TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/29 G311 2212009-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2020
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Entscheidungsdatum

29.10.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G311 2212009-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch den Erwachsenenvertreter Rechtsanwalt Mag. Thomas LOOS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.07.2020, betreffend Aufenthaltsverbot zu Recht:

A)       

I.       Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 16.11.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich, vier weitere Verurteilungen in Deutschland, der den Verurteilungen zugrundeliegenden paranoiden Schizophrenie und den wiederholten Maßnahmenvollzug in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher verwiesen.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 21.11.2018 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner damaligen bevollmächtiten Rechtsvertretung vom 17.12.2018, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu den Bescheid aufheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; in eventu Spruchpunkt II. (Durchsetzungsaufschub) ersatzlos beheben; in eventu Spruchpunkt III. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) ersatzlos beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich „lediglich“ ein Vergehen begangen habe und sich seit 2017 in Maßnahmenvollzug und somit dauerhafter medizinischer Behandlung befinde. Eine entsprechende Dauermedikation könne laut dem im Strafverfahren beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen zu einer Stabilisierung des Zustandes des Beschwerdeführes führen, sodass von einer zukünftigen Gefährdung durch den Beschwerdeführer nicht auszugehen sei. Der Beschwerdeführer sei zwar britischer Staatsangehöriger, aber in Deutschland geboren und habe nur ein Jahr in Großbritannien verbracht. Er sei in Belgien aufgewachsen und habe in Deutschland studiert. Seine Mutter sei deutsche Staatsangehörige. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Bezug zu Großbritannien und keinerlei soziale Kontakte. Eine weitere Behandlung seiner psychiatrischen Erkrankungen sei nicht sichergestellt. Vom Beschwerdeführer gehe aufgrund seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtstäter keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, da er sich in ständiger Behandlung und Therapie befinde.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 03.01.2019 ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte m 13.07.2020 eine mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz durch, an der der Beschwerdeführer wegen einer akuten Erkrankung entschuldigt nicht teilnahm. Der gerichtliche Erwachsenenvertreter und zugleich bevollmächtigte Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nahm an der Verhandlung teil. Das Bundesamt verzichtete auf eine Teilnahme.

Mit am 14.09.2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangender Mitteilung des Erwachsenenvertreters des Beschwerdeführers wurde unter Beilage eines entsprechenden medizinischen Berichtes vom 27.08.2020 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unter einer fortgeschrittenen Krebserkrankung (sinunasales Plattenepithelkarzinom) leide, die nur mehr palliativ behandelt werden kann.

Diese Eingabe wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, welche mit Stellungnahme vom 05.10.2020 ausführte, dass das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten in Rahmen der Reiseinformation ausführe, dass das Gesundheitswesen im Vereinigten Königreich europäischen Standard aufweise, aber oft nicht so gut sei wie in Österreich. Er erscheine eine ausreichende Behandlung in Großbritannien nicht von vorneherein ausgeschlossen, es werde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland (vgl. etwa Fremdenregisterauszug vom 25.09.2020; darüber hinaus unstrittig).

Es konnte nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer konkret erstmals in das Bundesgebiet eingereist ist. Ab 23.05.2013 bis 24.04.2014 war der Beschwerdeführer in Österreich jedoch erstmals als obdachlos gemeldet. Zusätzlich weist der Beschwerdeführer nachfolgende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 10.07.2020):

-        24.04.2014 - 06.07.2015 Hauptwohnsitz

-        23.07.2015-03.12.2015 Hauptwohnsitz

-        03.12.2015-09.12.2016 Obdachlos

-        09.12.2016-11.12.2016 Hauptwohnsitz Justizanstalt

-        13.02.2017-09.02.2018 Hauptwohnsitz Justizanstalt

-        09.02.2018-22.02.2018 Hauptwohnsitz Forensisches Zentrum

-        22.02.2018-23.02.2018 Hauptwohnsitz Justizanstalt

-        23.02.2018-laufend  Hauptwohnsitz Forensisches Zentrum

Der Beschwerdeführer ist bis dato keiner Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen und ist seit 28.09.2014 gemäß § 16 Abs. 1 ASVG selbstversichert (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 11.08.2020).

Seit 28.07.2016 verfügt der Beschwerdeführer über eine Anmeldebescheinigung (vgl. Fremdenregisterauszug vom 25.09.2020).

Der Beschwerdeführer ist in Deutschland geboren, hat in Belgien die Matura abgeschlossen und anschließend wieder in Deutschland studiert. Sein Vater ist bereits verstorben, dieser war für die EU-Kommission tätig und erhält der Beschwerdeführer deswegen noch zumindest bis 29.02.2024 eine Waisenpension. Ihm steht monatlich ein Einkommen aus dieser Pension in Höhe von EUR 4.200,00 zur Verfügung. Das Gesamtvermögen des Beschwerdeführers beläuft sich zum 13.07.2020 auf EUR 1.700.000,00. Die Mutter des Beschwerdeführers ist deutsche Staatsangehörige und lebt in Deutschland. Der Beschwerdeführer hat im Kleinkindalter ein Jahr im Vereinigten Königreich gelebt (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 13.07.2020, S 2 ff; Änderungsbescheid vom 17.07.2020 der Europäischen Kommission; Stellungnahme der vormaligen gesetzlichen Vertretung vom 28.06.2018, AS 83 ff, bzw. vom 15.06.2018, AS 87 ff; Beschwerdevorbringen, AS 123 ff).

Der Beschwerdeführer wurde am 13.02.2017 im Bundesgebiet festgenommen (vgl. Vollzugsinformation vom 06.06.2018, AS 11).

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX 2017, XXXX , rechtskräftig am XXXX 2017, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Einweisung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 07.11.2016 unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einem denkgestörten wahnhaften, derealisierten, affektlabilen Zustandsbild mit verminderter Impulskontrolle und Affektdurchbrüchen bei chronischer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (F 20), eine Frau gefährlich mit dem Tod bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr– nachdem diese ihn aufgefordert hatte, das in seiner Hand befindliche Klappmesser mit ausgeklappter Klinge wegzustecken – durch die sinngemäße Äußerung, dass sie ihm nicht vorzuschreiben habe, was er tun solle, und dass er sie, wenn sie wolle, mit seinem Messer abstechen werde, drohte, wobei er im Anschluss eine Stichbewegung ausführte. Wäre der Beschwerdeführer zur Tatzeit nicht aufgrund seiner geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades zurechnungsunfähig gewesen, wäre ihm seine Tat als Vergehen der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und 2 erster Fall zuzurechnen gewesen. Da nach der Person, seinem Zustand und der Art der Tat zu befürchten war, dass er sonst unter dem Einfluss einer geistigen und seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen (vgl. aktenkundiges Urteil, AS 51 ff).

In den Entscheidungsgründen führte das Landesgericht im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass der in Deutschland geborene Beschwerdeführer britischer Staatsangehöriger ohne Beschäftigung, Einkommen und Sorgepflichten sei. Er weise in Deutschland vier Vorstrafen auf, wobei zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2011, zu AZ XXXX wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie Beleidigung, Beschimpfung, Verleumdung und Missachtung ebenso die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden sei. Aus dem Maßnahmenvollzug sei er am 19.05.2014 entlassen worden. Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer festgestellten schweren psychiatrischen Erkrankungen bestehe bei ihm selbst keine Krankheitseinsicht. Die Erkrankung sei kausal für die die Einweisung begründende Tat des Beschwerdeführers gewesen. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten bzw. zu erwarten, dass er unter dem Einfluss einer Erkrankung strafbare Handlungen mit schweren Folgen gegen Leib und Leben Dritter begehen werde, sofern er nicht künftig in medizinisch adäquater Weise behandelt werde.

Aufgrund des zitierten Urteile des Landesgerichtes wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und je das umschriebene Verhalten gesetzt hat.

Der Beschwerdeführer befindet sich nach wie vor im Maßnahmenvollzug in Österreich. Er leidet konkret an paranoider Schizophrenie (F20.0) sowie einer psychischen und Verhaltensstörung durch Tabak, Nikotinabhängigkeit (F17.25) (vgl. dazu etwa Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 13.07.2020; Kurzarztbrief vom 19.06.2018, AS 89; Feststellungen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Urteil vom XXXX 2017, AS 51 ff).

Inzwischen wurden beim Beschwerdeführer darüber hinaus Diabetes mellitus II sowie ein sinunasales Plattenepithelkarzinom (eine Krebserkrankung) im stark fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Diesbezüglich ist nur mehr eine Palliativbehandlung möglich (vgl. Patientenbrief des Tumorboards des XXXX Universitätsklinikums vom 27.08.2020; Stellungnahme des Erwachsenenvertreters vom 12.09.2020). Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium leidet.

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Das genannte strafgerichtliche Urteil ist aktenkundig.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und holte einen Sozialversicherungsdatenauszug ein.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer bzw. seinen Erwachsenenvertretern und Rechtsvertretern gemachten Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I.): Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3.         der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6.         gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7.         der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Dem Beschwerdeführer kommt auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) kein Antragsrecht zu, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwN auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

In Ermangelung der Existenz eines diesbezüglichen Antragsrechtes des Beschwerdeführers war der - konkrete - Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt 2.): Stattgabe der Beschwerde:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland.

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ist mit Ablauf des 31.01. 2020 aus der Europäischen Union ausgetreten (sog. „BREXIT“) und somit kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union mehr.

Das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl. Nr. C 384-I/01 vom 12.11.2019 S. 1 (im Folgenden: „Austrittsabkommen“), ist mit 01.02.2020 in Kraft getreten. Das Austrittsabkommen regelt in seinem Teil Zwei („Rechte der Bürger“, Art. 9 ff) unter anderem das weitere Aufenthaltsrecht von in Österreich aufhältigen „britischen Staatsangehörigen“ (siehe dazu die Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. d des Austrittsabkommens) und deren Familienangehörigen. Bis zum Ende des sogenannten „Übergangszeitraums“ am 31.12.2020 bleibt der EU-Rechtsbestand weiterhin auf das Vereinigte Königreich anwendbar. Für das (weitere) Aufenthaltsrecht von britischen Staatsangehörigen und deren Familienangehörigen ergeben sich somit bis zum Ende der Übergangsphase keine Änderungen. Dies bedeutet, dass sie weiterhin in Österreich leben, arbeiten und einer Ausbildung nachgehen können (Art. 13 ff). Neu zuziehende Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs müssen innerhalb von vier Monaten eine Anmeldebescheinigung bei der nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörde beantragen (vgl. Art. 18). Ein Umstieg auf eine Bescheinigung des Daueraufenthaltsrechts ist weiterhin möglich. Drittstaatsangehörige Familienangehörige benötigen eine Aufenthaltskarte und können eine Daueraufenthaltskarte erlangen.

Gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. k des Austrittsabkommens findet auf die Voraussetzung ausreichender Existenzmittel Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38/EG („Freizügigkeitsrichtlinie“, siehe § 2 Abs. 1 Z 19 NAG) Anwendung.

Gemäß Art. 18 Abs. 3 des Austrittsabkommens wird bis zu einer abschließenden Entscheidung der zuständigen Behörden über einen Antrag nach Abs. 1 und bis zum Erlass eines rechtskräftigen Urteils im Falle eines gerichtlichen Rechtsbehelfs, der gegen die Ablehnung eines solchen Antrags durch die zuständigen Verwaltungsbehörden eingelegt wurde, davon ausgegangen, dass alle in diesem Teil vorgesehenen Rechte, auch Art. 21 über Garantien und Rechtsschutz, für den Antragsteller unter den in Art. 20 Abs. 4 vorgesehenen Bedingungen gelten.

Gemäß Art. 21 des Austrittsabkommens gelten für Entscheidungen des Aufnahmestaats, durch die die Aufenthaltsrechte der in Art. 10 genannten Personen beschränkt werden, die in Art. 15 und Kapitel VI der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehenen Garantien.

Auch wenn der Beschwerdeführer seit dem Austritt des Vereinigten Königsreichs mit Wirksamkeit ab 01.02.2020 kein Unions- oder EWR-Bürger mehr ist, so ist er im aufenthaltsrechtlichen Sinne bis zum Ende des Übergangszeitraums (bis 31.12.2020) einem Unions- und EWR-Bürger gleichgestellt. Die für Letztere geltenden Bestimmungen über das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten (siehe §§ 51 ff NAG) sind bis dahin auch auf Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland anwendbar.

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.         für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.         als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1.         wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4.         eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:

„§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

Der mit „Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen“ betitelte Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.

(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust.“

Artikel 27 („Allgemeine Grundsätze“) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.

(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.“

Artikel 28 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.“

§ 66 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."

§ 67 Abs. 1 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Der Beschwerdeführer ist britischer Staatsangehöriger. Aufgrund der dargestellten Übergangsbestimmungen sind im gegenständlichen Fall zum Entscheidungszeitpunkt die Bestimmungen für EWR- bzw. Unionsbürger auf den Beschwerdeführer weiterhin anwendbar.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit 23.05.2013 ohne wesentliche Unterbrechungen im Bundesgebiet auf. Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat.

Zumindest seit 28.09.2014 verfügt der Beschwerdeführer über eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung im Bundesgebiet durch Selbstversicherung nach § 16 Abs. 1 ASVG. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über eine Waisenpension nach seinem verstorbenen, bei der EU-Kommission tätigen, Vater in Höhe von monatlich EUR 4.200,00 sowie ein Vermögen in Höhe von EUR 1.700.000,00. Beim Beschwerdeführer lagen daher zumindest seit 28.09.2014 die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG grundsätzlich durchgehend vor.

Jedoch beging der Beschwerdeführer bereits am 07.11.2016 im Bundesgebiet eine Straftat, indem er eine Frau mit einem Messer gefährlich bedrohte, wenngleich ihm diese aufgrund seines geistigen Gesundheitszustandes nicht zuzurechnen. Gemäß § 55 Abs. 3 NAG bestand daher das Aufenthaltsrecht wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (siehe dazu auch weiter unten) nicht weiter. Es ist daher gegenständlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet kein Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG erworben hat.

Da der Beschwerdeführer die Voraussetzung eines Aufenthalts im Bundesgebiet seit fünf bzw. zehn Jahren nicht erfüllt, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG zur Anwendung.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091 mwN).

Nun ist im Sinne des § 67 FPG das persönliche Verhalten des Betroffenen zu beurteilen und insbesondere auf die durch die konkreten Straftaten bewirkten Eingriffe in die öffentliche Ordnung, die genauen Tatumstände und Begleitumstände der Taten und auch sonstige Besonderheiten Bedacht zu nehmen. Es ist in weiterer Folge abzuwägen, ob das Allgemeininteresse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegt als andere relativierende Momente, wie etwa auch das Familien- und Privatleben des Betroffenen.

Bei der vom Beschwerdeführer zu erstellenden Gefährdungsprognose steht seine strafgerichtliche Verurteilung bzw. das dieser zugrundeliegende Verhalten im Mittelpunkt.

Dazu ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer wegen strafbarer Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit von Menschen bereits in Deutschland vorverurteilt wurde und dort über zehn Jahre lang in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht war. Auch in Österreich hat der Beschwerdeführer eine Frau mit einem Messer gefährlich mit dem Tod bedroht, wobei ihm seine Tat aufgrund der bei ihm vorliegenden, schweren und seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden psychiatrischen Erkrankung (paranoide Schizophrenie) nicht zugrechnet werden konnte, der Beschwerdeführer aber dennoch neuerlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde, wo er sich inzwischen seit drei Jahren aufhält und dort ständig therapiert wird.

§ 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG verlangt sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach den (damit umgesetzten) Bestimmungen der Unionsbürger-RL kein dem Fremden subjektiv vorwerfbares persönliches Fehlverhalten. Maßgeblich sind vielmehr Aspekte einer von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Eine solche Gefährdung kann somit grundsätzlich auch bei Vorliegen einer psychischen Behinderung bejaht werden, wenn nicht etwa eine Behandlung und Medikation Gewähr dafür bieten, dass eine derartige Gefährdung künftig auszuschließen sein wird (vgl. VwGH 03.07.2017, Ra 2018/21/0081, mit Verweis auf VwGH 15.5.2007, 2004/18/0254).

Bei einem Aufenthaltsverbot handelt es sich nicht um eine Strafe und dem Fremden muss auch kein Verschulden an der von ihm ausgehenden Gefährdung angelastet werden (vgl. VwGH 21.06.2011, 2009/22/0309). Der Prognose einer vom Fremden ausgehenden Gefahr steht somit nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 21.11.2011, 2008/18/0677). Vielmehr hat der Gesetzgeber sogar die Möglichkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch wegen Tathandlungen vorgesehen, die im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wurden und zu einer Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geführt haben (vgl. nunmehr § 53 Abs. 6 FrPolG 2005; VwGH 19.5.2011, 2008/21/0042). Der dadurch zum Ausdruck kommende Grundsatz gilt auch in den Fällen des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005. Auch bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt für Differenzierungen bei der Gefährlichkeitsprognose für den Fall, dass ein Fremder gemäß dem UbG untergebracht ist (vgl. VwGH vom 03.07.2017, Ra 2018/21/0081).

In Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sich bereits in Deutschland über zehn Jahre im Maßnahmenvollzug samt entsprechender medizinischer Behandlung befunden hat und sich auch gegenständlich in Österreich im Maßnahmenvollzug mit engmaschiger Dauerbehandlung befindet und eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug nicht absehbar ist, ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass vom Beschwerdeführer bei fehlender oder unregelmäßiger Behandlung weiterhin eine erhebliche Gefahr ausgeht, die auf seine Erkrankung zurückzuführen ist, zumal beim Beschwerdeführer laut den Feststellungen im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen keinerlei Krankheitseinsicht besteht.

Dementsprechend geht vom Beschwerdeführer eine erhebliche, tatsächliche und auch gegenwärtige Gefahr iSd § 67 FPG aus.

Jedoch ist im Lichte der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes geboten.

Der Beschwerdeführer hat keinerlei Bindungen zu seinem Herkunftsstaat Großbritannien. Seine Mutter lebt in Deutschland, wo er (neben Aufenthalten in Belgien) auch aufgewachsen ist und studiert hat.

Zudem wurde beim Beschwerdeführer inzwischen ein sinunasales Plattenepithelkarzinom, somit eine Krebserkrankung, in einem derart fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, welches nur mehr eine palliative Behandlung der Erkrankung ermöglicht. Der Beschwerdeführer befindet sich somit im Endstadium einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Zusätzlich bestehen beim Beschwerdeführer derart schwere psychiatrische Erkrankungen, die eine selbstständige Handlungsfähigkeit derart ausschließen, dass ihm ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter zur Seite gestellt wurde.

Bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (bzw. auch einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes) in das durch Art. 8 MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Bei dieser Abwägung kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass eine medizinische Behandlung in Österreich vorgenommen wird, die im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung des persönlichen Interesses an einem Verbleib in Österreich führen kann (VwGH 29.2.2012, 2010/21/0310 bis 0314 und 2010/21/0366, mwN).

In Anbetracht der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall, nämlich der schweren Erkrankungen des Beschwerdeführers, dem Umstand, dass er weitestgehend rechtsgeschäftlich handlungsunfähig ist und einen entsprechenden Vertreter benötigt, im Herkunftsstaat Großbritannien über keinerlei persönliche oder sonstige Anknüpfungspunkte verfügt und auf eine durchgehende und dauerhafte Behandlung seiner Erkrankungen angewiesen ist, sowie, dass der Beschwerdeführer über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, ist gegenständlich von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung auszugehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Vielmehr hat sich das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber auch des Europäischen Gerichtshofes orientiert und diese – soweit erforderlich – auch in der Entscheidungsbegründung zitiert. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2212009.1.00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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