TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/16 W235 2232937-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.2020
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Entscheidungsdatum

16.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §61 Abs1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W235 2232937-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien alias staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2020, Zl. 1253943710-191225584, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1 und 57 AsylG sowie § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein palästinensischer Staatsangehöriger aus Syrien, stellte am 29.11.2019 nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX .06.2018 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX .01.2019 dort einen Asylantrag stellte (vgl. AS 3).

1.2. Am 30.11.2019 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide und keine Angehörigen in Österreich habe. Seine Schwester, sein Bruder und seine drei minderjährigen Söhne würden seit ca. eineinhalb Monaten in Griechenland leben. Zwei weitere Brüder des Beschwerdeführers seien seit ca. 2011 in Deutschland aufenthaltsberechtigt und ein vierter Bruder lebe in den Niederlanden. Anfang 2018 habe er den Entschluss zur Ausreise gefasst und habe nach Österreich gewollt, weil es hier Arbeit gebe. Im Mai 2018 sei er aus Syrien ausgereist und über die Türkei nach Griechenland gelangt, wo er von XXXX .06.2018 bis September 2019 in Athen aufhältig gewesen sei. Danach sei er zurück in die Türkei gekehrt und nach ca. 15 Tagen wieder für einen ca. einwöchigen Aufenthalt nach Griechenland zurückgereist. Von Griechenland aus sei der Beschwerdeführer über Albanien, Montenegro, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt. Die Reise sei mit einem Schlepper in der Türkei organisiert worden und habe € 3.500,00 gekostet.

In Griechenland habe er um Asyl angesucht, kenne jedoch den Stand des Verfahrens nicht. Sein Asylverfahren sei noch offen. Der Beschwerdeführer habe in Athen auf der Straße geschlafen und dann habe er von Juni 2019 bis August 2019 ca. zweieinhalb Monate als Hilfsarbeiter auf der Insel XXXX gearbeitet. In Griechenland sei es nicht gut gewesen. Als der Beschwerdeführer vor ca. zwei Monaten zu einem Dorf in der Nähe der türkischen Grenze gefahren sei, um seine Kinder abzuholen, sei er von den griechischen Behörden angehalten und geschlagen worden. Die griechische Behörde habe ihm seinen Asylausweis abgenommen und habe ihn in die Türkei geschickt. Der Beschwerdeführer wolle nicht nach Griechenland. Gegen eine Weiterführung seines Asylverfahrens spreche, dass er dort finanziell nicht unterstützt worden sei. Weiters habe er keine Unterkunft bekommen und es gebe in Griechenland auch keine Arbeit.

Dem Beschwerdeführer wurde am selben Tag eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit den ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Griechenland die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 61).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 03.12.2019 ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) an Griechenland.

Am 24.01.2020 wurde das Verfahren des Beschwerdeführers zugelassen.

Nach Erinnerung durch das Bundesamt gab die griechische Dublinbehörde mit Schreiben vom 06.02.2020 bekannt, dass dem Beschwerdeführer am XXXX .02.2019 in Griechenland im Schnellverfahren der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde. Allerdings hat er weder seinen Aufenthaltstitel noch sein Reisedokument erhalten (vgl. AS 83).

1.4. Am 19.06.2020 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers – aufgrund des Corona-Virus in zwei verschiedenen Räumen mittels Video - unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetsches für die Sprache Arabisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher der Beschwerdeführer zunächst angab, dass es ihm gut gehe, er gesund sei und keine Medikamente nehme. Er sei palästinensischer Flüchtling aus Syrien, verheiratet und Vater von drei Kindern. Die Mutter seiner drei Kinder sei nicht seine aktuelle Ehefrau, sondern seine geschiedene Frau. Seine jetzige Ehefrau habe der Beschwerdeführer 2018 geheiratet. Wie sie heiße, wisse er nicht. Er habe sie noch nicht gesehen, sei aber mit ihr verheiratet. Sie hätten nur traditionell, vor einem Iman, geheiratet. Wo sich seine Frau aufhalte, wisse der Beschwerdeführer nicht. Die Scheidung von der Mutter seiner Kinder sei Anfang 2018 erfolgt. Sie habe erfahren, dass der Beschwerdeführer „eine andere“ habe. Andere Frauen hätten „das“ erfahren und die (Ex)-Frau des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt. Deshalb hätten sie sich scheiden lassen. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Angehörigen oder Verwandte. Seine Kinder würden in Griechenland bei seiner Schwester leben. Auch einer seiner Brüder lebe in Griechenland. Zu seinen Angehörigen in Griechenland habe der Beschwerdeführer Kontakt.

Sein syrischer Reisepass sei bei den griechischen Behörden. Der Beschwerdeführer habe dort einen Asylantrag gestellt und „die“ hätten ihm den Pass abgenommen. Nach der Asylantragstellung habe er ein Problem gehabt. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer seine Kinder in Griechenland zurückgelassen habe, gab er an, dass es beim ersten Versuch sehr viele Probleme gegeben habe. Er habe seine Kinder von der Türkei nach Griechenland mitnehmen wollen. Seine Schwester sei dort bei diesem Versuch vergewaltigt worden und seinen Bruder habe man nackt ausgezogen. Sie seien geschlagen worden und die Kinder hätten davon ein Trauma. Das sei das erste Mal gewesen. Beim zweiten Mal sei der Beschwerdeführer schon in Griechenland gewesen und „sie“ hätten es auch geschafft und hätten den Beschwerdeführer angerufen. Er sei auf dem Festland gewesen und die Polizei habe ihn kontrolliert. Dabei habe man ihm zwei Zähne ausgeschlagen und seine Dokumente abgenommen. Dann sei er wieder in die Türkei abgeschoben worden. In weiterer Folge habe er die Schleppung von der Türkei nach Österreich veranlasst und habe seine Kinder nicht mitnehmen können.

Der Beschwerdeführer sei nie von einer gerichtlichen Untersuchung in Österreich als Zeuge oder Opfer betroffen gewesen und sei auch nie von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder von einer einstweiligen, gerichtlichen Verfügung betroffen gewesen.

Über eine Entscheidung in seinem Verfahren in Griechenland wisse er nichts. Er habe dort eineinhalb Jahre gewartet. Auf Vorhalt, er sei in Griechenland asylberechtigt, gab der Beschwerdeführer an, davon wisse er nichts. Das habe er nicht erfahren. In Österreich habe er einen Asylantrag gestellt, weil er hier eigentlich arbeiten wolle. Er habe auch gehört, dass sich Österreich um die Kinder kümmere. Ob seine Kinder in Griechenland auch den Status von Asylberechtigten erhalten hätten, wisse er nicht. Sie würden aber sowieso nach Österreich kommen. Auf Vorhalt, er sei nach Österreich gekommen, da es hier Arbeit gebe, sich aber nicht um eine Arbeitsstelle bemüht habe, gab der Beschwerdeführer an, er könne kein Deutsch und könne deshalb nicht arbeiten. Er lebe von der Grundversorgung.

Einen Konventionspass habe der Beschwerdeführer in Griechenland nicht erhalten. Seine sonstigen Dokumente seien bei seiner Familie, die auf einer [griechischen] Insel leben würde. Dort seien sie in Quarantäne und sei es schwer, sich die Dokumente schicken zu lassen. Der Beschwerdeführer werde es aber versuchen. Im Oktober 2019 habe er Griechenland verlassen, da die Lage sehr schlecht gewesen sei. Auf die Frage, wann der Beschwerdeführer in die Türkei abgeschoben worden sei, gab er wörtlich an: „Ich weiß nicht ob ich in die Türkei abgeschoben wurde.“ Auf Vorhalt, vorher habe er erwähnt, dass ihn die griechischen Behörden in die Türkei verbracht hätten, antwortete der Beschwerdeführer: „Ich weiß es nicht.“.

Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da er in Griechenland Sicherheit im Sinne des Asylgesetzes finden könne und daher seine Außerlandesbringung nach Griechenland veranlasst werde, gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich Asyl wolle. Man habe ihn in Griechenland geschlagen und in die Türkei abgeschoben. Er wolle hier die Sprache lernen und hierbleiben. Zu den vorab zugestellten Länderfeststellungen zur Situation für Schutzberechtigte in Griechenland gab der Beschwerdeführer an, dass er auf eine Stellungnahme verzichte. Er wolle nicht nach Griechenland. Er wolle von Österreich Asyl. Während der Einvernahme habe er keine Probleme gehabt, wolle aber Asyl in Österreich.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen in schlecht leserlicher (Farb)kopie vor:

?        syrischer Personalausweis (in arabischer Sprache);

?        „Family Record“ von UNRWA (=United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East);

?        syrischer Führerschein (in arabischer und englischer Sprache);

?        Auszug aus dem syrischen Reisepass des Beschwerdeführers und

?        Aufstellung über geplante Integrationsmaßnahmen vom XXXX .06.2020

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben hat (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Letztlich wurde unter Spruchpunkt III. gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Begründend wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer ein palästinensischer Staatsangehöriger aus Syrien sei. Er habe angegeben, verheiratet zu sein, habe drei Kinder, sei gesund und nicht immungeschwächt. Der Abgleich der Fingerabdrücke habe einen Eurodac-Treffer der Kategorie 2 am XXXX .06.2018 und am XXXX .01.2019 einen solchen der Kategorie 1 in Griechenland ergeben. Der Beschwerdeführer habe angegeben, keinen Status in Griechenland zu besitzen. Festgestellt werden habe können, dass er sehr wohl den Status des Asylberechtigten erhalten habe. Das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich sei beschränkt. Er gehe keiner Arbeit nach und spreche die Sprache nicht. Auch besitze er keine Anknüpfungen in Österreich, sondern halte sich seine Familie in Griechenland auf. Es habe kein Eingriff in das Privat- und Familienleben festgestellt werden können und habe nicht festgestellt werden können, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Griechenland eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 10 bis 17 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zur Lage von Schutzberechtigten in Griechenland sowie zur COVID-19-Pandemie.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Staatsangehörigkeit bzw. Herkunftsregion Glauben geschenkt werde, weil er über die erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse verfüge. Unter Zitierung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Familienstand führte das Bundesamt mit näherer Begründung aus, dass diesen Angaben nicht geglaubt werde. Dass er an schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leide oder immungeschwächt sei, habe er weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Im Zuge des Verfahrens sei festgestellt worden, dass dem Beschwerdeführer am XXXX .02.2019 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht einsichtig, sondern gebe nach wie vor an, dass sein Asylverfahren in Griechenland anhängig wäre. Diesbezüglich werde auf das Schreiben der griechischen Behörden vom 06.02.2020 verwiesen. Die Feststellungen zu den privaten und familiären Anknüpfungspunkten in Österreich würden sich aus der Aktenlage ergeben. Die Feststellungen zu Griechenland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Feststellungen zur Pandemie hätten sich aus dem Amtswissen ergeben.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer in Griechenland als Asylberechtigter anerkannt worden sei. Es bestehe kein Grund daran zu zweifeln, dass Griechenland seine sich aus der Genfer Konvention und aus der Statusrichtlinie ergebenden Verpflichtungen erfülle. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen sei, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG zurückgewiesen werde. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet betrage weniger als die in § 46a Abs. 1 Z 1 oder 1a FPG normierte Dauer und er sei weder Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt geworden. Daher sei ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen. Weiters wurde zu Spruchpunkt III. ausgeführt, dass eine Entscheidung nach § 4a AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG von Amts wegen nicht zu erteilen sei. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Anbindungen in Österreich und würden sich seine Familienangehörigen in Griechenland aufhalten. Er spreche nicht Deutsch, sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen und besuche keine weiteren Bildungseinrichtungen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, nach Österreich gekommen zu sein um zu arbeiten, lebe jedoch seit seiner Einreise von staatlicher Unterstützung. Es würden sohin in einer Zusammenschau keine Gründe für seinen weiteren Verbleib im Bundesgebiet sprechen. Daher gelange die Behörde zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten sei. Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in Griechenland den Flüchtlingsstatus besitze und vor dem Hintergrund der aktuellen Länderfeststellungen sowie unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation könne die Behörde den nunmehr in Österreich gestellten, weiteren Antrag auf internationalen Schutz nur gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückweisen und feststellen, dass sich der Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben habe. Es würden auch sonst keine Hinweise vorliegen, die den Schluss zuließen, dass durch die Anordnung der Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus wurde ausgeführt, dass das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS-CoV-2 zu erkranken weltweit erhöht sei, da es sich um eine Pandemie handle. Allerdings sei das diesbezügliche individuelle Risiko schwer oder tödlich zu erkranken im Fall des Beschwerdeführers sehr niedrig, da das Risiko eines derart schweren Verlaufs bei jungen und nicht immungeschwächten Menschen viel geringer als bei Menschen aus Risikogruppen sei. Ein „real risk“ drohe dem Beschwerdeführer daher aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 07.07.2020 im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde prüfen hätte müssen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Überstellung nach Griechenland eine adäquate Unterkunft sowie angemessene Versorgung erhalten würde. Da der Beschwerdeführer lediglich oberflächlich befragt worden sei, sei unberücksichtigt geblieben, dass er gar nicht gewusst habe, dass er in Griechenland Asyl habe, weil ihm dies von niemandem mitgeteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe nie einen Ausweis, Bescheid oder sonst eine Information der Behörden bekommen. Er habe angegeben, dass er seit eineinhalb Jahren nichts von den griechischen Behörden gehört habe. Deshalb sei er nach Österreich gekommen. Es habe für ihn keinerlei Unterstützung gegeben. Geld für das alltägliche Leben habe er von Freunden erhalten. In der Einvernahme habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er in Griechenland geschlagen worden sei. Diesbezüglich habe die Behörde nicht nachgefragt. Der Beschwerdeführer sei nämlich von Polizisten in Griechenland geschlagen und schwer verletzt worden. Seinen Kindern in Griechenland gehe es schlecht und ihnen mangle es an Versorgung. Ein Kind des Beschwerdeführers habe psychische Probleme und bekomme keine Hilfe. Auch dies zeige die Zustände in Griechenland auf, weshalb dem Beschwerdeführer und seiner Familie ein Leben in Griechenland nicht möglich sei.

Ferner seien die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise veraltet. Sie würden nur allgemeine Aussagen beinhalten, würden sich jedoch kaum mit der Lage von Flüchtlingen, deren Versorgung und wie sie davon erführen, dass sie Asyl hätten, befassen. Bezüglich der Behördengewalt Flüchtlingen gegenüber würden ebenfalls entsprechende Berichte fehlen. Da es der Behörde anhand der herangezogenen Länderberichte nicht möglich sei, die Lage in Griechenland für den Beschwerdeführer und seine Familie zu beurteilen und die Behörde darüber hinaus ihre eigenen Berichte nicht korrekt verarbeitet habe, werde auf einen Bericht der Stiftung Pro Asyl und Refugee Support Aegean vom 23.06.2017 verwiesen, der die prekäre Situation von anerkannten Flüchtlingen in Griechenland aufzeige. Eine Aktualisierung dieser Stellungnahme vom 30.08.2018 mache deutlich, dass sich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland nicht verbessert hätten. Es bestünden weiterhin flächendeckende Defizite bezogen auf die Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzberechtigten. Es gelte immer noch, dass es Schutz für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland nur auf dem Papier gebe.

Der Beschwerdeführer habe nicht versucht, die Wahrheit zu verschleiern, sondern habe nichts davon gewusst, dass er Asyl in Griechenland habe, da er davon nie in Kenntnis gesetzt worden sei. Auf die miserable Lage für Asylberechtigte in Griechenland gehe die Behörde nicht ein und fehle eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in Griechenland von der Polizei geschlagen und verletzt worden sei. Ferner wäre die Behörde dazu verpflichtet gewesen, Kontakt mit den griechischen Behörden aufzunehmen und zu eruieren, ob tatsächlich eine Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers in Griechenland bestehe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde feststellen müssen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland eine Verletzung der EMRK bedeuten würde und damit unzulässig sei. Das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe habe am 08.05.2017 eine Abschiebung eines syrischen Asylwerbers, der in Griechenland Asyl erhalten habe, verhindert und ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht prüfen hätten müsse, ob und wie für nach Griechenland zurückgeführte anerkannte Schutzberechtigte zumindest in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft der Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen sichergestellt sei. Vom EGMR seien im Urteil vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland systemische Mängel im griechischen Asylverfahren bzw. hinsichtlich der Aufnahmebedingungen bejaht worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein palästinensischer Staatsangehöriger aus Syrien. Von Syrien aus reiste er im Mai 2018 über die Türkei nach Griechenland, wo er am XXXX .06.2018 erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX .01.2019 einen Asylantrag stellte. In der Folge wurde ihm in Griechenland am XXXX .02.2019 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Trotz aufrechten Status als Asylberechtigter begab sich der Beschwerdeführer nach einem Aufenthalt von ca. einem Jahr und drei Monaten in Griechenland im Herbst 2019 in die Türkei und reiste nach ca. 15 Tagen von dort aus wieder zurück nach Griechenland. Nach einem weiteren ca. einwöchigen Aufenthalt in Griechenland gelangte der Beschwerdeführer über Albanien, Montenegro, Serbien und Ungarn nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 29.11.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Griechenland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Griechenland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leidet, die einer Überstellung nach Griechenland aus gesundheitlichen Gründen entgegenstehen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über Familienangehörige oder Verwandte. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist. Auch sonst bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers leben in Griechenland bei seiner Schwester. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt ebenfalls in Griechenland. Zu diesen Angehörigen hat der Beschwerdeführer Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit der Antragstellung am 29.11.2019 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer war in Österreich nie selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Sonstige Maßnahmen zur Integration des Beschwerdeführers wie beispielsweise der Besuch von Deutschkursen und/oder Ausbildungen beruflicher oder sonstiger Natur werden nicht festgestellt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur Lage in Griechenland betreffend Schutzberechtigte:

Zur Lage in Griechenland betreffend Schutzberechtigte wurden auf den Seiten 10 bis 16 des angefochtenen Bescheides umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel „Pending Residence Permit“. Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in Frage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt (AIDA 3.2019). […]

NGOs bezeichnen die Lebensbedingungen für Menschen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland als alarmierend. Schutzberechtigte sehen sich nicht nur mit fehlenden Möglichkeiten zur Integration in die griechische Gesellschaft konfrontiert, sondern auch oft mit unzulänglichen Lebensumständen und humanitären Standards, einer äußerst prekären sozioökonomischen Situation und kämpfen oft um ihr bloßes Überleben. Es bestehen weiterhin flächendeckende Defizite bezogen auf die Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzberechtigten. In der Praxis besteht für Flüchtlinge immer noch kein gesicherter Zugang zu Unterbringung, Lebensmittelversorgung, medizinischer und psychologischer Behandlung oder zum Arbeitsmarkt. Auf dem Festland sind Fälle bekannt, in denen anerkannte Flüchtlinge inoffiziell für einige Monate weiter in den Unterbringungszentren bleiben durften und Bargeld erhielten wie Asylbewerber. Jedoch wurden für sie keine weiteren Integrationsmaßnahmen ergriffen. Sie erhielten keinen Zugang zu entsprechenden Informationen oder Unterstützung bei der Integration (Pro Asyl/RSA 8.2018).

Besondere staatliche Hilfsangebote für anerkannte Schutzberechtigte neben dem allgemeinen staatlichen Sozialsystem bestehen nicht. Konzepte für eine speziell zugeschnittene Information durch öffentliche Behörden sowie Zugangserleichterungen zu staatlichen Leistungen für anerkannte Schutzberechtigte befinden sich im Aufbau (AA 26.9.2018a; vgl. Pro Asyl/RSA 8.2018).

Integrationsplan:

Die sogenannte Nationale Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen ist nur teilweise umgesetzt. Maßnahmen und Projekte des Ministeriums für Arbeit und Sozialfürsorge sind zwar für diejenigen, die unter der Armutsgrenze leben, vorgesehen, aber nicht für Personen, die kein Griechisch sprechen oder verstehen (Pro Asyl/RSA 8.2018).

In der Praxis werden konkrete Integrationsprogramme (z.B. Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA)) weitgehend von einer EU-Finanzierung abhängig sein, da weder auf nationaler noch auf kommunaler Ebene nennenswerte Ressourcen zur Verfügung stehen. Positiver gestaltet sich die Integration der etwa 12.000 schulpflichtigen Flüchtlingskinder in Griechenland, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 8.000 eingeschult waren (AA 6.12.2018).

Sozialleistungen:

Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA 30.8.2018; UNHCR 4.2019). Das neue System der sozialen Grundsicherung vom Februar 2017 befindet sich noch im Aufbau und wird schrittweise eingeführt. Es sieht Geldleistungen (erste Säule) sowie Sachleistungen (zweite Säule) und Arbeitsvermittlung (dritte Säule) vor. Eine etablierte Verwaltungspraxis besteht bislang nicht. Allerdings wurde der Zugang im Rahmen einer Gesetzesänderung im Juni 2018 für jene Personen eingeschränkt, die in EU-finanzierten Aufnahmelagern und Apartments wohnen. Die überwiegende Mehrheit der anerkannten Schutzberechtigten bezieht bisher keine soziale Grundsicherung (AA 6.12.2018). Voraussetzung für den Leistungsbezug allgemeiner Sozialhilfe ist das Einreichen verschiedener Dokumente (Aufenthaltserlaubnis, Sozialversicherungsnummer, Bankverbindung, Steuererklärung über das Online-Portal Taxis-Net), wobei der Nachweis des dauerhaften einjährigen Mindestaufenthalts im Inland durch die inländische Steuererklärung des Vorjahres nachzuweisen ist. Dabei sind Unterlagen grundsätzlich online und in griechischer Sprache einzureichen, staatlicherseits werden keine Dolmetscher gestellt (AA 7.2.2018). Bei der Beschaffung der genannten Dokumente stoßen jedoch die Betroffenen in der Praxis auf zahlreiche Schwierigkeiten (Pro Asyl/RSA 30.8.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen an. Erster Anlaufpunkt ist die HELP-Webseite des UNHCR. Es beraten z. B. der Arbeiter- Samariter-Bund, die Diakonie und der Greek Refugee Council (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Im Juli 2019 gab es 72.290 Bezieher der EU-finanzierten Geldleistungen im Rahmen sogenannter Cash-Card Programm des UNHCR, darunter 13.800 anerkannte Schutzberechtigte (UNHCR 7.2019). Es besteht kein Anspruch auf Teilnahme an dem Cash-Card-Programm, es handelt sich nicht um einen Sozialhilfeanspruch, sondern um humanitäre Hilfe. Der Bezugszeitraum endet grundsätzlich nach Anerkennung bzw. nach einer Übergangsfrist von 6 bis 12 Monaten. In der Praxis wurden bisher keine Asylwerber nach ihrem Statuswechsel von dem Bezug ausgeschlossen. Für bereits anerkannte Schutzberechtigte ist ein Neueintritt in das Cash-Card-Programm allerdings nicht möglich (AA 6.12.2018). Der Auszahlungsbetrag beträgt zwischen 90 € für eine Einzelperson mit Unterkunft und Verpflegung und bis zu 550 € für eine Familie mit sieben oder mehr Personen (AIDA 3.2019; vgl. UNHCR 7.2019).

Medizinische Versorgung:

Anerkannte Schutzberechtigte haben durch Gesetz vom 20. Februar 2016, umgesetzt seit Ende 2016, einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltliche medizinische Behandlung (auch in Krankenhäusern) und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen. Das Gesundheitssystem erfüllt diesen Anspruch auch in der Praxis, insbesondere im Rahmen der Notfallversorgung (AA 7.2.2018). Trotz des günstigen Rechtsrahmens wird der tatsächliche Zugang zu medizinischer Versorgung in der Praxis durch einen erheblichen Ressourcen- und Kapazitätsmangel sowohl für Fremde als auch für die einheimische Bevölkerung erschwert. Der von verschiedenen Sparmaßnahmen stark betroffene öffentliche Gesundheitssektor steht unter enormem Druck und ist nicht in der Lage, den gesamten Bedarf an Gesundheitsleistungen weder für die einheimische Bevölkerung noch für Migranten zu decken. Ein weiteres Problem stellt die Ausstellung der Sozialversicherungsnummer (AMKA) dar (AIDA 3.2019). Kosten fallen bei Medikamenten im ambulanten Bereich an, da der staatlich festgesetzte erstattete Preis in Apotheken teilweise unterhalb des realen Verkaufspreises gilt. Mit Blick auf die allgemein begrenzten Haushaltsmittel sind Schutzberechtigte wie die griechische Bevölkerung auch hierbei Budgetierungen und restriktiver Medikamentenausgabe insbesondere bei teuren Krebsmedikamenten unterworfen. Seit Anfang 2017 werden Medikamente für Bedürftige nicht mehr kostenlos in Krankenhausapotheken abgegeben, sondern sind über Apotheken zu beziehen. Dabei wird ein staatlich festgesetzter Preis erstattet, der z.T. unterhalb des üblichen Abgabepreises in Apotheken liegt. Der Differenzbetrag ist privat zu tragen. An einigen Orten unterstützen private Sozialkliniken Bedürftige mit kostenloser Medikamentenabgabe. Fälle von Behandlungsverweigerung sind seltene Ausnahmen (AA 6.12.2018; vgl. AA 7.2.2018).

Wohnmöglichkeiten:

Anerkannte Schutzberechtigte haben seit 2013 Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Eine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung besteht derzeit auch für die griechische Bevölkerung noch nicht (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019). In der Praxis wird Schutzberechtigten, die als Asylwerber in einem Flüchtlingslager oder in einer Wohnung des UNHCR-Unterbringungsprogramms (ESTIA) untergebracht waren, gestattet, nach ihrer Anerkennung für weitere 6 Monate in der gleichen Unterkunft zu bleiben (Pro Asyl/RSA 8.2018). Wohnraum wäre grundsätzlich auf dem freien Wohnungsmarkt zu beschaffen (AA 6.12.2018). Das private Anmieten von Wohnraum für bzw. durch anerkannte Schutzberechtigte wird durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte und Studenten, sowie gelegentlich durch Vorurteile erschwert (AA 26.9.2018a). Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern ohne Zugang zu Strom oder Wasser oder werden obdachlos (AIDA 3.2019; Pro Asyl/RSA 8.2018). Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine eigene Unterstützung für ihre Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind und Wartelisten führen (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA).

Die Aufnahme ins ESTIA-Programm ist nur für diejenigen anerkannten Schutzberechtigten möglich, welche die Kriterien der Vulnerabilität erfüllen und bereits als Asylwerber an dem Programm teilgenommen haben. Im Rahmen des Programms werden hauptsächlich Familien untergebracht (AIDA 3.2019). Prioritäre Kriterien sind das Vorliegen einer medizinischen Indikation, bevorstehende Geburt oder Neugeborene, alleinerziehende Mütter sowie Unterbringung der vulnerablen Personen von den Erstaufnahmeeinrichtungen auf den ostägäischen Inseln (AA 6.12.2018). Im Rahmen des ESTIA-Programms waren im März 2019 6.790 anerkannte Schutzberechtigte untergebracht (UNHCR 4.2019). Die Auslastungsquote lag Ende August 2019 mit 21.622 Einwohnern (Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte) bei 98,2% der Kapazitäten (ESTIA 28.8.2019). Anerkannte Schutzberechtigte sind dazu aufgerufen, die Wohnungen innerhalb einer Übergangsphase von 6 bzw. 12 Monaten nach ihrer Anerkennung zu verlassen. In der Praxis ist es bisher aber nicht zu erzwungenen Räumungen gekommen (AA 6.12.2018). Personen, die nach Zuerkennung ihres Schutzstatus in Griechenland ESTIA verlassen und einen Zweitantrag in einem anderen EU-Staat stellen, verzichten in eigener Verantwortung auf diesen sozialen Vorteil (AA 6.12.2018).

Einige NGOs bieten punktuell Wohnraum an. Hierzu gehören z.B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas unterhält einen sogenannten „Social Spot" in Athen. Hier werden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfügt Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stehen. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos werden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Die Zahl der Unterkünfte in Athen ist insgesamt nicht ausreichend. Die vorbezeichneten Stellen arbeiten mit Bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. Bedürftige können sich nach Ankunft in Griechenland unmittelbar an die vorgenannten Organisationen wenden (AA 6.12.2018).

Arbeitsmarkt:

Ein Zugang zum Arbeitsmarkt steht rechtlich dauerhaft und legal im Land lebenden Personen zu, damit grundsätzlich auch Schutzberechtigten. Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten nur Personen mit entsprechenden Vorversicherungszeiten für eine Dauer von maximal einem Jahr. Die griechische Arbeitsagentur ODEA stellt nunmehr seit Juni 2018 für alle Schutzberechtigten eine Arbeitslosenkarte aus. Eine Registrierung bei der Arbeitsagentur, welche Voraussetzung für weitere Sozialleistungen ist, war zuvor in der Praxis für Schutzberechtigte kaum möglich, da als Voraussetzung ein Wohnungsnachweis auf den Namen der Person vorgelegt werden musste. Nachdem diese Hürde weggefallen ist, wurden innerhalb weniger Monate über 4.000 Personen aus dem EU-finanzierten Unterkunftsprogramm ESTIA registriert. Die Arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden Leistungen: kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs; kostenloser Eintritt in Museen; Ermäßigungen für Gas-, Wasser-, und Stromrechnungen, Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants, Mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche Fortbildungsmaßnahmen. Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Fortbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche an. Hierzu gehören z. B. Arbeiter- Samariter-Bund, Diakonie und Greek Refugee Council (AA 6.12.2018). Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind gering. Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüssel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt. Migration in den griechischen Arbeitsmarkt hat in der Vergangenheit vor allem in den Branchen Landwirtschaft, Bauwesen, haushaltsnahe und sonstige Dienstleistungen stattgefunden. Allerdings haben sich die Arbeitschancen durch die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme bestehen z. T. bei NGOs etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter (AA 26.9.2018a).

Bildung:

Ein Zugang zum Bildungssystem wird faktisch durch Sprachbarrieren und die stark akademisch ausgerichtete Bildungslandschaft in Griechenland erschwert. Es bestehen einzelne Projekte einer dualen Berufsausbildung etwa im Bereich der Landwirtschaft. Das griechische Bildungsministerium konzentriert sich in seinen Bemühungen bisher auf die Beschulung der 5 bis 17-jährigen schulpflichtigen Flüchtlingskinder, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 62% eingeschult waren. Zahlreiche NGOs bieten Sprachkurse für Griechisch und Englisch an (AA 26.9.2018b).

Unterstützung durch NGOs:

NGOs spielen bei der Integration Schutzberechtigter eine wichtige Rolle. Es gibt sowohl in Griechenland aktive internationale wie auch lokale NGOs. Die Angebote sind vielfältig, allerdings mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Athen und Thessaloniki, wo sich auch die meisten Schutzberechtigten befinden. Die NGOs sind Umsetzungspartner der internationalen Hilfsprojekte, finanziert von der EU und in weiten Teilen koordiniert vom UNHCR. Die Programme werden genutzt (AA 26.9.2018a). Bekannte Organisationen sind unter anderem: Society for the care of minors (sma-athens.org), Apostoli, eine Organisation der griechisch-orthodoxen Kirche (mkoapostoli.com), Arsis (arsis.gr), National Centre for Solidarity (ekka.org.gr) Hellenic Red Cross (redcross.gr), Positive Voice - Greek Association of HIV Positive Persons (positivevoice.gr), Klimaka (klimaka.org.gr), Nostos (nostos.org.gr), Doctors of the World (mdmgreece.gr), Medical Intervention (medin.gr), Praksis (praksis.gr) sowie Faros (faros.org.gr) usw. (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung die Lage von [asyl- und subsidiär] Schutzberechtigten in Griechenland umfassend festgestellt und zwar unter Berücksichtigung sämtliche Rechte, die anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in Griechenland zukommen, wie beispielsweise erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Sozialleistungen, Wohnmöglichkeiten und Zugang zu medizinischer Versorgung.

Zur COVID-19-Pandemie wurde festgestellt:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Griechenland wurden bisher 3.287 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 190 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 23.06.2020).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/ Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus-Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 23.06.2020).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Griechenland als Asylberechtigter in Griechenland in eine existenzielle Notlage geraten könnte und/oder ihm der Zugang zu (medizinischer) Versorgung verwehrt werden würde. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin betreffend die Lage von Asylberechtigten in Griechenland den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Syrien sowie zu seinem weiteren Reiseweg, zur Dauer der Aufenthalte in Griechenland und in der Folge in der Türkei sowie wieder in Griechenland, zu seiner Weiter- und zu seiner Einreise nach Österreich sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstbefragung. Darüber hinaus gründet die Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit auf den vorgelegten Dokumenten, insbesondere auf dem „Family Record“ von UNRWA.

Dass der Beschwerdeführer am XXXX .06.2018 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX .01.2019 einen Asylantrag stellte, basiert auf dem unbedenklichen Eurodac-Treffer. Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Beschwerdeführer in Griechenland am XXXX .02.2019 ergibt sich aus dem Schreiben der griechischen Dublinbehörde vom 06.02.2020. Vor diesem Hintergrund ist die Angabe des Beschwerdeführers, er kenne den Stand seines Asylverfahrens in Griechenland nicht bzw. sein dortiges Asylverfahren sei noch offen, den Feststellungen nicht zugrunde zu legen.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Griechenland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht, da die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich, unkonkret und nicht plausibel waren. Bei Durchsicht der Angaben des Beschwerdeführers sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt sind mehrfache Ungereimtheiten in seinem dargelegten Verhalten deutlich erkennbar. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe eineinhalb Jahre auf eine Entscheidung in Griechenland gewartet und wisse nichts darüber, dass er asylberechtigt sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass er wohl von der Entscheidung erfahren hätte, wäre er für die griechischen Behörden greifbar gewesen. Hinzu kommt, dass sich der Beschwerdeführer auch selbst um sein Verfahren in Griechenland hätte kümmern können, beispielsweise durch Nachfragen bei der griechischen Asylbehörde und/oder durch Einschaltung einer der in Griechenland zahlreich agierenden NGOs. Aus diesem Verhalten des Beschwerdeführers ist vielmehr ersichtlich, dass er kein Interesse am Fortgang bzw. Stand seines Asylverfahrens in Griechenland hatte, was sich auch in Bezug auf seine, in Griechenland aufhältigen minderjährigen Kinder zeigt. So gab er in der Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass er nicht wisse, ob seine Kinder in Griechenland auch den Status von Asylberechtigten hätten (vgl. AS 140). Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er in Griechenland nicht finanziell unterstützt worden sei und keine Unterkunft bekommen habe, ist er darauf zu verweisen, dass er von sich aus keinen Kontakt zu den griechischen Behörden gesucht und sohin offenbar eine Unterstützung nicht benötigt hat, zumal in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer in Griechenland Geld von Freunden erhalten habe (vgl. AS 223). Vor diesem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in Griechenland derart wohlhabende Freunde hat, die ihn eineinhalb Jahre lang finanziell unterstützen konnten, ist allerdings nachvollziehbar, dass er von sich aus keinen Kontakt zu den griechischen Behörden gesucht und auch kein Interesse am Stand seines Asylverfahrens hatte. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben in der Erstbefragung zufolge für die Schleppung nach Österreich einen Betrag in der Höhe von € 3.500, bezahlt hat, was jedenfalls auch darauf hinweist, dass er über ausreichende finanzielle Mittel verfügte und die Unterstützung des griechischen Staates nicht benötigte.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei von Griechenland in die Türkei abgeschoben worden ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer brachte zwar mehrfach vor, dass er von den griechischen Behörden geschlagen und in die Türkei abgeschoben worden sei, war jedoch nicht in der Lage auf die konkrete Frage des Bundesamtes, wann er in die Türkei abgeschoben worden sei, zu antworten. Diesbezüglich (offenbar von der Frage überrascht) gab er an, dass er nicht wisse, ob er in die Türkei abgeschoben worden sei, um in der Folge auf Vorhalt, dass er selbst gesagt habe, dass ihn die griechischen Behörden in die Türkei verbracht hätten, zu antworten: „Ich weiß es nicht.“ (vgl. AS 140).

Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, in Griechenland gebe es keine Arbeit, sind ihm seine eigenen Angaben aus der Erstbefragung, er habe von Juni 2019 bis August 2019 ca. zweieinhalb Monate auf der Insel XXXX als Hilfsarbeiter gearbeitet, entgegenzuhalten (vgl. AS 47). Sohin war es dem Beschwerdeführer offensichtlich doch möglich, in Griechenland Arbeit zu finden. Betreffend das Vorbringen, er habe seine Kinder von der Türkei nach Griechenland mitnehmen wollen und sei seine Schwester bei diesem Versuch dort vergewaltigt und sein Bruder nackt ausgezogen worden sowie, dass sie geschlagen worden seien (vgl. AS 139), ist darauf zu verweisen, dass sich dieser Teil des Vorbringens auf Vorfälle in der Türkei bezieht und sohin nicht verfahrensrelevant ist. Ferner ist auffallend, dass der Beschwerdeführer sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme wiederholt angab, nach Österreich gekommen zu sein, um hier zu arbeiten bzw. Arbeit zu finden (vgl. z.B. AS 45 auf die Frage nach dem Zielland: „Österreich, weil es hier Arbeit gibt“ oder AS 140 auf die Frage, warum er in Österreich einen Asylantrag gestellt habe: „Ich wollte in Österreich eigentlich arbeiten.“). Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer nach einen ca. einjährigen Aufenthalt in Österreich auch nur den Versuch unternommen hat, Arbeit zu finden, ist wohl der Wunsch nach Arbeit bzw. Versorgung in Österreich und seine Kinder nachzuholen, um auch diese vom österreichischen Staat versorgen zu lassen (vgl. hierzu AS 140: „Ich habe auch gehört, dass sich Österreich um die Kinder kümmert.“), mit ein Grund, um die Situation in Griechenland dramatischer darzustellen als sie tatsächlich ist. Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen. Auch hier wurde die Lage für Schutzberechtigte in Griechenland dramatisiert. Aus all diesen Gründen geht das Bundesverwaltungsgericht nicht davon aus, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Griechenland die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. eine sonstige individuelle Gefahr droht.

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Griechenland entgegenstehen könnten, ergibt sich ebenso wie die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden bzw. gesund zu sein sowie keine Medikamente zu nehmen (vgl. AS 45 bzw. AS 137) und keine Angehörigen bzw. Verwandte in Österreich zu haben (vgl. AS 43 bzw. AS 138). Dass die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers bei seiner Schwester in Griechenland leben und ein Bruder von ihm ebenfalls dort aufhältig ist sowie, dass er zu diesen Angehörigen Kontakt hat, gründet ebenfalls auf seinen eigenen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist, basiert auf seinen Aussagen vor dem Bundesamt. Diesbezüglich gab der Beschwerdeführer an, dass er seine jetzige Ehefrau, die nicht die Mutter seiner Kinder sei, 2018 traditionell vor einem Iman geheiratet habe. Er wisse allerdings nicht, wie sie heiße, habe sie noch nicht gesehen und wisse auch nicht, wo sie sich aufhalte (vgl. AS 137, AS 138). Da jedoch der Familienstand des Beschwerdeführers für das gegenständliche Verfahren nicht relevant ist, kann eine diesbezügliche tiefergehende beweiswürdigende Auseinandersetzung unterbleiben.

Die Feststellungen zum dauerhaften Bezug der Grundversorgung durch den Beschwerdeführer und zu seiner fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit ergeben sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem GVS-Register vom 13.11.2020 dem zufolge der Beschwerdeführer als „aktiv“ gemeldet ist. Gegenteiliges ist auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen. Die Negativfeststellung betreffend die Ergreifung sonstiger Integrationsmaßnahmen durch den Beschwerdeführer waren mangels Vorlage von Bestätigungen und/oder sonstiger Unterlagen zu treffen. Der Beschwerdeführer hat zwar in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt eine Aufstellung über geplante Integrationsmaßnahmen vorgelegt; einen Nachweis darüber, dass er diese tatsächlich auch ergriffen hat, hat er allerdings nicht erbracht. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers waren darüber hinaus keine weiteren Anknüpfungspunkte privater Natur ersichtlich. Letztlich gründet die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 13.11.2020.

2.2. Die Feststellungen zur Lage von Asylberechtigten bzw. von Schutzberechtigten in Griechenland stammen in ihrer letzten Überarbeitung vom 19.03.2020 und beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zur Situation von Asylberechtigten in Griechenland ergeben. Insbesondere werden auch die Rechte und Versorgungsleistungen, die Schutzberechtigten in Griechenland zukommen – erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Sozialleistungen, Wohnmöglichkeiten und Zugang zu medizinischer Versorgung - umfassend dargelegt. Allerdings wird durchaus auch auf die Schwierigkeiten, die auf anerkannte Flüchtlinge in Griechenland unter Umständen zukommen können, verwiesen, sodass gesagt werden kann, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid ein durchaus differenziertes Bild der Situation von Schutzberechtigten in Griechenland zeigen. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation für Asyl- bzw. Schutzberechtigte in Griechenland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, wurden nicht dargelegt. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer zu den Länderfeststellungen lediglich an, dass er auf eine Stellungnahme verzichte, da er nicht nach Griechenland wolle. Er wolle von Österreich Asyl (vgl. AS 141).

Zum Beschwerdevorbringen, die Länderfeststellungen seien unvollständig und teilweise veraltet, ist auszuführen, dass die vom Bundesamt herangezogenen Feststellungen zur Situation von Schutzberechtigten in Griechenland in ihrer letzten Aktualisierung vom 19.03.2020 stammen und sohin jedenfalls aktueller als jene sind, auf die die Beschwerde verweist; diese stammen nämlich zum Großteil aus dem Jahr 2017. Nicht nachvollziehbar ist, wenn die Beschwerde ausführt, dass die Länderfeststellungen nur allgemeine Aussagen beinhalten, sich jedoch in weiterer Folge selbst auf den Bericht der Stiftung Pro Asyl vom 30.08.2018 bezieht, den auch das Bundesamt herangezogen hat, und diesen dann für die eigene Argumentation verwendet. Wenn die Beschwerde kritisiert, dass Berichte über Behördengewalt gegenüber Flüchtlingen fehlen würden, ist ihr entgegenzuhalten, dass auch die Beschwerde keine derartigen Berichte erwähnt, sondern – im Gegenteil – wird in der Beschwerde zwar wörtlich angeführt „Aus diesen Gründen werden folgende Länderberichte ergänzt:“ (vgl. AS 227), allerdings werden in der Folge Teile der Länderfeststellungen des Bundesamtes sogar wörtlich zitiert. Ferner ist der Kritik an den Länderberichten des Bundesamtes auch nicht zu entnehmen, gegen welche Teile der Länderfeststellungen sich diese Kritik richtet, zumal – wie erwähnt – sich die Beschwerde teilweise auf dieselben Quellen stützt. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften. An dieser Stelle wird neuerlich erwähnt, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild zeichnen und – trotz vorhandener rechtlicher Möglichkeiten für Asylberechtigte – auf die praktischen Schwierigkeiten, die unter Umständen – etwa bei der Arbeitssuche, bei der Unterbringung oder beim Zugang zu Sozialleistungen – entstehen könnten, verweisen.

Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 – naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Schutzberechtigten in Griechenland, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr sowie auch die teilweise Zurücknahme von bereits erfolgten Lockerungen), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zur Lage von Schutzberechtigen in Griechenland nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn Griechenland für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um keine besonders vulnerable Person handelt und keine Anzeichen dafür vorliegen, dass er zu den Personengruppen mit einem erhöhten Risiko an COVID-19 zu erkranken – wie ältere und/oder immungeschwächte Personen – gehört.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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