TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/15 L507 2214418-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2020
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Entscheidungsdatum

15.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L507 2214418-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.07.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 26.06.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, dass er Sunnite sei und von schiitischen Bewegungen mit dem Tod bedroht worden sei. Drei Tage vor seiner großen Abschlussprüfung hätten sie ihn erneut bedroht, weshalb er den Entschluss gefasst habe, sein Land zu verlassen.

Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 06.06.2017 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er „eines Tages“ auf dem Weg zur Universität auf der Windschutzscheibe seines Autos ein Schreiben mit einer Patrone gefunden habe. Er habe angefangen zu zittern und sei vor lauter Angst nach Hause gegangen. Zu Hause habe er seine Mutter angetroffen und ihr das Kuvert gezeigt. Als diese das Schreiben gelesen und die Patrone gesehen habe, habe sie gesagt, dass er zu seiner Schwester fahren solle, bis sie eine Lösung gefunden hätten. Als sein Vater von dieser Sache erfahren habe, habe er dem Beschwerdeführer empfohlen, schnell eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten und zu berichten, dass er bedroht worden sei, das Schreiben zu kopieren und es ihnen zu geben. Die Polizei habe einen Zeugen verlangt. Das sei in diesem Fall seine Mutter gewesen. Am nächsten Tag habe man festgestellt, dass das ganze Geschehen von einem Nachbarn des Beschwerdeführers mit der Videokamera aufgenommen worden sei. Ein Motorrad sei vorbeigefahren und das Schreiben sei auf die Windschutzscheibe des Autos des Beschwerdeführers gelegt worden. Als seine Mutter dies bei der Polizei gesagt habe, habe sich der Polizeibeamte uninteressiert gezeigt und den Fall ignoriert. Als der Beschwerdeführer gesehen habe, dass die Anzeigeerstattung nichts bringe, habe er sich an seine Freunde gewandt, die ihm gesagt hätten, dass die Polizei mit den Terroristen zusammenarbeite. Bis zu seiner Ausreise sei er immer wieder von seinen Freunden angerufen worden und sie hätten ihm gesagt, dass er nicht zu Hause auftauchen dürfe. Er habe sich gezwungen gefühlt, zu flüchten. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er sich davor, getötet zu werden. Bedroht werde er von der Miliz Asaib Ahl al-Haqq. Er sei ein einziges Mal mit dem Drohbrief bedroht worden und zwar am 17.05.2015.

Mit Bescheid des BFA vom 25.10.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß
§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde die Beschwerde mit hg. Erkenntnis vom 18.07.2018, Zl. G305 2178381-1/10E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA andere Angaben gemacht habe als in der Erstbefragung. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Entführung des Bruders habe er sich in einen unauflösbaren Widerspruch verstrickt. Zudem widerspreche die Behauptung, der Bruder studiere in Weißrussland seiner vor dem BFA gemachten Angaben, dass der Bruder Rechtsanwalt sei. Auch im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit seines Vaters habe sich der Beschwerdeführer in einen eklatanten Widerspruch verstrickt, da er zunächst behauptet habe, der Vater sei schon sehr lange Pensionist, während er an anderer Stelle vorgebracht habe, der Vater arbeite als Rechtsanwalt. Hinsichtlich der vorgelegten Dokumente seien in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der in Kopie vorgelegten Urkunden entstanden. Auch zeige ein Vergleich seiner Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht mit den Angaben vor dem BFA und den Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde eine unverkennbare Steigerung, was in der Zusammenschau mit den zahlreichen Widersprüchen, die sich in seinem Vorbringen zeigten, eine Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bewirkt habe.

Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

2. Am 20.12.2018 wurde der Beschwerdeführer aus Rumänien rückübernommen und stellte am selben Tag einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 20.12.2018 erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, dass er die Gründe seines ersten Asylantrags aufrecht halte. Es komme noch dazu, dass sein Bruder vor zwei Monaten aus Weißrussland in den Irak zurückgekehrt und entführt worden sei. Es fehle seither jede Spur von ihm. Dies sei bereits die zweite Entführung gewesen. Beim ersten Mal, am 12.11.2017, habe der Vater Geld bezahlt, damit der Bruder freigelassen worden sei. Der Beschwerdeführer habe Angst, dass ihm bei einer Rückkehr dasselbe Schicksal drohe. Dies seien alle Gründe seiner neuerlichen Antragstellung.

Bei der Einvernahme vor dem BFA am 15.01.2019 gab der Beschwerdeführer zu seiner neuerlichen Antragstellung an, dass sein Bruder Ende Oktober 2018 ein zweites Mal entführt worden sei, als er von Weißrussland in den Irak zurückgekehrt sei, um seine Freundin zu sehen. Am 01.01.2019 sei seine Leiche gefunden worden. Er habe auch eine Kopie der Sterbeurkunde seines Bruders, die mit 02.01.2019 datiert sei. Außerdem sei bei seinem Bruder ein Drohbrief gefunden worden, wonach dem Vater und dem Beschwerdeführer dasselbe Schicksal drohen würde. Der Beschwerdeführer fürchte, im Falle einer Rückkehr umgebracht zu werden. Nachdem sein Bruder das erste Mal im Jahr 2017 entführt worden sei, sei die Familie des Beschwerdeführers in die Türkei gereist und halte sich seitdem dort auf. Wenn der Beschwerdeführer in den Irak zurückkehre, würden ihn entweder die Milizen umbringen oder der Stamm. In Telefonaten mit seiner Mutter habe diese den Beschwerdeführer gefragt, weshalb er Alkohol trinke, so viele Tattoos habe und er habe ihr auch gesagt, dass er momentan keine Religion habe. Dies sei ca. im November 2018 gewesen. Die Mutter habe davon dem Vater erzählt, der wiederum den Stamm davon informiert habe. Er habe ein Schreiben des Stammes vom 19.12.2018, wonach der Stamm keine Verantwortung mehr für das Leben des Beschwerdeführers habe. Dies bedeute, dass ihn der Stamm umbringen werde, wenn er in den Irak zurückkehre.

Der Beschwerdeführer habe Deutschkurse und einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Eine begonnene Lehre habe er abgebrochen. Er habe auch in einem Chor gesungen. Seit zweieinhalb Jahren habe er auch eine Freundin. Warum er seine Freundin im Vorverfahren noch nicht erwähnt habe, wisse er nicht.

Mit Bescheid des BFA vom 24.01.2019, Zl. 1075282700/181224335, wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG werde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG werde dem Beschwerdeführer aufgetragen, ab 15.01.2019 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich am maßgeblichen Sachverhalt seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nichts geändert habe. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass seine Fluchtgründe noch aufrecht seien. Er habe einen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht glaubhaft gemacht. Die Rechtskraft des Erstverfahrens stehe damit einer neuerlichen inhaltlichen Entscheidung entgegen.

Gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 15.02.2019,
Zl. L524 2214418-1/3E, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das in Spruchpunkt IV. gemäß § 53 Abs. 1 und 2 FPG verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von einem Jahr befristet wird. Zudem wurde ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht traf in diesem Erkenntnis folgende Feststellungen:

„Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er stammt aus Bagdad. Der Beschwerdeführer stellte am 26.06.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er „eines Tages“ auf dem Weg zur Universität auf der Windschutzscheibe seines Autos ein Schreiben mit einer Patrone gefunden habe. Er habe angefangen zu zittern und sei vor lauter Angst nach Hause gegangen. Zu Hause habe er seine Mutter angetroffen und ihr das Kuvert gezeigt. Als diese das Schreiben gelesen und die Patrone gesehen habe, habe sie gesagt, dass er zu seiner Schwester fahren solle, bis sie eine Lösung gefunden hätten. Als sein Vater von dieser Sache erfahren habe, habe er dem Beschwerdeführer empfohlen, schnell eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten und zu berichten, dass er bedroht worden sei, das Schreiben zu kopieren und es ihnen zu geben. Die Polizei habe einen Zeugen verlangt. Das sei in diesem Fall seine Mutter gewesen. Am nächsten Tag habe man festgestellt, dass das ganze Geschehen von einem Nachbarn des Beschwerdeführers mit der Videokamera aufgenommen worden sei. Ein Motorrad sei vorbeigefahren und das Schreiben sei auf die Windschutzscheibe des Autos des Beschwerdeführers gelegt worden. Als seine Mutter dies bei der Polizei gesagt habe, habe sich der Polizeibeamte uninteressiert gezeigt und den Fall ignoriert. Als der Beschwerdeführer gesehen habe, dass die Anzeigeerstattung nichts bringe, habe er sich an seine Freunde gewandt, die ihm gesagt hätten, dass die Polizei mit den Terroristen zusammenarbeite. Bis zu seiner Ausreise sei er immer wieder von seinen Freunden angerufen worden und sie hätten ihm gesagt, dass er nicht zu Hause auftauchen dürfe. Er habe sich gezwungen gefühlt, zu flüchten. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er sich davor, getötet zu werden. Bedroht werde er von der Miliz Asaib Ahl al-Haqq. Er sei ein einziges Mal mit dem Drohbrief bedroht worden und zwar am 17.05.2015.

Mit Bescheid des BFA vom 25.10.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde die Beschwerde mit Erkenntnis vom 18.07.2018, G305 2178381-1/10E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA andere Angaben gemacht habe als in der Erstbefragung. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Entführung des Bruders habe er sich in einen unauflösbaren Widerspruch verstrickt. Zudem widerspreche die Behauptung, der Bruder studiere in Weißrussland seiner vor dem BFA gemachten Angaben, dass der Bruder Rechtsanwalt sei. Auch im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit seines Vaters habe sich der Beschwerdeführer in einen eklatanten Widerspruch verstrickt, da er zunächst behauptet habe, der Vater sei schon sehr lange Pensionist, während er an anderer Stelle vorgebracht habe, der Vater arbeite als Rechtsanwalt. Hinsichtlich der vorgelegten Dokumente seien in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der in Kopie vorgelegten Urkunden entstanden. Auch zeige ein Vergleich seiner Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht mit den Angaben vor dem BFA und den Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde eine unverkennbare Steigerung, was in der Zusammenschau mit den zahlreichen Widersprüchen, die sich in seinem Vorbringen zeigten, eine Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bewirkt habe. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer hielt sich ca. von Mitte Oktober 2018 bis 20.12.2018 in Rumänien auf und wurde am 20.12.2018 aus Rumänien rückübernommen. Am selben Tag stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er seine alten Asylgründe aufrechterhalte. Neu hinzugekommen sei, dass sein Bruder von Weißrussland in den Irak zurückgekehrt, entführt und getötet worden sei. Bei einer Rückkehr in den Irak würde er entweder von den Milizen getötet werden oder von seinem Stamm. Der Stamm habe nämlich erfahren, dass er Alkohol trinke, Tattoos habe und momentan keine Religion habe.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Er hat eine Freundin, lebt mit dieser aber nicht zusammen. Der Beschwerdeführer ist gesund. Er befindet sich in der Grundversorgung. Er spricht etwas Deutsch und hat einen A1-Deutschkurs, von Oktober 2016 bis zumindest Mai 2017 einen Alphabetisierungskurs und von März bis Juni 2017 einen weiteren Deutschkurs besucht. Er hat zwei Werte- und Orientierungskurse im März und April 2017 besucht und an von einer Pfarre organisierten Aktivitäten für Asylwerber teilgenommen. Im November 2017 hat er am Konzert eines Chors als Sänger teilgenommen. Der Beschwerdeführer hat im Mai 2018 eine Lehre begonnen, diese jedoch abgebrochen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.“

Begründend wurde ausgeführt, dem BFA sei dahingehend zu folgen, wenn es ausführt, dass das neue Vorbringen des Beschwerdeführers keinen glaubhaften Kern aufweise, dem Asylrelevanz zukomme. Wie die Behörde zu Recht ausgeführt habe, sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sein Bruder in den Irak zurückgekehrt sei und von einer Miliz getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe behauptet, dass er im Oktober 2018 Kontakt zu seiner Familie gehabt habe, die ihm mitgeteilt hätte, dass der Bruder noch einmal in den Irak zurückkehren würde, dieses Ereignis also noch bevorstünde. Dazu habe sich nun in zeitlicher Hinsicht ein Widerspruch ergeben, da der Beschwerdeführer nur wenige Sätze später behauptet habe, sein Bruder sei den ganzen Oktober im Irak gewesen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Bruder sei von einer Miliz getötet worden, sei zudem eine reine Vermutung des Beschwerdeführers, zumal er selbst erklärt habe, welche Miliz den Bruder getötet habe, würden sie noch nicht genau wissen und auch die erste Entführung sei durch Milizen gewesen. Dieses Vorbringen hinsichtlich der ersten Entführung sei jedoch schon im ersten Verfahren des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet worden, zumal sich der Beschwerdeführer diesbezüglich in unauflösbare Widersprüche verstrickt habe. Auch mit der vorgelegten Sterbeurkunde des Bruders sei dem Beschwerdeführer eine Glaubhaftmachung nicht gelungen. Wie das BFA zu Recht ausgeführt habe, habe der Beschwerdeführer diese Urkunde nur in Kopie vorgelegt, so dass deren Echtheit nicht überprüft werden könne. Selbst wenn der Bruder des Beschwerdeführers tatsächlich getötet worden sei, könne damit nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass dies auf die vom Beschwerdeführer geschilderte Weise geschehen sei und lasse sich allein daraus auch kein Zusammenhang zum Vorbringen des Beschwerdeführers herstellen. Auch hinsichtlich des in Kopie vorgelegten Drohbriefs sei dem BFA dahingehend zu folgen, dass dem Beschwerdeführer damit keine Glaubhaftmachung gelungen sei, zumal ein solches handschriftlich verfasstes Schreiben von jedermann hergestellt werden könne. Schließlich weise auch das Vorbringen, dass er bei einer Rückkehr von seinem Stamm getötet würde, da dieser vom Vater des Beschwerdeführers erfahren habe, dass der Beschwerdeführer Alkohol trinke, Tattoos und momentan keine Religion habe, keinen glaubhaften Kern auf. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer vor dem BFA erklärt, dass er im November 2018 seiner Mutter erzählt habe, momentan keine Religion zu haben. Zuvor habe es schon Gespräche mit ihr gegeben hinsichtlich seines Alkoholkonsums und seiner Tattoos. Die Mutter habe dann dem Vater davon berichtet, der wiederum den Stamm informiert habe. Vom Stamm gebe es auch eine Bestätigung, dass der Beschwerdeführer von der Religion weg sei und der Stamm für ihn keine Verantwortung mehr habe, was bedeuten würde, dass sie ihn bei einer Rückkehr umbringen würden. Auch hinsichtlich dieses nur in Kopie vorgelegten Schreibens des Stammes sei festzuhalten, dass jedermann ein solches verfassen könne. Zudem hätte der Beschwerdeführer dieses Vorbringen bereits in der Erstbefragung am 20.12.2018 erstatten können, zumal er vor dem BFA am 15.01.2019 angab, seit ca. einem Monat – somit ca. Mitte Dezember 2018 – keinen Kontakt mehr zu seiner Familie zu haben, woraus zu schließen sei, dass ihm dieses Vorbringen bereits im Dezember 2018 bekannt sein hätte müssen. Es sei dem BFA auch aus diesem Grund nicht gelungen, sein Vorbringen glaubhaft zu machen.

In der rechtlichen Beurteilung wurde vom Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Maßstab für die Frage der Erfüllung des Tatbestands der "entschiedenen Sache" der im ersten – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018, G305 2178381-1/10E, rechtskräftig abgeschlossenen – Verfahrensgang behauptete Sachverhalt sei, der in Relation zum im nunmehrigen erstinstanzlichen Verfahrensgang hervorgekommenen Sachverhalt zu setzen sei. Der Beschwerdeführer stützte sein Vorbringen darauf, dass er „eines Tages“ auf dem Weg zur Universität auf der Windschutzscheibe seines Autos ein Schreiben mit einer Patrone gefunden habe. Er habe angefangen zu zittern und sei vor lauter Angst nach Hause gegangen. Zu Hause habe er seine Mutter angetroffen und ihr das Kuvert gezeigt. Als diese das Schreiben gelesen und die Patrone gesehen habe, habe sie gesagt, dass er zu seiner Schwester fahren solle, bis sie eine Lösung gefunden hätten. Als sein Vater von dieser Sache erfahren habe, habe er dem Beschwerdeführer empfohlen, schnell eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten und zu berichten, dass er bedroht worden sei, das Schreiben zu kopieren und es ihnen zu geben. Die Polizei habe einen Zeugen verlangt. Das sei in diesem Fall seine Mutter gewesen. Am nächsten Tag habe man festgestellt, dass das ganze Geschehen von einem Nachbarn des Beschwerdeführers mit der Videokamera aufgenommen worden sei. Ein Motorrad sei vorbeigefahren und das Schreiben sei auf die Windschutzscheibe des Autos des Beschwerdeführers gelegt worden. Als seine Mutter dies bei der Polizei gesagt habe, habe sich der Polizeibeamte uninteressiert gezeigt und den Fall ignoriert. Als der Beschwerdeführer gesehen habe, dass die Anzeigeerstattung nichts bringe, habe er sich an seine Freunde gewandt, die ihm gesagt hätten, dass die Polizei mit den Terroristen zusammenarbeite. Bis zu seiner Ausreise sei er immer wieder von seinen Freunden angerufen worden und sie hätten ihm gesagt, dass er nicht zu Hause auftauchen dürfe. Er habe sich gezwungen gefühlt, zu flüchten. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er sich davor, getötet zu werden. Bedroht werde er von der Miliz Asaib Ahl al-Haqq. Er sei ein einziges Mal mit dem Drohbrief bedroht worden und zwar am 17.05.2015.

Das Bundesverwaltungsgericht sei im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung diesbezüglich zur Ansicht gelangt, dass sich der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA andere Angaben gemacht habe als in der Erstbefragung. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Entführung des Bruders habe er sich in einen unauflösbaren Widerspruch verstrickt. Zudem widerspreche die Behauptung, der Bruder studiere in Weißrussland seiner vor dem BFA gemachten Angaben, dass der Bruder Rechtsanwalt sei. Auch im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit seines Vaters habe sich der Beschwerdeführer in einen eklatanten Widerspruch verstrickt, da er zunächst behauptet habe, der Vater sei schon sehr lange Pensionist, während er an anderer Stelle vorgebracht habe, der Vater arbeite als Rechtsanwalt. Hinsichtlich der vorgelegten Dokumente seien in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der in Kopie vorgelegten Urkunden entstanden. Auch zeige ein Vergleich seiner Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht mit den Angaben vor dem BFA und den Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde eine unverkennbare Steigerung, was in der Zusammenschau mit den zahlreichen Widersprüchen, die sich in seinem Vorbringen zeigten, eine Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bewirkt habe.

Im zweiten Asylverfahren habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er seine alten Asylgründe aufrechterhalte. Neu hinzugekommen sei, dass sein Bruder von Weißrussland in den Irak zurückgekehrt, entführt und getötet worden sei. Bei einer Rückkehr in den Irak würde der Beschwerdeführer entweder von den Milizen getötet werden oder von seinem Stamm. Der Stamm habe nämlich erfahren, dass er Alkohol trinke, Tattoos habe und momentan keine Religion habe.

Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz könne nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages dürfe nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung müsse zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukomme (vgl. VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0066 unter Hinweis auf VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048 mit Hinweis auf die ausführlicheren – zu einer früheren Rechtslage des AsylG 2005 getätigten, aber auch auf die nunmehrige Rechtslage übertragbaren – Erwägungen in VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Diese Anforderungen erfülle das neue Vorbringen des Beschwerdeführers nicht. Wie sich aus der Beweiswürdigung ergebe, weise die behauptete Sachverhaltsänderung keinen glaubhaften Kern auf. Die belangte Behörde habe dem nunmehrigen Vorbringen zu Recht einen glaubhaften Kern abgesprochen und habe nachvollziehbar ausgeführt, dass dem neuen Vorbringen hinsichtlich einer Ermordung des Bruders und einer Verfolgung durch den Stamm des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit zu versagen sei.

Somit liege – wie das BFA im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt habe – eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegenstehe. Der Beschwerdeführer sei in der Beschwerde den Ausführungen des BFA nicht entgegengetreten, sondern habe nur das neue Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt.

Es würden auch keine (allgemein bekannten) Umstände vorliegen, die darauf hindeuten würden, dass nunmehr die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG (Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) vorliegen würden.

Dass sich die Lage im Irak seit Abschluss des ersten Asylverfahrens verschlechtert habe, sei weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch sei dies erkennbar. Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, habe nicht festgestellt werden können. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder drohe im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Es könne auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), habe doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Unter "außergewöhnlichen Umständen" würden auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden können. Der Beschwerdeführer sei aktuell nicht lebensbedrohlich erkrankt. Vor diesem Hintergrund hätten sich somit keine Hinweise auf das Vorliegen von akut existenzbedrohenden Krankheitszuständen oder Hinweise auf eine unzumutbare Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Rückverbringung des Beschwerdeführers in den Irak ergeben.

Nach der ständigen Judikatur des EGMR obliege es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Einen derartigen Nachweis habe der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht.

Insgesamt gesehen liege nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Sachverhaltsänderung vor und habe das BFA den zweiten und gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liege entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden könne.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides sei daher abzuweisen.

Ferner finden sich in dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes noch – für dieses Verfahren nicht relevante – Ausführungen zur Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und betreffend die Verhängung eines Einreiseverbotes.

Diese Entscheidung des Bundeswartungsgerichtes erwuchs in Rechtskraft.

3. Am 12.03.2019 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen – dritten – Antrag auf internationale Schutz.

Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.03.2020 brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm im Falle einer Rückkehr in den Irak der Tod durch Milizen drohe. Seit 2018 wisse er, dass seine Mutter in die Türkei ausgewandert sei.

Aus einem Aktenvermerk des BFA vom 13.03.2020 geht hervor, dass der Beschwerdeführer am 11.04.2019 in Frankreich einen Antrag auf internationale Schutz gestellt hat. Am 12.03.2020 wurde der Beschwerdeführer im Sinne der Dublin III-VO von Frankreich nach Österreich rücküberstellt.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 08.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß
§ 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.06.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sein Name bisher falsch niedergeschrieben worden sei. Der Name des Beschwerdeführers laute – unter Bezugnahme auf eine Kopie eines irakischen Reisepasses, wobei sich das Original in Frankreich befinde – XXXX . Er habe eine Freundin, die ihn manchmal unterstütze. Sie sei rumänische Staatsangehörige und würde als Altenpflegerin in Österreich arbeiten. Mit seiner Freundin lebe der Beschwerdeführer nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer könne nicht in den Irak zurückkehren, weil er entweder von Milizen oder von seinem Stamm umgebracht werden würde. Die Situation im Irak habe sich sehr verschlechtert. Leute würden bei Demonstrationen umgebracht werden. Aus diesen Gründen habe er im Falle einer Rückkehr in den Irak Angst um sein Leben. Der Beschwerdeführer würde nicht freiwillig in den Irak zurückkehren.

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 22.07.2020, Zl. XXXX , wurde gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz von 12.03.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde angeordnet, dass der Beschwerdeführer gemäß
§ 15b Abs. 1 AsylG vom 12.03.2020 bis 06.07.2020 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft nehmen müsse.

Das BFA traf im angefochtenen Bescheid die Feststellungen, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er sei illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

Das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers zur Zahl 1075282700-150744371 sei am 19.07.2018 rechtskräftig abgeschlossen worden. In diesem Verfahren seien alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden.

Das gesamte Erstverfahren habe auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruht. Der Beschwerdeführer habe keine neuen Fluchtgründe vorgebracht und es liege weiterhin entschiedene Sache vor.

Eine konkrete, gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgung durch staatliche Stellen, heimatliche Behörden, Militär oder privater Dritter habe der Beschwerdeführer nicht behauptet bzw. nicht glaubhaft gemacht. Er verfüge in seinem Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig und die elementare Grundversorgung in seinem Heimatland sei gewährleistet.

Der Beschwerdeführer sei erst seit kurzer Zeit in Österreich, habe in Österreich keine Angehörigen oder Verwandte. Er sei weder Mitglied bei einem Verein noch einer Organisation im Bundesgebiet.

Zudem traf das BFA folgende auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA, betreffend Irak mit Stand vom 17.03.2020, beruhende Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak.

„Politische Lage

Letzte Änderung: 17.3.2020

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018) und es wurde ein neues politisches System im Irak eingeführt (Fanack 2.9.2019). Gemäß der Verfassung vom 15.10.2005 ist der Irak ein islamischer, demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.1.2019; vgl. GIZ 1.2020a; Fanack 2.9.2019), der aus 18 Gouvernements (muhafaz?t) besteht (Fanack 2.9.2019). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Kurdische Region im Irak (KRI) ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG), verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 2.9.2019). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2020a).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuww?b, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 2.9.2019).

Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (Fanack 2.9.2019; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 2.9.2019). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 28.2.2020; vgl. GIZ 1.2020a). Neun Sitze werden den Minderheiten zur Verfügung gestellt, die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (GIZ 1.2020a).

Nach einem ethnisch-konfessionellen System (Muhasasa) teilen sich die drei größten Bevölkerungsgruppen des Irak - Schiiten, Sunniten und Kurden - die Macht durch die Verteilung der Ämter des Präsidenten, des Premierministers und des Parlamentspräsidenten (AW 4.12.2019). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018). Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.1.2019).

Am 12.5.2018 fanden im Irak Parlamentswahlen statt, die fünfte landesweite Wahl seit der Absetzung Saddam Husseins im Jahr 2003. Die Wahl war durch eine historisch niedrige Wahlbeteiligung und Betrugsvorwürfe gekennzeichnet, wobei es weniger Sicherheitsvorfälle gab als bei den Wahlen in den Vorjahren (ISW 24.5.2018). Aufgrund von Wahlbetrugsvorwürfen trat das Parlament erst Anfang September zusammen (ZO 2.10.2018).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih von Patriotischen Union Kurdistans (PUK) zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018; vgl. ZO 2.10.2018; KAS 5.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (DW 2.10.2018). Nach langen Verhandlungsprozessen und zahlreichen Protesten wurden im Juni 2019 die letzten und sicherheitsrelevanten Ressorts Innere, Justiz und Verteidigung besetzt (GIZ 1.2020a).

Im November 2019 trat Premierminister Adel Abdul Mahdi als Folge der seit dem 1.10.2019 anhaltenden Massenproteste gegen die Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten (RFE/RL 24.12.2019; vgl. RFE/RL 6.2.2020). Präsident Barham Salih ernannte am 1.2.2020 Muhammad Tawfiq Allawi zum neuen Premierminister (RFE/RL 6.2.2020). Dieser scheiterte mit der Regierungsbildung und verkündete seinen Rücktritt (Standard 2.3.2020; vgl. Reuters 1.3.2020). Am 17.3.2020 wurde der als sekulär geltende Adnan al-Zurfi, ehemaliger Gouverneur von Najaf als neuer Premierminister designiert (Reuters 17.3.2020).

Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 24.12.2019). Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass zukünftig für Einzelpersonen statt für Parteienlisten gestimmt werden soll. Hierzu soll der Irak in Wahlbezirke eingeteilt werden. Unklar ist jedoch für diese Einteilung, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (NYT 24.12.2019).

Die nächsten Wahlen im Irak sind die Provinzwahlen am 20.4.2020, wobei es sich um die zweite Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins vom 22.12.2018 handelt. Es ist unklar, ob die Wahl in allen Gouvernements des Irak stattfinden wird, insbesondere in jenen, die noch mit der Rückkehr von IDPs und dem Wiederaufbau der Infrastruktur zu kämpfen haben. Die irakischen Provinzwahlen umfassen nicht die Gouvernements Erbil, Sulaymaniyah, Duhok und Halabja, die alle Teil der KRI sind, die von ihrer eigenen Wahlkommission festgelegte Provinz- und Kommunalwahlen durchführt (Kurdistan24 17.6.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

- Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 13.3.2020

- AW - Arab Weekly, The (4.12.2019): Confessional politics ensured Iran’s colonisation of Iraq, https://thearabweekly.com/confessional-politics-ensured-irans-colonisation-iraq, Zugriff 13.3.2020

- CIA - Central Intelligence Agency (28.2.2020): The World Factbook – Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 13.3.2020

- DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 13.3.2020

- Fanack (2.9.2019): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 13.3.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.3.2020

- ISW - Institute for the Study of War (24.5.2018): Breaking Down Iraq's Election Results, http://www.understandingwar.org/backgrounder/breaking-down-iraqs-election-results, Zugriff 13.3.2020

- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.10.2018): Politische Weichenstellungen in Bagdad und Wahlen in der Autonomen Region Kurdistan, https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=e646d401-329d-97e0-6217-69f08dbc782a&groupId=252038, Zugriff 13.3.2020

- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020

- Kurdistan24 (17.6.2019): Iraq's electoral commission postpones local elections until April 2020, https://www.kurdistan24.net/en/news/80728bf3-eb95-4e76-a30f-345cf9a48d3c, Zugriff 13.3.2020

- NYT - The New York Times (24.12.2019): Iraq’s New Election Law Draws Much Criticism and Few Cheers, https://www.nytimes.com/2019/12/24/world/middleeast/iraq-election-law.html, Zugriff 13.3.2020

- Reuters (17.3.2020): Little-known ex-governor Zurfi named as new Iraqi prime minister-designate, https://www.reuters.com/article/us-iraq-pm-designate/iraqi-president-salih-names-adnan-al-zurfi-as-new-prime-minister-designate-state-tv-says-idUSKBN21419J?il=0, Zugriff 17.3.2020

- Reuters (1.3.2020): Iraq's Allawi withdraws his candidacy for prime minister post: tweet, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics-primeminister/iraqs-allawi-withdraws-his-candidacy-for-prime-minister-post-tweet-idUSKBN20O2AD, Zugriff 13.3.2020

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.2.2020): Iraqi Protesters Clash With Sadr Backers In Deadly Najaf Standoff, https://www.ecoi.net/en/document/2024704.html, Zugriff 13.3.2020

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (24.12.2019): Iraqi Parliament Approves New Election Law, https://www.ecoi.net/de/dokument/2021836.html, Zugriff 13.3.2020

- RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 13.3.2020

- Standard, Der (2.3.2020): Designierter irakischer Premier Allawi bei Regierungsbildung gescheitert, https://www.derstandard.at/story/2000115222708/designierter-irakischer-premier-allawi-bei-regierungsbildung-gescheitert, Zugriff 13.3.2020

- ZO - Zeit Online (2.10.2018): Irak hat neuen Präsidenten gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/barham-salih-irak-praesident-wahl, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 17.3.2020

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in Bagdad und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020

- Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020

- Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020

- Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020

- Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

- FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

- MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020

- New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020

- Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020

- Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020

- USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Islamischer Staat (IS)

Letzte Änderung: 17.3.2020

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) durch den damaligen Premierminister al-Abadi im Dezember 2017 (USCIRF 4.2019; vgl Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019) und kehrte zu Untergrund-Taktiken zurück (USDOS 1.11.2019; vgl. BBC 23.12.2019; FH 4.3.2020). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (Portal 9.10.2019) und einen neuerlichen Machtzuwachs im Norden des Landes (PGN 11.1.2020).

Der IS unterhält ein Netz von Zellen, die sich auf die Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala konzentrieren, während seine Taktik IED-Angriffe auf Sicherheitspersonal, Brandstiftung auf landwirtschaftlichen Flächen und Erpressung von Einheimischen umfasst (Garda 3.3.2020). Der IS führt in vielen Landesteilen weiterhin kleinere bewaffnete Operationen, Attentate und Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern (IED) durch (USCIRF 4.2019). Er stellt trotz seines Gebietsverlustes weiterhin eine Bedrohung für Sicherheitskräfte und Zivilisten, einschließlich Kinder, dar (UN General Assembly 30.7.2019). Er ist nach wie vor der Hauptverantwortliche für Übergriffe und Gräueltaten im Irak, insbesondere in den Gouvernements Anbar, Bagdad, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din (USDOS 11.3.2020; vgl. UN General Assembly 30.7.2019). Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 2.10.2019a). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019).

Der IS setzt weiterhin auf Gewaltakte gegen Regierungziele sowie regierungstreue zivile Ziele, wie Polizisten, Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter (ACLED 2.10.2019a; vgl. USDOS 1.11.2019), dies unter Einsatz von improvisierten Sprengkörpern (IEDs) und Schusswaffen sowie mittels gezielten Morden (USDOS 1.11.2019), sowie Brandstiftung. Die Übergriffe sollen Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung untergraben und soziale Spannungen verschärfen (ACLED 2.10.2019a).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019). Der IS ist fast vollständig in ländliche und gebirgige Regionen zurückgedrängt, in denen es wenig Regierungspräsenz gibt, und wo er de facto die Kontrolle über einige Gebiete insbesondere im Süden von Kirkuk und im zentralen und nordöstlichen Diyala aufgebaut hat (Joel Wing 3.2.2020).

Im Mai 2019 hat der IS im gesamten Mittelirak landwirtschaftliche Anbauflächen in Brand gesetzt, mit dem Zweck die Bauernschaft einzuschüchtern und Steuern einzuheben, bzw. um die Bauern zu vertreiben und ihre Dörfer als Stützpunkte nutzen zu können. Das geschah bei insgesamt 33 Bauernhöfen - einer in Bagdad, neun in Diyala, 13 in Kirkuk und je fünf in Ninewa und Salah ad-Din - wobei es gleichzeitig auch Brände wegen der heißen Jahreszeit und infolge lokaler Streitigkeiten gab (Joel Wing 5.6.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Am 23.5.2019 bekannte sich der Islamische Staat (IS) in seiner Zeitung Al-Nabla zu den Brandstiftungen. Kurdische Medien berichteten zudem von Brandstiftung in Daquq, Khanaqin und Makhmour (BAMF 27.5.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Im Jänner 2020 hat der IS eine Büffelherde in Baquba im Distrikt Khanaqin in Diyala abgeschlachtet, um eine Stadt einzuschüchtern (Joel Wing 3.2.2020; vgl. NINA 17.1.2020).

Mit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 stellte der IS seine Operation weitgehend ein, wie er es stets während Demonstrationen getan hat, trat aber mit dem Nachlassen der Proteste wieder in den Konflikt ein (Joel Wing 6.1.2020).

Quellen:

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (18.6.2019): Regional Overview – Middle East 18 June 2019, https://www.acleddata.com/2019/06/18/regional-overview-middle-east-18-june-2019/, Zugriff 13.3.2020

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (27.5.2019): Briefing Notes 27. Mai 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

- BBC News (23.12.2019): Isis in Iraq: Militants 'getting stronger again', https://www.bbc.com/news/world-middle-east-50850325, Zugriff 13.3.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

- Garda World (3.3.2020): Iraq Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/iraq, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (3.2.2020): Violence Continues Its Up And Down Pattern In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/02/violence-continues-its-up-and-down.html, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (6.1.2020): Islamic State Makes Its Return In December 2019, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/islamic-state-makes-its-return-in.html, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (5.6.2019): Islamic State’s Revenge Of The Levant Campaign In Full Swing, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/06/islamic-states-revenge-of-levant.html, Zugriff 13.3.2020

- Military Times (7.7.2019): Iraqi forces begin operation against ISIS along Syrian border, https://www.militarytimes.com/flashpoints/2019/07/07/iraqi-forces-begin-operation-against-isis-along-syrian-border/, Zugriff 13.3.2020

- NINA - National Iraqi News Agency (17.1.2020): ISIS Elements executed a herd of buffalo by firing bullets northeast of Baquba. http://ninanews.com/Website/News/Details?key=808154, Zugriff 13.3.2020

- PGN - Political Geography Now (11.1.2020): Iraq Control Map & Timeline - January 2020, https://www.polgeonow.com/2020/01/isis-iraq-control-map-2020.html, Zugriff 13.3.2020

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- UN General Assembly (30.7.2019): Children and armed conflict; Report of the Secretary-General [A/73/907–S/2019/509], https://www.ecoi.net/en/file/local/2013574/A_73_907_E.pdf, Zugriff 13.3.2020

- USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008186/Tier2_IRAQ_2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

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- USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Letzte Änderung: 17.3.2020

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden im Lauf des Monats November 2019 für den Gesamtirak 55 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 47 Toten und 98 Verletzten verzeichnet, wobei vier Vorfälle, Raketenbeschuss einer Militärbasis und der „Grünen Zone“ in Bagdad (Anm.: ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandvertretungen beherbergt), pro-iranischen Volksmobilisierungskräften (PMF) zugeschrieben werden (Joel Wing 2.12.2019). Im Dezember 2019 waren es 120 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 134 Toten und 133 Verletzten, wobei sechs dieser Vorfälle pro-iranischen Gruppen zugeschrieben werden, die gegen US-Militärlager oder gegen die Grüne Zone gerichtet waren (Joel Wing 6.1.2020). Im Jänner 2020 wurden 91 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 53 Toten und 139 Verletzten verzeichnet, wobei zwölf Vorfälle, Raketen- und Mörserbeschuss, pro-iranischen PMF, bzw. dem Iran zugeschrieben werden, während der Islamische Staat (IS) für die übrigen 79 verantwortlich gemacht wird (Joel Wing 3.2.2020). Im Febraur 2020 waren es 85 Vorfälle, von denen drei auf pro-iranischen PMF zurückzuführen sind (Joel Wing 5.3.2020).

Der Rückgang an Vorfällen mit IS-Bezug Ende 2019 wird mit den Anti-Regierungsprotesten in Zusammenhang gesehen, da der IS bereits in den vorangegangenen Jahren seine Angriffe während solcher Proteste reduziert hat. Schließlich verstärkte der IS seine Angriffe wieder (Joel Wing 3.2.2020).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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