrechten, das Fehlen muttersprachlichen Schulunterrichts, mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und Verweigerung des Rückkehrrechts für die geflüchtete georgische Bevölkerung genannt werden. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen (AA 19.10.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Während die Volksmeinung einen Einfluss auf die abchasische Innenpolitik hat, ist das Funktionieren der politischen Institutionen Abchasiens fast ausschließlich von der wirtschaftlichen und politischen Unterstützung aus Moskau abhängig. Die ethnisch georgische Bevölkerung ist regelmäßig von Wahlen und politischer Repräsentation ausgeschlossen. Im Jahr 2017 argumentierten die abchasischen „Behörden“, dass die Mehrheit der Einwohner des Distrikts Gali georgische Staatsbürger seien und daher nicht wählen dürften (FH 4.2.2019).

Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf. Allerdings behindert die Korruption innerhalb der Parteien deren demokratie- politische Funktion. Im Allgemeinen wird das Vereinigungsrecht geachtet. Ähnliches gilt für das Versammlungsrecht. Politische Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft organisieren regelmäßig Proteste (FH 4.2.2019).

Im Jänner 2020 kam es in Abchasiens Hauptstadt Sokhumi zu heftigen Protesten gegen den De-Facto-Präsidenten Raul Khajimba. Ihm wurde von den Demonstranten vorgeworfen, bei seiner Wiederwahl im September 2019 nicht die erforderliche Stimmenmehrheit erzielt zu haben. Die Demonstranten stürmten das Präsidentengebäude und forderten seinen Rücktritt. Nach Vermittlung durch die Russische Föderation trat Khajimba zurück. Die Wahlbehörde annullierte das Wahlergebnis vom September 2019 und kündigte eine Wahlwiederholung für den 22.3.2020 an (RFE/RL 14.1.2020; vgl. AJ 9.1.2020).

Hinsichtlich der Religionsfreiheit erfährt die georgisch-orthodoxe Kirche Restriktionen und Diskriminierung. Die Zeugen Jehovas sind als extremistische Organisation klassifiziert und seit 1995 verboten (USDOS 21.6.2019, vgl. FH 4.2.2019). Obgleich Vorsteher der muslimischen Gemeinde in der Vergangenheit angegriffen wurden, dürfen Muslime ihren Glauben frei praktizieren (FH 4.2.2019).

Nepotismus und Korruption, die oft auf Clan- und ethnischen Bindungen beruhen, haben erhebliche Auswirkungen auf die abchasische Justiz. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen ist nach wie vor uneinheitlich. Das Strafrechtssystem wird durch den eingeschränkten Zugang der Angeklagten zu qualifiziertem Rechtsbeistand, Verletzungen des ordentlichen Verfahrens und langwierige Untersuchungshaft untergraben (FH 4.2.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

?        AJ – Al Jazeera (9.1.2020): Crowds storm president's office in Georgia's breakaway Abkhazia, https://www.aljazeera.com/news/2020/01/crowds-storm-president-office-georgia-breakaway-abkhazia-200109154012926.html, Zugriff 17.1.2020

?        FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/abkhazia, Zugriff 20.8.2019

?        RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (14.1.2020): Picking Up The Pieces Of Abkhazia's Latest Political Crisis, https://www.rferl.org/a/abkhazia-political-crisis-explainer/30376986.html, Zugriff 17.1.2020

?        Time (23.7.2012): Paradise Lost: 20 Years of Independence in Abkhazia, https://time.com/3790443/paradise-lost-20-years-of-independence-in-abkhazia/, Zugriff 5.2.2020

?        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004295.html, Zugriff 20.8.2019

?        USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011145.html, Zugriff am 20.8.2019

2.2.    Regionale Problemzone: Südossetien

Letzte Änderung am 5.2.2020

Südossetien - amtliche Bezeichnung in Georgien auch: Region Tskhinvali - hat eine Fläche von ca. 3.900 km² (gov.ge o.D.) und eine Bevölkerung von ca. 53.000 (Jam 20.2.2016). Große Teile Südossetiens wurden nach dem Ende eines Bürgerkriegs 1992 de facto unabhängig. Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus (FH 4.2019).

Im März 2019 drückte eine Resolution des UN-Menschenrechtsrates erneut große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in aus, wobei insbesondere Entführungen, willkürliche Festnahmen, Verletzung von Eigentumsrechten, das Fehlen muttersprachlichen Schulunterrichts, mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und Verweigerung des Rückkehrrechts für die geflüchtete georgische Bevölkerung genannt werden. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um diese zur Abwanderung zu bewegen. Dagegen ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori [Leningor] lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 19.10.2019, vgl. FH 4.2.2019). Obwohl die südossetischen de facto-Behörden den meisten wegen des Konflikts von 2008 vertriebenen ethnischen Georgiern die Rückkehr nach Südossetien verweigern, gibt es eine besondere Übergangsregelung für diejenigen aus dem Bezirk Akhalgori. Die Behörden erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang nach Südossetien zur Leistung humanitärer Hilfe (USDOS 13.3.2019).

Die russische „Grenzverfestigung“ (borderization) der administrativen Grenze (ABL) geht weiter, sodass Anrainer von ihren Gemeinden bzw. Lebensgrundlagen getrennt werden (USDOS 13.3.2019, vgl. AI 7.2019). Die Dorfbewohner - einige leben in den ärmsten Teilen des Landes - verlieren Zugang zu Weiden, Ackerland und Obstgärten, zu Wasserquellen und Brennholz. Sie sind von ihren Verwandten und Einkommensgrundlagen ebenso abgeschnitten wie vom kulturellen und sozialen Leben. Jedes Jahr werden Hunderte von Menschen willkürlich festgehalten, während sie versuchen, die ABL zu überqueren (AI 7.2019). Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit zwischen Südossetien und Georgien wurden 2018 verschärft. Wie in den vergangenen Jahren wurden Dutzende georgischer Bürger von südossetischen Grenzschutzbeamten in der Nähe der administrativen Grenze zum Rest Georgiens festgehalten und gegen Zahlung einer Geldstrafe freigelassen. Im November 2018 verabschiedete das Parlament Südossetiens ein neues Gesetz, das die Geldbußen für illegale Grenzübertritte um fast das Vierfache erhöht. Ende Dezember 2018 gaben die Behörden bekannt, dass ein spezieller Pass erforderlich sein würde, um die Grenze zu Georgien zu überschreiten (FH 4.2.2019).

Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Zahlreiche politische Parteien wurden durch bürokratische Hürden an der Registrierung vor den Parlamentswahlen 2019 gehindert. Aufgrund des erheblichen russischen Einflusses auf die Innenpolitik und Entscheidungsfindung arbeitet die Regierung Südossetiens nicht transparent. Behörden-Korruption ist weit verbreitet. Ein systematischer Zugang diese zu bekämpfen besteht nicht. Die Justiz ist nicht unabhängig. Sie unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation und dient zur Bestrafung vermeintlicher politischer Gegner. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 4.2.2019).

Die Bewohner demonstrieren gelegentlich gegen Umweltzerstörung, das schleppende Tempo des Wiederaufbaus nach dem Krieg und seltener gegen politische Missstände. Die Versammlungsfreiheit ist jedoch stark eingeschränkt. Teilnehmer an nicht genehmigten Versammlungen laufen Gefahr, angeklagt zu werden (FH 4.2.2019).

Die Mehrheit der Bevölkerung sind orthodoxe Christen. Es gibt aber auch eine beträchtliche muslimische Gemeinschaft. Ein Teil des Eigentums der georgisch-orthodoxen Kirche wird von der südossetisch-orthodoxen Kirche kontrolliert. Der Oberste Gerichtshof Südossetiens hat im Jahr 2017 die Zeugen Jehovas als extremistische Organisation verboten (FH 4.2.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

?        AI – Amnesty International: Georgia: Behind barbed wire (7.2019): Human rights toll of “borderization” in Georgia [EUR 56/0581/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2012567/EUR5605812019ENGLISH.PDF, Zugriff am 20.8.2019

?        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - South Ossetia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2014287.html, Zugriff 20.8.2019

?        gov.ge – ??????????? ???????? / Government of Georgia (o.D.): ??????????? ??????????? ??????????? - ????????? ??????? / ??????? ?????, http://www.gov.ge/index.php?lang_id=GEO&sec_id=214, Zugriff 17.1.2020

?        Jam News (20.2.2016): How many people live today in South Ossetia?, https://jam-news.net/how-many-people-live-today-in-south-ossetia/, Zugriff 17.1.2020

?        USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004295.html, Zugriff 20.8.2019
3.         Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung am 5.2.2020

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 4.2.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (19.10.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019042/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_Juli_2019%29%2C_19.10..pdf, Zugriff 30.1.2020

?        EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

?        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 22.8.2019
4.         Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung am 5.2.2020

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).

Während die zivilen Behörden eine wirksame Kontrolle über das Verteidigungsministerium ausüben, besteht seitens der zivilen Behörden nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 13.3.2019). Straffreiheit für Strafverfolgungsbehörden bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 13.3.2019).

Trotz der rückläufigen Zahl der Beschwerden wegen polizeilicher Gewaltanwendung, welche beim Büro der Ombudsperson einlangten, verdoppelte sich fast gleichzeitig die Zahl der Verletzungen der Häftlinge nach der Festnahme. In der autonomen Region Adscharien stieg die Zahl der Verletzung nach Festnahmen fast um das Neunfache (PD 2.4.2019).

Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector‘s Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector‘s Service die unparteiische und wirksame Unte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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