TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/13 L518 2130467-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2020
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Entscheidungsdatum

13.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L518 2130467-1/22E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 22.06.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. DELLASEGA & Dr. KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 27.06.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.06.2020, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ist Staatsangehörige der Republik Armenien und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 03.12.2013 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.2.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP im Wesentlichen Folgendes vor:

„Ich bin XXXX . Andere Mitarbeiter und ich haben seit Mai 2013 angefangen soziale Ansprüche für die Veteranen zu stellen. Unter anderem verlangten wir von der Regierung, dass die Pensionen für die Veteranen der Inflation entspricht, somit erhöht wird, das die Familien der gefallenen Soldaten weniger Strom, Gas Wasser und ähnliche Kosten zahlen. Mit den jetzigen Pensionen konnten die Veteranen kaum überleben. Die Pensionen waren sehr geringfügig. Die Veteranen mussten für ihre ärztlichen Untersuchungen finanziell aufkommen. Wir wollten, dass die medizinische Behandlung für die Veteranen total gratis wird. Wir haben unsere zehn Punkte-Wünsche und Vorstellungen der Regierung übergeben. Die Behörden haben uns versprochen der Sache nach zu gehen und eine positive Entscheidung zu treffen. Wir haben jedoch keine Entscheidung erhalten. Seit drei Monaten veranstalten wir Sitzdemonstrationen in XXXX bei der Oper und haben auch Plakate in der Hand mit unseren Wünschen. Diese Sitzdemonstrationen wurden nicht nur in XXXX sondern auch in verschiedenen Städten in Armenien.

Vor ca. einem Monat wurde mir von Beamten mitgeteilt, dass ich, als Vorsitzender dieses Vereines, die Veteranen beruhigen muss und sie von diesen Demonstrationen abhalten muss. Ich sagte den Beamten, dass es für mich nicht möglich ist weil ich die ganze Situation gut kenne und auch Verständnis für die Veteranen habe. Der Verein hat vom Ausland immer wieder finanzielle Unterstützung für die Veteranen erhalten, das Geld ist aber bei uns nie eingetroffen. Einige Tage nachdem ich den Beamten mitteilte, dass ich Verständnis für die Veteranen habe und weiterhin diese Sitzdemonstrationen organisieren werden wurde ich auf der Fahrt von XXXX XXXX von einem großen Jeep seitlich angefahren und der Fahrer beging Fahrerflucht. Eine Stunde später bekam ich einen anonymen Anruf, der Anrufer sagte mir, dass war nur eine Warnung, das nächste Mal wird es noch schlimmer sein. 2 Tage später saß ich mit weiteren zwei Veteranen in meinem Büro. Plötzlich kamen drei Polizisten in Zivil und zeigten uns ihre Marken. Sie haben die zwei Veteranen von meinem Büro hinaus geworfen. Ich wurde dann mit einer auf mich gerichteten Waffe bedroht. Ich wurde von den Beamten geschlagen. Mir wurde gesagt, falls ich weiterhin solche Demonstrationen veranstalte, würden sie mich und meine Familie umbringen. Diese Beamten waren in meiner Abwesenheit auch bei mir zu Hause, haben meiner Frau und mein Kind bedroht, haben meinen Fernseher und andere Gegenstände zerschlagen. Ich war in XXXX bei der Staatsanwaltschaft und habe diese Vorfälle dort vorgebracht. Anschließend war ich bei XXXX , er ist Menschenrechtler. Ihm habe ich auch von den Vorfällen erzählt. Weder die Staatsanwaltschaft noch der Menschenrechtler hat mir helfen können. Daraufhin blieb mir nichts anders übrig als das Land zu verlassen, weil ich ja damit bedroht wurde umgebracht zu werden, wenn ich meine Tätigkeit weiter ausübe. Ein Mitarbeiter von unserem Verein mit dem Namen, XXXX , wurde vor einem Monat unschuldig festgenommen, inhaftiert. Man kann über diese Angelegenheit im Internet nachlesen.“

Zu den Rückkehrbefürchtungen gab die bP Nachstehendes an:

„Ich werde so wie mein Kollege, unschuldig festgenommen und eingesperrt und eventuell

umgebracht.“

I.2.2. Vor der belangten Behörde konkretisierte die bP am 02.05.2016 und 04.05.2016 im Wesentlichen ihr Vorbringen und brachte insbesondere vor:

F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten und wenn ja, welche?

A: Ja, ich hatte einen Herzinfarkt. Ich hatte zwei Operationen.

F: Wurden Sie bereits im Heimatland diesbezüglich medizinisch behandelt? Wenn ja, wo,

seit wann und in welcher Form?

A: Nein, die Herzprobleme hatte ich erst in Österreich.

F: Wurden Ihnen Medikamente verschrieben oder nehmen Sie Medikamente zu sich?

A: Ja.

Anmerkung: Siehe Medikamentenverschreibung.

F: Sind Sie in Österreich in ärztlicher Behandlung? Wie lange wird die Behandlung noch

dauern?

A: Ja, ich habe immer wieder eine Untersuchung. Es kann auch sein, dass ich ein oder

zweimal in der Woche zum Arzt muss.

F: Befürchten Sie wegen Ihrer Krankheit Probleme im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland

und wenn ja, welche?

A: Wenn ich mit meinen Herzproblemen verhaftet werde, würde ich im Gefängnis sicher

Probleme bekommen. Es gibt die Medikamente nicht und ich würde nicht richtig behandelt

werden oder die Preise der Medikamente sind so hoch, so dass ich es mir nicht leisten

könnte.

….

F: Die Befragung wurde am Montag vorzeitig beendet, da Sie einen müden Eindruck

machten. Aufgrund Ihrer Herzoperation wollte ich Sie nicht länger mit der Befragung belasten

und die Einvernahme wurde auf heute Mittwoch, 04.05.2016 verlegt. Wie geht es Ihnen.

Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen,

konnten Sie sich von der Befragung am Montag erholen?

A: Ja, ich bin dazu in der Lage. Ich habe keine physischen oder psychischen Probleme.

Anmerkung: Das Protokoll welches am Montag 02.05.2016 aufgenommen wurde, wird durch

den Dolmetscher rückübersetzt.

I.2.3. Vorgelegt vor dem BFA wurde von den bP:

?        Implantat-Ausweis

?        Arztberichte, Befunde und Medikamentenverschreibung aus Österreich

?        Geburtsurkunde

?        Bestätigungen, Ausweise und Unterlagen zum Vorsitz einer Verwaltungsorganisation bzw. gemeinnützigen Vereins und zur Abgeordnetenfunktion

?        Militärausweis und dazugehörige Bestätigungen

?        Bilder

?        Führerschein

?        Unterlagen zur Integration

I.2.4. Von der bB wurden diverse Ermittlungen, insbesondere Internetrecherchen zum Fluchtvorbringen der bP betreffend ihre Eigenschaft als Vorsitzender eines Veteranenvereins und damit zusammenhängenden Demonstrationsorganisationen getätigt.

I.3. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen gewährt.

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid) :

-        Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Hinsichtlich der Person sind Sie aufgrund der vorgelegten Dokumente als glaubwürdig

anzusehen.

Die Feststellungen hinsichtlich Ihrer Sprachkenntnisse und Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit

gründen sich auf ihre glaubwürdigen und gleichbleibenden Angaben vor dem Polizeikommando Vöcklabruck PI East West St. Georgen i. Attergau und dem Bundesamt für

Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol.

Bei der Ersteinvernahme vor dem Polizeikommando Vöcklabruck PI East West St. Georgen

i. Attergau, machten Sie zu Ihren Familienverhältnissen widersprüchliche Angaben. Zunächst

gaben Sie an, Sie seien mit Ihrer Partnerin XXXX seit 2008 traditionell

verheiratet und seit 1990 von Ihrer ersten Frau geschieden.

Bei der Befragung vor dem BFA am 02.06.2016 gaben Sie hingegen an, mit einer Frau in

einer Lebensgemeinschaft gelebt zu haben, aber nie verheiratet gewesen zu sein. Sie

heirateten XXXX und haben mit ihr eine Tochter.

Bei der ergänzenden Einvernahme am 04.05.2016 gaben Sie jedoch wiederum an, dass Sie

mit XXXX noch verheiratet seien, aber es bestehe seit 26 Jahren kein Kontakt

mehr.

Innerhalb von drei Einvernahmen, wobei zwei davon innerhalb von zwei Tagen

vorgenommen wurden, wechselten Sie bei einer relativ einfachen und unkomplizierten Frage

grundlegend Ihre Antwort. Es macht für eine Person einen enormen Unterschied, ob diese

kirchlich oder standesamtlich verheiratet ist, vor dem Gesetz geschieden ist oder in einer

Lebensgemeinschaft lebt. Der erkennenden Behörde erscheint nicht nachvollziehbar, dass

eine derartig einfache und klare Frage, nicht einfach und klar beantwortet wird. Heirat und

Scheidung sind in jedem Fall einschneidende Erlebnisse im Leben eines Menschen. Sich an

das genaue Datum dieser Ereignisse zu erinnern wird nicht gefordert, aber die Tatsache

welchen Familienstand Sie haben, sollte Ihnen schon bewusst sein.

Sie haben sich somit bereits bei einer relativ simplen Eingangsfrage selbst widersprochen.

Wenn sich eine Person schon bei den einfachsten Fragen selbst widerspricht und einfachste

Sachverhalte derart unterschiedlich darstellt, so kann nach allgemeiner Lebenserfahrung

auch nicht davon ausgegangen werden, dass das weitere Vorbringen den Tatsachen

entspricht und es war Ihnen schon aus diesem Grund die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Geglaubt wir Ihnen, dass Sie in Armenien ein sicher finanziell angesehener Mann waren,

dem in drei unterschiedlichen Bereichen 19 Mitarbeiter unterstellt waren. Um über Jahre die

Gehälter für derart viele Mitarbeiter zu bezahlen, müssen sowohl das Kaffee, das

Warengeschäft als auch die Kabelfabrik Gewinne abgeworfen haben.

Es wird Ihnen geglaubt, dass die Geschäfte gut liefen. Dann jedoch kam der Einbruch. Das

Warengeschäft wurde zerstört und sollte auf einem anderen Platz aufgestellt werden und die

Kabelfabrik ging laut Ihren Aussagen in Konkurs.

Es erscheint der Behörde völlig unglaubwürdig, dass das Kaffee, nachdem Sie das Land

verlassen haben an den jetzigen Besitzer um 11.000 USD verkauft wurde, ohne dass Sie

das selbst getan hätten, außer Sie haben damit jemanden beauftragt. Es bedarf wohl sicher

bei einem Verkauf eines Kaffees auch in Armenien Besitzdokumente des Eigentümers, einen

Kaufvertrag, vorgefertigt durch einen Rechtsanwalt und einem Notar vorgelegt, Steuern die

zu bezahlen sind und vieles mehr. Aus lebenspraktischer Erfahrung kann davon

ausgegangen werden, dass Sie sehr wohl in den Verkauf eingebunden waren oder einen

Vertreter ernannten.

Glaubhaft sind Ihre Angaben, dass Sie an keiner psychischen Krankheit leiden. Ihre

diesbezüglichen Angaben werden auch durch Ihr Verhalten während der Einvernahme vor

dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Regionaldirektion Tirol untermauert, wo

Sie zeitlich und örtlich orientiert waren, einen völlig normalen Eindruck machten, auf die

Fragen klar und spontan antworteten und sich keinerlei Anzeichen ergaben, dass Sie

psychisch beeinträchtigt wären.

Glaubhaft gemacht werden konnte die physische Beeinträchtigung, hervorgerufen durch

einen Herzinfarkt und zwei Operationen.

-        ? Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie nicht vorbestraft sind.

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie in der Heimat weder von einem Gericht noch einer Staatsanwaltschaft gesucht werden.

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie in der Heimat von der Polizei zwar angehalten oder nie festgenommen wurden.

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie in der der Heimat der Republikanischen Partei Armeniens angehörten.

Geglaubt wird Ihnen, dass Sie in der Heimat von staatlicher Seite nie wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer staatlichen bzw. asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt gewesen sind.

Die Glaubhaftmachung vor der Behörde, dass Sie ein gewähltes Mitglied von XXXX waren, ist Ihnen gelungen. Wobei die Betonung auf einem Abgeordneten von XXXX liegt. Sie waren während dieser Zeit kein führendes Parteimitglied, das immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit stand, große politische Diskussionen anregte und auch manchmal unbeliebte Entscheidungen treffen musste. Ebenso wird Ihnen geglaubt, dass Sie seit 1998 ehrenamtlicher Vorsitzender des XXXX waren.

Dass sie landesweite Demonstrationen für den Veteranenverein organisierten und dadurch in den Mittelpunkt dieser Organisation rückten, konnten Sie nicht glaubhaft machen.

Der Veteranenverein wurde XXXX XXXX XXXX gegründet und es gab dort einen Dachverband. 1999 wurden Sie ehrenamtlicher Vorsitzender der Zweigstelle in XXXX mit 250 Mitgliedern im Jahr 2013.

Als Initiator kleinerer Demonstrationen geht Hr. XXXX hervor. Dieser wurde auch verhaftet. Ansonsten wurde in den Medien über keinerlei Personen berichtet, die diesbezüglich zur Verantwortung gezogen wurden (Quelle: Internet, Armenialiberty: War Vets Demand Leader’s Release, 25. Oktober 2013; verfügbar auf ecoi.net: http://www.ecoi.net/local_link/261283/387449_de.html, Zugriff am 27. Juni 2016).

Mit unterschiedlichen Zeitungsartikeln konnte während der Einvernahme, sowohl am 02.05.2016 als auch am 04.05.2016 aufgezeigt werden, dass es im Jahr XXXX XXXX massive Proteste gegen die Regierung gab, welche auch von Erfolg gekrönt waren. So wurde z.B. eine 50-prozentige Preiserhöhung für öffentliche Verkehrsmittel zurückgenommen. Der Veteranenverein, der laut Ihren Aussagen mit ca. 25 bis 30 Teilnehmern an einer Sitzdemonstration teilnahm, war nur ein kleines Rädchen in diesem großen Werk an Protesten gegen die Regierung. Sie konnten nicht glaubhaft machen, dass Sie als ehrenamtlicher Leiter der XXXX XXXX eine derart gewichtige Position innehatten, um im Nachhinein politisch verfolgt zu werden. Der Behörde sind keine Zeitungsartikel, Internetauszüge oder sonstige Unterlagen bekannt, die offiziell Ihren Namen mit den oben angeführten Protesten in Zusammenhang bringen. Es erscheint völlig unglaubwürdig, dass Sie für die Unruhen in Armenien, ausgelöst durch die Teilnahme mit 25- 30 Personen an Demonstrationen, zur Verantwortung gezogen worden sein sollen, ohne dass Ihr Name in irgendeinem Zusammenhang mit den Protesten öffentlich genannt wurde.

Daher erscheint der Behörde auch die Bedrohung durch Beamte der Polizei von XXXX als völlig unglaubwürdig.

Sie gaben an, dass Sie nach der Bedrohung durch die Polizei zum Oberstaatsanwalt vom Bezirk XXXX und zu einer Organisation für Menschenrechte zu Hrn. XXXX gingen, um Hilfe zu suchen.

Bei Ihrer Einvernahme am 04.05.2016 wurden Sie mit der Tatsache konfrontiert, dass der genannte Oberstaatsanwalt, zurzeit als sie Ihre Ängste vorbrachten und Ihn aufsuchten (Anfang November 2013), schon entlassen und seines Amtes enthoben worden war (Quelle: Zeitungsartikel vom 21.10.2013, Zugriff am 03.05.2016 https://www.armenianow.com/commentary/analysis/49347/armenia_european_union_reforms_continuation). Sie waren sich nach diesem Vorhalt plötzlich nicht mehr so sicher, ob Sie Ihre Ängste auch wirklich bei dieser Person deponiert haben. Zitat aus der Einvernahme: „Es könnte sein, dass er entlassen wurde und sein Büro an seinen Nachfolger übergeben hat. Es mag sein, dass es eine Amtsübergabe gegeben hat.“

Weiter betonten Sie, dass Sie Hrn. XXXX den Ombudsmann für Menschenrechte aufsuchten. Sie legten Hrn. XXXX folgende Worte in den Mund: „Er meinte, dass die Regierung einen starken Einfluss habe und seine Organisation sich auch nicht mit der Regierung anlegen wolle. Hr. XXXX könne mir leider auch nicht helfen, er sagte mir, warum nimmst du nicht einen angebotenen Posten der Regierung an und erfüllst ihre Forderungen und lebst dann in Ruhe weiter“. Das Länderinformationsblatt aus dem Jahr 2013, Seite 12 zeichnet jedoch ein völlig anderes Bild von Hrn. XXXX : „Das Profil des derzeitigen Ombudsmanns, XXXX , ist u.a. geprägt durch seine Bemühungen um die Stärkung der Institution sowie um die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. …Der Ombudsmann ist zuständig für die Verteidigung der Grund- und Menschenrechte und schützt diese gegen Missbrauch von nationalen, regionalen und lokalen Beamten. … Jedes Individuum, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Wohnort, Rasse, Alter, politischer oder anderer Zugehörigkeit und Tätigkeiten, kann eine Beschwerde einbringen“.

Zwei völlig unterschiedliche Darstellungen einer Person. Wobei zu betonen ist, dass Hr. XXXX immer noch leitender Ombusmann in Armenien ist, der sein Amt sehr ernst nimmt.

Bei den Befragungen gaben Sie an, nie eine offizielle Anzeige bei der Polizei eingebracht zu haben. Aus denklogischer Sicht erscheint dies völlig abwegig, wenn man sich in einer derartigen bedrohten Situation befindet wie Sie Angaben und bei der sogar Ihre Familie gefährdet wäre.

Die Bedrohungen durch die Polizei in ihrem Büro, der Unfall mit dem Jeep und der vermeintlichen Fahrerflucht, der umgestürzte Fernseher in Ihrer Wohnung und die telefonische Bedrohung werden von der erkennenden Behörde als nicht glaubwürdig eingestuft. Es ist davon auszugehen, dass Sie nicht in einer so wichtigen und zentralen politischen Position waren, um derart ins Zentrum der Polizei und anderer öffentlicher Behörden zu rücken und bedroht zu werden.

Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass Sie Behauptungen aufstellen, sondern Sie müssen diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch Sie persönlich glaubwürdig auftreten.

In gesamtheitlicher Betrachtungsweise Ihres Vorbringens gelangt die Behörde zum Schluss, dass Sie Ihren Fluchtgrund zwar asylbezogen geschildert haben, die von Ihnen geschilderten Ereignisse mangels Nachvollziehbarkeit und mangels Plausibilität nicht wirklich erlebt haben dürften, weshalb Ihnen die Glaubwürdigkeit zu versagen war, und es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben.

Die erkennende Behörde kommt daher zusammengefasst aufgrund o.a. Fakten zu dem Ergebnis, dass Ihre Angaben vage, wenig detailreich, oberflächlich und widersprüchlich blieben und in einer Gesamtbetrachtung Ihres Fluchtvorbringens, dass dieses absolut nicht nachvollziehbar und daher auch absolut nicht glaubwürdig war.

-        Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie vermochten nicht glaubhaft darzulegen, dass Sie im Falle der Rückkehr keine Lebensgrundlage mehr hätten, weil Ihnen zugemutet werden kann, dass Sie im Falle der Rückkehr in Ihr Heimatland selbst für Ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Sie gaben in Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt selbst an, dass Sie in der Heimat gearbeitet haben. Sie besaßen ein Kaffee, ein Warengeschäft und eine Kabelfabrik. Laut Ihren eigenen Angaben waren Sie finanziell sehr gut abgesichert.

Das Bundesamt geht aufgrund dieses Fakts davon aus, dass Sie im Falle einer Rückkehr in keine ausweglose Lage geraten würden, da Sie nach der vollständigen Genesung arbeitsfähig sind. Eine medizinische Grundversorgung ist in Armenien flächendeckend gewährleistet.

Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in Armenien derzeit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben sämtlicher dort lebender Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

Es kann Ihnen also zugemutet werden, auch im Falle der Rückkehr einer Erwerbstätigkeit oder zumindest Gelegenheitsarbeiten nachzugehen.

Es ist daher nicht ersichtlich wieso Sie in Armenien nicht in der Lage sein sollten, sich ein neues Leben aufzubauen, zumal Sie, nach der vollständigen Genesung arbeitsfähig sind. Zudem geht aus den Feststellungen zu Ihrem Heimatland hervor, dass in Armenien eine Vielzahl von Hilfsorganisationen tätig ist.

Ihre kontinentalübergreifenden Reisen in Länder, zeugen zudem von einer überdurchschnittlichen Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit, welche Ihnen bei einer Rückkehr in den gewohnten Kulturkreis, in dem Sie Ihr bisheriges Leben überwiegend verbrachten, zugutekommt. Es ist Ihnen im Falle der Rückkehr zumutbar, durch eigene und notfalls auch weniger attraktive Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite z.B. Hilfsorganisationen – erforderlichenfalls unter Anbietung Ihrer gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung – jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu Ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können.

Zudem haben Sie im Falle Ihrer Rückkehr auch die Möglichkeit, sich sowohl an die zahlreich tätigen NGO`s zu wenden, um dort jene Unterstützung zu erhalten, die notwendig ist, Ihre Grundbedürfnisse an Unterkunft, Verpflegung, Bildung usw. zu decken. Es ist Ihnen auch zuzumuten, dass Sie sich an diese Einrichtungen wenden, sollten Sie selbst nicht in der Lage sein, sich um Ihre Bedürfnisse selbst zu kümmern.

Gemäß § 52 BFA-VG kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für ihren Neubeginn in Armenien gewährt werden. Rückkehrern werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt.

Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (vgl. hiezu www.caritas-wien.at/rueckkehrhilfe).

Mit den Rückkehrbefürchtungen vermochten Sie dem vom Gesetz geforderten Glaubhaftigkeitsanspruch nicht gerecht zu werden. Ihre diesbezüglichen Befürchtungen verhaftet zu werden, stützen sich lediglich auf vage Vermutungen, konkrete Anhaltspunkte oder Hinweise konnten jedoch Ihrem Vorbringen nicht entnommen werden und vermochten Sie solche auch nicht glaubhaft darzulegen. Wie Sie selbst in Ihrer Erstbefragung angaben, werden Sie in Ihrer Heimat weder von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht. Gegen Sie sind nie irgendwelche Sanktionen seitens der Behörden gesetzt worden.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) liegen auch keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor, sodass Sie bei einer Rückkehr von staatlicher Seite nichts zu befürchten haben.

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.

I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb Rückehrentscheidung und Abschiebung in Bezug auf Armenien zulässig sind.

I.4. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass das Fluchtvorbringen der bP den Tatsachen entsprochen hätte und die bB wesentliche Umstände nicht entsprechend ermittelt und gewürdigt hätte. Es wurden diesbezüglich Internetlinks angeführt und Fotos vorgelegt. Zudem wurde ausgeführt, dass die bP bereits zwei Herzinfarkte erlitten habe und ihre Gesundheit massiv angeschlagen wäre. Im Falle der Rückkehr wäre sie massivem Stress ausgesetzt, welcher für sie lebensbedrohlich wäre. Zudem sei die bP in Österreich integriert.

Vorgelegt mit der Beschwerde wurde von der bP:

?        Fotos von der bP mit anderen Personen aus Armenien

I.5. Mit Schreiben vom 24.11.2016 wurde eine Geburtsurkunde der Tochter der bP (Kind geboren 2009, Vater bP, Mutter XXXX , Kind angemeldet in XXXX ) und eine Kopie des Vaterschaftsanerkenntnisses der bP für das Kind vorgelegt.

I.6. Mit Schreiben vom 28.11.2016 wurde die Telefonnummer von XXXX bekannt gegeben.

I.7. Mit Schreiben vom 29.12.2017 wurde von der bB eine Belehrung an die bP betreffend Wohnsitzbeschränkung übermittelt.

I.8. Am 14.11.2017 erfolgte durch den rechtsfreundlichen Vertreter der bP eine Mitteilung, dass die bP am 19.10.2017 den dritten Herzinfarkt erlitten habe und in stationärer Behandlung gewesen sei. Vorgelegt wurden medizinische Unterlagen.

I.9. Am 20.05.2018 erfolgte durch den rechtsfreundlichen Vertreter der bP eine Mitteilung darüber, dass der bP ein Behindertenpass gemäß §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, gültig bis zum 31.05.2020 ausgestellt wurde und wurde eine Kopie desselben vorgelegt.

I.10. Mit Schreiben vom 14.02.2019 teilte die rechtsfreundliche Vertretung der bP mit, dass die bP an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Vorgelegt wurde ein entsprechender Befundbericht vom 23.01.2019.

I.11. Mit Schreiben vom 06.11.2019 wurde das Integrationsprüfungszeugnis bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz Niveau A2 und zum Werte- und Orientierungswissen vorgelegt.

I.12. Es erfolgte eine Korrespondenz zur anberaumten Verhandlung im April 2020, welche wegen der Corona Pandemie vertragt wurde.

I.13. Mit Schreiben vom 19.06.2020 wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter mitgeteilt, dass die bP aus asylrelevanten Gründen aus Armenien geflohen sei, dass sie aber nach dem Regierungswechsel im Jahr 2018 nicht mehr in einer asylrelevanten Art und Weise verfolgt wird. Die bP zog daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides zurück, die Beschwerde gegen die anderen Spruchpunkte wurde aufrechterhalten.

Zudem wurde vorgebracht, dass Armenien von der Coronapandemie schwer betroffen sei und wurde hierzu aus dem vorgelegten Bericht der Heinrich Böll Stiftung vom 15.06.2020 zitiert. Das Gesundheitssystem sei überlastet. Erkrankte Personen, die eine intensivmedizinische Versorgung bräuchten, könnten diese nicht erhalten. Die bP gehöre aufgrund des Alters und der Vorerkrankung zur Hochrisikogruppe. Bei einer Einwohnerzahl von nur 3 Mio. wären bereits 285 Corona Tote zu beklagen.

Die bP habe keine Verwandten mehr in Armenien. Die Mutter ihrer Tochter sei mit der Tochter selbst 2016 nach Russland verzogen. Sie soll dort in Lebensgemeinschaft mit einem anderen Mann leben.

In Armenien verfüge die bP über kein soziales Netz oder eine Wohnung. Hotels seien wegen Corona geschlossen und wäre die bP obdachlos und damit dem Virus schutzlos ausgeliefert. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr, ihres Alters und des Gesundheitszustandes würde sie in eine ausweglose Situation geraten. Sie würde immer wieder an Brustschmerzen leiden und müsse immer wieder notfallmäßig in die Universitätsklinik eingeliefert werden, das letzte Mal am 16.06.2020. Die bP leide auch an Bluthochdruck und vertrage keine Höhe. 2019 habe sie unter Problemen im Zuge einer Autofahrt in Österreich gelitten. Im Falle der Rückführung, welche nur im Flugzeug möglich sei, würde die bP in eine ausweglose Situation geraten. Die bP sei nicht flugfähig. Vor dem Herzinfarkt habe die bP freiwillig als Fahrer gearbeitet, wegen der Herzinfarkte hätte sie diese Tätigkeit aufgeben müssen. Wenn sie Zugang zum Arbeitsmarkt hätte, könne sie bei zwei namentlich genannten Firmen als Fahrer arbeiten. Die bP habe die A2 Deutschprüfung abgelegt und halte sich seit 2013 in Österreich auf, weshalb ihr eine Aufenthaltsberechtigung zuzuerkennen sei.

I.14. Für den 22.06.2020 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde – in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Vorgelegt in der Verhandlung wurde von der bP:

?        Konvolut an medizinischen Schreiben

?        Unterlagen zur Integration

Folgende Erkenntnisquellen wurden der bP genannt und deren Inhalt erörtert:

?        LIB der Staatendokumentation vom 8.5.2019, letzte Information eingefügt am 17.3.2020

?        Bericht des AA über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 7.4.2019

?        Kurzinformation der Staatendokumentation betreffend Zone russische Föderation/Kaukasus und Iran – COVID 19 Informationen.

?        Anfragebeantwortung Vertrauensanwalt zur Zahl L518 1423486-4/45Z

?        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Armenien, Unterstützung von Rückkehrern vom 09.10.2015

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben vom 29.06.2020 wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkanntnisses begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

II.1.1.1. Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP absolvierte nach der Schule in Armenien eine Ausbildung zum Piloten in Russland. Sie war dann als Pilot bis 1988 tätig. Nach dem Zerfall der Sowjetunion ist sie nach Armenien zurückgekehrt.

1989 hat die bP ein Kaffee in XXXX eröffnet. Gleichzeitig hat sie sich politisch betätigt und war als Abgeordneter im Stadtrat von XXXX bis XXXX tätig. Sie war XXXX XXXX gewählten Vertretern. Zudem führte sie einen Verkaufsladen und eine Kabelfirma und hatte zeitweise 19 Mitarbeiter. Vor der Ausreise wurde der Verkaufsladen zerstört, die Kabelfirma ging in Konkurs und wurde das Kaffee verkauft.

Eine Tochter der bP lebt mit ihrer Mutter in Armenien und verfügt die bP dort über ein Netz aus Bekannten.

Die bP ist ein arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

II.1.1.2. Die bP leidet an einer Herzerkrankung. Ihr wurde in Österreich im April 2014 ein Stent gesetzt. Sie wurde am 22.04.2014 beschwerdefrei mit entsprechender Medikation nach Hause entlassen.

Im Jahr 2014 wurden überdies Probleme mit der Gallenblase sowie eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert.

2015 wurde als Diagnose festgehalten: Koronare Herzkrankheit bei Bluthochdruck mit Z.n. NSTEMI. Es wurde 2015 festgehalten, dass bezüglich einer Hernieoperation kein absoluter Handlungsbedarf besteht. Später wurde ein Leistenbruch operiert.

Die bP befand sich zwischen 11.06.2016 und 17.06.2016 wiederum im Krankenhaus und wurde ihr ein Stent gesetzt. Die bP befand sich zudem von 03.10.2016 bis 31.10.2016 in einem Reha-Zentrum.

Am 19.10.2017 erlitt die bP ihren dritten Herzinfarkt und wurde von 19.10.2017 bis 24.10.2017 stationär wegen der Diagnosen Zustand nach PTCA und In-Stent-Restenose CX behandelt. Thoraxröntgen und Echokardiographie blieben ohne Auffälligkeiten und wurde festgehalten, dass die bP in einem guten Allgemeinzustand am 24.10.2017 nach Hause entlassen wurde. Es wurden regelmäßige internistische Kontrollen und eigenständiges Blutdruckmessen sowie Vermeidung schweren Hebens, Bewegung, Abnehmen und abwechslungsreiche Kost empfohlen. Nach Entlassung musste sie die Medikamente Tantoloc, Trombo ASS, Brilique, Ursofalk, Atorvastatin, Concor und Ramipril einnehmen.

Im Februar 2018 hielt die bP sich für 2 Tage im Krankenhaus auf und wurde keine OP-Indikation wegen der diagnostizierten Cholezystolithiasis (Gallenblasenstein) gesehen. Später wurde der bP die Gallenblase entfernt.

Von 28.06.2018 bis 26.07.2018 befand sich die bP wiederum in einem Reha-Zentrum. Aus der diesbezüglich aktuellsten vorgelegten Diagnose geht hervor, dass die bP an einer koronaren 1-Gefäßerkrankung leidet, ihr 2017, 2016 und 2014 Stents gesetzt wurden, sie eine Neigung zu zusätzlichen Herzschlägen aufweist, eine minimale Trikuspidalklappeninsuffizienz vorliegt, die bP an Hypercholesterinämie und Bluthochdruck leidet und zudem eine Cholezystolithiasis (Gallensteine), Nephrolithiasis (Nierensteine) und eine Depression vorliegen. Auf der Medikamentenliste steht: Pantoloc, Trombo ASS, Brilique, Biosoprolol, Ramipril, Atorvastatin, Passedan, Buscopan. Ursofalk und Mirtabene wurden abgesetzt.

Ein MRT der Brustwirbelsäule im Dezember 2019 blieb ohne explizite Auffälligkeiten.

Im Jänner 2019 wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und wurde Trittico verordnet. Mit 18.06.2020 wurde von einem Allgemeinmediziner ein chronisch depressiver Zustand der bP festgestellt und wurde festgehalten, dass ein Antidepressivum verschrieben wurde, welches täglich einzunehmen ist.

Der bP wurde ein von 29.03.2018 bis 31.05.2020 gültiger Behindertenpass D2 (Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs.1 zweiter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor / Krankendiätverpflegung bei Gallen-, Leber- und Nierenkrankheiten) mit Grad der Behinderung 50 % ausgestellt.

Die von bP genannte Erkrankungen sind in Armenien behandelbar und hat die bP auch Zugang zum armenischen Gesundheitssystem. Soweit sie im Falle der Behandlung mit einem Selbstbehalt belastet wird, steht es ihr im Falle der Bedürftigkeit frei, die Kostenübernahme des Selbstbehaltes durch den Staat zu beantragen. Die volljährig bP hat Zugang zum armenischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen. Ebenso hat die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähig als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und kann dieses in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

II.1.1.3. Die bP hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit 6 ½ Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie lebt von der Grundversorgung und hat 2016 einen A1 Deutschkurs besucht. Am 22.10.2019 wurde der bP ein Integrationsprüfungszeugnis bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz Niveau A2 und zum Werte- und Orientierungswissen ausgestellt. Sie ist strafrechtlich unbescholten.

Sie hat an Heimangeboten zur Integration teilgenommen und hat im Jahr 2016 für die Tiroler Soziale Dienste GmbH Transfer- und Transportfahrten übernommen.

Es liegen zwei Einstellungszusagen als Fahrer für die bP vor.

Die Identität der bP steht fest.

Bei der volljährigen bP handelt es sich um einen mobilen, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern und kann auch vor dem Hintergrund der Covid Pandemie keine besonders schutzwürdige Situation der bP erkannt werden.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung COVID-19 bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit bestimmten Vorerkrankungen auf.

Dies ergibt sich aus den allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO und CDC, der Covid-19-Risikogruppe-Verordnung (BGBl. 203. Verordnung, Jahrgang 2020, ausgegeben am 07.05.2020, Teil II), der aktuellen Überwachung der weltweiten Lage durch diese Organisationen sowie aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html; https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/;https://coronavirus.jhu.edu/map.html; https://covid19.who.int/

Über die Website der Johns Hopkins University ist es möglich, sich über die Anzahl von an COVID-19 Erkrankten / daran Verstorbenen in einzelnen Staaten zu informieren.

Laut Website der Johns Hopkins University ergab sich am 17.07.2020 (ähnlich dem Bild im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung hinsichtlich des Verhältnisses) folgendes Bild:

Country  Confirmed  Deaths    Case-Fatality Deaths / 100k Pop.

Austria

19,154

710

3.7%

8.03

Armenia

33,005

592

1.8%

20.06

Quelle: https://coronavirus.jhu.edu/data/mortality

Diese Feststellungen werden aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen in einer Vielzahl von öffentlich zugänglichen Quellen als notorisch bekannt angesehen.

Es ist im konkreten Fall keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit dafür zutage getreten, dass die bP bei einer Rückkehr nach Armenien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

II.1.2.1. Politische Lage

Letzte Änderung: 18.3.2020

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hatte im ersten Quartal 2019 eine Einwohnerzahl von 2,96 Millionen, was einen Rückgang von 0,3% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ausmachte (ArmStat 7.5.2019). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier. Den Rest bilden kleinere Ethnien wie Jesiden und Russen (CIA 14.2.2019).

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik. Die Verfassung von 2005 wurde zuletzt durch Referendum vom 6.12.2015 weitreichend geändert. Durch die Verfassungsreform wurde das semi-präsidentielle in ein parlamentarisches System umgewandelt. Das Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung) hat nun 105 Mitglieder (zuvor 131) und wird alle fünf Jahre gewählt (AA 7.5.2019a). Der Premierminister und der Präsident werden vom Parlament gewählt. Der Premierminister ist der Regierungsvorsitzende, während der Präsident vorwiegend zeremonielle Funktionen ausübt (USDOS 11.3.2020).

Oppositionsführer Nikol Pashinyan wurde im Mai 2018 vom Parlament zum Premierminister gewählt, nachdem er wochenlange Massenproteste gegen die Regierungspartei angeführt und damit die politische Landschaft des Landes verändert hatte. Er hatte Druck auf die regierende Republikanische Partei durch eine beispiellose Kampagne des zivilen Ungehorsams ausgeübt, was zum schockartigen Rücktritt Serzh Sargsyans führte, der kurz zuvor das verfassungsmäßig gestärkte Amt des Premierministers übernommen hatte, nachdem er zehn Jahre lang als Präsident gedient hatte (BBC 20.12.2018).

Am 9.12.2018 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt, welche unter Achtung der Grundfreiheiten ein breites öffentliches Vertrauen genossen. Die offene politische Debatte, auch in den Medien, trug zu einem lebhaften Wahlkampf bei. Das generelle Fehlen von Verstößen gegen die Wahlordnung, einschließlich des Kaufs von Stimmen und des Drucks auf die Wähler, ermöglichte einen unverfälschten Wettbewerb (OSCE/ODIHR 10.12.2018). Die Allianz des amtierenden Premierministers Nikol Pashinyan unter dem Namen „Mein Schritt“ erzielte einen Erdrutschsieg und erreichte 70,4% der Stimmen. Die ehemalige mit absoluter Mehrheit regierende Republikanische Partei (HHK) erreichte nur 4,7% und verpasste die 5-Prozent-Marke, um in die 101-Sitze umfassende Nationalversammlung einzuziehen. Die Partei „Blühendes Armenien“ (BHK) des Geschäftsmannes Gagik Tsarukyan gewann 8,3%. An dritter Stelle lag die liberale, pro-westliche Partei „Leuchtendes Armenien“ unter Führung Edmon Maruyian, des einstigen Verbündeten von Pashinyan, mit 6,4% (RFE/RL 10.12.2018; vgl. ARMENPRESS 10.12.2018).

Zu den primären Zielen der Regierung unter Premierminister Pashinyan gehören die Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftsreformen (RFL/RL 14.1.2019) sowie die Schaffung einer unabhängigen Justiz (168hours 20.7.2018).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (7.5.2019a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/armenien-node/-/203090#content_0, Zugriff 7.5.2019

?        ARMENPRESS – Armenian News Agency (10.12.2018): My Step – 70.44%, Prosperous Armenia – 8.27%, Bright Armenia – 6.37%: CEC approves protocol of preliminary results of snap elections, https://armenpress.am/eng/news/957626.html, Zugriff 21.3.2019

?        ArmStat - Statistical Committee of the Repbulic of Armenia (7.5.2019): Economic and Financial Data for the Republic of Armenia, https://armstat.am/nsdp/, Zugriff 8.5.2019

?        BBC News (20.12.2018):Armenia country profile, https://www.bbc.com/news/world-europe-17398605, Zugriff 21.3.2019

?        CIA - Central Intelligence Agency (30.4.2.2019): The World Factbook, Armenia; https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html, Zugriff 7.5.2019

?        OSCE/ODIHR – Organization for Security and Cooperation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights et alia (10.12.2018): Armenia, Parliamentary Elections, 2 April 2017: Statement of Preliminary Findings and Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/armenia/405890?download=true, Zugriff 21.3.2019

?        RFE/RL – Radio Free Europe/ Radio Liberty (10.12.2018): Monitors Hail Armenian Vote, Call For Further Electoral Reforms, https://www.rferl.org/a/monitors-hail-armenia-s-snap-polls-call-for-further-electoral-reforms/29647816.html, 21.3.2019

?        RFE/RL – Radio Free Europe/ Radio Liberty (14.1.2019): Pashinian Reappointed Armenian PM After Securing Parliament Majority, https://www.rferl.org/a/pashinian-reappointed-armenian-pm-after-securing-parliament-majority/29708811.html, Zugriff 21.3.2019

?        USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Armenia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/ARMENIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 13.3.2020

?        168hours (20.7.2018): Fight against corruption and creation of independent judiciary main pillars of government’s economic policy – PM Pashinyan, https://en.168.am/2018/07/20/26637.html, Zugriff 21.3.2019

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 18.3.2020

Hinsichtlich Bergkarabach - das sowohl von Armenien als auch von Aserbaidschan beansprucht wird - besteht die Gefahr erneuter Feindseligkeiten aufgrund des Scheiterns der Vermittlungsbemühungen, der zunehmenden Militarisierung und häufiger Verletzungen des Waffenstillstands. Im Oktober 2017 trafen sich die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans unter der Schirmherrschaft der Minsk-Gruppe, einer von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geleiteten Vermittlungsgruppe, in Genf und begannen eine Reihe von Gesprächen über eine mögliche Lösung des Konflikts. In den letzten Jahren haben Artilleriebeschüsse und kleinere Gefechte zwischen aserbaidschanischen und armenischen Truppen Hunderte von Toten gefordert. Anfang April 2016 gab es die heftigsten Kämpfe seit 1994. (CFR 20.3.2019). Die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach dauern an. Die Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan ist geschlossen. Im Jahr 2018 fanden mehrere Waffenstillstandsverletzungen entlang der Kontaktlinie zwischen den gegnerischen Streitkräften und anderswo an der zwischenstaatlichen Grenze zwischen Aserbaidschan und Armenien statt, die zu einer Reihe von Todesfällen und Verlusten führten (FCO 17.3.2020, vgl. EDA 2.3.2020).

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev und der armenische Premierminister Nikol Pashinyan vereinbarten bei ihrem ersten Treffen am Rande des Gipfels der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, der am 27. und 28. September 2018 in Duschanbe stattfand, mehrere Schritte zum Abbau der Spannungen zwischen den armenischen und aserbaidschanischen Streitkräften, wie z.B. die Installierung einer direkten "operativen" Kommunikationslinie zwischen den beiden Seiten und die Fortsetzung der diplomatischen Verhandlungen über eine Lösung des Konflikts (Eurasianet 1.10.2018). In Folge kam es zu mehreren weiteren Treffen. Der laufende Prozess trug dazu bei, die Häufigkeit der Verletzungen des Waffenstillstandes deutlich zu reduzieren (ACLED 20.2.2020).

Quellen:

?        ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (20.2.2020): Regional Overview: Central Asia and the Caucasus 9-15 February 2020, https://acleddata.com/2020/02/20/regional-overview-central-asia-and-the-caucasus-9-15-february-2020/, Zugriff 18.3.2020

?        CFR - Council on Foreign Relations (20.3.2018): Nagorno-Karabakh Conflict, https://www.cfr.org/interactives/global-conflict-tracker#!/conflict/nagorno-karabakh-conflict, Zugriff 21.3.2019

?        EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (2.3.20207.5.2019): Reisehinweise für Armenien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/armenien/reisehinweise-armenien.html, Zugriff 18.3.20207.5.2019

?        Eurasianet (1.10.2018): Aliyev and Pashinyan hold first talks, agree on tension-reducing measures, https://eurasianet.org/aliyev-and-pashinyan-hold-first-talks-agree-on-tension-reducing-measures, Zugriff 21.3.2019

?        FCO – U.K. Foreign and Commonwealth Office (17.3.2020): Foreign travel advice Armenia – Safety and Security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/armenia/safety-and-security, Zugriff 18.3.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 18.3.2020

Es gibt immer wieder glaubhafte Berichte von Anwälten über die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze durch Gerichte. Die Unschuldsvermutung werde nicht eingehalten, rechtliches Gehör nicht gewährt, Verweigerungsrechte von Zeugen nicht beachtet und Verteidiger oft ohne Rechtsgrundlage abgelehnt. Nach bisher vorliegenden Informationen hat sich die Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis seit Mitte 2018 verbessert. Die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter wurde bisher durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten und weit verbreitete Korruption konterkariert. Es gibt Anzeichen, dass allein der Regierungswechsel im Mai 2019 zu weniger Korruption in der Justiz geführt hat. Hinsichtlich des Zugangs zur Justiz gab es bereits Fortschritte, dass die Zahl der Pflichtverteidiger erhöht wurde und einer breiteren Bevölkerung als bisher kostenlose Rechtshilfe zuteil wird (AA 7.4.2019). Zwar muss von Gesetzes wegen Angeklagten ein Rechtsbeistand gewährt werden, doch führt der Mangel an Pflichtverteidigern außerhalb Jerewans dazu, dass dieses Recht den Betroffenen verwehrt wird (USDOS 11.3.2020).

Richter stehen unter systemischem politischem Druck und Justizbehörden werden durch Korruption untergraben. Berichten zufolge fühlen sich die Richter unter Druck gesetzt, mit Staatsanwälten zusammenzuarbeiten, um Angeklagte zu verurteilen. Der Anteil an Freisprüchen ist extrem niedrig (FH 4.2.2019). Allerdings entließen viele Richter nach der "Samtenen Revolution" im Frühjahr 2018 etliche Verdächtige in politisch sensiblen Fällen aus der Untersuchungshaft, was die Ansicht von Menschenrechtsgruppen bestätigte, dass vor den Ereignissen im April/Mai 2018 gerichtliche Entscheidungen politisch konnotiert waren, diese Verdächtigen in Haft zu halten, statt gegen Kaution freizulassen (USDOS 11.3.2020).

Trotz gegenteiliger Gesetzesbestimmungen zeigt die Gerichtsbarkeit keine umfassende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Die Verwaltungsgerichte sind hingegen verglichen zu den anderen Gerichten unabhängiger. Sie leiden allerdings unter Personalmangel. Nach dem Regierungswechsel im Mai 2018 setzte sich das Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richter fort und einige Menschenrechtsanwälte erklärten, es gebe keine rechtlichen Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz. NGOs berichten, dass Richter die Behauptungen der Angeklagten, ihre Aussage sei durch körperliche Übergriffe erzwungen worden, routinemäßig ignorieren. Die Korruption unter Richtern ist weiterhin ein Problem. Die am 10. Oktober 2019 verabschiedete Strategie für die Justiz- und Rechtsreform 2019-2023 zielt darauf ab, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz und das Justizsystem zu stärken und die U

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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