Entscheidungsdatum
04.11.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W259 2221425-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX Zl. XXXX , zu Recht:
A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. und VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. mit der Maßgabe stattgegeben, dass dieser zu lauten hat: „Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien ist unzulässig.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Araber, reiste am 22.10.2013 ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.10.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge „belangte Behörde“) vom 02.07.2014, GZ: XXXX , wurde diesem Antrag stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
3. Mit Schreiben vom 13.07.2018 teilte die österreichische Botschaft in XXXX der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer – laut niederschriftlicher Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers XXXX – keinen dauernden Aufenthalt mehr in Österreich habe. Er arbeite in Syrien in einem Krankenhaus und begründe seinen Wohnsitz in der Türkei.
4. Am 28.11.2018 langte eine Mitteilung der österreichischen Botschaft in XXXX hinsichtlich der dortigen Vorsprache des Beschwerdeführers bezüglich einer beabsichtigten Reise nach Österreich und dem Ersuchen um Ausstellung eines Ersatzdokumentes, da die Ehefrau des Beschwerdeführers unter anderem den österreichischen Konventionsreisepass des Beschwerdeführers im Streit verbrannt habe, bei der belangten Behörde ein.
5. Am 03.12.2018 wurde der Beschwerdeführer in Österreich amtlich abgemeldet.
6. Am 09.05.2019 ersuchte die belangte Behörde die österreichische Botschaft in XXXX , eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durchzuführen.
7. Am 14.05.2019 wurde der Beschwerdeführer einvernommen. Bei der Befragung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er Wohnsitze in Brüssel, in der Türkei und in Syrien habe. Er arbeite als Orthopäde in einem Krankenhaus in XXXX , Syrien. XXXX und Umgebung sei eine befreite Zone und es gebe kein Regime. Drei Schwestern und ein Bruder würden noch in XXXX wohnen. Seit eineinhalb Jahren sei er mit seiner nunmehrigen Ehefrau verheiratet. Er lebe mit ihr in der Türkei. In XXXX sei eine weitere Ehefrau mit zwei Kindern aufhältig. Seine geschiedene Ehefrau lebe mit den gemeinsamen Kindern in XXXX . Befragt, wie er seine Unterhaltspflichten finanziere, gab der Beschwerdeführer an, dass er Ersparnisse in der Höhe von ca. 150.000 $ von früher habe und jetzt monatlich ca. 2.000 $ verdiene. Gegen Ende der Befragung erwähnte der Beschwerdeführer, dass das Regime bald wieder in XXXX sei und es schwierig werde zu leben. Er habe Kinder in XXXX und wolle diese sehen.
8. Mit Schreiben vom 23.05.2019 wurden der österreichischen Botschaft in XXXX die Länderinformationen zu Syrien sowie die Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens mit der Möglichkeit, binnen einer Frist von einer Woche eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben, mit dem Ersuchen um nachweisliche Aushändigung übermittelt. Diese Schriftstücke wurden vom Beschwerdeführer am 29.05.2019 übernommen.
9. Am 02.06.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Diese langte am 03.06.2019 bei der belangten Behörde ein.
10. Mit Bescheid vom 04.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 02.07.2014, GZ XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Weiters wurde festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
11. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt in Österreich nicht aufgegeben habe. Sein langer Auslandsaufenthalt ergebe sich daraus, dass bei einem Auslandsaufenthalt sein österreichischer Konventionsreisepass verbrannt worden sei. Er habe versucht, bei der österreichischen Botschaft in XXXX ein Ersatzdokument zu erhalten und habe hierbei seinen alten syrischen Reisepass – ausgestellt am 05.01.2010, also vor Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft – vorgewiesen, da er sonst keinen Zugang zur Botschaft gefunden hätte. Die Aussagen seiner Gattin seien unrichtig. Sie habe seinen Konventionsreisepass verbrannt.
Er sei zwar sehr viel gereist, sein Lebensmittelpunkt sei jedoch seit 2013 in Österreich. Er habe als Orthopäde an verschiedenen Orten versucht, Spenden für Syrien zu sammeln bzw. Hilfsleistungen zu organisieren. Es sei richtig, dass er auch oft in Belgien gewesen sei, er habe aber definitiv seinen Lebensmittelpunkt nicht nach Belgien verlegt.
Er sei in Österreich vollkommen sozial und beruflich integriert, sodass aufgrund seines jahrelangen Aufenthaltes die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig sei (AS 783).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Aufgrund der der Entscheidung zugrundeliegenden Akten der belangten Behörde und des BVwG, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer besitzt die syrische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er ist im erwerbsfähigen Alter. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer ist im Jahr XXXX geboren.
Er ist in der Provinz XXXX geboren und aufgewachsen.
Der Beschwerdeführer besuchte in Syrien zwölf Jahre lang die Grund- und Mittelschule sowie das Gymnasium in XXXX und verfügt über einen Universitätsabschluss. Der Beschwerdeführer war in einem Krankenhaus in XXXX bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2012 tätig
Der Beschwerdeführer war mit XXXX verheiratet. Sie sind geschieden und haben sechs gemeinsame Kinder. Die ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers lebt mit den Kindern in Syrien, XXXX , in einer Wohnung. Sie sind syrische Staatsangehörige.
Danach heiratete der Beschwerdeführer XXXX . Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Diese Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben in XXXX , Belgien. Sie sind französische Staatsangehörige.
Zudem ist der Beschwerdeführer seit über 1 ½ Jahren mit XXXX verheiratet und lebt mit ihr gemeinsam in der Türkei, in XXXX . Der Beschwerdeführer verfügt seit Dezember 2018 in Österreich über keinen aufrechten Wohnsitz. Er übt in Österreich keine berufliche Tätigkeit aus und es leben auch keine nahen Angehörigen des Beschwerdeführers in Österreich.
In XXXX sind drei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers aufhältig. Eine weitere Schwester des Beschwerdeführers lebt in der Türkei und eine weitere in Deutschland.
Der Beschwerdeführer verfügt über Ersparnisse in der Höhe von ca. 150.000 $. Monatlich verdient er zurzeit ca. 2.000 $. Zuletzt war der Beschwerdeführer in einem Krankenhaus in XXXX als Arzt beschäftigt.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.07.2014 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Mit Bescheid vom 04.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Zugleich wurde festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt und ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien zulässig ist. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tage gewährt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
1.2. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Am 09.08.2018 ließ sich der Beschwerdeführer einen syrischen Reisepass beim syrischen Konsulat in XXXX ausstellen.
Der Beschwerdeführer war zuletzt im Krankenhaus XXXX in Syrien, XXXX , als Orthopäde beschäftigt und pendelt regelmäßig von seinem Wohnsitz in der Türkei zu diesem Krankenhaus in Syrien. Er hat damit seinen Lebensmittelpunkt außerhalb Österreichs begründet.
Im Jahr 2018 reiste der Beschwerdeführer insgesamt 16-mal nach Syrien ein.
Der Beschwerdeführer unterstellte sich nach der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (erneut und wiederholt) freiwillig dem Schutz seines Heimatstaates Syrien.
1.4. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.05.2019, zuletzt aktualisiert am 17.10.2019:
Politische Situation
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 13.3.2019). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2018).
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Baath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016).
Es gibt weiterhin Landesteile, in denen die syrische Regierung effektiv keine Kontrolle ausübt. Diese werden entweder durch Teile der Opposition, kurdische Einheiten, ausländische Staaten oder auch durch terroristische Gruppierungen kontrolliert (AA 13.11.2018; vgl. MPG 2018).
Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres- Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der „Nationalen Einheit“ 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als „Farce“. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016).
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Seit der Machtergreifung Assads haben weder Vater noch Sohn politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 13.3.2019), wodurch dieser für weitere 7 Jahre im Amt bestätigt wurde (WKO 11.2018). Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung.
Sicherheitslage:
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention des Iran in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018a). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der „wichtigsten“ Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016).
Am Beginn des Jahres 2019 sind noch drei größere Gebiete außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung: die Provinz Idlib und angrenzende Gebiete im Westen der Provinz Aleppo und Norden der Provinz Hama; die Gebiete im Norden und Osten Syriens, die unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) stehen; außerdem die Konfliktschutzzone (de-confliction zone) bei Tanf in Homs bzw. in der Nähe des Rukban Flüchtlingslagers (UNHRC 31.1.2019).
Trotz weitreichender militärischer Erfolge des syrischen Regimes und seiner Unterstützer sind Teile Syriens noch immer von Kampfhandlungen betroffen, allen voran die Provinzen Idlib, Teile Aleppos, Raqqas und Deir ez-Zours (AA 13.11.2018).
Laut UNMAS (United Nations Mine Action Service) sind 43% der besiedelten Gebiete Syriens mit Mienen und Fundmunition kontaminiert (AA 13.11.2018). Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit derartigen Hinterlassenschaften des bewaffneten Konfliktes zum Beispiel im Osten der Stadt Aleppo, Ost-Ghouta und im Osten Hamas (DIS/DRC 2.2019).
Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghuz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen „Syrian Democratic Forces“ erobert. Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZO 24.3.2019). Schläferzellen des IS sind sowohl im Irak als auch in Syrien weiterhin aktiv (FAZ 10.3.2019). Gegenwärtig sollen im Untergrund mehr als 20.000 IS-Kämpfer auf eine Gelegenheit zur Rückkehr warten (FAZ 22.3.2019).
US-Präsident Donald Trump kündigte im Dezember 2018 an, alle 2.000 US-Soldaten aus Syrien abziehen zu wollen (Qantara 28.2.2019).
Türkische Militäroperationen in Nordsyrien
Seit August 2016 ist die Türkei im Rahmen der Operation „Euphrates Shield“ in Syrien aktiv. Die Operation zielte auf zum damaligen Zeitpunkt vom Islamischen Staat (IS) gehaltene Gebiete, sollte jedoch auch dazu dienen, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) davon abzuhalten ein autonomes Gebiet entlang der syrisch-türkischen Grenze zu errichten. Die Türkei sieht die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) und die YPG als Bedrohung der türkischen Sicherheit (CRS 2.1.2019).
Am 20.1.2018 begann eine Offensive der Türkei gegen die kurdisch kontrollierte Stadt Afrin (DS 20.1.2018; vgl. DZO 23.1.2018, HRW 17.1.2019). Die Operation „Olivenzweig“ begann mit Artillerie- und Luftangriffen auf Stellungen der YPG in der Region Afrin, denen eine Bodenoffensive folgte (Presse 24.1.2018). Im März 2018 nahmen Einheiten der türkischen Armee und der mit ihnen verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) Afrin ein (Bellingcat 1.3.2019). Bis März 2018 hatte die türkische Offensive Berichten zufolge den Tod Dutzender Zivilisten und laut den Vereinten Nationen die Vertreibung Zehntausender zur Folge. Von der Türkei unterstützte bewaffnete Gruppierungen, die mit der FSA in Zusammenhang stehen, beschlagnahmten, zerstörten und plünderten das Eigentum kurdischer Zivilisten in Afrin (HRW 17.1.2019). Seit der Offensive regiert in Afrin ein Mosaik von türkisch-unterstützten zivilen Institutionen und unterschiedlichsten Rebelleneinheiten, die anfällig für innere Machtkämpfe sind (Bellingcat 1.3.2019). Von der Unabhängigen Untersuchungskommission für Syrien des UN-Menschenrechtsrates wird die Sicherheitslage in der Gegend von Afrin als prekär bezeichnet (UNHRC 31.1.2019).
Nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober 2019 ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9. Oktober eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens. Im Zuge dessen riefen die kurdischen Behörden eine Generalmobilisierung aus. Einerseits will die Türkei mit Hilfe der Offensive die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) und die von der YPG geführten Syrian Democratic Forces (SDF) aus der Grenzregion zur Türkei vertreiben, andererseits ist das Ziel der Offensive einen Gebietsstreifen entlang der Grenze auf syrischer Seite zu kontrollieren, in dem rund 2 der ungefähr 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge, die in der Türkei leben, angesiedelt werden sollen
Grundversorgung und Wirtschaft
Vor dem Krieg betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Syriens 60 Milliarden USD, aufgrund des Konfliktes verschlechterte sich die Wirtschaft und das BIP sank im Jahr 2017 auf 12 Milliarden USD. Schätzungen setzen die Kosten für den Wiederaufbau bei 250 Milliarden USD fest (TE 28.6.2018). Internationale Sanktionen, große strukturelle Schäden, der verringerte Konsum und die geminderte Produktion, reduzierte Subventionen und die hohe Inflation senken unter anderem den Wert des syrischen Pfund und die Kaufkraft privater Haushalte (CIA 3.4.2019).
Mit dem Abflauen des Konflikts dominiert mehr und mehr die katastrophale wirtschaftliche Lage und die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten die öffentliche Wahrnehmung und Diskussion. Die Frustration entzündete sich zuletzt am Mangel an Benzin und Gas; es kommt auch wieder verstärkt zu Stromabschaltungen (ÖB 7.2019). Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Konflikts sind erheblich und verstärken sich weiterhin. Der fehlende Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Unterkunft und Nahrung drängt Millionen Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut (WB 11.10.2018). Über die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung sind arbeitslos, die Jugendarbeitslosigkeit wird auf über 75% geschätzt (AA 13.11.2018; vgl. WKO 11.2018). Die Arbeits- und Perspektivlosigkeit und der daraus entstehende finanzielle Druck führen dazu, dass sich Personen aus finanziellen Gründen (sowohl oppositionellen als auch regierungstreuen) bewaffneten Milizen anschließen. Während einem Experten zufolge Damaskus im Wesentlichen seinen Status als funktionierende Stadt behalten hat, wurden andere Städte wie Homs und Aleppo im Zuge der Kämpfe fast zerstört. Der finanzielle Druck trifft vor allem Personen in ländlichen Gegenden, aber auch dort gibt es regionale Unterschiede (FIS 14.12.2018). Der Think Tank Middle East Institute berichtet, dass es in Damaskus immer schwieriger wird ohne Beziehungen (wasta) eine Arbeitsmöglichkeit zu finden (MEI 6.11.2018).
13,1 Millionen Menschen in Syrien sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA o.D.), davon leben etwa 1,16 Millionen Menschen in für Hilfsorganisationen schwer zu erreichenden Gebieten (UNOCHA 29.10.2018). In diesen Gebieten übersteigt der durchschnittliche Lebensmittelpreis den Durchschnittspreis in Damaskus um ein Vielfaches. In den zentralen Vierteln der Hauptstadt Damaskus und Teilen der Gouvernements Lattakia und Tartous ist die Versorgungslage dagegen besser. In Gebieten im Nordwesten und Nordosten Syriens sowie Landesteilen mit einem hohen Anteil an Binnenvertriebenen ist die humanitäre Lage besonders angespannt. Die kritische Versorgungslage hat in Regionen mit besonders hohem Anteil Binnenvertriebener (z.B. Provinz Idlib, aber auch Zufluchtsorte in den Provinzen Homs, Damaskus und Tartous) darüber hinaus vereinzelt zu Ablehnung und Abweisung von Neuankömmlingen geführt, die als Konkurrenten in Bezug auf die ohnehin sehr knappen Ressourcen gesehen werden. Nach wie vor verhindert das Regime Hilfslieferungen über die Konfliktlinien in Oppositionsgebiete. Die Zahl der von Hilfsleistungen abhängigen Personen ist laut UNOCHA in Tartous, Lattakia und Teilen Hassakahs am niedrigsten. Der Zugang zu Wasser, Elektrizität, Bildung und gesundheitlicher Versorgung ist dort grundlegend gewährleistet. Doch auch dort sind Teile der Bevölkerung vor allem Binnenvertriebene und vulnerable Aufnahmegemeinden in den ländlichen Gegenden, weiterhin von Lebensmittelhilfe abhängig (AA 13.11.2018).
Die Vertreibung großer Zahlen von Personen in Gebiete mit limitierten Unterbringungsmöglichkeiten treiben in von der Opposition gehaltenen Gebieten die Lebenshaltungskosten in die Höhe. Laut einem syrischen Menschenrechtsaktivisten und Wirtschaftswissenschafter beträgt die Miete für ein Haus mindestens 150 USD im Monat, während sie für ein Haus nahe der türkischen Grenze und damit entfernt von Bombenangriffen auf 300 USD gestiegen ist. Im Vergleich dazu liegt das durchschnittliche Einkommen in Syrien bei etwa 50 USD. Dies stellt ein Hindernis für Personen dar, die in diese Gebiete ziehen wollen. Die Häuser in den von der Regierung gehaltenen Gebieten blieben trotz steigender Preise „relativ leistbar“, mit einem Durchschnittspreis von 100 USD (CHH 5.2018).
Im Zuge der Militäroperationen zur Wiedereroberung von zentralen Gebieten Syriens versucht die Regierung zudem neue demographische Verhältnisse zu schaffen, indem sie Stadtplanungsgesetze ändert. So auch im Jahr 2018 mit Gesetz Nr. 10, das von Präsident Assad am 2. April 2018 verkündet wurde. Das Gesetz erlaubt den Behörden Zonen innerhalb ihrer Verwaltungsgrenzen für Entwicklung und Wiederaufbau vorzusehen und Immobilienentwicklungsgesellschaften zu gründen, die die Planung und Durchführung solcher Projekte überwachen (CMEC 9.5.2018). Im Zuge dessen ermöglicht das Gesetz die Enteignung von Flüchtlingen, denn gemäß dem Gesetz fallen sämtliche Grundstücke, Wohnungen und Häuser dem syrischen Staat zu, wenn deren Besitzer nicht Besitzurkunden bei der dementsprechenden, neu installierten Behörde vorlegen können (VB 24.4.2018). Dieser Besitznachweis musste ursprünglich innerhalb von 30 Tagen nach Deklaration einer „Entwicklungszone“ erfolgen. Diese Frist wurde jedoch nach internationalen Protesten auf ein Jahr verlängert (LMD 12.7.2018). Personen, die ihren Besitz beanspruchen können, erhalten Aktien der neu eingerichteten Immobiliengesellschaften, die dem geschätzten Wert ihres Besitzes entsprechen, wobei es aufgrund der aktuellen Konfliktsituation wahrscheinlich ist, dass der geschätzte Wert weit niedriger als der tatsächliche Marktwert ist (CMEC 9.5.2018).
Das Bildungssystem wurde durch die Beschädigung von Schulgebäuden und die Nutzung von Schulen als militärische Einrichtungen stark beeinträchtigt (WB 10.7.2017). Laut UNICEF erhalten noch immer zwei Millionen Kinder in Syrien keine Schulbildung. Schulen, die nicht zerstört wurden, sind voll mit Schülern, obwohl es einigen der Schulen an Strom oder sogar Fenstern und Türen mangelt (AP 13.12.2018). Etwa 46% der Schulen sind teilweise oder gänzlich nicht funktionsfähig (SHRC 24.1.2019). In Gebieten, die zuvor unter Kontrolle des sogenannten Islamischen Staates (IS) von den Syrian Democratic Forces (SDF) wiedererobert wurden, konnten Schulen wiedereröffnet werden. Manche der Schulen benötigen jedoch noch umfangreiche Reparaturen und müssen von explosiven Kampfmittelrückständen gesäubert werden (USDOS 13.3.2019).
Die syrische Regierung bemüht sich den Wiederaufbau voranzutreiben, doch kann dieser im Hinblick auf die Dimension der Zerstörung im Land im Moment nur als sehr eingeschränkt und stark lokalisiert bezeichnet werden. Die Ankündigung von Projekten, dient demnach eher der internen Propaganda bzw. dem Versuch, vor allem in Gebieten, in denen die syrische Regierung erst seit Kurzem wieder die Kontrolle erlangt hat, ein politisches Signal zu setzen und die Präsenz des Staates zu bekräftigen (WKO 11.2018). Teile mancher Gebiete, wie z.B. Homs, Ost-Aleppo, Raqqa, Vororte von Damaskus, Deir ez-Zour, Dara‘a und Idlib, sind auch mittel- bis langfristig nicht bewohnbar, da sie durch den Konflikt teils stark zerstört wurden. Im vom IS befreiten Raqqa ist das Ausmaß der Zerstörung sehr hoch, hinzu kommt die immense Kontaminierung durch nicht explodierte Munition und IS-Sprengfallen. Am wenigsten vom Konflikt betroffen sind neben dem Stadtzentrum der Hauptstadt Damaskus die Hafenstädte Tartous und Lattakia sowie Suweida und Hassakah (AA 13.11.2018). Die Stadt Damaskus erstreckt sich über eine große Fläche und der Beschädigungsgrad variiert stark. Es gibt Stadtteile, die dem Erdboden gleichgemacht wurden, andere weisen klare Spuren des Krieges auf und wiederum andere sehen mit Ausnahme der Checkpoints und der starken Militärpräsenz so aus wie vor dem Krieg (WKO 11.2018).
Der Konflikt in Syrien beschädigte große landwirtschaftlich nutzbare Gebiete, Tausende Landwirte wurden vertrieben. Dies verursachte einen starken Anstieg der Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel (Dünger, etc.) (UNWFP 9.10.2018).
Extreme Wetterschwankungen im Jahr 2018 führten einerseits zu einem starken Rückgang der heimischen Lebensmittelproduktion, gleichzeitig sanken allerdings durch die verbesserte Sicherheit, Stabilität und Wiedereröffnung von Versorgungsrouten die Lebensmittelpreise im Jahr 2018 um etwa 40% im Vergleich zum Vorjahr. Die Preise bleiben damit aber etwa siebenmal so hoch wie noch vor dem Konflikt (UNWFP 9.10.2018). Die Wiedereroberung von vormals von Rebellen gehaltenen Gebieten durch die Regierung und damit Wiedereröffnung mancher Verkehrswege verbessert die Transportmöglichkeiten von Waren (und Personen) und wirkt sich damit positiv auf die Wirtschaft Syriens aus (Reuters 27.9.2018). Die Lebensmittelsicherheit hat sich im Jahr 2018 durch die verbesserte Sicherheit und besserem Marktzugang ein wenig verbessert. Es gibt jedoch noch immer Problemgebiete (UNWFP 9.10.2018). Millionen von Syrern in allen 14 Provinzen des Landes sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, die von verschiedenen Organisationen bereitgestellt wird. Vor allem in belagerten oder schwer zugänglichen Gebieten werden Lebensmittelkonvois von den syrischen Behörden aufgehalten, um politischen Druck auszuüben. Dies erschwert regelmäßig rechtzeitige und kontinuierliche Lieferungen. Hunger scheint zudem als militärische Taktik bei der Rückeroberung von belagerten Gebieten durch die syrische Regierung verwendet worden zu sein (MOFANL 7.2019). 6,5 Millionen Menschen sind von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, und weitere 2,5 Millionen sind gefährdet, ebenfalls von Nahrungsmittelunsicherheit in Mitleidenschaft gezogen zu werden (UNWFP 21.8.2019).
Der emiratischen Zeitung Gulf News zufolge wird die Versorgungssituation in von der Regierung gehaltenen Gebieten dadurch belastet, dass die Regierung nun auch für die Versorgung der befreiten Gebiete verantwortlich ist, die sich in den Vorjahren in den Händen der bewaffneten Opposition befanden (Gulf 17.1.2019). Im Frühjahr 2019 verschlechtern sich die Lebensbedingungen trotz Rückgangs der Kampfhandlungen und es kommt selbst unter Loyalisten vermehrt zur Kritik an der syrischen Regierung (nicht jedoch an Präsident Assad selbst) aufgrund des Mangels an Treibstoff, Kochgas und Strom und auch der syrische Pfund verliert wieder an Wert (TWP 25.3.2019).
Die Trinkwasser- und Elektrizitätsversorgung ist infolge gezielter Zerstörung vor allem in umkämpften Gebieten eingeschränkt. 12,1 Millionen Menschen benötigen dringend Zugang zu (Trink-)Wasser, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen. Insbesondere im Süden (Dara‘a, Quneitra) sowie im Norden (Idlib, Aleppo) ist die Bevölkerung in hohem Maße auf durch Lastwagen im Rahmen der humanitären Hilfe geliefertes Wasser angewiesen (AA 13.11.2018).
Rückkehr
Im Juli 2018 zählte die syrische Bevölkerung geschätzte 19,5 Millionen Menschen (CIA 3.4.2019).
Die Zahl der Binnenvertriebenen belief sich im September 2018 auf insgesamt 6,2 Millionen Menschen (UNHCR 30.9.2018). 2018 sind insgesamt etwa 1,2 bis 1,4 Millionen IDPs in Syrien zurückgekehrt (UNHCR 18.3.2019).
Mit März 2019 waren 5.681.093 Personen in den Nachbarländern Syriens und Nordafrika als syrische Flüchtlinge registriert (UNHCR 11.3.2019). 2018 sind laut UNHCR insgesamt etwa 56.000 Flüchtlinge nach Syrien zurückgekehrt (UNHCR 18.3.2019).
Weder IDPs noch Flüchtlinge sind notwendigerweise in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt (UNHCR 18.3.2019).
Wenn eine Person in ihre Heimat zurückkehren möchte, können viele unterschiedliche Faktoren die Rückkehrmöglichkeiten beeinflussen. Ethno-religiöse, wirtschaftliche und politische Aspekte spielen ebenso eine Rolle, wie Fragen des Wiederaufbaus und die Haltung der Regierung gegenüber Gemeinden, die der Opposition zugeneigt sind (FIS 14.12.2018). Über die Zustände, in welche die Flüchtlinge zurückkehren und die Mechanismen des Rückkehrprozesses ist wenig bekannt. Da Präsident Assad die Kontrolle über große Gebiete wiedererlangt, sind immer weniger Informationen verfügbar und es herrschen weiterhin Zugangsbeschränkungen und Beschränkungen bei der Datenerhebung für UNHCR (EIP 6.2019).
Das Fehlen von vorhersehbarer und nachhaltiger physischer Sicherheit in Syrien ist der Hauptfaktor, der die Rückkehrvorhaben von Flüchtlingen negativ beeinflusst. Weiters werden das Fehlen einer adäquaten Unterkunft oder Wohnung oder fehlende Möglichkeiten den Lebensunterhalt zu sichern als wesentliche Hindernisse für die Rückkehr genannt. Als wichtiger Grund für eine Rückkehr wird der Wunsch nach Familienzusammenführung genannt (UNHCR 7.2018). Rückkehrüberlegungen von syrischen Männern werden auch von ihrem Wehrdienststatus beeinflusst (DIS/DRC 2.2019).
Bereits im Jahr 2017 haben die libanesischen Behörden trotz des Konfliktes und begründeter Furcht vor Verfolgung vermehrt die Rückkehr syrischer Flüchtlinge gefordert. Eine kleine Anzahl von Flüchtlingen ist im Rahmen lokaler Abkommen nach Syrien zurückgekehrt. Diese Rückkehrbewegungen werden nicht von UNHCR überwacht. Einige Flüchtlinge kehren aufgrund der harschen Politik der Regierung ihnen gegenüber und sich verschlechternden Bedingungen im Libanon nach Syrien zurück, und nicht weil sie der Meinung sind, dass Syrien sicher sei. Gemeinden im Libanon haben Tausende von Flüchtlingen in Massenausweisungen/Massenvertreibungen ohne Rechtsgrundlage oder ordnungsgemäßes Verfahren vertrieben. Zehntausende sind weiterhin der Gefahr einer Vertreibung ausgesetzt (HRW 17.1.2019). Viele syrische Flüchtlinge kehren aufgrund der schlechten Bedingungen im Libanon und Jordanien nach Syrien zurück, und weil sie außerhalb Syriens keine Zukunft für sich sehen (IT 19.8.2018). UNHCR hat nur vereinzelt und für kurze Zeit Zugang zu Personen, die aus dem Libanon nach Syrien zurückkehren, und kann auch keine ungestörten Interviews mit ihnen führen (AA 13.11.2018).
Flüchtlinge, die aus dem Libanon nach Syrien zurückkehren möchten, müssen dies bei den lokalen Sicherheitsbehörden melden und diese leiten den Antrag an die syrischen Behörden weiter (IT 19.8.2018; vgl. Reuters 25.9.2018). Die syrischen Behörden überprüfen die Antragsteller. Anträge auf Rückkehr können von der Regierung auch abgelehnt werden. Der Anteil der Personen, denen die Rückkehr nicht gestattet wird, wird von den verschiedenen Quellen mit 5% (SD 16.1.2019), 10% (Reuters 25.9.2018), bis hin zu 30% (ABC 6.10.2018) angegeben. In vielen Fällen wird auch Binnenvertriebenen die Rückkehr in ihre Heimatgebiete nicht erlaubt (USDOS 13.3.2019).
Gründe für eine Ablehnung können (wahrgenommene) politische Aktivitäten gegen die Regierung bzw. Verbindungen zur Opposition oder die Nicht-Ableistung der Wehrpflicht sein (Reuters 25.9.2018; vgl. ABC 6.10.2018, SD 16.1.2019). Personen, die von der syrischen Regierung gesucht werden, und darum die Genehmigung zur Rückkehr nicht erhalten, sind aufgefordert ihren Status zu „regularisieren“, bevor sie zurückkehren können (Reuters 25.9.2018; vgl. SD 16.1.2019). In Jordanien gibt es für diese Regularisierung jedoch bisher keine Abläufe. Im Januar 2019 fanden erstmals organisierte Rückkehrbewegungen einer geringen Anzahl von syrischen Flüchtlingen aus Jordanien am syrisch-jordanischen Jaber-Nassib-Grenzübergang statt. Organisiert wurde die Rückkehr von einem zivilen Komitee, ohne Beteiligung der jordanischen Behörden und auch hier wurden die Namen der Antragsteller den syrischen Behörden zur Rückkehrgenehmigung übermittelt (SD 16.1.2019).
Syrer benötigen in unterschiedlichen Lebensbereichen eine Sicherheitsfreigabe von den Behörden, so z.B. auch für die Eröffnung eines Geschäftes, eine Eheschließung und Organisation einer Hochzeitsfeier, um den Wohnsitz zu wechseln, für Wiederaufbautätigkeiten oder auch um eine Immobilie zu kaufen (FIS 14.12.2018; vgl. EIP 6.2019). Die Sicherheitsfreigabe kann auch Informationen enthalten, z.B. wo eine Person seit dem Verlassen des konkreten Gebietes aufhältig war. Der Genehmigungsprozess könnte sich einfacher gestalten für eine Person, die in Damaskus aufhältig war, wohingegen der Aufenthalt einer Person in Orten wie Deir ez-Zour zusätzliche Überprüfungen nach sich ziehen kann. Eine Person wird für die Sicherheitserklärung nach Familienmitgliedern, die von der Regierung gesucht werden, befragt, wobei nicht nur Mitglieder der Kern- sondern auch der Großfamilie eine Rolle spielen (FIS 14.12.2018).
Für Personen aus bestimmten Gebieten Syriens erlaubt die Regierung die Wohnsitzänderung aktuell nicht. Wenn es darum geht, wer in seinen Heimatort zurückkehren kann, können einem Experten zufolge ethnisch-konfessionelle aber auch praktische Motive eine Rolle spielen. Genannt werden zum Beispiel Sayyida Zeinab – eine schiitisch dominierte Gegend, in welcher der Sayyida Zeinab Schrein gelegen ist – oder die christliche Stadt Ma‘lula in Damaskus-Umland, in die Muslime nicht zurückkehren können (FIS 14.12.2018). Ehemalige Bewohner von Homs müssen auch vier Jahre nach der Wiedereroberung durch die Regierung noch immer eine Sicherheitsüberprüfung bestehen, um in ihre Wohngebiete zurückkehren und ihre Häuser wieder aufbauen zu können (TE 28.6.2018). Syrer, die nach Syrien zurückkehren, können sich nicht an jedem Ort, der unter Regierungskontrolle steht, niederlassen. Die Begründung eines Wohnsitzes ist nur mit Bewilligung der Behörden möglich (ÖB 21.8.2019). Das syrische Innenministerium kündigte Anfang 2019 an, keine Sicherheitserklärung mehr als Voraussetzung für die Registrierung eines Mietvertrages bei Gemeinden zu verlangen (SLJ 29.1.2019; vgl. ÖB 10.5.2019), sondern Mieten werden dort registriert und die Daten an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet (ÖB 10.5.2019), sodass die Sicherheitsbehörden nur im Nachhinein Einspruch erheben können. Eine Reihe von Vierteln in Damaskus bleiben teilweise oder vollständig geschlossen, selbst für Zivilisten, die die Wohnviertel nur kurz aufsuchen wollen, um nach ihren ehemaligen Häusern zu sehen (SD 19.11.2018).
Es ist wichtig, dass Rückkehrer in ihren Herkunftsort zurückkehren, weil sie dann auf ein soziales Netzwerk und/ oder ihren Stamm zurückgreifen können. Jenen, die aus dem Ausland in ein Gebiet ziehen, aus dem sie nicht stammen, fehlt ein solches Sicherheitsnetz (MOFANL 7.2019).
Es ist schwierig Informationen über die Lage von Rückkehrern in Syrien zu erhalten. Regierungsfreundliche Medien berichten über die Freude der Rückkehrer, oppositionelle Medien berichten über Inhaftierungen und willkürliche Tötungen von Rückkehrern. Zudem wollen viele Flüchtlinge aus Angst vor Repressionen der Regierung nicht mehr mit Journalisten (TN 10.12.2018) oder sogar mit Verwandten sprechen, nachdem sie nach Syrien zurückgekehrt sind (Syria Direct 16.1.2019; vgl. TN 10.12.2018). Zur Situation von rückkehrenden Flüchtlingen aus Europa gibt es wohl auch aufgrund deren geringen Zahl keine Angaben (ÖB 7.2019).
Die syrische Regierung führt Listen mit Namen von Personen, die als in irgendeiner Form regierungsfeindlich angesehen werden. Die Aufnahme in diese Listen kann aus sehr unterschiedlichen Gründen erfolgen und sogar vollkommen willkürlich sein. Zum Beispiel kann die Behandlung einer Person an einer Kontrollstelle wie einem Checkpoint von unterschiedlichen Faktoren abhängen, darunter die Willkür des Checkpoint-Personals oder praktische Probleme, wie die Namensgleichheit mit einer von der Regierung gesuchten Person. Personen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, können unterschiedliche Konsequenzen von Regierungsseite, wie Festnahme und im Zuge dessen auch Folter, riskieren. Zu als oppositionell oder regierungsfeindlich angesehenen Personen gehören einigen Quellen zufolge unter anderem medizinisches Personal, insbesondere wenn die Person diese Tätigkeit in einem von der Regierung belagerten oppositionellen Gebiet ausgeführt hat, Aktivisten und Journalisten, die sich mit ihrer Arbeit gegen die Regierung engagieren und diese offen kritisieren, oder Informationen oder Fotos von Geschehnissen in Syrien wie Angriffe der Regierung verbreitet haben sowie allgemein Personen, die offene Kritik an der Regierung üben. Einer Quelle zufolge kann es sein, dass die Regierung eine Person, deren Vergehen als nicht so schwerwiegend gesehen wird, nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit festnimmt (FIS 14.12.2018).
Ein weiterer Faktor, der die Behandlung an einem Checkpoint beeinflussen kann, ist das Herkunftsgebiet oder der Wohnort einer Person. In einem Ort, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, zu wohnen oder von dort zu stammen kann den Verdacht des Kontrollpersonals wecken (FIS 14.12.2018).
Es wird regelmäßig von Verhaftungen von und Anklagen gegen Rückkehrer gemäß der Anti-Terror-Gesetzgebung berichtet, wenn diesen Regimegegnerschaft unterstellt wird. Diese Berichte erscheinen laut deutschem Auswärtigem Amt glaubwürdig, können im Einzelfall aber nicht verifiziert werden (AA 13.11.2018).
Es muss davon ausgegangen werden, dass syrische Sicherheitsdienste in der Lage sind, exilpolitische Tätigkeiten auszuspähen und darüber zu berichten (AA 13.11.2018; vgl. ÖB 7.2019). Es gibt Berichte, dass syrische Sicherheitsdienste mit Drohungen gegenüber noch in Syrien lebenden Familienmitgliedern Druck auf in Deutschland lebende Verwandte ausüben (AA 13.11.2018). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (BFA 8.2017). Der Sicherheitssektor nützt den Rückkehr- und Versöhnungsprozess, um, wie in der Vergangenheit, lokale Informanten zur Informationsgewinnung und Kontrolle der Bevölkerung zu institutionalisieren. Die Regierung weitet ihre Informationssammlung über alle Personen, die nach Syrien zurückkehren oder die dort verblieben sind, aus. Historisch wurden Informationen dieser Art benutzt, um Personen, die aus jedwedem Grund als Bedrohung für die Regierung gesehen werden, zu erpressen oder zu verhaften (EIP 6.2019).
Es gibt Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Personen, die nach Syrien zurückgekehrt waren (IT 17.3.2018). Hunderte syrische Flüchtlinge wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und verhört – inklusive Geflüchteten, die aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrten, IDPs aus Gebieten, die von der Opposition kontrolliert wurden, und Personen, die in durch die Regierung wiedereroberten Gebieten ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung geschlossen haben. Sie wurden gezwungen Aussagen über Familienmitglieder zu machen und in manchen Fällen wurden sie gefoltert (TWP 2.6.2019).
Laut UNHCR ist unter den in Syrien herrschenden Bedingungen eine freiwillige Rückkehr in Sicherheit und Würde derzeit nicht möglich und UNHCR fördert oder unterstützt die Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien weiterhin nicht (UNHCR 18.3.2019).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in den Einvernahmen vor der belangten Behörde im Vorverfahren sowie im gegenständlichen Verfahren. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem von der belangten Behörde ausgestellten Konventionsreisepass in Zusammenschau mit den in Vorlage gebrachten Dokumenten, die in Kopie vorliegen, und den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zum Geburtsort des Beschwerdeführers, seinen Eigentumsverhältnissen, seiner zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit, zu seinem Familienstand, seinem Gesundheitszustand, seinen Familienangehörigen und deren Aufenthaltsorten sowie zu seinem beruflichen und schulischen Werdegang ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme bei der österreichischen Botschaft in XXXX am 14.05.2019 sowie aus den Angaben in der Stellungnahme vom 02.06.2019.
Nachdem der Beschwerdeführer seit Dezember 2018 keine aufrechte Meldeadresse mehr in Österreich hat und zuletzt in der Türkei lebte und von dort regelmäßig nach Syrien pendelte, um dort einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer – entgegen seiner Behauptungen in der Beschwerde – nunmehr seinen Lebensmittelpunkt in einem anderen Staat begründet. Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen. Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift allgemein anführte, dass er in Österreich sozial und beruflich vollkommen integriert sei, sind ihm seine eigenen Angaben entgegenzuhalten. Aus diesen geht klar hervor, dass er Wohnsitze in der Türkei und in Belgien habe. Er arbeite in Syrien und übernachte dort im Krankenhaus. Er sei seit 1 ½ verheiratet und lebe mit seiner Frau in der Türkei (AS 259 f). Eine entsprechende Integration in Österreich konnte daher nicht festgestellt werden.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, ergibt sich aus seinen nachvollziehbaren Angaben und durch Einsichtnahme in einen aktuellen Strafregisterauszug.
Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer am 09.08.2018 beim syrischen Konsulat in XXXX einen syrischen Reisepass ausstellen hat lassen, konnte aufgrund der übermittelten Kopie dieses Reisepasses durch die österreichische Botschaft in XXXX getroffen werden. Zudem gab der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 02.06.2019 ausdrücklich an, dass er sich diesen Reisepass ausstellen habe lassen (AS 257 ff, 267 f, 463).
Der Beschwerdeführer gab an, dass er sich einen Reisepass nur deshalb habe ausstellen lassen, weil sein Konventionsreisepass verbrannt worden sei und er einen Reisepass für seinen weiteren Aufenthalt in der Türkei benötigt habe. Er habe kein Dokument gehabt, da seine Ehefrau seinen Konventionspass verbrannt habe und ihm kein neuer Konventionsreisepass ausgestellt worden sei (Stellungnahme vom 02.06.2019, AS 463). Diese Angaben des Beschwerdeführers können jedoch vor dem Hintergrund seiner mehrmaligen Reisen nach Syrien und seiner Aufnahme einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit in Syrien nach Ausstellung des Reisepasses, lediglich als Schutzbehauptungen gewertet werden. Das Verhalten des Beschwerdeführers und die mehrmalige Verwendung des Reisepasses zur Einreise nach Syrien legen nahe, dass der Beschwerdeführer den Reisepass bereits mit der Intention diesen für seine Grenzübertritte zu verwenden, beantragt hat. Dem Erklärungsversuch des Beschwerdeführers, weshalb er sich den syrischen Reisepass habe ausstellen lassen, kann daher kein Glaube geschenkt werden.
Aufgrund der sich im Reisepass befindlichen Ein- und Ausreisestempel den Grenzübergang XXXX zwischen der Türkei und Syrien betreffend sowie der vom Beschwerdeführer bei der österreichischen Botschaft in XXXX vorgelegten Aufstellung seiner Reisebewegungen von der Türkei nach Syrien (AS 147, 270 f) konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 16 Mal nach Syrien gereist ist.
Zudem gab der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme bei der österreichischen Botschaft in XXXX am 14.05.2019 an, dass er regelmäßig von seinem Wohnsitz in der Türkei zu dem Krankenhaus XXXX , in XXXX in Syrien pendle, wo er als Arzt beschäftigt sei. Auch in der Stellungnahme vom 02.06.2019 erklärte der Beschwerdeführer nochmals, derzeit in Syrien beruflich tätig zu sein. Bestätigend gab auch die Ehefrau des Beschwerdeführers XXXX bei ihrer Einvernahme bei der österreichischen Botschaft in XXXX an, dass der Beschwerdeführer ein Haus in der Türkei besitze, dort aufrecht gemeldet und in einem Krankenhaus in Syrien tätig sei (AS 33, 463).
Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer sohin – mehrmals – in seinen Herkunftsstaat zurückreiste, dort insgesamt betrachtet über einen längeren Zeitraum aufhältig war und einer beruflichen Tätigkeit nachging und er sich insbesondere im August 2018 einen syrischen Reisepass ausstellen hat lassen, ist klar der Wille und die Freiwilligkeit des Beschwerdeführers erkennbar, die Beziehungen zu seinem Herkunftsstaat zu normalisieren und sich erneut unter dessen Schutz zu stellen. Diesbezüglich wird auch auf die rechtliche Beurteilung zu Spruchpunkt I. verwiesen. Insgesamt waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
2.3. Zu den Länderfeststellungen:
Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht maßgeblich geändert haben.
Die festgestellten Länderberichte wurden von dem Beschwerdeführer nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Beschwerde gegen die Aberkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt oder einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat. Gemäß Abs. 4 ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.
Gemäß dem in dieser Bestimmung verwiesenen Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, u.a. dann nicht mehr angewendet werden, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, unterstellt hat (Z 1).
Auch gemäß Art. 11 Abs. 1 der Statusrichtlinie 2011/95/EU ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser u.a. dann nicht mehr Flüchtling, wenn er sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt (lit. a).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre Entscheidung darauf gestützt, dass der Beendigungstatbestand der Z 1 des Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt ist, weil dem Beschwerdeführer ein syrischer Reisepass ausgestellt worden ist und er diesen regelmäßig zur Ein- bzw. Ausreise nach bzw. aus Syrien nutzt. Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Recht:
Die Ausstellung eines Reisepasses, wie im gegenständlichen Fall, muss in der Regel - sofern nicht im konkreten Einzelfall ein dieser Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt (VwGH 18.12.1996, 95/20/0466, Hinweis E 19.12.1995, 94/20/0838).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass die erfolgreiche Beantragung der Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses des Heimatstaates auch dann zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft führen kann, wenn im Heimatsstaat selbst weiterhin die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung besteht und eine Rückkehr dorthin nicht beabsichtigt ist. Ein solcher Fall würde vorliegen, wenn der bereits anerkannte Flüchtling darauf besteht, sich für Zwecke, für die das Konventionsdokument ausreichen würde, eines Passes seines Heimatstaates zu bedienen. Neben den Voraussetzungen des tatsächlichen Erhaltes des Schutzes und der Freiwilligkeit ist auch das Erfordernis eines auf die Unterschutzstellung als solche abzielenden Willens maßgeblich (VwGH 15.05.2003, 2001/01/0499).
Im gegenständlichen Fall bestritt der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt, dass er sich einen syrischen Reisepass ausstellen habe lassen.
Wie schon im Bescheid der belangten Behörde dargelegt wurde, kann in der vom Beschwerdeführer beantragten Ausstellung eines syrischen Reisepasses und der nachfolgenden mehrmaligen Verwendung dieses Passes zur Ein- und Ausreise in seinen Herkunftsstaat, der Schluss gezogen werden, dass dieser sich freiwillig und willentlich dem Schutz seines Herkunftsstaates unterstellt hat. Fallbezogen wurden keine glaubhaften gegen die Freiwilligkeit der Beantragung des Reisepasses sprechende Umstände vorgebracht. Dass die Ausstellung des Reisepasses zwingend für den weiteren Aufenthalt in der Türkei notwendig gewesen wäre, konnte der Beschwerdeführer gerade nicht glaubhaft machen.
Der Beschwerdeführer ließ sich am 09.08.2018 einen neuen syrischen Reisepass ausstellen und stellte sich sohin unter den Schutz seines Heimatstaates.
Daher kann der belangten Behörde im Lichte der zitierten Judikatur nicht entgegengetreten werden, wenn diese vom Vorliegen eines Asylaberkennungsgrundes iSd § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK ausgegangen ist.
Schließlich ist noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch seinen Lebensmittelpunkt ab Mitte 2018 von Österreich in die Türkei verlegt hat. Der Beschwerdeführer begründet seitdem den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat, sodass auch der Aberkennungsgrund nach § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 erfüllt ist.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Allerdings regelt § 1 Z 1 1. Fall AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich.
Da der Beschwerdeführer seit Mitte 2018 nicht mehr in Österreich aufrecht gemeldet ist, seinen Wohnsitz außerhalb Österreichs begründet hat und sich derzeit in der Türkei aufhält, kommt eine Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht. Es ist die Beschwerde daher auch diesbezüglich abzuweisen.
3.3. Zur Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides):
§ 58 AsylG 2005 lautet:
„(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
[…]
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
[…]
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.“
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Da sich der Beschwerdeführer nicht in Österreich befindet, kommt eine Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (arg.: "im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen") nicht in Betracht. Darüber hinaus wurden Gründe, die für das Vorliegen der Voraussetzungen sprechen, in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind auch vom Amts wegen nicht hervorgekommen.
Die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erfolgte durch die belangte Behörde daher zu Recht.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ist somit abzuweisen.
3.4. Zur Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriff