TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 G307 1311064-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G307 1311064-4/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2019, Zahl XXXX , nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n .

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern am 19.06.2006 in das Bundesgebiet ein und stellte den gegenständlichen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (im Folgenden BAA) vom 13.03.2007 wurde der gegenständliche Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

3. Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt I.2. genannten Bescheides des BAA erhob der BF am 02.04.2007 fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof (im Folgenden: AGH).

4. Mit Bescheid des BAA vom 22.04.2008 wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 25.04.2009 erteilt.

5. Mit Bescheid des BAA vom 05.05.2009 wurde dem BF gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 05.05.2010 erteilt.

6. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (im Folgenden: BH) XXXX , vom 25.11.2009, wurde gegen den BF ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen, welches mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX (im Folgenden: SID XXXX ) im Rechtsmittelverfahren bestätigt wurde.

7. Mit Bescheid des BAA vom 13.04.2010 wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 05.05.2011 erteilt.

8. Am 28.07.2010 fand vor dem BAA eine niederschriftliche Einvernahme des BF statt.

9. Mit Bescheid des BAA vom 11.08.2010, XXXX , wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen und er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien-Herzegowina ausgewiesen.

10. Gegen den unter Punkt I.10. genannten Bescheid des BAA erhob der BF am 20.08.2010 Beschwerde an den Asylgerichtshof.

11. Mit Erkenntnis des AGH vom 24.06.2011 wurde der Spruchpunkt I. des Bescheides des BAA vom 13.03.2007 (siehe Punkt I.2.) gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BAA zurückverwiesen.

12. Am 26.09.2011 fand eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme das BF vor dem BAA statt.

13. Mit Bescheid des BAA vom 30.11.2011 wurde der gegenständliche Antrag des BF auf Gewährung internationalen Schutzes bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

14. Gegen den unter Punkt I.13. genannten Bescheid des BAA vom 30.11.2011 erhob der BF Beschwerde beim AGH.

15. Mit Beschlüssen GZ. G312 1311064-2/11E und -13110643/15E, jeweils vom 27.05.2014, wurde letztlich seitens des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) den Beschwerden (siehe Punkt I.11. und I.14.) des BF gegen die Bescheide des BAA vom 11.08.2010 (siehe Punkt I.10.) und 30.11.2011 (siehe Punkt I.13.), insoweit stattgegeben, als die Rechtssachen zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurden.

16. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), vom 03.09.2019 wurde dem BF zur Kenntnis gebracht, dass ein Verfahren zur Aberkennung des ihm seinerzeit zuerkannten Status des subsidiär Schutzbedürftigen sowie hinsichtlich seines noch offen Asylantrags anhängig sei. Gleichzeitig wurden dem BF einschlägige Länderberichte, unter anderem zum Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina (im Folgenden: BiH) übermittelt und zur Abgabe einer Stellungnahme bis spätestens 20.09.2019 aufgefordert.

17. Mit Schriftsatz vom 16.09.2019 antwortete der BF hierauf.

18. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 04.11.2019, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der dem BF mit Bescheid vom 13.03.2007, Zahl 06 06.405-BAT zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt II.), die dem BF mit diesem Bescheid vom 13.03.2007 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt III.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen, (Spruchpunkt V.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach BiH zulässig sei (Spruchpunkt VI.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 5 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.) sowie festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen bestünde (Spruchpunkt VIII.).

19. Mit per Post am 02.12.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, jedenfalls jenes eines subsidiär Schutzberechtigen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AylG, die Feststellung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und die Feststellung, dass sich eine Abschiebung nach Serbien (gemeint wohl BiH) als unzulässig erweise, die Behebung des Einreiseverbotes, die Herabsetzung dessen Befristung sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

20. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und langten am 12.12.2019 ein.

21. Am 29.09.2020 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF persönlich teilnahm und die Frau des BF als Zeugin einvernommen wurde.

Das BFA wurde geladen, entsandte jedoch keinen Vertreter.

22. Mit per Post am 09.10.2020 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine ergänzende Stellungnahme ab und brachte diverse Unterlagen in Vorlage.

23. Mit verfahrensleitendem Beschluss des BVwG, G307 1311064-4/10Z, vom 09.10.2020 wurde der BF zur Vorlage einer Kopie seines Reisepasses aufgefordert.

24. In seiner Antwort hierauf verwies der BF auf den Verbleib seines Reisepasses beim BFA.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Bui. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Roma, verheiratet, Vater von 5 Kindern und bekennt sich zum Islam. Die Muttersprache des BF ist Bosnisch und spricht er auch Romanes. Er ist im Besitz eines am 29.11.2005 ausgestellten und am 29.11.2010 abgelaufenen Reisepasses seines Herkunftsstaates.

1.2. Der BF reiste am 19.06.2006 gemeinsam mit seiner Frau, XXXX , geb. XXXX , StA: BiH, und den 5 gemeinsamen Kindern, XXXX , geb. XXXX , StA: BiH, XXXX , geb. XXXX , StA: BiH, XXXX , geb. XXXX , StA: BiH/USA, XXXX , geb XXXX , StA: BiH und XXXX , geb. XXXX , StA: BiH, ins Bundesgebiet ein, wo der BF am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes stellte. Die Frau des BF sowie die gemeinsamen Kinder stellten ebenfalls am selben Tag einen solchen Antrag.

1.3. Der BF besuchte im Herkunftsstaat die Grundschule, verließ diesen erstmals im Jahr 1991, besuchte und reiste mit seinen Eltern nach Deutschland, wo er sich bis 1997 aufhielt. Nachdem der BF im Jahr 1997 nach BiH abgeschoben worden war, kehrte er nach nur kurzem Aufenthalt im Herkunftsstaat nach Deutschland zurück, von wo er sich im Jahr 1999 gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern in die USA begab. Im Jahr 2006 kehrte der BF für kurze Zeit nach BiH zurück und reiste letztlich am 19.06.2006 mit seiner Familie nach Österreich.

1.4. Mit Bescheid des BAA vom 13.03.2007 wurde der Antrag des BF auf Einräumung internationalen Schutzes im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Mit diesem Bescheid wurde dem BF jedoch der Status des Subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt und ein befristetes Aufenthaltsrecht als subsidiär Schutzberechtigter erteilt, welches dem BF letztlich bis 05.05.2011 wiederholt verlängert wurde.

Dabei wurde ausgeführt, dass der BF seinen Status des subsidiär Schutzberechtigten von seinen Kindern, welche diesen wiederum von ihrer Mutter ableiteten, herleite. Eigenständige Gründe, welche eine Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat aufgrund einer möglichen Verletzung seiner Rechte gemäß Art 2 und 3 EMKR unmöglich erscheinen ließen, wurden dabei nicht festgestellt.

1.5. Mit Bescheid des BAA vom 11.08.2010, wurde dem BF der seinerzeit zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen und er aus dem Bundesgebiet in seine Heimat ausgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 20.08.2010 Beschwerde an den AGH.

1.6. Mit Beschluss des AGH vom 24.06.2011 wurde der Beschwerde des BF gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt II. 1.4. genannten Bescheides des BAA vom 13.03.2007 insoweit stattgegeben, als die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde.

Daraufhin wurde mit Bescheid des BAA vom 30.11.2011 der Antrag des BF auf Gewährung internationalen Schutzes hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach Verfahrensergänzung als unbegründet abgewiesen.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der BF am 13.12.2011 Beschwerde beim AGH.

1.7. Mit Beschlüssen des BVwG, G312 1311064-2/11E und 1311064-3/15E jeweils vom 27.05.2014 wurde den Beschwerden des BF gegen die Bescheide des BAA vom 11.08.2010 und 30.11.2011 insoweit stattgegeben, als die Rechtsachen zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurden.

1.8. Mit Bescheid der BH XXXX , Zahl XXXX , vom 25.11.2009 wurde gegen den BF wegen dessen Straffälligkeit ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen, welches mit Berufungsentscheidung der seinerzeitigen Sicherheitsdirektion XXXX , GZ.: XXXX , vom 18.05.2010 bestätigt wurde.

1.9. Der Frau und den gemeinsamen Kindern des BF wurde letztlich der Status des Asylberechtigten ebenfalls nicht zuerkannt und der ihnen mit Bescheiden das BAA vom 13.03.2007 jeweils zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheiden des BFA vom 12.10. und 30.10.2019 aberkannt. Mit diesen Bescheiden wurde der Frau des BF und den gemeinsamen Kindern jeweils ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG erteilt.

1.10. Der BF leidet an Osteochondrose LWS und Diskusprolaps L5/S1, welche konservativ in Form von Schonung, Physio- und Injektionstherapie zu behandeln wären sowie an einer Venen-Thrombose. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF eine Therapie wahrnimmt, an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet oder arbeitsunfähig ist. Der BF geht aktuell keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nach, sondern lebt überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und Arbeitslosenversicherung.

1.11. Der BF lebt mit seiner Frau, den Kindern, seiner Mutter, seiner Schwiegertochter und seiner Enkelin im gemeinsamen Haushalt in Österreich und ging insgesamt 138 Tage Erwerbstätigkeiten nach.

1.12. Die Mutter des BF bezieht Pflegegeld der Stufe 3 und befindet sich die Frau des BF in Karenz. Der BF unterstützt seine Mutter bei alltäglichen Besorgungen, jedoch konnte ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem BF und seiner Mutter nicht festgestellt werden.

1.13. Das Bestehen bestimmter Deutschkenntnisse konnte nicht festgestellt werden. Der BF besucht keine Kurse oder sonstige Fort- oder Ausbildungsveranstaltungen in Österreich und ist zudem in keinem Verein Mitglied.

1.14. Im Herkunftsstaat hält sich der Großvater des BF, welcher im Besitz eines Hause ist, in dem der BF bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat gelebt hat. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nicht bei seinem Großvater oder in dessen Haus Unterkunft nehmen könnte.

1.15. Der BF weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen in Österreich auf:

1.       LG XXXX , Zahl. XXXX , vom XXXX 2009, RK XXXX .2009, wegen versuchten Einbruchsdiebstahls gemäß § 15, 127, 129/1 StGB: zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wovon 13 Monate bedingt auf 1 Jahr nachgesehen wurden.

2.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2012, RK XXXX .2012, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2 und 5) SMG: zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten.

3.       BG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX 2013, XXXX 2013, wegen Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB: zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 3 Monaten.

4.       LG Strafsachen XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX 2013, RK XXXX 2014, wegen versuchten Raubes gemäß § 15, 142 (1) StGB: zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe in XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei weiteren Tätern als Mittäter (§ 12 erster Fall) in der Nacht vom XXXX auf den XXXX 2013 mit Gewalt gegen A.B., nämlich ihre Fesselung, fremde bewegliche Sachen, und zwar Gegenstände im Wert von ca. € 7.000,00 bis 10.000,00 mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem sie zunächst einige Tage zuvor die Tat ausführlich besprachen und konkret festlegten, welches Opfer sie berauben werden, sodass gemeinsam zur Wohnung der A.B. fuhren, wobei ein Mittäter in der linken hinteren Gesäßtasche eine schwarze Sturmhaube und eine weiterer Mittäter einen Rucksack mit einer schwarzen Sturmhaube, ein Brecheisen und zwei Schraubendreher auf der Rücksitzbank des PKW eines Mittäters mit sich führten und die Vollendung der Tat vereitelt wurde, weil die bereits alarmierten Polizeibeamten den Angriff rechtzeitig verhindern konnten.

Als mildernd wurde dabei der Umstand, dass es beim Versuch blieb, als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB sowie der rasche Rückfall gewertet.

5.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX 2017, RK XXXX .2017, wegen Vorteilszuwendung gemäß § 307a (1) StGB: zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten.

Es wird festgestellt, dass der BF die jeweiligen Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

1.16. Die bedingte Nachsicht der mit Urteil des BG XXXX vom XXXX 2013 ausgesprochenen Freiheitsstrafe wurde mit Urteil des LG XXXX vom XXXX .2013 widerrufen.

1.17. Zudem wurde gegen den BF eine Verwaltungsstrafe gemäß § 37 Abs. 1 FSG iVm. § 1 Abs. 3 FSG von € 726,00 verhängt.

1.18. Der BF wurde von XXXX 2008 bis XXXX 2009, XXXX 2012 bis XXXX 2012, XXXX 2013 bis XXXX 2018 in Justizanstalten in Österreich angehalten.

1.19. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Sohn des BF, XXXX , an einer Nervenerkrankung litt oder leidet und diesbezüglich in Behandlung ist, bzw. einer Pflege bedarf.

Darüber hinaus konnte eine Pflegebedürftigkeit der Ehefrau oder eines der gemeinsamen Kinder des BF nicht festgestellt werden.

1.20. Der BF ist vermögenslos und hat insgesamt ca. € 11.500,00 bis 12.5000,00 an Außenständen gegenüber der Gemeinde XXXX , einer Bank und privaten Personen. Zudem hat der BF beim Finanzamt € 19.442,86 an Abgabenrückständen offen.

1.21. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Bedrohungsgefahr ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.22. BiH gilt als sicherer Herkunftsstaat.

1.23. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:

BiH:

Politische Lage

Letzte Änderung: 27.5.2020

Der Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina wurde im November/Dezember 1995 durch das Daytoner „Rahmenabkommen für den Frieden“ geschaffen, dessen Annex 4 die gesamtstaatliche Verfassung festschreibt. Laut Volkszählung 2013 hatte Bosnien und Herzegowina ca. 3,5 Mio Einwohner; durch starke Abwanderung hat sich die Einwohnerzahl in den letzten Jahren reduziert und wird von einigen Quellen auf derzeit 2,7 Mio. Einwohner geschätzt. Bosnien und Herzegowina besteht aus zwei flächenmäßig nahezu gleich großen, weitgehend autonomen, Entitäten genannte Gebietskörperschaften: Die überwiegend bosniakisch-kroatische Föderation Bosnien und Herzegowina (51 % des Territoriums, ca. 63 % der Gesamtbevölkerung) und die überwiegend serbische Republika Srpska (RS) (49 % des Territoriums, ca. 35% der Gesamtbevölkerung). Neben den beiden Entitäten gibt es den multiethnischen Sonderdistrikt Br?ko. Die Föderation Bosnien und Herzegowina gliedert sich in zehn Kantone, die wiederum aus mehreren Gemeinden bestehen. Die RS ist zentral organisiert und nur in Gemeinden gegliedert. Als „Staatsoberhaupt“ des Gesamtstaats fungiert das Staatspräsidium, das in direkter Wahl für eine Amtszeit von 4 Jahren bestimmt wird. Es besteht aus je einem Vertreter der drei konstituierenden Völker. Der Vorsitz rotiert alle 8 Monate. Die Regierungen des Gesamtstaates, der beiden Entitäten, des Distrikts Br?ko und der zehn Kantone in der FBiH kommen zusammen auf über 150 Ministerien. Der Anteil des Staatsapparats am Staatsbudget ist infolgedessen fast doppelt so hoch wie der EU-Durchschnitt. Im Übrigen ist die Besetzung von Ämtern in Regierungen und Verwaltungen auf allen Ebenen durch die institutionalisierte Machtteilung zwischen den konstituierenden Völkern geprägt (AA 14.3.2020).

14 Monate nach der Parlamentswahl gibt es eine neue Regierung auf Staatsebene. Zu ihr gehören die nationalistischen Parteien, die sich als Vertreter von Volksgruppen verstehen, wie die SDA und die SBB für Bosniaken, die SNSD für Serben, die HDZ für Kroaten, aber auch die multiethnische, sozialdemokratisch ausgerichtete Demokratska Fronta (DF). Vorsitzender des Ministerrats ist Zoran Tegeltija von der SNSD. Die Regierungsbildung hatte so lange gedauert, weil man sich nicht über die Beziehungen zur Nato einigen konnte. Während die traditionell prowestlich ausgerichteten bosniakischen und kroatischen Parteien für einen Nato-Beitritt sind, stellt sich die prorussische SNSD von Dodik dagegen (DS 26.12.2019).

Die klassische rechtsstaatliche Gewaltenteilung wird ergänzt durch den im Daytoner Rahmenabkommen für den Frieden vorgesehenen Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft (HR) und die ihm unterstehende Behörde, dem „Office of the High Representative“ (OHR). Der HR ist die höchste Instanz im Land für die Auslegung und Implementierung des Daytoner Rahmenabkommens für den Frieden und steht damit rechtlich über den staatlichen Stellen. Er besitzt vom Sicherheitsrat der VN gedeckte, sehr weitreichende Vollmachten („Bonn Powers“), mit denen er u. a. politische Amtsträger entlassen und Gesetze suspendieren kann (auf die seit 2011 jedoch nicht mehr zurückgegriffen wurde). Seit 26.03.2009 ist der Österreicher Valentin Inzko Amtsinhaber (AA 14.3.2020).

Milorad Dodik, das serbische Mitglied im Staatspräsidium Bosnien und Herzegowinas, hat im Februar 2020 die Existenz des eigenen Staates infrage gestellt. Darin hat er einen wichtigen Verbündeten, den Vorsitzenden der kroatischen Nationalpartei HDZ-BiH in Bosnien, Dragan ?ovi?, gefunden. All dies hat bei der Bevölkerung Bosniens Ängste vor einem neuen Krieg ausgelöst (TAZ 27.2.2020).

Die Zentrale Wahlkommission von BiH (CIK) hat am 23.5.2020 aus budgetären Gründen die Kommunalwahlen 2020 verschoben. Die verschobenen Wahlen finden am Sonntag, den 15. November 2020, statt. Die CIK hofft, dass das Budget BiH bis Ende Mai 2020 beschlossen wird, um die Wahlvorbereitungen rechtzeitig finanzieren zu können. Im Zuge der Wahlen im Herbst sollen 120 Bezirksversammlungen, 120 BezirksvorsteherInnen, die Versammlung des Distrikts Br?ko sowie 21 Gemeinderätinnen beziehungsweise -räte ermittelt werden. Die 22 BürgermeisterInnen werden direkt gewählt (CEC 23.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- CEC - Central Election Commission of Bosnia and Herzegovina (23.5.2020): The 2020 Local Elections postponed for November 15, https://www.izbori.ba/Default.aspx?Lang=6, Zugriff 27.5.2020

- DS - der Stadard (26.12.2019): Bosnien-Herzegowina, Kabinett, Bosnien und Herzegowina hat nach 14 Monaten wieder eine Regierung, https://www.derstandard.at/story/2000112679753/bosnien-und-herzegowina-hat-nach-14-monaten-wieder-eine-regierung, Zugriff 19.5.2020

- TAZ - Die Tageszeitung (27.2.2020): Nationalismus in Bosnien-Herzogowina: Angst vor neuem Krieg, https://taz.de/Nationalismus-in-Bosnien-Herzogowina/!5666891/, Zugriff 25.5.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 27.5.2020

Die aktuelle Sicherheitslage in Bosnien und Herzegowina ist seit Oktober 2018 durch die politischen Spannungen zwischen den regierenden Parteien geprägt. Die Wahlkampfrhetorik der politischen Parteien hat auch zur Zeit der Covid-19-Pandemie nicht angehalten, da man sich für die Kommunalwahlen im Herbst 2020 wappnet. Diese instabile politische Lage wirkt sich direkt negativ auf die Sicherheitslage aus (VB 15.5.2020).

Während des ersten Nachkriegsjahrzehnts hatte ein Hoher Repräsentant unter dem Mandat der Vereinten Nationen die Exekutivgewalt in einer Art Halbprotektorat, während eine von der NATO geführte Militärmission die Sicherheit im ganzen Land wiederherstellte. Der Hohe Repräsentant nutzte seine Exekutivbefugnisse, wo dies erforderlich war, um Beamte und politische Entscheidungsträger, die beschuldigt wurden, die Umsetzung des Friedens zu behindern, abzusetzen, Gesetze und Änderungen der Verfassungen der Entitäten durchzusetzen und zusätzliche Institutionen auf gesamtstaatlicher Ebene zu schaffen. Die internationalen Interventionen schufen jedoch die Voraussetzungen für eine liberale Demokratie, öffneten Raum für Dialog und Kompromisse, führten zu einer gewissen Pluralisierung des Parteiensystems und des politischen Lebens, etablierten staatliche Kernfunktionen und legten die Grundlage für eine allgemeine Stabilität. Seit 2004 unterhält die Europäische Union eine militärische Präsenz in Bosnien und Herzegowina, die European Union Force Althea (EUFOR Althea), die die friedenserhaltende Mission der North Atlantic Treaty Organization (NATO) ablöste, die im Rahmen des Dayton-Abkommens von 1995 eingesetzt worden war. EUFOR Althea ist nach wie vor die einzige internationale Sicherheitstruppe in Bosnien und Herzegowina mit einem landesweiten Mandat zur Gewährleistung der Sicherheit. Die Reduzierung der Truppenstärke auf nur wenige Hundert Mann in den letzten zehn Jahren hat jedoch dazu geführt, dass es für EUFOR Althea schwierig sein wird, im Falle einer ernsten Sicherheitskrise die Sicherheit zu garantieren. Die Sicherheitslage hat sich jedoch weitgehend normalisiert (BTI 29.4.2020).

Zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien bestehen einige ungelöste, andauernde Grenz-und Territorialfragen. Zum einen geht es um die Nutzung der Adria. So ist im Südwesten Bosnien-Herzegowinas die Frage des Verwaltungsbezirks Neum, der die Stadt Dubrovnik und umliegendes Land vom kroatischen Festland abtrennt, ungelöst. Bis dato ist kein Grenzvertrag ratifiziert worden. Zwischen Bosnien-Herzegowina und Serbien wiederum existieren ungelöste Grenz- und Territorialfragen entlang des Flusses Drina. Die OSZE-Mission in Bosnien-Herzegowina ist mit etwa 68 Personen weiterhin in dem Land präsentund operiert unter der Führung der USA. Ziel der Mission ist es, die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und die Verteidigungsstrukturen zu stärken (BICC 5.2020).

Quellen:

- BICC - Bonn International Center for Conversion (5.2020): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/2020_Bosnien-Herzegowina.pdf, Zugriff 22.5.2020

- BTI - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bosnia and Herzegovina,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2029431/country_report_2020_BIH.pdf, Zugriff 12.5.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 27.5.2020

Die Staatsverfassung sieht das Recht auf ein faires Verfahren in Zivil- und Strafsachen vor, während die Verfassungen der Entitäten ein unabhängiges Justizwesen vorsehen. Dennoch beeinflussen politische Parteien und die Akteure des organisierten Verbrechens die Justiz sowohl auf Staats- als auch auf Entitätsebene in politisch sensiblen Fällen, insbesondere im Zusammenhang mit Korruption, sowohl auf staatlicher als auch auf Entitätsebene. Die Behörden versäumen es bisweilen, Gerichtsentscheidungen durchzusetzen. Während die zivilen Behörden eine wirksame Kontrolle und Koordinierung der Strafverfolgungsbehörde und Sicherheitskräfte aufrechterhalten, führte das Fehlen einer klaren Aufteilung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen den 16 Strafverfolgungsbehörden des Landes zu gelegentlichen Verwirrung und überlappenden Zuständigkeiten. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Der Angeklagte hat das Recht auf einen Anwalt und falls er sich keinen Anwalt leisten kann, wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Der Angeklagte hat das Recht auf einen gerichtlich bestellten Dolmetscher, die Zeugen und Beweise in seinen eigenen Namen vorzulegen und Urteile anzufechten. Die Behörden respektieren im Allgemeinen die meisten dieser Rechte, die sich auf alle Angeklagten erstrecken (USDOS 13.3.2020).

Eine überarbeitete nationale Strategie zur Bearbeitung von Kriegsverbrechen, die den Prozess der Zuweisung von Fällen an die verschiedenen Gerichte verbessern soll, wartet seit Februar 2018 auf die Genehmigung durch den Ministerrat. 2019 wurden keine Fortschritte erzielt, so dass sich die Geschwindigkeit, mit der Kriegsverbrecherfälle verfolgt werden, verlangsamt hat. Nach Angaben der OSZE waren im August 2019 250 Kriegsverbrechensfälle gegen 512 Angeklagte vor allen Gerichten in BiH anhängig (HRW 14.1.2020).

Seit Mitte Februar 2020 blockieren die bosnischen Serben Entscheidungen (alle Gesetzesänderungen und Vorschläge) im Parlament BiH. Diese Blockade wurde von den Funktionären aus der Entität RS angekündigt, weil sie unzufrieden mit den Entscheidungen des BiH Verfassungsgerichts waren. Insbesondere möchte diese Entität die drei ausländischen internationalen Richter aus dem Verfassungsgericht entfernen und plant, bis zu diesem Zeitpunkt die genannte Blockade aufrechtzuerhalten (VB 15.5.2020).

Wie viele Bereiche des täglichen Lebens in Bosnien und Herzegowina ist auch die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis von Korruption durchzogen. Problematisch ist zudem, dass die existierenden, transparenten Regelungen zur Auswahl des Richters in einem Verfahren (gesetzlich bestimmter Richter) in der Praxis oft nur auf dem Papier angewandt werden. Sippenhaft wird nicht praktiziert (AA 14.3.2020).

Grundsätzlich gilt, dass sich jeder bosnische Staatsbürger im Falle von "Verfolgungshandlungen gegen seine/ihre Person" an Polizei oder direkt an die Staatsanwaltschaft wenden kann. Sollten die offiziellen Stellen nicht tätig werden bzw. sollte es sich bei der Verfolgungshandlung gegen den Betroffenen um eine Menschenrechtsverletzung handeln, stehen halb- bis nichtstaatliche Organisationen mit Rechtsbeistand zur Seite. Auch hat das Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge in der Sektion für Menschenrechte eine Abteilung zum „Schutz von individuellen Menschenrechten und Bürgerrechten“, welche u.a. Anliegen und Beschwerden annimmt und bearbeitet und Bürgern fachliche Hilfe leistet (VB 15.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Bosnia and Herzegovina,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2022732.html, Zugriff 20.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 27.5.2020

In Bosnien-Herzegowina ist das staatliche Gewaltmonopol im Prinzip auf dem gesamten Territorium verankert. Dieses Gewaltmonopol wird jedoch nach wie vor durch die schlechte institutionelle Koordination zwischen den Sicherheitsdiensten und die anhaltende Politisierung untergraben. Die Streitkräfte von BiH wurden 2006 durch die Vereinigung der drei getrennten ethnischen Kräfte aufgestellt, sie haben jedoch nicht das Mandat, die Sicherheit innerhalb vdes Landes aufrechtzuerhalten. Die Polizeikräfte leiden unter einem hohen Grad an institutioneller Fragmentierung und zunehmender Politisierung. In der RS ist die Polizei stark zentralisiert und steht unter dem starken Einfluss der Regierungsparteien. In der Föderation sind die Zuständigkeiten der Polizei zwischen der föderalen und der kantonalen Ebene aufgeteilt, wobei die Zusammenarbeit zwischen den Behörden nur unvollständig institutionalisiert ist. In den ethnisch gemischten Kantonen bestehen weiterhin ethnische Trennungen unter den Polizeikräften. Seit 2011 erleben die Polizeibehörden auf allen Ebenen einen massiven Drang der herrschenden Eliten nach mehr politischer Kontrolle und einer Rücknahme der Reformen. Die Institutionen auf staatlicher Ebene haben ein schwaches Mandat und geringe operative Kapazitäten, was auf eine 2007 durchgeführte Teilreform der Polizei zurückzuführen ist. Sie leiden auch unter der schlechten Koordinierung mit den Behörden auf den unteren Regierungsebenen (BTI 29.4.2020).

Im Bereich Sicherheit schlägt sich die komplexe bosnisch-herzegowinischen Verfassung nieder; auf Gesamtstaatsebene existiert neben der Polizeibehörde SIPA (u. a. zuständig für Kriegsverbrechen, Organisierte Kriminalität und Korruption), die Grenzpolizei sowie die Direktion zur Koordinierung der Polizeidienste, der u.a. Interpol und der Objektschutz zugeordnet sind. Die Aufsicht über diese gesamtstaatlichen Polizeibehörden liegt beim Sicherheitsministerium. In der Föderation existiert eine Föderationspolizei mit Sitz in Sarajevo, deren Zuständigkeit sich auf das Gebiet der Föderation erstreckt, die aber keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den auf Kantonsebene bestehenden Polizeibehörden hat. In der Republika Srpska übt die Gesamtpolizei hingegen auch Aufsicht über die sechs regionalen Polizeibehörden der Entität aus. Die Polizei im Sonderdistrikt Br?ko ist unabhängig. Jede dieser Behörden verfügt wiederum über Spezialeinheiten. Das Militär befindet sich seit 2003 in einem Reformprozess (u. a. in Hinblick auf die NATO-Annäherung Bosnien und Herzegowinas). Mit Inkrafttreten des Verteidigungsgesetzes und des Wehrdienstgesetzes (beide 2005) wurde mit den bewaffneten Streitkräften (Oruzane Snage Bosne i Herzegowine - OSBIH) eine gesamtstaatliche Armee geschaffen. Die Armeen der Entitäten bzw. aus Kriegszeiten erhalten gebliebene Truppenteile der drei konstituierenden Volksgruppen wurden abgeschafft (AA 14.3.2020).

Parallel zum Militär fand auch innerhalb der Polizei ein umfassender Reformprozess statt. Erfolge bestehen darin, dass die Polizei, die einst Rückkehrer drangsalierte und Kriegsverbrecher schützte, nun zu den angesehensten Institutionen im ganzen Land zählt (BICC 5.2020).

Die Grundausbildung für Polizeibeamte wird in zwei Akademien auf Entitätsebene (Republika Srpska und Föderation BiH) durchgeführt. Die mittlerweile abgeschlossenen Twinning Projekte „Strenghtening in Law Enforcement“ und „Moneylaundering“ bekommen in Form von weiteren, von der EU geförderten Projekten (IPA, Twinning, TAIEX), ihre Nachfolge. An der ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen dem österreichischen BVT und den zuständigen bosnischen Sicherheitsbehörden hat sich nichts verändert (VB 15.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- BICC - Bonn International Center for Conversion (5.2020): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/2020_Bosnien-Herzegowina.pdf, Zugriff 22.5.2020

- BTI - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bosnia and Herzegovina,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2029431/country_report_2020_BIH.pdf, Zugriff 12.5.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 27.5.2020

Die Verfassung von Bosnien und Herzegowina schreibt für alle Menschen das Recht auf Freiheit von Folter fest. Das Land ist danach an die Antifolterkonvention (1984) und die Europäische Folterverhütungskonvention gebunden. BiH hat 2003 vorbehaltlos die Zuständigkeit der Antifolterkommission nach Art. 22 der VN-Antifolterkonvention anerkannt. Folter ist in BiH strafbar. Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung überprüft seit 2011 Polizeistationen, Haftanstalten und psychiatrische Einrichtungen. Die letzte Überprüfung fand im Juni 2019 statt, ein Bericht liegt noch nicht vor. Es kommt nach Angaben des CPT im Rahmen von polizeilichen Verhören und Verhaftungen verbreitet und innerhalb der Gefängnisse nach wie vor vereinzelt zu körperlichen Misshandlungen, insbesondere gegen Angehörige der Roma. Beschwerden von Betroffenen werden uneinheitlich behandelt und nur wenige werden aufgeklärt (AA 14.3.2020).

Das Gesetz verbietet solche Praktiken. Obwohl es keine Berichte gibt, dass Regierungsbeamte solche Maßnahmen ergriffen haben, gibt es keine konkreten Hinweise darauf, dass die Sicherheitskräfte die Praxis der schweren Misshandlung von Häftlingen und Gefangenen, die in den Vorjahren gemeldet wurden, beendet hätten. Im Jahr 2018 erhielt die Institution des Ombudsmanns für Menschenrechte 144 Beschwerden über Misshandlungen von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, von denen sich einige auf die Behandlung in Gefängniseinrichtungen bezogen. Beobachter stellten fest, dass die Misshandlung von Verdächtigen und Gefangenen auf Polizeistationen und in Haftanstalten zwar allgemein zurückging, aber weiterhin Anlass zur Sorge gibt. Die Strafverfolgung solcher Fälle bleibt langsam und inkonsequent (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

Korruption

Letzte Änderung: 27.5.2020

Die Regierung verfügt zwar über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption, aber der politische Druck verhindert oft die Anwendung dieser Mechanismen. Die Regierung hat hauptsächlich mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft die Polizei- und Sicherheitskräfte geschult, um Missbrauch und Korruption zu bekämpfen und die Achtung der Menschenrechte zu fördern. Die Schulung von Polizeibeamten hat auch Komponenten des Ethik- und Antikorruptionstrainings enthalten. Korruption seitens der Beamten ist strafbar, aber die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt und die öffentliche Korruption nicht als ernsthaftes Problem eingestuft. Besonders häufig ist die Korruption im Gesundheits- und Bildungswesen, bei den öffentlichen Beschaffungsprozessen, bei der lokalen Verwaltung und bei den Beschäftigungsverfahren in öffentlicher Verwaltung (USDOS 13.3.2020).

Korruption ist sowohl auf höchster politischer als auch gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und privater Ebene weit verbreitet. Ihre Bekämpfung wird von den hierfür zuständigen Institutionen häufig eher behindert. Wie viele Bereiche des täglichen Lebens in BiH ist auch die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis von Korruption durchzogen. Korruption ist in BiH allgegenwärtig und kann auch im Gesundheitswesen nicht ausgeschlossen werden (AA 14.3.2020).

Korruption ist weiterhin ein sehr aktuelles Problem in BiH. Diese Tatsache trägt zu einer immerwährenden instabilen politischen Lage bei. In einigen Kantonen wurden in weniger als zwei Jahren nach den letzten Wahlen schon zwei bis drei Koalitionsregierungen gebildet und sind gescheitert. Grund für das Scheitern dieser Koalitionen ist Korruption bzw. Stimmenhandel bei den Parteien (VB 15.5.2020).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index 2019 rangiert BiH unter 180 Ländern und Territorien an 101. Stelle mit einer Punkteanzahl von 36 von bestmöglichen 100 (TI 2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

-TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019; https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/table, Zugriff 22.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Ombudsmann

Letzte Änderung: 27.5.2020

Insgesamt gibt es in BiH Ombudsmannbüros in Banja Luka, Sarajevo, Mostar, im Distrikt Brcko und eine Außenstelle in Livno (VB 11.5.2020).

Der gesamtstaatliche Ombudsmann hat die Befugnis, Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Landesgesetze auf Hinweis der einzelnen Bürger zu untersuchen und Empfehlungen zur Nachbesserung an die Regierung unterbreiten. Die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten sind rechtlich unverbindlich. Ein Bosniake, ein Kroate und ein Serbe teilen sich die Führung der Ombudsstelle, was innerhalb der Institution manchmal zu Meinungsverschiedenheiten führt bei der Einschätzung, was eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Dem Ombudsmann fehlen die Mittel, um effektiv zu arbeiten (USDOS 13.3.2020).

Die Zahl der Beschwerden, die beim Ombudsmann für Menschenrechte im Jahr 2018 einlangten, verringerte sich auf 3.218 Fälle, um 48 weniger als im Jahr 2017 (3.266 Fälle). Mit den aus den Vorjahren übertragenen Fällen wurden 5.239 Beschwerden bearbeitet, davon 3.205 erledigt. Die meisten Beschwerden betrafen Verstöße gegen die bürgerlichen und politischen Rechte - 978 (Ombudsmann BiH 3.2019).

Quellen:

- Ombudsmann für Menschenrechte BiH (3.2020): Annual Report on results of the activities of the Institution of Human Rights Ombudsman of Bosnia and Herzegovina for 2019, https://www.ombudsmen.gov.ba/documents/obmudsmen_doc2020051813152592bos.pdf, Zugriff 22.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Wehrdienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung: 27.5.2020

Das Militär befindet sich seit 2003 in einem Reformprozess (u. a. in Hinblick auf die NATO-Annäherung Bosnien und Herzegowinas). Mit Inkrafttreten des Verteidigungsgesetzes und des Wehrdienstgesetzes (beide 2005) wurde mit den bewaffneten Streitkräften eine gesamtstaatliche Armee geschaffen. Die Armeen der Entitäten bzw. aus Kriegszeiten erhalten gebliebene Truppenteile der drei konstituierenden Volksgruppen wurden abgeschafft, die Wehrpflicht ebenfalls. Alle Staatsbürger unter 40 Jahren, darunter auch Frauen, haben Zugang zu den Streitkräften (AA 14.3.2020).

Der Blick auf die NATO und eine mögliche Mitgliedschaft waren ausschlaggebend für eine erfolgreiche Militärreform auf gesamtstaatlicher Ebene, in Zuge derer auch die allgemeine Wehrpflicht zum 1. Jänner 2006 abgeschafft und das Militär in eine Freiwilligenarmee umgebaut wurde (BICC 5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- BICC - Bonn International Center for Conversion (5.2020): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/2020_Bosnien-Herzegowina.pdf, Zugriff 22.5.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 27.5.2020

Im Jahr 2019 gab es in Bosnien und Herzegowina kaum Verbesserungen beim Schutz der Menschenrechte. Im Dezember 2019 sind es zehn Jahre seit dem Sejdi?-Finci-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vergangen, in dem festgestellt wurde, dass die bosnische Verfassung ethnische und religiöse Minderheiten diskriminiert, indem sie ihnen nicht erlaubt, für die Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Die Verfassung wurde noch immer nicht geändert (HRW 14.1.2020).

Die Behörden haben es versäumt, mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichts von BiH umzusetzen, in denen die in der Verfassung festgelegten Vereinbarungen über die Machtteilung als diskriminierend eingestuft wurden und Menschen, die nicht einem der konstituierenden Völker (Bosniaken, Kroaten oder Serben) angehören, daran gehindert wurden, für legislative und exekutive Ämter zu kandidieren. (AI 16.4.2020).

Die Menschenrechtssituation in Bosnien-Herzegowina ist als prekär zu beurteilen. Grundlegende Menschen- und Bürgerrechte sind zwar durch die Verfassung gedeckt, werden jedoch weiterhin missachtet. Eine Umsetzung dieser Rechte und ihre Anwendung in der Praxis fanden in den vergangenen Jahren kaum statt. Die Diskriminierung in weiten Teilen des öffentlichen und privaten Lebens ist weit verbreitet. Sehr problematisch ist das mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügte Wahlrecht, das Minderheiten keine ausreichende Vertretung garantiert. Auch Teile der Verfassung, die stellenweise nur einen provisorischen Charakter haben, sind aus Sicht des Gerichtshofs kritisch. Trotz Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes und sich daraus ergebender Fortschritte bei der Bekämpfung der Diskriminierung, verdeutlichen beispielsweise die allgemeine Segregation und Diskriminierung in öffentlichen Schulen dieses grundlegende Problem, das das Zusammenleben zukünftiger Generationen weiterhin erschweren wird. Defizite bestehen weiterhin bei der gerichtlichen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen und der gesellschaftlichen Versöhnung. Bei der Umsetzung der Nationalen Strategie zur Verfolgung von Kriegsverbrechen treten weiterhin Mängel auf (BICC 5.2020).

Eine Beschränkung der Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition durch den Staat und seine Organe erfolgt grundsätzlich nicht. Allerdings hat die Regierung der Republika Srpska mehrfach angekündigt, ein Gesetz in das Parlament einzubringen, welches alle Politiker einschließlich der Opposition unter strenger Strafandrohung verpflichten würde, in der bosnisch-herzegowinischen Gesamtstaatsorganisationen ausschließlich die von der Regierung RS vorgegebene Linie zu vertreten. Die Vereinigungsfreiheit wird durch die bosnisch-herzegowinische Verfassung sowie durch beide Entitätsverfassungen gewährleistet. Vereine und Stiftungen können auf Gesamtstaats-, Entitäts- oder Kantonsebene registriert werden. Das Verfahren kann allerdings langwierig und kompliziert sein. Die Regierung der Republika Srpska hat eine Gesetzesinitiative angekündigt, die NROs und politische Stiftungen einer Meldepflicht von ausländischer finanzieller Unterstützung auferlegen soll und dem Ziel der Überwachung von aus dem Ausland finanzierten Aktivitäten dient. Die Versammlungsfreiheit ist formal nicht eingeschränkt, jedoch entsprechen die einzelnen Gesetze zur Versammlungsfreiheit in den Entitäten und Kantonen nicht vollumfänglich europäischen Standards. In der Republika Srpska konnten Versuche beobachtet werden, Demonstranten durch unverhältnismäßiges Vorgehen durch die Polizei oder Ankündigungen von restriktiven Gesetzesvorhaben einzuschüchtern. Dazu zählen bspw. das Vorgehen der Polizei gegen die Protestbewegung „Gerechtigkeit für David“ um den Jahreswechsel 2018/2019 (AA 14.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- AI - Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bosnia and Herzegovina [EUR 01/2098/2020], 16. April 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2028186.html, Zugriff 19.5.2020

- BICC - Bonn International Center for Conversion (5.2020): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/2020_Bosnien-Herzegowina.pdf, Zugriff 4.5.2020

- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Bosnia and Herzegovina,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2022732.html, Zugriff 20.5.2020

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung: 27.5.2020

Das Muster von Drohungen, politischem Druck und Angriffen auf Journalisten setzt sich fort. Journalisten werden aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und des Inhalts ihrer Arbeit ins Visier genommen. Im Weltindex für Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt BiH auf Platz 63 von 180 Ländern (AI 16.4.2020).

Die Informationsfreiheit ist insofern gewährleistet, als es insgesamt ein breit gefächertes Medienangebot gibt, so dass bei Lektüre einer Vielzahl von Medien eine umfassende Informationsgewinnung möglich ist. Es gibt jedoch kein Medium, das unabhängig von parteipolitischer Einflussnahme ist. Nach Einschätzung der Journalistenvereinigung sind Online-Portale unabhängiger als andere Quellen, allerdings gibt es erhebliche Defizite bei Recherche und Verifizierung von Online-Artikeln. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden ihrem Informationsauftrag nicht gerecht. Die Freiheit eines einzelnen Journalisten, unabhängig zu berichten, ist aufgrund von wirtschaftlichen und politischen Zwängen erheblich eingeschränkt. Unabhängige Beobachter wie die OSZE, Human Rights Watch, der hiesige Presserat und die EU sehen kritische Journalisten neben wirtschaftlichem Druck vereinzelt Bedrohungen und Nötigung, auch durch Politiker, ausgesetzt. Im Jahr 2019 registrierte die Journalistenvereinigung von Bosnien und Herzegowina 49 Fälle von Angriffen auf Journalisten sowie Verletzungen der Freiheit der Meinungsäußerung und Integrität von den Medien, davon u. a. neun körperliche Angriffe und acht Morddrohungen. Nur ein Bruchteil der begangenen Straftaten wurde untersucht und gerichtlich verhandelt (AA 14.3.2020).

Das Gesetz sieht das Recht auf freie Meinungsfreiheit einschließlich der Pressefreiheit vor, aber die Regierung respektiert dieses Recht weiterhin nur unzureichend. Einschüchterungen, Schikanen und Drohungen, einschließlich einer gestiegenen Zahl von Morddrohungen gegen Journalisten und Presseorgane setzen sich fort, während die Medienberichterstattung mehrheitlich von nationalistischer Rhetorik und ethnischen und politischen Vorurteilen geprägt ist, die häufig Intoleranz und manchmal Hass fördern. Der Mangel an Transparenz hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse in den Medien bleibt ein Problem. Der politische und finanzielle Druck auf die Medien geht weiter. Die Zahl der körperlichen Angriffe auf Journalisten nahm im Jahr 2019 zu (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- AI - Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bosnia and Herzegovina [EUR 01/2098/2020], 16. April 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2028186.html, Zugriff 19.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

Haftbedingungen

Letzte Änderung: 27.5.2020

Die Haftbedingungen in Bosnien und Herzegowina variieren zwischen den einzelnen Haftanstalten. Die bisherigen Probleme wie Gewaltanwendung durch das Gefängnispersonal bzw. unter den Inhaftierten selbst, das Fehlen konkreter Verhaltensregeln für das Gefängnispersonal sowie schlechte medizinische Versorgung und bestehende schlechte Unterbringungsbedingungen in manchen Einrichtungen müssen nach kritischen Berichten verstärkt angegangen werden. Unabhängigen internationalen und nationalen Beobachtern werden weitreichende Besuchsrechte eingeräumt. Anfang 2018 wurde der Neubau des Staatsgefängnisses in Vojkovic fertig gestellt. Die Indienststellung hängt von der nach wie vor ausstehenden Nominierung des Leiters des Gefängnisses ab. Der von der EU und Schweden finanzierte Bau hat ca. 40 Mio. EUR gekostet und soll 348 Häftlinge aufnehmen (nur Männer). Jugendliche männliche Strafgefangene im Alter von 16 bis 18 Jahren werden in einigen Haftanstalten mit den erwachsenen Strafgefangenen zusammen untergebracht. Nur für jugendliche Strafgefangene unter 16 Jahren werden separate Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Auch Frauengefängnisse fehlen, so dass weibliche Strafgefangene zum Teil in abgetrennte Bereiche der allgemeinen Gefängnisse eingewiesen werden. Die Umsetzung der vorgeschriebenen Sicherungsverwahrung von Straftätern, die ggf. eine psychologische Behandlung erhalten müssen, erfolgt nicht immer im erforderlichen Umfang (AA 14.3.2020).

In Gefängnissen und Haftanstalten herrschen schwierige Bedingungen. Die räumlichen und sanitären Bedingungen in meist überfüllten Gefängnissen und Haftanstalten des Landes sind je nach Standort unterschiedlich, werden jedoch im Allgemeinen als minderwertig eingestuft. Die Regierung gestattet unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern den Besuch und gewährt den Vertretern der internationalen Gemeinschaft ungehinderten Zugang zu Hafteinrichtungen und Gefangenen. Die Haftanstalten einiger Polizeidienststellen verfügen über zu wenig natürliches Licht und sind schlecht belüftet. Die materiellen Bedingungen der meisten Polizeigewahrsamseinrichtungen liegen im Allgemeinen unter EU-Standards. Das Gefängnissystem des Landes ist weder vollständig vereinheitlicht worden, noch entspricht es vollständig den europäischen Standards. Im Berichtszeitraum gab es keine Gefängnisse, die für Häftlinge mit körperlichen Behinderungen geeignet waren (USDOS 13.3.2020).

Bosnien und Herzegowina hat noch immer kein Staatsgefängnis für die Unterbringung von Personen, die vom bosnischen Staatsgericht verurteilt wurden. Diese Personen werden derzeit in den Strafvollzugsanstalten der Justizministerien der Entitäten untergebracht (VB 15.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- USDOS - US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026419.html, Zugriff 23.4.2020

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (15.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

Todesstrafe

Letzte Änderung: 27.5.2020

Das EMRK-Protokoll Nr. 6 ist in Bosnien und Herzegowina am 1.11.2003 in Kraft getreten; die Todesstrafe wurde hierdurch abgeschafft. Der in der Verfassung der Republika Srpska enthaltene Artikel zur Todesstrafe wurde im Oktober 2019 als verfassungswidrig erklärt und ist nun nichtig. Beide Entitäten haben die Todesstrafe aus ihren Strafgesetzbüchern gestrichen (AA 14.3.2020).

Der Verfassungsgerichtshof von BiH hob am 4.10.2019 die Bestimmung der Verfassung der RS über die Todesstrafe auf, da diese mit der Verfassung von BiH nicht in Einklang gestanden ist (Oslobodjenje 4.10.2019; vgl. Nezavisne novine 4.10.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.3.2020): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Februar 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2028001/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnien_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A729_a_AsylG_%28Stand_Februar_2020%29%2C_14.03.2020.pdf, Zugriff 19.5.2020

- Nezavisne novine (4.10.2019): https://www.nezavisne.com/novosti/bih/Ukinuta-smrtna-kazna-u-Republici-Srpskoj/561694, Zugriff 19.5.2020

- Tageszeitung Oslobodjenje - Onlineausgabe (4.10.2019): Ustavni sud BiH ukinuo smrtnu kaznu u Republici Srpskoj (Verfassungsgerichtshof von Bosnien und Herzegowina hebt Todesstrafe in der Republika Srpska auf), https://www.oslobodjenje.ba/vijesti/bih/ustavni-sud-bih-ukinuo-smrtnu-kaznu-u-republici-srpskoj-495963, Zugriff 19.5.2020

Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 27.5.2020

Gemäß der Verfassung ist die Glaubens- und Religionsfreiheit garantiert. Diese Rechte werden auch durch vergleichbare Regelungen in den Entitätsverfassungen und durch das Religionsgesetz garantiert. Alle anderen Gesetze und Verordnungen im Land müssen mit dem Religionsgesetz in Einklang gebracht werden. Jede Diskriminierung in Glaubensfragen ist verboten. Dazu gehört u. a. die Beleidigung von kirchlichen Amtsträgern, die Beschädigung von religiösen Gebäuden und das Verspotten einer Religion. Bei der Abwägung von Kunst- gegen Religionsfreiheit sehen sich Verfechter der Kunstfreiheit scharfem Gegenwind ausgesetzt: Sie werden von religiös Gebundenen als „aggressive Atheisten“ verächtlich gemacht. Die Strafverfolgung entsprechender Fälle ist wie bei anderen Deliktsformen auf Grund von Defiziten im Justizapparat nicht in jedem Fall konsequent. Anerkannte Religionsgemeinschaften sind die Islamische Gemeinschaft, die Serbisch-Orthodoxe Kirche, die Katholische Kirche und die Jüdische Gemeinde sowie alle anderen Kirchen und religiösen Gemeinschaften, deren Rechtspersönlichkeit vo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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