TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/13 L502 2226524-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2020
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Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z6
FPG §55

Spruch


L502 2226524-2/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2020, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II, III, IV, V und VII des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII zu lauten hat:

„Gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 2 erster Satz FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.

2. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 17.06.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 18.06.2019 erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Nach einem mit Griechenland geführten Dublin-Konsultationsverfahren wurde sein Verfahren zugelassen.

3. Am 08.10.2019 wurde er erstmals vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu seinem Antrag niederschriftlich einvernommen.

Im Zuge der Einvernahme legte er mehrere Beweismittel, darunter mehrere Schriftstücke über in der Türkei gegen ihn geführte Strafverfahren, vor, deren Übersetzung das BFA veranlasste, welche wiederum am 30.10.2019 dort einlangte.

4. Mit Bescheid des BFA vom 05.11.2019 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI) und ihm gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 6 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII).

5. Gegen den ihm durch Hinterlegung mit Wirksamkeit vom 11.11.2019 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz einer zugleich bevollmächtigten Vertretung binnen offener Frist Beschwerde in vollem Umfang erhoben. Unter einem wurden zwei weitere türkische Gerichtsurteile vorgelegt.

6. Im Gefolge des Einlangens der Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde das Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung L502 zugewiesen.

7. Mit Beschluss des BVwG vom 17.12.2019 wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverwiesen.

8. Am 18.02.2020 langte beim BFA ein polizeilicher Abschlussbericht über ein gegen den BF geführtes kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren ein.

9. Am 20.02.2020 wurde der BF erneut vom BFA niederschriftlich einvernommen.

10. Das BFA veranlasste die Übersetzung der mit der Beschwerde vorgelegten türkischen Gerichtsurteile, welche am 22.02.2020 einlangte.

11. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 26.02.2020 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erneut gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI) und ihm gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 6 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII).

12. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 27.02.2020 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

13. Gegen den ihm am 28.02.2020 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner Vertretung vom 01.04.2020 Beschwerde in vollem Umfang erhoben sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

14. Mit 09.04.2020 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim BVwG ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

15. Mit Vorhalt des BVwG vom 15.04.2020 wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme bezüglich der verspätet eingelangten Beschwerde aufgefordert, welche am 22.04.2020 einlangte.

16. Mit Beschluss des BVwG vom 15.04.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen.

17. Mit Schreiben des BVwG vom 05.05.2020 wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme zu den bislang von ihm vorgelegten Beweismitteln sowie zur Vorlage eines aktuellen türkischen Strafregisterauszuges aufgefordert.

18. Mit am 20.05.2020 per Fax und am 22.05.2020 postalisch beim BVwG eingelangter Urkundenvorlage brachte er im Wege seiner Vertretung die angeforderten Unterlagen in Vorlage. Unter einem wurde die Befragung des Anwalts des BF in der Türkei beantragt.

19. Am 28.05.2020 langte im Wege des BFA eine Mitteilung über die Entlassung des BF aus der Grundversorgung des Landes XXXX wegen unbekannten Aufenthalts ein.

20. Am 02.06.2020 wurde er mittels Schreiben des BVwG zur Beibringung von in seinem Schriftsatz vom 05.05.2020 genannten Beweismitteln im Rahmen seiner Mitwirkungsverpflichtung aufgefordert.

21. Am 08.06.2020 legte das BFA die Beantwortung einer früheren Anfrage der belangten Behörde an die griechischen Behörden bezüglich eines in Griechenland bestehenden Aufenthaltsverbots des BF vor.

22. Mit elektronischer Eingabe vom 17.06.2020 ersuchte die Vertretung des BF um Fristerstreckung zur Vorlage der angeforderten Beweismittel.

24. Am 24.06.2020 langten schließlich die angeforderten Beweismittel beim BVwG ein.

25. Mit Eingabe vom 01.07.2020 gab der BF die Erteilung einer Vertretungsvollmacht an einen weiteren Vertreter bekannt.

26. Mit Eingabe vom 07.07.2020 ersuchte die neue Vertretung des BF ihm den „elektronischen Akt“ zur Verfügung zu stellen.

27. Die vom BVwG veranlasste Übersetzung der zuletzt vom BF vorgelegten Beweismittel langte am 17.08.2020 ein.

28. Am 18.09.2020 langte beim BVwG eine Stellungnahme eines der Vertreter des BF ein, indem die Bestellung eines länderkundlichen Sachverständigen beantragt wurde.

29. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft und spricht Kurdisch als Muttersprache sowie sehr gut Türkisch.

Er stammt aus XXXX in der Provinz XXXX . Er ist etwa seit Mitte des Jahres 2018 nach islamischem Recht verheiratet. Seine Gattin lebt nach wie vor am Herkunftsort des BF. In der Türkei leben auch sein Vater, ein Bruder und drei Schwestern, mit denen er vor der Ausreise denselben Wohnsitz teilte. Diese Angehörigen sind inzwischen nach XXXX verzogen, wo sein Vater einer Erwerbstätigkeit als LKW-Fahrer nachgeht und zwei seiner Schwestern ebenfalls einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Er steht mit seinen Angehörigen in regelmäßigem Kontakt. In der Türkei leben mehrere weitere Verwandte des BF. Seine aus Syrien stammende Mutter lebte lange Zeit in der Türkei im Familienverband mit dem BF, seinem Vater und seinen Geschwistern, hält sich inzwischen jedoch wieder in Syrien bei ihrem Vater auf. Er hat in XXXX für acht Jahre die Grundschule und für vier Jahre ein Gymnasium besucht. Danach besuchte er eine Berufsschule und war zuletzt in XXXX als Kellner erwerbstätig.

Er verließ seinen Herkunftsort am 06.01.2019 und reiste per Inlandsflug zunächst nach Istanbul, von wo aus er die Türkei illegal schlepperunterstützt nach Griechenland verließ. In Griechenland erfolgte am 12.01.2019 seine erkennungsdienstliche Behandlung. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt reiste er schlepperunterstützt auf dem Landweg nach Österreich, wo er im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise am 17.06.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.

Er ging in Österreich bis dato weder einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit noch einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach und bezog demgegenüber von 18.06.2020 bis 25.05.2020 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Auf welche Weise er aktuell seinen Lebensunterhalt bestreitet, war nicht feststellbar. Er verfügt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse. Dass er hierorts einen Deutschkurs besucht hat, konnte nicht festgestellt werden. In Österreich leben mehrere Verwandte seiner Mutter, in Deutschland hat er eine Tante. Sonstige soziale Anknüpfungspunkte in Österreich waren nicht festzustellen.

Er hat eine Mobilitätseinschränkung am rechten Arm, wobei eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit ebenso wenig wie eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit feststellbar waren. Er leidet außerdem an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Eine daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit war ebenfalls nicht feststellbar. Im Übrigen ist er gesund.

Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2.1. Der BF wurde in der Türkei bislang nicht rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

Im Jahr 2016 wurde gegen ihn in der Türkei ein Strafverfahren eingeleitet. Aus Anlass dieses Strafverfahrens war er von Dezember 2016 bis April 2017 in einer Strafvollzugsanstalt der Type T inhaftiert.

Das XXXX verurteilte ihn am XXXX in diesem Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation zu einer Freiheitsstrafe von XXXX . Hingegen wurde er von der gegen ihn erhobenen Anklage wegen Propaganda für eine terroristische Organisation freigesprochen. Dagegen erhob der BF durch seinen Rechtsanwalt in der Türkei Berufung. Das mittels Berufung angerufene XXXX behob das erstinstanzliche Urteil mit Beschluss vom XXXX und verwies das Verfahren zur Abklärung, ob die Handlungen des BF das Delikt „die Einheit und Integrität des Staates zu zerstören“ erfüllen, an das Erstgericht zurück. Er wurde nach ergänzenden Verhandlungen erneut mit Urteil des XXXX vom XXXX wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation zu einer Freiheitsstrafe von XXXX verurteilt. Das erneut mit Berufung angerufene XXXX hob die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom XXXX erneut auf, verurteilte ihn jedoch wegen des Delikts die „Einheit und die Ganzheit des Landes zu zerstören“ zu einer XXXX . Auch diese Entscheidung wurde vom BF angefochten und das Rechtmittelverfahren ist aktuell beim Kassationsgerichtshof in der Türkei anhängig.

Im Gefolge seiner ersten Verurteilung wurde seitens der Oberstaatsanwaltschaft XXXX ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Versuchs „die unteilbare Integrität des Staates zu zerstören“ sowie wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation eröffnet. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens kamen keine Beweise dafür hervor, dass die Handlungen des BF den Tatbestand des Delikts des Versuchs „die unteilbare Integrität des Staates zu zerstören“ erfüllen. Es wurde daher keine Anklage gegen ihn erhoben. Hingegen wurde von der Oberstaatsanwaltschaft XXXX wegen des Verdachts der Mitgliedschaft des BF bei der bewaffneten Terrororganisation PKK am XXXX erneut Anklage erhoben. Die Anklage wurde jedoch mit Urteil des XXXX vom XXXX wegen entschiedener Sache abgewiesen.

Dass aktuell weitere Strafverfahren gegen ihn anhängig sind oder ein Haftbefehl gegen ihn besteht, war nicht festzustellen.

1.2.2. Er hat seinen Herkunftsstaat nicht aufgrund individueller Verfolgung durch Dritte oder türkische Staatsorgane verlassen. Er ist bei einer Rückkehr dorthin auch nicht der Gefahr einer solchen ausgesetzt.

1.3. Er ist bei einer Rückkehr in die Türkei auch nicht aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt und findet dort eine hinreichende Existenzgrundlage vor. Er leidet unter keinen gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen.

1.4. Zur aktuellen Lage in der Türkei werden die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid auch der gegenständlichen Entscheidung des BVwG zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF sowie der von ihm vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der schriftlichen Stellungnahmen im Beschwerdeverfahren sowie durch die Einholung von Datenbankauskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems.

2.2. Zwar brachte der BF kein nationales Identitätsdokument in Vorlage, seine Identität konnte jedoch aufgrund der von den griechischen Behörden übermittelten Kopie seines Reisepasses, welchen er diesen im Zuge seiner dortigen erkennungsdienstlichen Behandlung vorlegte, festgestellt werden. Anhand der Kopie des nationalen Reisepasses war auch dessen Staatsangehörigkeit feststellbar.

Die Feststellungen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe und sunnitischen Religionsgemeinschaft, zu seinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat vor der Ausreise bzw. seither sowie in Österreich im Gefolge derselben, zu seinen Sprachkenntnissen, zu seinem Gesundheitszustand, zu seinen Reisebewegungen und seinem Aufenthalt im Bundesgebiet und zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergaben sich unstrittig aus einer Zusammenschau seiner eigenen Angaben vor dem BFA und der von ihm vorgelegten Beweismittel mit den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken und dem sonstigen Akteninhalt.

Der Leistungsbezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung erschloss sich aus dem entsprechenden Datenbankauszug. Aus einer Mitteilung des Landes XXXX , die im Wege des BFA vorgelegt wurde, war ersichtlich, dass er mit 25.05.2020 aus der Grundversorgung des Landes XXXX entlassen wurde. Womit er seither seinen hiesigen Lebensunterhalt bestreitet, war mangels entsprechendem Vorbringen oder Beweismittelvorlage durch den BF nicht feststellbar.

Zwar gab er vor dem BFA an, dass er hierorts einen Deutschkurs besuche, allerdings brachte er keine entsprechende Kursbesuchsbestätigung in Vorlage, weshalb dies nicht festgestellt werden konnte. Dass er bislang über keine maßgeblichen deutschen Sprachkenntnisse verfügt, war aufgrund dessen anzunehmen, dass er bislang weder nachweislich Spracherwerbsmaßnahmen ergriffen hat noch über maßgebliche berufliche oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt, die auf einen Spracherwerb schließen hätten lassen, und er bis dato keine Sprachprüfung absolviert hat. Demgegenüber stellten sich die von ihm vor dem BFA demonstrierten Sprachkenntnisse als nur marginal dar.

Die Feststellungen zur Mobilitätseinschränkung am Arm beruhen auf den Angaben des BF, jene zum psychischen Erkrankungsbild auf dem vorgelegten klinisch-psychologischen Befundbericht. Weder seinem Vorbringen noch dem Befundbericht war zu entnehmen, dass er wegen einer dieser Einschränkungen bzw. Erkrankungen aktuell in medizinischer Behandlung steht oder diese medikamentös behandelt würden, weshalb eine akute Behandlungsbedürftigkeit nicht feststellbar war. Auch eine daraus resultierende Erwerbsunfähigkeit des BF konnte nicht erkannt werden.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF vor der Ausreise bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anlässlich seiner Erstbefragung am 18.06.2019 brachte er zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass es im Dezember 2015 in seiner Herkunftsregion zu einem Militäreinsatz gekommen sei und die Anrainer daher zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden seien. Beim Verlassen seines Wohnhauses sei er von den Einsatzkräften am linken Handgelenk angeschossen worden und könne er seine Hand seither kaum bewegen. Nach dem Vorfall sei er etwa zwei Wochen lang im Krankenhaus gewesen. Im Jahr 2016 sei er festgenommen worden, weil ihm vorgeworfen worden sei, dass er gegen die Einsatzkräfte gekämpft habe und dabei angeschossen worden sei. Im Mai 2017 sei er dann zu einer Haftstrafe von XXXX verurteilt worden. Dagegen habe sein Anwalt Beschwerde erhoben und sei er daraufhin mit einer Meldeverpflichtung freigelassen worden. Ende Dezember 2018 sei die letzte Verhandlung in der Sache gewesen und sei die Haftstrafe von sechs auf 36 Jahre angehoben worden. Des Weiteren würden noch zwei weitere Verfahren gegen ihn anhängig sein. Bei einer Rückkehr werde er sofort verhaftet.

Anlässlich seiner Einvernahme im ersten Verfahrensgang vor dem BFA am 08.10.2019 wiederholte er zunächst im Wesentlichen die Vorkommnisse vom Dezember 2015. Weiter gab er – hier zusammengefasst dargestellt – an, dass es mehrere Monate nach den Vorfällen im Dezember 2015 zu einer Hausdurchsuchung durch Polizisten gekommen sei und er zur Polizeidienststelle mitgenommen worden sei, wo man für fünf Tage „gewalttätig“ gewesen sei. „Irgendwer“ habe ihn angezeigt, dass er gegen die Polizisten mit der Waffe gekämpft habe, was jedoch nicht der Wahrheit entspreche. Er sei nicht der Einzige, dem dies passiert sei, sondern zahlreiche Jugendliche hätten dasselbe Problem. Sein gesamter gleichaltriger Freundeskreis sei im Gefängnis. Er selbst sei auch sechs Monate lang im Gefängnis gewesen, ehe er bei einer Gerichtsverhandlung von Zeugen nicht wiedererkannt und dann unverzüglich freigelassen worden sei. Auch während seiner Inhaftierung sei man „sehr gewalttätig“ gewesen. Er sei dann zu XXXX Haft verurteilt worden, jedoch nicht im Gefängnis gewesen. Er sei vielmehr in einem Tourismusgebiet einer Arbeit nachgegangen. Fünf Tage nach seiner Heirat sei die Polizei mit einem weiteren Tatvorwurf zu ihm gekommen und habe ihn drei Tage lang in der Polizeidienststelle festgehalten. Auch diesmal seien zahlreiche seiner Freunde wegen desselben Problems dort gewesen und „sie“ seien erneut „sehr gewalttätig“ gewesen. „Sie“ hätten vermutet, dass er während seiner drei- bis viermonatigen Abwesenheit „bei den Terroristen“ gewesen sei. Nachdem er beweisen habe können, dass er gearbeitet habe, sei er freigelassen worden. Einen Monat später sei seine Verurteilung zu XXXX „gelöscht“ worden, dafür scheine eine Verurteilung zu 36 Jahren auf. Daraufhin habe ihm sein Anwalt geraten das Land zu verlassen, was er getan habe. „Sie“ hätten dann seine Ehegattin verhaftet. Seine Ehegattin und seine Familie würden von der türkischen Polizei ständig Druck und Gewalt ausgesetzt sein.

Am 20.02.2020 wurde er ein weiteres Mal einvernommen. Dabei verwies er zunächst auf seine bisherigen Angaben. Darüber hinaus gab er zu den gegen ihn geführten Strafverfahren an, dass seine Verurteilung zu einer 36-jährigen Haftstrafe inzwischen in Rechtskraft erwachsen sei und noch zwei weitere Strafverfahren wegen „Terrorismus“ gegen ihn anhängig seien.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zum Ergebnis, dass der BF weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner politischen Überzeugungen, seines Glaubens, oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe seitens des Staates oder Dritter verfolgt worden sei. Er habe die Türkei verlassen um sich einem legitimen Strafverfahren zu entziehen.

2.3.3. Der Einschätzung der belangten Behörde vermochte sich das BVwG im Lichte der folgenden Erwägungen anzuschließen.

2.3.4. Der BF stützte sein Asylbegehren in erster Linie darauf, dass er in der Türkei zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt worden sei und ihm deswegen eine 36-jährige Haftstrafe drohen würde.

Hierzu ist aus Sicht des erkennenden Gerichts zunächst festzuhalten, dass im vom BF beigebrachten türkischen Strafregisterauszug vom 08.05.2020 aktuell keine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung aufscheint. Beim aus Sicht des BVwG authentischen Strafregisterauszug handelt es sich um eine ausländische öffentliche Urkunde, die gemäß § 47 AVG iVm § 293 Abs. 2 ZPO vollen Beweis darüber liefert, was darin von der Behörde erklärt wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG §47 Rz 15 und 22).

Folglich war festzustellen, dass der BF in der Türkei aktuell nicht rechtskräftig vorbestraft ist, was sich im Übrigen auch mit dem schriftlichen Vorbringen seines türkischen Rechtsanwalts deckt, demzufolge gegen die bis dato einzige strafgerichtliche Verurteilung derzeit ein Rechtsmittelverfahren beim Kassationshof (Yarg?tay) anhängig ist.

Ausgehend davon war auch nicht festzustellen, dass aktuell ein Haftbefehl gegen den BF besteht. Wenngleich der Rechtsanwalt des BF in seinem Schreiben konstatierte, dass ein solcher, wegen seiner Flüchtigkeit, bestehen würde, wurde dieser nicht vom BF in Vorlage gebracht. Im Übrigen konnte dessen Existenz dahingestellt bleiben, zumal dieser lediglich auf die legitime Strafverfolgung des BF in der Türkei zurückzuführen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass dem BF im Falle seiner Festnahme und Inhaftierung asylrelevante Verfolgung drohen würde, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang seiner ersten und bis dato einzigen – nicht rechtskräftigen – strafgerichtlichen Verurteilung in der Türkei beruhen auf den von ihm vorgelegten Unterlagen der türkischen Strafjustiz, die aus Sicht des erkennenden Gerichts, wie schon für das BFA, als authentisch anzusehen sind.

Zutreffend hielt das BFA in Bezug auf dieses Strafverfahren fest, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich wurden, dass es sich hierbei nicht um ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes Strafverfahren handelte. Insbesondere ergab sich aus den von ihm vorgelegten Unterlagen, dass er zu den gegen ihn erhobenen Anklagepunkten in einer mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht, im Beisein eines Rechtsvertreters, gehört wurde, dass mehrere Zeugen einvernommen wurden und er Beweismittel zu seiner Verteidigung vorlegen konnte. In erster Instanz wurde er sogar vom gegen ihn erhobenen Tatvorwurf der Propaganda für eine terroristische Organisation freigesprochen. Auch im Berufungsverfahren fand eine persönliche Einvernahme des BF statt, bei welcher er abermals einen Verteidiger beiziehen konnte. Daraus folgt, dass im türkischen Strafverfahren die zentralen rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze eingehalten wurden.

Auch dem Ermittlungsverfahren der Oberstaatsanwaltschaft XXXX waren keine Anhaltspunkte für ein illegitimes Vorgehen zu entnehmen. So war einer von ihm vorgelegten Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft XXXX (Aktenzahl der Staatsanwaltschaft: XXXX ) zu entnehmen, dass im Gefolge des Ermittlungsverfahrens wegen des Versuchs „die unteilbare Integrität des Staates zu zerstören“ letztlich keine Anklage erhoben wurde, weil keine Beweise dafür hervorkamen, dass die Handlungen des BF den Tatbestand des Delikts erfüllen. Zwar wurde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft des BF bei der bewaffneten Terrororganisation PKK erneut Anklage erhoben, allerdings wurde die Anklage mit Urteil des zweiten Strafgerichts in XXXX wegen entschiedener Sache abgewiesen (AS 545ff), was abermals für ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes Strafverfahren sprach. Außerdem deuteten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren hin, zumal eine persönliche Befragung des BF erfolgte sowie Zeugen und die sonstigen herangezogenen Beweismittel in der Anklageschrift angeführt wurden.

In Übereinstimmung mit der Einschätzung des BFA war daher festzuhalten, dass sich die gegen ihn in der Türkei geführten Strafverfahren als legitime Strafverfolgung darstellten und nicht als asylrelevante Verfolgung (s. dazu auch unter rechtliche Beurteilung).

Entgegen den vorliegenden strafgerichtlichen Unterlagen behauptete der BF vor der belangten Behörde vehement, dass er zu einer 36-jährigen Haftstrafe verurteilt worden sei. Dem entgegnete schon die belangte Behörde zutreffend, dass diese Haftstrafe mit keiner seiner strafgerichtlichen Unterlagen Deckung fand. Darüber hinaus sprach auch sein eigener Rechtsanwalt in der Türkei lediglich von einer siebeneinhalbjährigen Haftstrafe. Zudem wurde im Berufungsverfahren auch die erstinstanzliche Entscheidung behoben (AS 541). Daraus folgerte das BFA auch zu Recht, dass der BF mit seinem Vorbringen versuchte seine Lage dramatischer darzustellen, als dies tatsächlich der Fall ist, woraus das BFA ebenso zutreffend Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit ableitete.

Dass weitere Strafverfahren gegen ihn anhängig wären, konnte mangels entsprechender Beweismittelvorlage durch ihn nicht festgestellt werden, worauf auch das BFA zutreffend hinwies.

2.5. Soweit der BF im Laufe seiner erstinstanzlichen Befragungen ins Treffen führte, dass es zu gewalttätigen Übergriffen durch die türkischen Sicherheitskräfte gegen ihn gekommen sei, war zu bedenken, dass sich diese seinen Angaben zufolge bereits im Jahr 2015 ereigneten und folglich nicht als kausal für seine Ausreise im Jahr 2019 darstellten (s. dazu unter rechtliche Beurteilung).

Zur angeblichen Bedrohung durch den türkischen Geheimdienst, wegen der Weigerung des BF für diesen Informationen über die PKK zu sammeln, hielt schon das BFA zutreffend fest, dass sich seine diesbezügliche Schilderung als äußerst zweifelhaft erwies. So stellten sich seine Angaben insofern als widersprüchlich dar, als er zuerst vermeinte, dass er vom Geheimdienst „abgeholt“ worden sei, nachdem er seine Kooperation verweigert habe, kurz darauf jedoch angab, dass es mit Ausnahme der telefonischen Drohungen keine Konsequenzen gegeben habe.

Im Übrigen betonte der BF zuletzt in seiner Beschwerde, dass er den Herkunftsstaat verließ, bevor es zum Vollzug seiner Haftstrafe gekommen wäre, jedoch stellte er dort allfällige Übergriffe durch die türkischen Sicherheitskräfte und eine Bedrohung durch den türkischen Geheimdienst gar nicht mehr als Grund für seine Ausreise dar.

Die von ihm behauptete Festnahme seiner Ehegattin wegen seiner Ausreise war schon mangels Plausibilität nicht glaubhaft, zumal nicht ersichtlich wurde, welchen Grund die Polizei für die Festnahme seiner Ehegattin gehabt haben sollte. Selbiges gilt für den angeblichen Druck, dem seine Familie in der Türkei ausgesetzt sei.

Insgesamt betrachtet fehlte sohin dem Vorbringen des BF zu den von ihm geäußerten Antragsgründen und Rückkehrbefürchtungen eine substantiierte Tatsachengrundlage. Eine individuelle Verfolgung vor der Ausreise oder die Gefahr einer solchen bei einer Rückkehr konnte er damit nicht glaubhaft darlegen.

2.3.6. In der Beschwerde des BF fanden sich keine dieser Einschätzung entgegenstehenden substantiierten Einwendungen.

Es wurde darin im Wesentlichen nur behauptet, dass die behördliche Beweiswürdigung in mehreren Punkten falsch sei. Aus Sicht des erkennenden Gerichts wurde dem Ergebnis, welches das BFA aus ihren Erwägungen ableitete, nämlich, dass es sich bei den gegen den BF geführten Strafverfahren um legitime Strafverfolgung und nicht um Verfolgung aus asylrelevanten Gründen handelt, jedoch nicht substantiiert entgegengetreten.

Soweit in der Beschwerde auch auf die zweifelhaften Haftbedingungen in der Türkei für Terrorverdächtige verwiesen wurde, ist dem zu entgegnen, dass der BF bereits zuvor für mehrere Monate in einer Haftanstalt des Typs T inhaftiert war, was sich aus einem von ihm vorgelegten Verhandlungsprotokoll, einem Haftbefehl (AS 195) und dem Beschluss des Strafgerichts XXXX vom XXXX (AS 191ff) ergab. Zwar behauptete er im erstinstanzlichen Vortrag, dass „sie“ während seiner Inhaftierung „auch sehr gewalttätig“ gewesen wären (AS 74), seinen Ausführungen kam jedoch keine Glaubhaftigkeit zu, zumal sie sich als äußerst vage darstellten, er konkretisierte weder wer ihm gegenüber gewalttätig gewesen sei noch in welcher Form diese Gewalt stattgefunden hätte oder welche Verletzungen er davongetragen hätte. Aus den länderkundlichen Informationen der belangten Behörde war zu gewinnen, dass zwar gewisse Defizite in den türkischen Haftanstalten bestehen, sich deren Ausstattung in den letzten Jahren jedoch deutlich verbesserte. Auch war daraus nicht zu gewinnen, dass jeder Häftling mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlung ausgesetzt ist, sondern, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt. Wie aufgezeigt konnte der BF nicht glaubhaft darlegen, dass er in der Vergangenheit Opfer von derartigen Übergriffen wurde. Von schlechten Haftbedingungen sind außerdem vor allem die Hochsicherheitsgefängnisse des Typs F betroffen. In dieser Hinsicht war zu bedenken, dass der BF in der Vergangenheit trotz des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung lediglich in einer Haftanstalt des Typs T untergebracht war und er daher im Falle einer neuerlichen Inhaftierung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erneut in eine derartige Einrichtung verbracht würde.

Die beantragte Befragung des Rechtsanwalts des BF in der Türkei konnte schon deshalb unterbleiben, weil dieser bereits schriftlich Stellung zu den Strafverfahren in der Türkei nahm, und folglich nicht ersichtlich war, welche weitergehenden Erkenntnisse aus dessen Befragung resultieren hätten sollen.

2.4. Dass es aktuell in der Türkei keinen landesweiten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt ebendort jeden, sohin auch den BF, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war ebenso als notorisch anzusehen wie dies aus den herangezogenen Länderinformationen zu gewinnen war.

2.5. Die Annahme, dass der BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre, als er etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, stützt sich darauf, dass er im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, wobei sich insbesondere sein Vater und seine Geschwister – mit denen er schon vor der Ausreise im gemeinsamen Haushalt lebte – zusammen in XXXX befinden und dort Erwerbstätigkeiten nachgehen, weshalb davon auszugehen ist, dass er von diesen zumindest vorübergehend unterstützt werden könnte. Er verfügt zudem über ausreichende Schulbildung und über Berufserfahrung als Kellner. Ihm kann daher die Aufnahme einer neuerlichen Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zugemutet werden. Dass er in seiner Heimat bei einer Rückkehr eine neue Lebensgrundlage findet, war im Lichte dessen als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen. Dass er unter allfälligen gravierenden Erkrankungen leiden würde, wurde von ihm nicht ins Treffen geführt und ist auch sonst nicht hervorgekommen.

2.6. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei stellten sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang. Der BF ist diesen trotz eingeräumter Stellungnahmemöglichkeit nicht entgegengetreten und auch in der Beschwerde sowie in der jüngsten Eingabe seines Vertreters fand sich kein entgegenstehendes substantielles Vorbringen. Insbesondere den in der Beschwerde angeführten länderkundlichen Informationsquellen, waren keine über die Feststellungen des BFA hinausgehende Informationen zu entnehmen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Erörterung länderkundlicher Informationen, die maßgeblich vom bisherigen Ermittlungsstand abgewichen wären, war daher entbehrlich.

Ebenso konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur weiteren Erörterung einer allfälligen Änderung der persönlichen Umstände des BF in Österreich seit der Bescheiderlassung abgesehen werden, weil er eine diesbezügliche Änderung der Verhältnisse weder in der Beschwerde noch in seiner jüngsten Stellungnahme vorbrachte.

Schließlich war auch der beantragten Bestellung eines länderkundlichen Sachverständigen in der Türkei nicht zu entsprechen. In Beweisanträgen ist jedenfalls das Beweismittel, das Beweisthema und im Falle von Zeugen auch deren Adresse anzugeben. Wird ein Beweisthema nicht genannt, so ist das BVwG zu einer solcherart als Erkundungsbeweis anzusehenden Einvernahme nicht verpflichtet (vgl. VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0023, mwN). Ein allgemeines Vorbringen, das aus Mutmaßungen besteht, läuft auf einen unzulässigen, Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das VwG nicht verpflichtet ist (vgl. VwGH 17.09.2019, Ra 2019/18/0332, mwN). Seitens der Vertretung des BF wurde ersucht „konkrete Länderfeststellungen zur Unabhängigkeit der türkischen Justiz im maßgeblichen Zeitpunkt der Verurteilungen des BF“ zu treffen. Einerseits wurde damit schon nicht aufgezeigt, inwieweit die erstinstanzlichen Feststellungen dazu nicht bereits ausreichend sind, andererseits handelt es sich dabei um einen bloßen Erkundungsbeweis im eben dargestellten Sinn, dem daher auch nicht nachzukommen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die vom BF behauptete Bedrohung durch den türkischen Geheimdienst war nicht als glaubhaft anzusehen.

Behaupteten Übergriffen durch türkische Sicherheitskräfte fehlt es schon am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise im Jahr 2019.

Auch den festgestellten strafgerichtlichen Verurteilungen kommt per se keine Asylrelevanz zu. Im Allgemeinen ist in der staatlichen Strafverfolgung keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn zu erblicken. Allerdings kann auch die Anwendung einer durch Gesetz für den Fall der Zuwiderhandlung angeordneten, jeden Bürger des Herkunftsstaates gleich treffenden Sanktion unter bestimmten Umständen "Verfolgung" im Sinne der GFK aus einem dort genannten Grund sein; etwa dann, wenn das den nationalen Normen zuwiderlaufende Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Um feststellen zu können, ob die strafrechtliche Verfolgung wegen eines auf politischer Überzeugung beruhenden Verhaltens des Asylwerbers einer Verfolgung im Sinne der GFK gleichkommt, kommt es somit entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch auf die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung und die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0126, mwN).

Eine derartige Konstellation war im gegenständlichen Fall jedoch nicht erkennbar. Im Falle des BF wurde dieser wegen seiner kriminellen Handlungen in der Türkei, nämlich seiner Beteiligung an Handlungen der als Terrororganisation eingestuften PKK, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt. Zu beachten war jedoch, dass diese Verurteilung aktuell noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, sondern noch ein Rechtsmittelverfahren in der Türkei anhängig ist. Darüber hinaus knüpft das inkriminierte Verhalten des BF nicht lediglich an dessen oppositionellen politischen Überzeugung an, sondern handelt es sich bei der in Rede stehenden Organisation sowohl in der Türkei als auch nach europäischem Verständnis um eine bewaffnete terroristische Vereinigung. Die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung ist auch nach österreichischem Recht gemäß § 278b Abs. 2 StGB mit einer Strafdrohung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Davon ausgehend stellte sich die drohende bis zu 15-jährige Haftstrafe des BF nicht als unverhältnismäßig dar und knüpfte die Strafverfolgung des BF in der Türkei lediglich an dessen dem türkischen Strafrecht zuwiderlaufenden Verhalten an. Es handelt sich dabei folglich nicht um eine Verfolgung aus Gründen der GFK.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass der BF mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft darlegen konnte, dass er bis zur Ausreise einer individuellen Verfolgung durch staatliche Organe oder Dritte im Herkunftsstaat ausgesetzt war oder der Gefahr einer solchen für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre.

1.3. Die Beschwerde war sohin zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

2.2. Zu den Kriterien für die allfällige Zuerkennung von subsidiärem Schutz hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053-10, unter Bezugnahme auf seine vorgehende Judikatur in grundsätzlicher Weise geäußert.

Hatte er zuvor in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106, näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Weiteren kurz: StatusRL) betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn der Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b iVm Art. 3 StatusRL entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe Rn. 45 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses), und in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtung es der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht, so stellte er dem gegenüber, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (Rn. 47 ff. der Entscheidungsgründe).

Im zitierten Erkenntnis Ra 2018/01/0106 hat der VwGH sodann die Frage, ob § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer dem Unionsrecht (im Sinn der zu Art. 15 StatusRL ergangenen Rechtsprechung des EuGH) Genüge tuenden Auslegung zugänglich ist, ausdrücklich dahingestellt gelassen (Rn. 60 der Entscheidungsgründe). Auch im Beschluss vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es der StatusRL widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

Den genannten Entscheidungen war somit - ungeachtet des jeweils vorhandenen Hinweises auf die Unionsrechtswidrigkeit des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine bisherige zum Umfang des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ergangene Rechtsprechung als nicht mehr beachtlich angesehen hätte.

Zwischenzeitig hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob in Bezug auf den Status des subsidiären Schutzes eine unionsrechtskonforme Lösung gefunden werden kann (und allenfalls das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen sein wird), in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, beschäftigt. Er ist dort zum Ergebnis gelangt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der StatusRL in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der StatusRL zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben.

Infolge dessen ist an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten.

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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