Entscheidungsdatum
14.10.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L514 2202229-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 46, 46a Abs. 1 Z 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 19.04.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen der Befragung führte er als Grund für seine Ausreise an, dass er beim Militär gewesen sei. Er berichtete von einem Vorfall während einer internationalen Ausstellung in XXXX , am XXXX 2015. Er habe insgesamt mit 19 Kollegen die Ausstellung bewacht, wobei er mit vier Kollegen an einer Kreuzung gestanden sei. Es seien Autos der Asa’ib Ahl al-Haqq Miliz gekommen, welche er angehalten habe. Ein junger Mann sei ausgestiegen und habe dieser alle beschimpft. Der Beschwerdeführer habe ihn zurück in sein Auto geschickt bzw gestoßen, woraufhin ein paar Personen ausgestiegen seien, alle beschimpft hätten und schlagen hätten wollen. Der Gruppenleiter des Beschwerdeführers sei dazwischen gegangen. Auf Verlangen der Miliz habe der Gruppenleiter seinen Namen und den Namen eines Kollegen genannt. Er und sein Kollege seien zu ihrem Einheitsleiter bestellt worden, der sie angewiesen habe, das vermeintliche Problem mit der Miliz mit den jeweiligen Stellen ihres Stadtteiles zu klären. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Vater gesprochen, der wiederum ein paar Leute angerufen habe, die gemeint hätten, dass die Miliz eine Geldsumme verlangt habe. Er habe keine andere Lösung gesehen als die Ausreise und gerade in dem Augenblick als der Beschwerdeführer in der Stadt sein Flugticket besorgt habe, seien Personen der Miliz bei ihm zu Hause gewesen und hätten nach ihm gefragt. Er sei nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, sondern sei am XXXX 2015 in die Türkei geflogen. Zum Zeitpunkt der Niederschrift könne er nicht mehr sagen, ob die Miliz ihn noch haben wolle. In Österreich sei der Beschwerdeführer nunmehr zum christlichen Glauben konvertiert.
2. Mit Bescheid des BFA vom 20.06.2018, Zl. 1100706507/152086435, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage.
3. Am XXXX 2019 wurde der Beschwerdeführer zu XXXX vom Landesgericht XXXX wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (unbedingt fünf Monate) rechtskräftig verurteilt.
4. Die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019, Zl. I407 2202229-1/16E, als unbegründet abgewiesen.
Mit Beschluss vom 11.12.2019, E 4078/2019-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.
5. Mit Schreiben des BFA vom 28.06.2019 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm wurde mitgeteilt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei. Ferner wurden ihm Fragen bezüglich seines Privat- und Familienlebens sowie das Länderinformationsblatt zum Irak übermittelt. Es wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Mit Schreiben, beim BFA am 12.07.2019 eingelangt, machte der Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit Gebrauch.
6. Mit Bescheid des BFA vom 14.10.2019, Zl. 1100706507-190648983, wurde dem Beschwerdeführers ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Wider den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak zulässig sei. Darüber hinaus wurde ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Der Beschwerde wurde letztlich die aufschiebende Wirkung aberkannt.
7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2019, Zl. I414 2202229-2/3E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
8. Am 02.03.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 4 iVm § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.
Hiezu wurde der Beschwerdeführer am 02.06.2020 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Befragung führte der Beschwerdeführer auf Nachfrage aus, dass er nicht mehr in den Irak zurückkehren könne, da er mit seiner Familie Probleme habe. Weiters gab er an, dass er in Bezug auf seine Rückkehr keinerlei Schritte gesetzt habe. Im Irak sei nach wie vor die Familie des Beschwerdeführers aufhältig, jedoch habe er zu dieser keinen Kontakt mehr. In Österreich habe er seit XXXX 2019 eine Freundin, die mittlerweile auch schwanger von ihm sei. Eine standesamtliche Heirat sei derzeit nicht möglich, da er hierfür eine Bestätigung über seine Scheidung im Irak benötigen würde, die er mangels Kontakt zu seiner Familie jedoch nicht erlangen könne.
Am 03.06.2020 wurde das BFA darüber informiert, dass der Beschwerdeführer am 02.06.2020 beim Verein Menschenrechte Österreich sein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch genommen, sich jedoch nicht rückkehrwillig zeigt habe.
9. Mit Bescheid des BFA vom 15.06.2020, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass den Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung treffe, da dieser weder einen neuen Reisepass beantragt, noch dies beabsichtigt habe. Sein beim BFA einliegender Reisepass wäre bis XXXX 2020 gültig gewesen und hätte sohin zur Ausreise verwendet werden können. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer nicht rückkehrwillig und habe er auch die Möglichkeit der Beschaffung eines Heimreisezertifikates durch den Verein Menschenrechte Österreich nicht angenommen. Die Bestätigung der irakischen Botschaft vom 27.02.2020, dass die Ausstellung eines neuen Reisepasses nur in Deutschland oder im Irak möglich sei, beziehe sich lediglich auf einen Reisepass und nicht auf ein für die Rückkehr ausreichendes Heimreisezertifikat.
In Bezug auf die schwangere Freundin des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass er mit dieser weder verheiratet sei, noch würde ein gemeinsamer Wohnsitz bestehen. Auch habe er sich in seiner Einvernahme vor dem BFA diesbezüglich in unauflösliche Widersprüche verwickelt, weshalb eine Vaterschaft – vorerst – nicht festgestellt werden könne.
Mit Verfahrensanordnung vom 16.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
10. Gegen diesen ordnungsgemäß zugestellten Bescheid wurde durch den Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben.
Begründend wurde dargetan, dass sich der Beschwerdeführer stets kooperativ und höflich gezeigt habe. Ihm könne weiters aufgrund seiner Verfolgungsbefürchtungen nicht zugemutet werden, die Botschaft aufzusuchen, auch wenn das BFA diese als nicht asylrelevant anerkannt habe. Letztlich wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund des nicht vorliegenden Heimreisezertifikats ex lege als geduldet gelte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.
1 Feststellungen (Sachverhalt)
Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbot in Gestalt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.11.2019. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nach.
Der Beschwerdeführer ist nicht ausreisewillig und hat nicht an den zur Erlangung eines Heimreisezertifikates notwendigen Schritten mitgewirkt.
Festzustellen ist überdies, dass der Beschwerdeführer einen beim BFA einliegenden und bis XXXX 2020 gültigen irakischen Reisepass besitzt.
Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX 2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (unbedingt 5 Monate) verurteilt.
Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat einen minderjährigen Sohn, der bei seiner Exfrau im Irak lebt. Darüber hinaus halten sich auch die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers nach wie vor im Heimtatland auf.
In Österreich hat der Beschwerdeführer eine schwangere Freundin, mit der er seit XXXX 2019 in einer Beziehung ist. Darüber hinaus ist er selbstständig als Paketzusteller tätig und bezieht Mittel aus der Grundversorgung.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen unstreitig aus dem Akteninhalt bzw. auch aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchteil A)
3.1. § 46a FPG als die Bestimmung zur „Duldung“ lautet:
§ 46 (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist; es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.
(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn
1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;
2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;
3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder
4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.
Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.
(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.
3.2. Das Bundesamt führte aus, dass der Beschwerdeführer, mangels näherer Angaben bei der Antragsstellung, seinen Antrag darauf stützt, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen iSd § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheint. Dies wird durch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde gestützt, wonach der Beschwerdeführer nicht gehalten sei, sich bei der irakischen Botschaft um die Neuausstellung eines Reisepasses zu bemühen.
3.3. § 46 FPG lautet:
§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.
(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.
(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.
(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
(7) Befindet sich der Fremde in einer Krankenanstalt (§§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten – KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957) und steht seine Abschiebung zeitnah bevor, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt auf Anfrage unverzüglich über den feststehenden oder voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstaltspflege zu informieren. Ändert sich der nach Satz 1 mitgeteilte Zeitpunkt, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt aus Eigenem zu informieren.
3.4. Das mit 01.11.2017 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2017 und die darin enthaltenen Bestimmungen des § 46 FPG setzen es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§ 70 Abs. 3 und 4, § 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Das BFA ist auch ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
3.5. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:
Der Beschwerdeführer stützt seinen Antrag im gegenständlichen Fall – inhaltlich – darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen im Sinne von § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheine. Die Botschaft stelle ihm keinen neuen Reisepass aus. Als Beweis legte er ein Schreiben der irakischen Botschaft in Wien vom 27.02.2020 vor, mit welchem bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines irakischen Reisedokumentes gestellt habe. Die Ausstellung sei jedoch nur im Irak oder in der irakischen Botschaft in Berlin möglich, wo der Beschwerdeführer persönlich erscheinen müsse.
In der Beschwerde moniert der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, dass er keinen Ausschlusstatbestand erfülle, da er stets kooperativ gewesen sei und die mangelnde Reaktion und Bearbeitung der Vertretungsbehörde des Heimatstaates nicht von ihm zu vertreten seien.
Als der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA gefragt wurde, warum er bisher nicht freiwillig ausgereist sei, gab dieser an, dass er nicht nachhause könne, da er Probleme mit seiner Familie habe und er im Falle seiner Rückkehr innerhalb einer Stunde tot sei. Auf Nachfrage, welche Schritte er gesetzt habe, um einen Reisepass oder ein Heimreisezertifikat zu erhalten, antwortete der Beschwerdeführer, dass er nichts gemacht habe und auch nicht bei der Botschaft gewesen sei. Auf erneute Nachfrage führte er weiter aus, dass er bei der Botschaft gewesen sei und dort ein Bestätigungsschreiben bekommen habe, dass er keinen Reisepass bekomme. Er habe jedoch keinen Antrag auf einen Reisepass gestellt und werde dies auch nie tun. Seitens der Caritas sei ihm geraten worden, dass er zum Erhalt der Bestätigung zur Botschaft gehen solle.
Der Beschwerdeführer hat in der Folge auch das Rückkehrberatungsgespräch des Vereins Menschenrechte Österreich in Anspruch genommen, zeigte sich dabei jedoch nicht rückkehrwillig.
Wie sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers und der Bestätigung des Vereins Menschenrechte Österreich schließen lässt, ist der Beschwerdeführer nicht bereit, freiwillig in den Irak zurückzukehren. Nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung hatte dieser ausreichend Zeit, das Bundesgebiet zu verlassen und für diesen Zweck auch den beim BFA befindlichen Reisepass zur Verfügung, den er nutzen hätte können. Wie die Behörde in weiterer Folge zutreffend festgestellt hat, umfasst die Bestätigung der irakischen Botschaft lediglich die Ausstellung eines Reisepasses und nicht die eines Heimreisezertifikates, welches entweder durch eigenständigen Antrag oder mit Hilfe des Vereins Menschenrechte Österreichs erlangt hätte werden können. Dies lehnte der Beschwerdeführer jedoch aufgrund mangelnder Rückkehrwilligkeit ab.
Insgesamt geht der Einwand des Beschwerdeführers, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikats und somit eine Abschiebung aus tatsächlichen, von dem Beschwerdeführer nicht zu vertreten Gründen unmöglich erscheint, ins Leere, da der Beschwerdeführer verpflichtet ist, sämtliche zu dem Zweck der Einholung eines Reisedokuments bzw Heimreisezertifikates erforderlichen Handlungen von sich aus zu tätigen und dabei mitzuwirken. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Beschwerdeführer dem BFA gegenüber nachzuweisen.
Auf Grund der mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers hat er es gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG zu vertreten, dass eine Abschiebung nicht möglich scheint. Der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet ist daher auf Basis dieses Tatbestandes nicht zu dulden.
Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass hinsichtlich eines etwaigen Familienlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in der Beschwerde keinerlei Ausführungen mehr getätigt wurden.
Der Beschwerdeführer ist sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, trotz Vorhandensein seines bis zum XXXX .2020 gültigen Reisepasses auszureisen bzw hat er sich auch ansonsten nicht um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bemüht. In Ermangelung der Mitwirkung an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten, muss eine Duldung aus tatsächlichen, vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Gründen, ausgeschlossen werden und war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.
3.6. Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom BFA vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt, konkret und substantiiert behauptet. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, was bei einer nochmaligen Anhörung – außer einer bloßen Wiederholung des bisherigen Vorbringens – an entscheidungsrelevantem Sachverhalt hätte hervorkommen können.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausreiseverpflichtung Duldung Mitwirkungspflicht ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L514.2202229.3.00Im RIS seit
05.03.2021Zuletzt aktualisiert am
05.03.2021