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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des F in R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. September 1996, Zl. 513.746/02-I 5/96, betreffend Duldung von Maßnahmen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Zuge einer vom Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) am 16. Jänner 1995 in anderem Zusammenhang durchgeführten Wasserrechtsverhandlung wurde dem Verhandlungsleiter mitgeteilt, daß sich im Bereich der Parzellen 59/5 und 66 KG K eine Hausmülldeponie befinde, für die eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erwirkt worden sei. Von Bewohnern der dort befindlichen Ferienwohnsiedlung sei bis zum Jahre 1988 dort Hausmüll abgelagert worden, die Ablagerungsfläche sei zwischenzeitig eingeebnet, humusiert und begrünt.
Nach Begehung der Örtlichkeit durch ein Organ der Gewässeraufsicht wurde dem LH von diesem mitgeteilt, daß durch bloßen Ortsaugenschein keine Aussage über das abgelagerte Material getroffen werden könne, weshalb es der Durchführung einer Probegrabung bedürfe.
Der Beschwerdeführer teilte dem LH über dessen Anfrage mit, daß es zutreffe, daß bis 1988 im betroffenen Bereich Hausmüll abgelagert worden sei, was notwendig gewesen wäre, da es bis dahin keine Müllabfuhr gegeben habe.
Der LH zog daraufhin seinen Amtssachverständigen für Deponietechnik bei, welcher erklärte, daß eine Beurteilung des Gefährdungspotentials für das Grundwasser nur dann möglich sei, wenn man die Zusammensetzung und die Ausdehnung des Ablagerungskörpers kenne. Da diese aus dem Akt nicht hervorgingen und an der betroffenen Stelle oberflächlich offenbar nichts mehr zu erkennen sei, stelle die Herstellung von Erkundungsschürfen die einzige Möglichkeit dar, eine Aussage über die möglichen Auswirkungen treffen zu können. Sollte tatsächlich Hausmüll, Holz, Papier und dergleichen abgelagert worden sein, wäre eine Gefährdung gegeben, weshalb in diesem Fall zusätzlich zu einer Wasserprobe von einer Quelle auch Materialproben vom anstehenden Untergrund untersucht werden müßten.
Die in der Folge vom LH an den Beschwerdeführer gerichtete Anfrage über das Bestehen einer Bereitschaft zur Duldung von Probegrabungen auf seinen Grundstücken wurde vom Beschwerdeführer mit der Begründung verneint, daß es an einem konkreten Hinweis auf eine Grundwasserverunreinigung fehle. Mangels Erweislichkeit einer Grundwasserverunreinigung seien Verfügungen nach § 72 Abs. 1 WRG 1959 nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 4. Jänner 1996 traf der LH folgenden Ausspruch:
"Es wird Herrn (Beschwerdeführer) aufgetragen, im Bereich der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke Nr. 59/5 und 66 KG K die Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen im Wege der Herstellung von Erkundungsschürfen zur Feststellung von Ausmaß und Zusammensetzung der Ablagerungen auf diesen Grundstücken in einem Verfahren gemäß § 138 WRG durch die damit betrauten Organe der Wasserrechtsbehörde nach vorheriger Verständigung zu
DULDEN."
Begründend vertrat der LH die Auffassung, daß ein aktueller Anlaß zur Ausübung der in den §§ 130 ff WRG 1959 geregelten Aufsichtstätigkeit und zur Einleitung eines Verfahrens zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 138 WRG 1959 im gegenständlichen Fall gegeben sei. Abfalldeponien unterlägen nämlich der präventiven wasserrechtlichen Bewilligungspflicht nach § 31b WRG 1959 und seien bis zum Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 dem Bewilligungserfordernis nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 unterlegen. Daß im Bereich der Grundstücke Nr. 59/5 und 66 KG K bis 1988 Hausmüll entgegen den genannten gesetzlichen Bestimmungen abgelagert worden sei, werde vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Eine Hausmülldeponie ohne entsprechende deponiebautechnische Begleitmaßnahmen sei nach dem natürlichen Lauf der Dinge geeignet, eine Gewässergefährdung durch Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser zu bewirken. Vom Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 sei nach Lage des Falles auszugehen. Die Abschätzung des möglichen Gefährdungspotentiales und die Feststellung jener Maßnahmen, die nach § 138 WRG 1959 zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erforderlich seien, erforderten die Vornahme entsprechender Untersuchungen, wofür die Vornahme von Erkundungsschürfen als technisch anerkannte, übliche und bewährte Methode zur Ermittlung der Zusammensetzung des Ablagerungskörpers unumgänglich sei. Mit Wasseruntersuchungen allein könne das Auslangen nicht gefunden werden, weil aus dem Umstand, daß solche Wasseruntersuchungen zum Untersuchungszeitpunkt keine Schadstoffe erweisen würden, noch nicht ausgeschlossen werden könnte, daß eine Auslaugung des Deponiekörpers stattgefunden habe oder in Zukunft stattfinden werde. Angesichts der möglichen Gefahren, die von ungesicherten Hausmülldeponien für das Grundwasser ausgingen, sei dem Beschwerdeführer die Duldung der Vornahme von Probeschürfen auf seinen Grundstücken nach vorheriger Ankündigung auch zumutbar. Auch wenn eine Gewässerverunreinigung derzeit noch nicht festgestellt worden sei, rechtfertigten die vorliegenden Umstände jedenfalls die Einleitung entsprechender Verfahren zum Schutze des Grundwassers und die Vornahme entsprechender Untersuchungen, zumal der Beschwerdeführer das Bestehen einer "wilden" Hausmülldeponie auf seinen Grundstücken nicht bestritten habe.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, daß der zugestandene Umstand einer Lagerung von Hausmüll bis zum Jahre 1988 für sich allein eine Bewilligungspflicht solcher Lagerungen im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 noch nicht nach sich ziehen könne, weil nach der zitierten Gesetzesstelle bloß geringfügige Einwirkungen bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung gelten. Es habe die Behörde das Bestehen einer Bewilligungspflicht für das seinerzeitige Verhalten damit gar nicht festgestellt. Ebenso fehlten Feststellungen über eine tatsächliche Grundwasserverunreinigung. Der LH sei zur Erlassung des Bescheides darüber hinaus auch unzuständig gewesen, weil § 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 keinen Rechtsgrund für eine Zuständigkeit des LH im vorliegenden Fall biete. Das Vorliegen eines Bedarfsfalles im Sinne des § 131 Abs. 2 WRG 1959 sei nicht nachgewiesen, woraus sich insgesamt die Unzuständigkeit des LH zur Erlassung des bekämpften Bescheides ergebe. § 72 WRG 1959 erfordere eine unbedingte Notwendigkeit als Bedingung einer Duldungspflicht. Eine solche Notwendigkeit könne dem bekämpften Bescheid nicht entnommen werden. Darüber hinaus enthalte das Gesetz in der Bestimmung des § 72 WRG 1959 auch keine Ermächtigung zur Vornahme von Erkundungsschürfen. Daß durch eine Schürftätigkeit sich Ausmaß und Zusammensetzung von Ablagerungen nicht erkennen lasse, bedürfe keiner langen Erörterung.
Die belangte Behörde holte ein Gutachten ihres Amtssachverständigen ein, in welchem im wesentlichen folgendes ausgeführt wird:
Nach den erstinstanzlichen Ermittlungsergebnissen müsse davon ausgegangen werden, daß sich auf der betroffenen Fläche Ablagerungen mit organischen Anteilen befänden, wobei infolge der Einebnung in der Natur nicht mehr zu erkennen sei, welche Fläche von Ablagerungen konkret betroffen sei. Ebenso sei die Tiefe und damit das Volumen der Ablagerungen unbekannt. Die Zusammensetzung der Ablagerungen werde mit Hausmüll bzw. Papier, Holz etc. angegeben. Bei all diesen Abfällen sei im Falle ungeschützter Lagerung mit einer mehr als geringfügigen Gewässerbeeinträchtigung zu rechnen, weil beim Abbau organischer Substanzen Sickerwässer entstünden, die das Grundwasser für Trinkwasserzwecke unbrauchbar machten. Des weiteren seien im Hausmüll Problemstoffe enthalten, die bei der üblichen Haushaltsführung anfielen. Es sei die Ablagerung von Hausmüll daher jedenfalls bewilligungspflichtig und habe auch bisher nur unter Einhaltung zahlreicher technischer Anforderungen bewilligt werden können. Für den Schutz der Gewässer gelte das Vorsorgeprinzip derart, daß nicht erst bei Auftreten konkreter Beeinträchtigungen gegen Verursacher vorzugehen, sondern möglichst durch vorsorgliches Handeln die Möglichkeit einer Gewässerverunreinigung zu verhindern sei. Dies gelte im besonderen Maße für den Schutz des Grundwassers, welches ein besonders sensibles Gewässer mit nur geringer Selbstreinigungskapazität darstelle. Da konkrete Hinweise auf konsenslose Ablagerungen von Hausmüll vorlägen, sei es erforderlich, die Art und das Ausmaß der Ablagerungen zu erkunden. Die geeignete und preisgünstigste Methode hiefür stelle die Anlage von Probeschürfen dar, mit welchen die räumliche Erstreckung der Ablagerung erkundet werden und Proben für die abfalltechnische und chemische Beurteilung von Abfall, eventuell kontaminiertem Erdreich und angetroffenen Sickerwässern untersucht werden könnten. Andere Methoden der Altlastenerkundung seien im vorliegenden Fall nicht wirtschaftlich anwendbar, nicht zumutbar und könnten den Zweck der Erkundung nicht erfüllen. Es stelle die Herstellung der Schürfe aus fachlicher Sicht das gelindeste Mittel zur Erkundung der Abfälle im Sinne des Grundwasserschutzes dar. Grundwasserproben könnten zwar eine wertvolle Ergänzung von Untersuchungen an den Abfällen selbst sein, reichten jedoch für sich allein als Ermittlungsmethode nicht aus, weil bei der Beurteilung von Ablagerungen nicht bloß auf den momentanen Zustand des Grundwassers abgestellt werden dürfe, sondern auf Grund der Zusammensetzung der Ablagerungen die zukünftige Gefährdung der Gewässer beurteilt werden müsse. Die Erkundungsschürfe würden nach Durchführung von Probenahmen, Pumpversuchen etc. wieder mit inertem Material verfüllt, sodaß der Eingriff auf dem Grundstück wieder rückgängig gemacht würde.
In seiner zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf die seiner Auffassung nach gegebene Unzuständigkeit des LH zur Bescheiderlassung und auf den Wortlaut des § 72 WRG 1959, welcher eine Ermächtigung zur Vornahme von Erkundungsschürfen nicht enthalte. Die Voraussetzungen einer Bewilligungspflicht der Ablagerungen nach der zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden Rechtslage im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 seien unverändert nicht als erwiesen anzusehen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des LH vom 4. Jänner 1996 als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend im wesentlichen aus, daß an einer Bewilligungspflicht der Hausmülldeponie nach alter und neuer Rechtslage kein Zweifel bestehen könne. Da in der Beurteilung eines Sachverhaltes aus wasserrechtlicher Sicht von der jeweils geltenden Rechtslage auszugehen sei, für welche die Bestimmung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 maßgebend sei, erübrige sich ein Eingehen auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Bestimmung des § 32 WRG 1959. Der vom Beschwerdeführer dem LH gemachte Vorwurf, sich über Ausmaß und Umfang der Ablagerung nicht ausreichend erkundigt zu haben, sei unverständlich, habe der Beschwerdeführer doch durch sein Verhalten solche Erkundungen verhindert. Die Zuständigkeit des LH zur Bescheiderlassung resultiere im Rahmen seiner Obliegenheit zur Gewässeraufsicht aus den § 131 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. l WRG 1959. Die Duldungspflicht des Beschwerdeführers wiederum könne aus § 72 Abs. 1 lit. d und e WRG 1959 abgeleitet werden. Nach den vom Beschwerdeführer unwiderlegt gebliebenen Bekundungen der Amtssachverständigen beider Instanzen erscheine die Erfüllung des Erkundungszwecks nur durch die Anlage von Probeschürfen möglich. Der Duldungsauftrag umfasse nur die Herstellung von Erkundungsschürfen, welche nach Durchführung von Probenahmen und Pumpversuchen wieder mit inertem Material verfüllt würden, und stelle damit eine bloß vorübergehende Eigentumsbeschränkung dar. In Anbetracht des öffentlichen Interesses an der Reinhaltung und dem Schutz der Gewässer einschließlich des Grundwassers sei die auferlegte Duldungspflicht als zumutbar zu beurteilen. Insoweit die Bestimmung des § 72 WRG 1959 auch zur Entnahme von Proben ermächtige, setze dies das Recht der Herstellung von Schürfen notwendig voraus. Dienten doch solche Schürfe vor allem der Gewinnung von Proben für die abfalltechnische und chemische Beurteilung und damit der Erkundung der Zusammensetzung von Ablagerungen, von eventuell kontaminiertem Erdreich und angetroffenen Sickerwässern. Es seien Erkundungsschürfe daher unter dem Begriff der Untersuchungen im Sinne des § 72 WRG 1959 zu subsumieren. Der in § 105 Abs. 1 lit. e und lit. m WRG 1959 als öffentliches Interesse gesetzlich verankerte Gewässerschutz rechtfertige ein amtswegiges Vorgehen der Behörde nach § 138 WRG 1959.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt. Dem Inhalt seines Vorbringens nach erklärt der Beschwerdeführer sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben des ihm auferlegten Duldungsauftrages als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in dem Umstand, daß die belangte Behörde die sachliche Unzuständigkeit des LH zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht erkannt habe. Der Beschwerdeführer begründet diese seine Auffassung damit, daß die Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. l WRG 1959 erst durch die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, geschaffen worden sei. Da die Ablagerungen mit dem Jahre 1988 abgeschlossen worden seien, müsse der damit verwirklichte Sachverhalt nach der in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage beurteilt werden, nach der es an einer die Zuständigkeit des LH begründenden gesetzlichen Bestimmung aber gefehlt habe. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die rechtliche Schlußfolgerung des Beschwerdeführers indessen nicht.
Daß eine wasserrechtliche Bewilligung für die Ablagerung von Hausmüll, wäre um sie zu der Zeit angesucht worden, als sie getätigt worden war, den Rechtsgrund ihrer Erforderlichkeit in der Bestimmung des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 gehabt hätte, trifft zu; daß es dem LH nach der seinerzeit geltenden Rechtslage an der Zuständigkeit zur Entscheidung über eine solche wasserrechtliche Bewilligung gefehlt haben würde, weil der zu bewilligende Sachverhalt der Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. d WRG 1959 nicht zu unterstellen gewesen sein könnte, mag sein. Im Beschwerdefall geht es aber nicht um einen im Geltungsbereich der Rechtslage vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, zu erlassenden Bescheid über eine wasserrechtliche Bewilligung, sondern um die Beurteilung der Zuständigkeit zur Setzung einer Maßnahme, zu welcher der LH sich ausgehend von Informationen veranlaßt sah, die ihm erst im Jahre 1995 zugegangen waren. Ob man den vom LH erlassenen Bescheid nun als Zwischenerledigung im Zuge eines aus öffentlichen Interessen eingeleiteten Verfahrens nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 oder als Akt der Durchsetzung der Befugnisse der Gewässeraufsicht betrachtet, hat auf die Beurteilung der Frage der Zuständigkeit des LH zur Erlassung des Bescheides vom 4. Jänner 1996 keine Auswirkung, weil der LH unter beiden Aspekten die zur Erlassung dieses Bescheides zuständige Behörde war.
Unter dem Blickwinkel der Durchführung eines Verfahrens nach § 138 WRG 1959 folgt die Zuständigkeit des LH zur Erlassung des in einem solchen Verfahren zu erlassenden Bescheides aus dem Grundsatz der Annexzuständigkeit zur Erlassung wasserpolizeilicher Aufträge nach § 138 Abs. 1 und 2 WRG 1959 jener Behörde, welche zur Bewilligung der vorgefundenen konsenslosen Neuerung zuständig wäre (vgl. die bei Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, RZ 18 zu § 138 WRG 1959, angeführten Judikaturhinweise). Hierunter ist aber nicht jene Behörde gemeint, welche zur Bewilligung des als eigenmächtige Neuerung beurteilten Sachverhaltes zum Zeitpunkt seiner Setzung zuständig gewesen wäre, sondern jene Behörde, welche im Zeitpunkt der Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages zur wasserrechtlichen Bewilligung eines solchen Sachverhaltes zuständig wäre. Nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des LH vom 4. Jänner 1996 geltenden Rechtslage war dies auf Grund der Vorschrift des § 99 Abs. 1 lit. l WRG 1959 unzweifelhaft der LH. Unter dem Blickwinkel des vom LH erlassenen Bescheides als eines Aktes zur Durchsetzung der Gewässeraufsicht hätte sich die Zuständigkeit des LH zur Bescheiderlassung im Grunde des § 131 Abs. 1 WRG 1959 (§ 130 lit. d leg. cit.) in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. l WRG 1959 in gleicher Weise ergeben.
Gemäß § 72 Abs. 1 WRG 1959 haben die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten unter anderem zur Ermittlung einer Gewässergefährdung (lit. d) oder zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (lit. f) das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dergleichen, zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben und zur Einrichtungen von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden. Die ihnen hiedurch verursachten vermögensrechtlichen Nachteile sind zu ersetzen (§ 117), soweit nicht ein Anspruch auf unentgeltliche Gestattung besteht. Die Vorschriften über das Betreten von Eisenbahngrundstücken werden nicht berührt.
Gemäß § 133 Abs. 3 WRG 1959 finden auf die Gewässeraufsicht einschließlich der notwendigen Messungen und Untersuchungen sowie der Entnahme von Wasserproben die Bestimmungen des § 72 sinngemäß Anwendung.
Ein nach § 72 Abs. 1 WRG 1959 erlassener Auftrag zur Duldung bestimmter Maßnahmen zu den dort genannten Zwecken steht nach dem Wortlaut des Gesetzes unter der Bedingung der Erweislichkeit unbedingter Notwendigkeit der zu duldenden Maßnahmen. Anders als im Verwaltungsverfahren stellt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr in Abrede, daß die Maßnahmen, deren Duldung ihm aufgetragen wurde, nach Lage des zugrundeliegenden Sachverhaltes grundsätzlich notwendig sind. Es wurde dies im Verwaltungsverfahren durch unwiderlegt gebliebene übereinstimmende Bekundungen der Amtssachverständigen auch erwiesen. Daß Maßnahmen der Art, wie sie zu dulden dem Beschwerdeführer aufgetragen wurden, in der Bestimmung des § 72 Abs. 1 WRG 1959 eine zureichende gesetzliche Deckung finden, wird vom Beschwerdeführer im grundsätzlichen ebenso nicht mehr bestritten und auch vom Verwaltungsgerichtshof so beurteilt.
Der Beschwerdeführer wendet sich aber gegen die seiner Auffassung nach unzureichende Umschreibung der von ihm zu duldenden Maßnahmen in dem von der belangten Behörde aufrechterhaltenen erstinstanzlichen Bescheid. Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer im Recht. Der vom LH gestaltete Spruch des Duldungsbescheides hat ohne Beschränkung die Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen im Wege der Herstellung von Erkundungsschürfen im Bereich der im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke Nr. 59/5 und 66 KG K zum Inhalt. Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß diese Spruchfassung einer "Generalermächtigung" der Gewässerschutzorgane gleichkommt, mit der dem Beschwerdeführer die Duldung beliebig vieler Probeschürfe beliebiger Ausdehnung an beliebigen, im Extremfall allen Stellen beider Grundparzellen auferlegt worden war. Diese im Instanzenzug aufrechterhaltene Spruchgestaltung verletzte den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Duldung nur solcher Maßnahmen, die zu den in § 72 Abs. 1 genannten Zwecken unbedingt notwendig sind. Daß der Zweck, zu dessen Erfüllung die Duldung der Maßnahmen dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, die vollständige Aufgrabung der gesamten Fläche beider Grundparzellen nicht erfordern könnte, liegt auf der Hand. Ein Duldungsbescheid, welcher dies seinem Wortlaut nach ermöglicht hätte, steht mit der gesetzlichen Einschränkung des § 72 Abs. 1 WRG 1959 auf das unbedingt Notwendige nicht im Einklang. Die vom Verwaltungsgerichtshof zu den Anforderungen an die ausreichende Bestimmtheit von Leistungsbefehlen entwickelten Grundsätze (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 447 ff, angeführten Nachweise) haben sinngemäß auch im Falle der Erlassung eines Duldungsbescheides Anwendung zu finden. Im Beschwerdefall hätte der Bescheid Anzahl, Ausdehnung und Lage der Erkundungsschürfe auf den Grundstücken des Beschwerdeführers ausreichend deutlich bestimmen müssen, um den Anspruch des Beschwerdeführers darauf nicht zu verletzen, nicht mehr dulden zu müssen, als jene konkreten Maßnahmen, die sich im Sinne des § 72 Abs. 1 WRG 1959 als unbedingt notwendig erwiesen hatten. Daß Lage und Ausdehnung von Erkundungsschürfen sich in ihrer Notwendigkeit im konkreten Fall erst nach den Ergebnissen erster Schürfe ergeben könnten, wäre ein fallbezogener Umstand, dem die Behörde durch eine entsprechende Spruchgestaltung hätte Rechnung tragen können. Die Duldung weiterer Erkundungsschürfe ebenfalls bestimmt bezeichneter Art von bestimmt bezeichneten Ergebnissen bereits durchgeführter Schürfe abhängig zu machen, wäre eine Spruchgestaltung, die das Recht des Beschwerdeführers auf Duldung nur der unbedingt notwendigen Maßnahmen im Falle ausreichender Deutlichkeit der getroffenen Absprüche nicht verletzen würde.
Der angefochtene Bescheid aber war aus den dargestellten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens beruht auf überhöht verzeichnetem Stempelgebührenaufwand insofern, als die Beschwerde in lediglich zweifacher Ausfertigung zu überreichen und der angefochtene Bescheid nur einfach anzuschließen war.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungMaßgebender ZeitpunktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996070216.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
26.08.2015