Entscheidungsdatum
21.08.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
L510 2233481-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2020, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrenshergang
1. Die beschwerdeführende Partei (bP) ist türkischer Staatsbürger. Sie ist Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“. Sie wurde wegen mehrerer Delikte rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren, sie befindet sich derzeit in Straftat.
Am 27.05.2020 erfolgte in der Justizanstalt eine niederschriftliche Einvernahme der bP zum gegenständlichen Verfahren. Die Haftentlassung ist mit 03.05.2027 geplant.
2. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 5 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde ihr ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
3. Mit Schriftsatz der Vertretung vom 24.07.2020 wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.
4. Mit 30.07.2020 langte der Verwaltungsverfahrensakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum. Die bP ist türkischer Staatsangehöriger. Ihre Muttersprachen sind Türkisch und Deutsch. Die bP ist gesund und arbeitsfähig. Sie ist in der Türkei in XXXX geboren und reiste erstmals 1989 nach Österreich zu ihrem Vater. Sie besuchte 3 Jahre lang die Hauptschule in Österreich und ging 1994 wieder zurück in die Türkei zu ihrer Mutter und ihren Geschwistern, nach XXXX , wo sie eine Lehre als Installateur begann, jedoch nicht abgeschlossen hat. 2003 reiste sie wieder nach Österreich. Ihre Familie lebt nunmehr in Österreich. In Österreich war die bP seit dem Jahr 2004 etwa 4 Jahre lang sporadisch bei diversen Firmen tätig. Seit April 2014 ging sie keiner Arbeit mehr nach und lebt von Sozialleistungen. Die bP ist geschieden. Ihre Ex-Gattin lebte von 2006 bis 2008 in der Türkei, hat wieder geheiratet und lebt jetzt in Österreich. Mit dieser hat die bP 3 volljährige Kinder. Mit der zweiten Lebensgefährtin hat die bP 3 weitere Kinder (geboren XXXX , XXXX , XXXX ). Die bP hat mit dieser keinen Kontakt und ist diese dagegen, dass die Kinder die bP in der JA besuchen. Die bP hat einen Bruder und 3 Schwestern. Diese leben in Österreich. Die Eltern und ein Sohn der bP, XXXX , XXXX geb., besuchten die bP in der JA, wobei ihr Sohn die bP zwischen 04.07.2018 und 18.02.2020 nur vier Mal besuchte. Die bP hat Freunde in Österreich. Nach ihrer Haftentlassung in etwa 7 Jahren möchte sie zuerst bei ihrem Bruder wohnen und Beziehungen meiden. Sie möchte sich einen Job suchen. Die bP absolvierte von 08.11.2016 bis 09.08.2017 während ihrer Haftunterbringung eine Therapie mit dem Fokus Gewalt und Aggression. Sie hatte 34 Therapieeinheiten. Laut Darlegungen des Therapeuten lässt die neuerliche Verurteilung wenig Spielraum zur Bewertung eines längerfristigen Therapieerfolges.
In der Türkei befindet sich ein Haus der Eltern mit etwa 2 ha Obstgarten. Ihre Eltern Fahren immer für 2-3 Monate dorthin auf Urlaub.
Gegen die bP liegen folgende rechtskräftige Urteile vor:
01) LG F.STRAFS. XXXX vom 21.01.2013 RK 24.01.2013
§ 15 StGB §§ 105 (1), 106 (1) Z 1 StGB
§ 15 StGB § 105 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 22.12.2012
Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 31.08.2017
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 24.01.2013
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 30.10.2013
02) LG F.STRAFS. XXXX vom 30.10.2013 RK 30.10.2013
§ 83 (1) StGB
§§ 105, 106 (1) Z 1 StGB
§ 105 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 15.06.2013
Freiheitsstrafe 10 Monate
Vollzugsdatum 31.08.2017
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 30.10.2013
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 24.01.2013
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 22.05.2014, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG F.STRAFS. XXXX vom 26.03.2014
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 30.10.2013
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 24.01.2013
Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 08.09.2016
03) LG F.STRAFS. XXXX vom 08.09.2016 RK 12.09.2016
§ 107b (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 06.11.2015
Freiheitsstrafe 14 Monate
Vollzugsdatum 20.03.2017
04) LG F.STRAFS. XXXX vom 03.10.2018 RK 26.02.2019
§§ 107b (1), 107b (2), 107b (3) Z 2, 107b (4) 1. Satz 2. Fall StGB
Datum der (letzten) Tat 28.04.2018
Freiheitsstrafe 9 Jahre
Gegen die bP besteht ein aufrechtes Waffenverbot.
Die bP wurde unter anderem wegen Nötigung, schwerer Nötigung, Körperverletzung und fortgesetzter Gewaltausübung insgesamt zu Freiheitsstrafen von 11 ½ Jahren rechtskräftig verurteilt.
Zuletzt wurden sie mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 03.10.2018, XXXX , wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs., Abs. 2, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Satz zweiter Fall STGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Jahren rechtskräftig verurteilt.
1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Ausreise in die Türkei aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen individuellen Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde.
1.3. Zur aktuellen Lage in der Türkei wird auf die länderkundlichen Feststellungen des BFA im bekämpften Bescheid verwiesen, die auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden.
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes. Zentral wurden berücksichtig:
- Verfahrensakt des BFA
- Auszüge aus ZMR, IZF, GVS, Sozialversicherungsdaten, SA, KPA,
- Gerichtsurteile
- Bescheid des BFA
- Mitteilung des Therapeuten über die Therapie der bP vom 26.06.2020
- Beschwerde
2.1. Die Feststellungen zur Person zu 1.1. stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, vorwiegend auf die Angaben der bP bei der niederschriftlichen Einvernahme, diese wurden im Verfahren nicht bestritten, weshalb auch das BVwG diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legt. Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus den SA Auszügen. Die Feststellung zum Bestehen eines Waffenverbotes aus den Auszügen des KPA.
2.2. Die Feststellungen zu 1.2. wurden mangels irgendeines in diese Richtung deutenden Vorbringens durch das BFA getroffen. Auch in der Beschwerde machte die bP in Bezug auf ihren Herkunftsstaat keine Probleme geltend.
Insgesamt war somit den diesbezüglichen Feststellungen des BFA nicht entgegen zu treten.
Dass es aktuell in der Türkei keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt dort jedermann, sohin auch die bP, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war zugleich als notorisch festzustellen, wie dies aus den Feststellungen des BFA zu gewinnen war.
Im Übrigen lebte die bP bisher auch schon in der Türkei, ging zum Teil dort zur Schule und begann dort eine Lehre. Die Eltern besitzen dort ein Haus, wo sie immer 2-3 Monate Urlaub machen, was ebenso gegen die Wahrscheinlichkeit irgendeines Bedrohungsszenarios sprach.
2.3. Die vom BFA getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei stellen sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
1. Zu Spruchpunkt I.
Rückkehrentscheidung
§ 52 FPG lautet:
(1) ...
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
[…]
§ 53 FPG lautet:
(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) ...
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. (…)
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
[…]
Im gegenständlichen Fall wurde seitens des BFA festgestellt, dass sich die bP im Bundesgebiet rechtmäßig aufhält und den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" innehat. Dies ergibt sich nachweislich und unbestritten aus den Auszügen des IZF. Die bP ist daher auf Dauer rechtmäßig niedergelassen.
Das BFA hat somit richtigerweise die Rückkehrentscheidung auf den Tatbestand des § 52 Abs 5 FPG gestützt.
1.2. Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG ist ein Einreiseverbot auch unbefristet zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.
Gegenständlich wurde die bP zuletzt zu 9 Jahren Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt, weshalb der Tatbestand des § 53 Abs 3 Z 5 FPG erfüllt ist.
Diese Tatsache alleine indiziert bereits das Vorliegen einer hinreichend schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt der bP im Bundesgebiet (VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281).
Das BFA war daher dem Grunde nach berechtigt, sogar ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen.
Darüber hinaus ist im Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung, in deren Rahmen neben der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung auch das bisherige Verhalten der bP während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet sowie ihr Privat- und Familienleben zu analysieren und berücksichtigen sind, eine Gefährlichkeitsprognose zu treffen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109, mwN aus der Judikatur).
Wie das BFA darlegte, erfolgte die erste Verurteilung der bP am 21.01.2013 durch das Landesgericht für Strafsachen wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15 und 105 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z 1 StGB. Dafür wurde die bP unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Monaten verurteilt.
Erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßte sie aufgrund ihrer Verurteilung vom 30.10.2013 des Landesgerichts für Strafsachen wegen des Vergehens der Nötigung nach 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105 und 106 Abs. 1 Z 1 StGB sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt.
Am 08.09.2016 wurde sie vom Landesgericht für Strafsachen wegen des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 (vierzehn) Monaten verurteilt.
Zuletzt wurde sie mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 03.10.2018 wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Satz zweiter Fall STGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Jahren rechtskräftig verurteilt.
Das Gericht erkannte zu Recht:
XXXX ist schuldig, er hat in XXXX gegen XXXX von 7.11.2017 bis 28.4.2018, sohin eine längere Zeit hindurch, fortgesetzt Gewalt ausgeübt und dadurch eine umfassende Kontrolle des Verhaltens der XXXX hergestellt und eine erhebliche Einschränkung deren autonomer Lebensführung bewirkt, nämlich XXXX wiederholt zu nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkten am Körper misshandelt und vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit zum Nachteil der XXXX begangen, nämlich diese
1./ wiederholt am Körper vorsätzlich verletzt bzw. zu verletzen versucht, ua.
a./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Anfang April 2018, indem er ihr mit einem Kabel, an dem eine Verteilersteckdose hing, auf die Beine, den Rücken und die Arme schlug, wodurch sie massive Hämatome und Striemen an den genannten Körperstellen erlitt;
b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Anfang/Mitte April 2018, indem er ihr mit der Faust mehrmals ins Gesicht schlug, wodurch sie ein Hämatom am rechten Auge mit Platzwunde an der Braue und eine Absplitterung eines Schneidezahns erlitt;
c./ am 27.4.2018, indem er sie am Hals würgte, wodurch sie jedoch keine Verletzungen davontrug;
d./ am 28.4.2018, indem er ihr in der Wohnung mit der Faust auf den Hinterkopf und den Rücken schlug und sie in weiterer Folge auf der Straße fest gegen ihr linkes Bein trat und fest am Hals bzw. am Oberkörper packte, wodurch sie keine Verletzungen erlitt;
e./ am 7.11.2017, indem er die Genannte am Oberarm packte und ihr Faustschläge gegen den Kopf versetzte, wodurch XXXX ein Hämatom am Oberarmes sowie ein Hämatom im Bereich des linken Ohres erlitt;
2./ wiederholt mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, ua. am 28.4.2018, indem er äußerte, er werde sie umbringen und sie wieder nach Hause bringen;
3./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Ende März 2018 durch gefährliche Drohung mit dem Tod, indem er äußerte, er werde sie umbringen, wenn sie ihn verlasse oder erneut vor Gericht gegen ihn aussage, wobei er ihr seine Schreckschusspistole an der Schläfe ansetzte und diese repetierte, zu einer Unterlassung, nämlich dazu, ihn nicht zu verlassen bzw. erneut vor Gericht gegen ihn auszusagen, genötigt, wobei XXXX nicht wusste, dass es sich bei der Waffe nur um eine Schreckschusspistole handelte, sowie im Anschluss an diese Handlung
4./ ca. Ende März 2018 für einen Zeitraum von zumindest 8 Tagen widerrechtlich gefangen gehalten und in der gemeinsamen Wohnung eingesperrt, indem er ihr das Handy wegnahm, die Wohnungstüre versperrte und den Schlüssel an sich nahm;
5./ und im Rahmen dieser fortgesetzten Gewaltausübung wiederholt, nämlich durchschnittlich mehrmals pro Monat Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der XXXX begangen, indem er sie mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes nötigte, wobei er sie auf das Bett stieß, ihre Hände oberhalb ihres Kopfes festhielt, sie mit seinem Körpergewicht niederdrückte, ihre Beine auseinander drückte und sie vaginal penetrierte.
XXXX hat hierdurch das Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 2, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB begangen und wird hierfür nach dem ersten Strafsatz des § 107b Abs 4 StGB zu 9 (neun) Jahren Freiheitsstrafe sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Als mildernd wertete das Gericht keinen Umstand, als erschwerend jedoch die rückfallbegründenden einschlägigen Vorstrafen, den unverzüglichen Rückfall, die teilweise Verwendung einer Waffe, die Begehung gegen eine Angehörige und die teilweise Begehung wahrnehmbar für den minderjährigen Sohn des Opfers.
Das Oberlandesgericht XXXX gab in seinem Urteil vom 26.02.2019, XXXX , der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen vom 03.10.2018, XXXX , nicht Folge.
Das Oberlandesgericht stellte fest, dass als erschwerend auch die fortgesetzte Gewaltausübung unter Erfüllung mehrerer Alternativen (Körperverletzung, gefährliche Drohung, schwere Nötigung, Freiheitsentziehung, Vergewaltigung) zu werten war.
Es steht somit auch für das BVwG fest, dass die bP die angeführten Delikte begangen hat. Zudem steht fest, wie die Delikte in Bezug auf die letzte Verurteilung verübt wurden. Unzweifelhaft stellt das in den genannten rechtskräftigen Verurteilungen zum Ausdruck kommende Fehlverhalten der bP eine gewichtige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen, konkret an der Verhinderung von Gewaltdelikten, dar. Die bP wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen auf der selben schädlichen Neigung beruhenden Delikte verurteilt. Dem BFA kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn es darlegt, dass die Gefahr noch gegenwertig ist, bedenkt man, dass die bP zuletzt erst vor kurzer Zeit rechtskräftig verurteilt wurde und sich deshalb in Strafhaft befindet. Aufgrund der offensichtlichen Unbelehrbarkeit der bP ist eine Wiederholungsgefahr im besonderen Maße naheliegend. Dies ergibt sich insbesondere auch aus den Erschwerungsgründen im letzten Urteil.
Die bP hat widerholt die österreichische Rechtsordnung missachtet. Sie hat kein Interesse gezeigt, sich an die österreichischen Gesetze zu halten und befindet sich derzeit in Haft. Insgesamt stellt der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet somit eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Es besteht gegenständlichen zweifellos ein öffentliches Interesse an ihrer Aufenthaltsbeendigung. Die bP hat beharrlich gegen die Gesetze der österreichischen Rechtsordnung verstoßen. Die Straftaten sind wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Hierbei sind vor allem die wiederholt begangenen Straftaten sowie die erst kürzlich erfolgte Verurteilung wegen gleichartiger Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild relevant. Ihr bisheriges Verhalten läuft zweifellos den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwider. Durch ihr Fehlverhalten bringt sie eine mangelnde Rechtstreue und ihre Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck. Die von ihr gesetzten Straftaten beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung (weiterer) strafbarer Gewaltdelikte.
Die Frage, ob tatsächlich eine positive Zukunftsprognose gefällt werden könnte, lässt sich angesichts der von der bP begangenen Straftaten erst nach einer entsprechend langen Zeit des Wohlverhaltens nach der Entlassung aus der Strafhaft beurteilen (vgl. etwa VwGH 19.03.2013, 2011/21/0152; 24.06.2010, 2007/21/0200). Eine Phase des Wohlverhaltens liegt bisher nicht vor, da sich die bP noch in Haft befindet, weshalb auch nicht von einem Wegfall ihrer Gefährdung ausgegangen werden kann, demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden. Nichts anderes ergibt sich auch aus den Angaben des Therapeuten der bP, wie bereits oben dargelegt. Daran ändern auch die Ausführungen in der Beschwerde, dass die bP 6 Kinder habe und sie sich bemühe, regelmäßigen Kontakt zu den Kindern zu haben, nichts. Selbst die Kinder konnten die bP nicht davon abhalten, wiederholt straffällig zu werden und beging die bP die letzte Tat sogar teilweise wahrnehmbar für den minderjährigen Sohn des Opfers. Zudem entspricht es nicht der Richtigkeit, wenn in der Beschwerde dargelegt wird, dass die älteren Kinder die bP regelmäßig in der JA besuchen würden, da nur ein Sohn die bP sporadisch besuchte, was sich aus der im Akt aufliegenden Besuchsliste ergibt. Gleiches gilt für die Beschwerdeangaben, dass sich auch die Eltern und Geschwister der bP in Österreich aufhalten würden. Auch dies konnte die bP nicht von ihrem Verhalten abhalten. Gesamt ergibt sich aus dem Persönlichkeitsprofil, dass die bP nicht bereit ist sich an Gesetze zu halten. Das dargestellte Verhalten der bP ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Die von der bP gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände und der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens der bP getroffenen Gefährdungsprognose ist davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt der bP im Bundesgebiet eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
2.2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:
§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um eine öffentliche Behörde im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK; der Eingriff ist – wie bereits oben dargestellt – in § 9 Abs 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.
Art 8 EMRK:
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“
Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:
Privatleben
Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).
Familienleben
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben;
das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgangs (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).
Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere „de facto Beziehungen“ ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).
Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).
Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine „hinreichend starke Nahebeziehung“ besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
2.3. In Österreich leben die Kinder der bP. Auch wenn die bP nicht mit diesen zusammen lebt und sich derzeit im Haft befindet, ist im Zweifel vom Bestehen eines Familienlebens zu den Kindern auszugehen. Zu anderen Personen wurde kein entsprechendes Naheverhältnis dargelegt um von einem Familienleben auszugehen. Die Rückkehrentscheidung bildet daher einen Eingriff in das Recht Familienleben.
Auf Grund der langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und der gegeben persönlichen Umstände liegt hier auch ein relevantes Privatleben in Österreich vor.
Da die Rückkehrentscheidung somit einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich
- die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene
Rechtsordnung zu subsumieren ist;
- das wirtschaftliche Wohl des Landes;
- zur Verhinderung von strafbaren Handlungen;
Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (auch im Bereich des Aufenthaltsrechtes)
Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.).
Wirtschaftliches Wohl
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.
2.2. Im Einzelnen ergibt sich unter zentraler Beachtung der in § 9 Abs 1 Z 1-9 AsylG genannten Determinanten Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP war bisher legal im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens
In Österreich leben die Kinder der bP. Aufgrund ihrer Straffälligkeit hat die bP jedoch bis auf einen Sohn keinen Kontakt zu ihren Kindern. Selbst dieser besuchte sie nur sporadisch in der JA.
- Schutzwürdigkeit des Privatlebens
Während des bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet hat die bP auch private Anknüpfungspunkte in Österreich erlangt, wobei jedoch diesbezüglich auch der kriminelle Aspekt diverser Anknüpfungspunkte nicht übersehen werden darf.
- Grad der Integration
Die bP hat viele Freunde in Österreich und lebt schon relativ lange in Österreich. Sie wurde jedoch vermehrt straffällig. Sie spricht neben Türkisch auch Deutsch auf muttersprachlichem Niveau. Die bP hat in Bezug auf ihre Aufenthaltsdauer nur sehr sporadisch in Österreich gearbeitet und zuletzt im August 2014 einen Tag gearbeitet. Danach lebte sie von Sozialleistungen.
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die beschwerdeführende Partei ist in der Türkei geboren und verbrachte einen Teil ihres Lebens in der Türkei. Sie begann dort eine Lehre, welche sie jedoch nicht abgeschlossen hat. In der Türkei besitzt die Familie ein Haus mit einem Obstgarten in der Größe von 2 ha. Die Eltern der bP fahren immer 2-3 Monate lang in die Türkei auf Urlaub. Es ist nicht davon auszugehen, dass die bP von der Türkei völlig entwurzelt ist.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheint die o. a. Verurteilung auf. Die für die Integration wesentliche soziale Komponente wird durch die von der bP begangene Straftat erheblich beeinträchtigt. Die Integration eines Fremden in seinem Gastland verlangt die Bereitschaft, die Rechtsordnung dieses Gastlandes zu respektieren. Diese Bereitschaft hat die bP jedenfalls nicht gezeigt.
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-. Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Die beschwerdeführende Partei reiste rechtmäßig nach Österreich ein.
2.3. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass ein Rückkehrverbot einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP darstellt, insbesondere da ihre Kinder in Österreich leben und sich auch die übrige Verwandtschaft in Österreich aufhält.
Letztlich ist jedoch auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die allfällige Trennung von Familienangehörigen ebenso wie mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung im Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417) und selbst Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der alleinigen Rückkehr auftreten können, hinzunehmen sind (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).
Was das Kindeswohl betrifft ist festzustellen, dass die Kinder mit ihren Verwandten in Österreich verbleiben können und ihr Leben hier gestalten können, wie sie dies auch bereits die letzten Jahre getan haben, während der Vater in Haft war. Zudem führte die bP mit ihren Kindern auch kein gemeinsames Leben mehr und wurde sie nur von einem Kind sporadisch in der JA besucht. Die Kinder erleben somit keinen massiven Nachteil dadurch, wenn die bP Österreich verlassen muss. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Haftentlassung der bP erst mit 2027 geplant ist.
Die für die Integration wesentliche soziale Komponente wird durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt. Darüber hinaus wird das Gewicht der familiären Beziehungen zu Angehörigen relativiert, wenn der Fremde bereits erwachsen ist (VwGH 19.11.2003, 2002/21/0181).
Eine starke Integration im privaten Bereich kam nicht hervor, wobei selbst Umstände, dass der Fremde einen großen Freundes- und Bekanntenkreis hat und er der deutschen Sprache mächtig ist, seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht maßgeblich verstärken könnten (vgl. VwGH 26.11.2009, 2007/18/0311; 29.6.2010, 2010/18/0226).
Auch ist und war die bP nicht selbsterhaltungsfähig.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der oa. Judikatur der Höchstgerichte ist gegenständlich ein überwiegendes öffentliches Interesse – nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere in Bezug auf Gewaltdelikte - an der Aufenthaltsbeendigung der bP festzustellen, welches ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Die Rückkehrentscheidung ist daher als notwendig und nicht unverhältnismäßig zu erachten.
Die persönlichen Bindungen in Österreich lassen keine besonderen Umstände im Sinn des Art 8 EMRK erkennen, die es der bP schlichtweg unzumutbar machen würden, in ihr Heimatland zurückzukehren.
Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs 5 FPG. Die Beschwerde war somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.
2. Zu Spruchpunkt II.
Zulässigkeit der Abschiebung
2.1. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
2.2. Dass die bP im Fall ihrer Rückkehr in die Türkei einer Gefährdung im Sinn des Art 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre oder ihr die Todesstrafe dort drohen könnte, ist nicht ersichtlich und auch im Verfahren und der Beschwerde nicht behauptet worden. Es besteht in der Türkei kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, der für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt bedeuten würde. Dies ist notorisch und wurde Gegenteiliges im Verfahren auch nie behauptet. Anhaltspukte dafür, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat nicht in der Lage wäre, für ihren notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen, sind ebenso wenig ersichtlich. Die bP ist gesund, im arbeitsfähigen Alter und hat in der Türkei ein elterliches Haus zur Verfügung. Zudem verbringen auch ihre Eltern zum Teil den Urlaub in der Türkei. Es kam nicht hervor, weshalb es der bP nicht möglich sein sollte in der Türkei zu arbeiten und so für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Türkisch ist ihre zweite Muttersprache und verbrachte die bP Teile ihres Lebens bereits in der Türkei, weshalb nicht hervorkam, dass diese als von der Türkei völlig entwurzelt zu betrachten wäre.
Im Hinblick auf die vom BFA im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffene Feststellung sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre. Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher die Entscheidungen des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.
3. Zu Spruchpunkt III.
Einreiseverbot
3.1. Einreiseverbot § 53 FPG
(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme