TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/1 G305 2231929-1

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Veröffentlicht am 01.12.2020
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Entscheidungsdatum

01.12.2020

Norm

AlVG §10
AlVG §10 Abs3
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14

Spruch


G305 2231929-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Robert DRAXLER und Mag. Johannes KLEMM als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX .02.2020, VSNR: XXXX , und über den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .04.2020, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

In teilweiser Stattgebung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vom XXXX .02.2020 insoweit abgeändert, als teilweise Nachsicht gewährt und ausgesprochen wird, dass auch im Zeitraum XXXX .2020 bis XXXX .2020 Arbeitslosengeld in der gesetzlichen Höhe gebührt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .04.2020, GZ: XXXX , wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom XXXX .02.2020, VSNR: XXXX , sprach die regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: AMS) aus, dass XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Zeitraum XXXX .2020 bis XXXX .2020 verloren habe und Nachsicht nicht erteilt werde.

Begründend führte die belangte Behörde im Kern aus, dass dem Beschwerdeführer am XXXX .2019 vom AMS eine Beschäftigung als XXXX bei der Fa. XXXX zugewiesen worden sei und er sich auf diesen Stellenvorschlag nicht beworben hätte. Als Begründung habe er angegeben, dass er das Mail mit der Stelle nicht gesehen hätte. Es liege in seiner Verantwortung, seine Mails regelmäßig auf einlangende Nachrichten des Arbeitsmarktservice zu überprüfen. Durch sein Verhalten habe er eine mögliche Arbeitsaufnahme mit XXXX .2020 verweigert. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen hätten vorgelegen bzw. hätten nicht berücksichtigt werden können.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 03.03.2020 Beschwerde an die belangte Behörde. Darin führte er im Wesentlichen kurz zusammengefasst begründend aus, dass dem AMS bekannt sei, dass er saisonarbeitslos sei und über eine aufrechte Wiedereinstellungszusage verfüge. Zum Vermittlungsvorschlag führte er aus, dass er hiezu ausschließlich per Handy kontaktiert worden; dieses sei im fraglichen Zeitraum nicht funktionstüchtig gewesen, da der Kopfhörer funktionsuntauglich gewesen sei. Das Handy sei während dieses Zeitraums in Reparatur gewesen und habe er erst verspätet auf die Kontaktierung reagieren können. Da eine Handy-Benachrichtigung einerseits nicht geeignet sei, die Zustellung eines zumutbaren Stellenvorschlags zu begründen, andererseits selbst im Falle dieser Annahme aufgrund der geschilderten Umstände eine von ihm unverschuldete Nichterreichbarkeit vorgelegen habe, würden sich insgesamt keine ausreichenden Gründe für eine Sanktionierbarkeit nach § 10 AlVG ergeben. Er sei nur kurzfristig saisonarbeitslos und habe er mit März 2020 eine Wiedereinstellungszusage. Im bekämpften Bescheid fehle auch „generell die erforderliche Darlegung der Zumutbarkeit der in Frage stehenden Beschäftigung“. Da er im Arbeitslosengeldbezug stehe und noch nicht Notstandshilfe beziehe, seien für ihn die einschlägigen „besonderen“ Zumutbarkeitsbestimmungen nach § 9 AlVG zu beachten. Da die Behörde diese Prüfung in der zitierten Verkennung der Rechtslage unterlassen habe, seien entsprechende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Behörde ausgesprochenen Sanktion nach § 10 AlVG auch aus diesem Grund gegeben. Er begehre daher die Feststellung, dass ihm der „ungeschmälerte Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung“ gebühre.

3. Mit der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .04.2020, GZ: XXXX , wies die belangte Behörde die gegen den Ausgangsbescheid vom XXXX .02.2020 erhobene Beschwerde des BF ab und sprach aus, dass dieser Bescheid bestätigt werde.

Begründend führte die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass sich der BF im Dezember 2019 zum wiederholten Mal arbeitslos gemeldet hätte. Eine Wiedereinstellungszusage sei vorerst nicht vorgelegt worden. Dem BF sei gesagt worden, dass eine solche, sollte sie zu weit in der Zukunft liegen, nicht berücksichtigt werden könne. Er sei XXXX und werde bei der Suche nach einer Stelle als XXXX oder XXXX unterstützt. Am XXXX .2019 sei ihm eine Beschäftigung als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX mit einer Entlohnung von brutto laut Kollektivvertrag und möglichem Arbeitsantritt XXXX .2020 zugewiesen worden. Er habe sich nicht beworben und sei für den Dienstgeber auch nicht erreichbar gewesen. Zu dieser ihm zugewiesenen Beschäftigung befragt, habe er angegeben, dass er dagegen keine Einwendungen hätte. Eine Wiedereinstellungszusage habe er erst mit der Beschwerde vorgelegt. Er sei noch immer arbeitslos.

In der rechtlichen Beurteilung heißt es - gestützt auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs -, dass, wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, sich darauf einstellen müsse, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Der Rechtfertigung des BF, das Mail mit der Stelle nicht gesehen zu haben, begegnete die Behörde mit dem Einwand, dass es in der Verantwortung des BF liege, seinen Mailordner regelmäßig auf einlangende Nachrichten des AMS zu überprüfen. Wenn er auf Grund einer Reparatur mittels Handy nicht erreichbar sei, hätte er diese dem AMS zu melden gehabt. Mails hätten auch durch die Computernutzung in der Geschäftsstelle des AMS abgerufen werden können. Zu der von ihm angegebenen beabsichtigten Arbeitsaufnahme bei der Fa. XXXX stellte die Behörde fest, dass eine schlichte Zusage nach der herrschenden Rechtsprechung die Zuweisung zu einer anderen zumutbaren Beschäftigung nicht hindere und sein Verhalten der Nichtvorstellung eine Vereitelung darstelle, da er damit bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz seine Arbeitswilligkeit in Zweifel stelle. Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliere eine Person, die sich weigere, eine ihr vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitle, für die Dauer von sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe.

4. Gegen die dem BF am 21.04.2020 mit RSb-Brief persönlich zugestellte Beschwerdevorentscheidung richtete sich dessen am 30.04.2020 bei der belangten Behörde eingelangter Vorlageantrag, den er mit dem Begehren verband, dass seine gegen den Ausgangsbescheid vom XXXX .02.2020 erhobene Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werden möge.

5. Am 12.06.2020 brachte die belangte Behörde die gegen den Ausgangsbescheid erhobene Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .04.2020, den dagegen erhobenen Vorlageantrag und die Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage.

6. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 31.07.2020, die dem BF am 17.08.2020 persönlich zugestellt wurde, wurde dieser vom Ergebnis der hg. Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen des Parteiengehörs binnen festgesetzter Frist zu äußern. Die ihm gegebene Gelegenheit zur Äußerung ließ der BF jedoch ungenützt verstreichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF wurde am XXXX in XXXX (vormals Jugoslawien) geboren und ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er hat den Hauptwohnsitz im Bundesgebiet XXXX .

Der BF verfügt über eine Berufserfahrung als XXXX (Betreuungsvereinbarung vom 06.12.2019, S. 1).

1.2. Ausgehend vom XXXX .2017 bis laufend scheinen im Register des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger folgende, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Vollbeschäftigungsverhältnisse beim Beschwerdeführer auf:

XXXX .2017 bis XXXX .2017 Fa. XXXX     Arbeiter

XXXX .2017 bis XXXX .2017 Fa. XXXX     Arbeiter

XXXX .2017 bis XXXX .2017 Fa. XXXX   Arbeiter

XXXX .2018 bis XXXX .2018 Fa. XXXX   Arbeiter

XXXX .2018 bis XXXX .2018 Fa. XXXX   Arbeiter

XXXX .2019 bis XXXX .2019 Fa. XXXX  Arbeiter

XXXX .2019 bis XXXX .2019 Fa. XXXX   Arbeiter

XXXX .2019 bis XXXX .2019 Fa. XXXX  Arbeiter

XXXX .2020 bis laufend  Fa. XXXX     Arbeiter

1.3. Zwischen jenen Zeiten, während denen er eine Vollbeschäftigung ausübte, bezog er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld, Notstands- und Überbrückungshilfe).

1.4. Am XXXX .2019 meldete sich der BF bei der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice arbeitslos und stellte er noch am selben Tag einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

Noch am selben Tag schloss die belangte Behörde eine bis XXXX .2020 gültige Betreuungsvereinbarung mit ihm ab, worin sich diese verpflichtete, den BF bei seiner Suche nach einer Vollzeitarbeitsstelle als XXXX mit gewünschtem Arbeitsort in den Bezirken XXXX und XXXX zu unterstützen.

Im Gegenzug dazu verpflichtete sich der BF, selbständig Aktivitäten wie z.B. Aktivbewerbungen zu setzen, sich auf ihm vom AMS übermittelte Stellenangebote zu bewerben und darüber innerhalb von 8 Tagen Rückmeldung zu geben, die Selbstbedienungsangebote am AMS (eJob-Room unter www.ams.at, Selbstbedienungsgeräte, Zeitungen) zu nutzen und auf Anrufe oder E-Mails von Unternehmen, die direkt mit ihm in Kontakt treten, zu reagieren.

Aus der Betreuungsvereinbarung geht weiter hervor, dass der BF zuletzt als XXXX tätig war und auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle ist und dass er auch passende Stellen zugeschickt erhalte und er sofort eine Arbeit aufnehmen könne. Auch geht aus der Betreuungsvereinbarung hervor, dass das AMS eine Einstellzusage bis zu zwei Monaten in die Zukunft akzeptiert, sofern diese schriftlich bei der Arbeitslosmeldung vorgelegt werden kann. Ungeachtet dessen wurde der BF darauf aufmerksam gemacht, dass er Stellenangebote zugesandt bekommen wird, weshalb er verpflichtet ist, binnen 8 Tagen eine Rückmeldung auf die Stellenangebote zu geben.

1.5. Am XXXX .2019 wurde dem BF von der regionalen Geschäftsstelle XXXX eine Vollzeitarbeitsstelle als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX mit einem Mindestentgelt von EUR 13,31 brutto/Stunde für Arbeiten bzw. Vorarbeiten an XXXX mit möglichem Arbeitsantritt am XXXX .2020 zugewiesen.

1.6. Um diese ihm zugewiesene Arbeitsstelle hat sich der BF nie beworben, da er das ihm per E-Mail übermittelte Stellenangebot schlicht übersah. Die Empfangsmöglichkeit von E-Mails der belangten Behörde war gegeben.

1.7. Am XXXX .2020, 12:23 Uhr, wurde der BF zur Nichtannahme bzw. zum Nichtzustandekommen der ihm zugewiesenen Beschäftigung niederschriftlich einvernommen. Über die Rechtsfolgen nach § 10 Abs. 1 AlVG belehrt, gab er an, dass er gegen die ihm konkret angebotene Entlohnung, gegen die ihm angebotene berufliche Verwendung, wegen der vom Unternehmen geforderten Arbeitszeiten, aus Gründen seiner körperlichen Fähigkeiten, der Gesundheit und Sittlichkeit, wegen der täglichen Wegzeit für Hin- und Rückweg und wegen allfälliger Betreuungspflichten keine Einwendungen gegen die ihm zugewiesene Arbeitsstelle als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX habe. Er habe lediglich das E-Mail mit dieser Stelle nicht gesehen und bitte um Nachsicht.

1.8. Eine zum XXXX .2019 datierte Wiedereinstellungszusage der Fa. XXXX brachte der BF erst mit der gegen den Ausgangsbescheid vom XXXX .2020 am XXXX .03.2020 erhobenen Beschwerde zur Vorlage.

1.9. Seit dem 16.04.2020 bis laufend steht er wieder in einer die Arbeitslosigkeit ausschließenden Vollbeschäftigung bei der Dienstgeberin Fa. XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten, unstrittigen Sachverhalt aus, der sich unmittelbar aus der Aktenlage (Verwaltungsakten und Gerichtsakten) ergibt.

Beweis wurde weiter erhoben durch den Verwaltungsakt und die darin einliegenden Schriftstücke der belangten Behörde, das Beschwerdevorbringen des BF, dessen Angaben anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde, die Dokumentation des Mitarbeiters der Abteilung Service für Unternehmen des AMS über die Rückmeldung der Dienstgeberin betreffend die Nichtbewerbung des BF um die ihm bei der Dienstgeberin XXXX zugewiesene Vollzeitarbeitsstelle als XXXX . Anlässlich seiner am XXXX .2020 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme hat der BF die Zumutbarkeit dieser ihm zugewiesenen Arbeitsstelle zu keiner Zeit in Zweifel gezogen.

Zwischen den Verfahrensparteien steht außer Streit, dass sich der BF auf die ihm zugewiesene Stelle nicht bewarb. In Widersprüche verstrickte er sich hinsichtlich des Grundes seiner Nichtbewerbung. Während er anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am XXXX .2020 noch angab, dass er das E-Mail mit der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle übersehen hätte, machte er in der gegen den Ausgangsbescheid erhobenen Beschwerde einen ein technisches Gebrechen am Handy verantwortlich. So soll dieses während des „fraglichen Zeitraumes“, womit offenbar der beschwerdegegenständliche Zeitraum vom XXXX .2020 bis XXXX .2020 gemeint ist, der Kopfhörer funktionsuntauglich gewesen sein und sich das Handy in Reparatur befunden haben, weshalb er „verspätet auf die Kontaktierung reagieren“ konnte.

Das in der Beschwerde enthaltene Vorbringen erscheint dem erkennenden Gericht aus folgenden Gründen unglaubwürdig: Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme über das Nichtzustandekommen der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle gab er an, dass er das E-Mail mit der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle übersehen hätte. Von allfälligen Funktionsproblemen seines Mobiltelefons und dass dieses in Reparatur wäre, war anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme noch keine Rede. Erst in der Beschwerde war davon erstmals die Rede. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der BF dies bei seiner niederschriftlichen Einvernahme auch angegeben hätte, wären tatsächlich technische Probleme mit seinem Mobiltelefon die Ursache für die nichterfolgte Bewerbung um die ihm zugewiesene Arbeitsstelle gewesen. Da er dies nicht tat, kommt der Wahrheit am Nächsten, dass er das E-Mail der belangten Behörde mit der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle „schlicht übersehen“ hat; das wiederum setzt eine ungestörte Empfangsmöglichkeit insb. der E-Mails der belangten Behörde voraus.

Die Konstatierungen zu den Beschäftigungszeiten des BF, ausgehend vom XXXX .2017 bis laufend und zu den Zeiten seiner Arbeitslosigkeit, beruhen einerseits auf der von Amts wegen eingeholten HV-Abfrage, andererseits auf der im Gerichtsakt einliegenden Auskunft der belangten Behörde über die Zeiten der Arbeitslosigkeit des BF.

Vor diesem Gesichtspunkt ware die oben näher ausgeführten Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 133/2012, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchteil A):

3.2.1. Der in Beschwerde gezogene Bescheid vom XXXX .02.2020, mit dem ausgesprochen wurde, dass dem BF im Zeitraum XXXX .2020 bis XXXX .2020 das Arbeitslosengeld nicht gebühre, gründet darauf, dass sich der BF auf eine ihm vom AMS zugewiesene Vollzeitarbeitsstelle, durch deren Zustandekommen seine Arbeitslosigkeit beendet worden wäre, nicht beworben hat.

In der dagegen erhobenen Beschwerde zog der BF erst gar nicht in Zweifel, dass ihm eine Vollzeitarbeitsstelle bei der Dienstgeberin Fa. XXXX zugewiesen wurde und er sich darum nicht beworben hatte. Den Grund hiefür schob er einem technischen Gebrechen an seinem Mobiltelefon zu, das zur Ursache gehabt haben soll, dass sich das Handy „in diesem Zeitraum in Reparatur“ befunden habe und er verspätet auf die Kontaktierung reagieren konnte.

Anlassbezogen ist daher die Frage zu prüfen, ob und inwieweit der Ausspruch der mit der Bestimmung des § 10 AlVG verbundenen Sanktion gegenüber der BF gerechtfertigt war und ob tatsächlich keine Gründe für eine Nachsicht gegeben sind, wie es die belangte Behörde vermeint.

3.2.2. Für den beschwerdegegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen maßgeblich:

Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG 1977 iVm. mit § 38 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3).

Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 7 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person, die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält (Z 1) und die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen (Z 2).

Gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz AlVG gilt als arbeitsfähig, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig im Sinne des ASVG ist.

Arbeitswillig im Sinne des § 9 Abs. 1 AlVG ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht, und gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest nach den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für den Hin- und den Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

Die für die Aberkennung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung maßgebliche Bestimmung des § 10 AlVG lautet auszugsweise wörtlich wiedergegeben wie folgt:

„§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1.       sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2.       sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3.       ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4.       auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

[…]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

[…]“

Die zitierten Bestimmungen gelten sinngemäß für die Notstandshilfe (§ 38 AlVG).

3.2.2.1. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecks, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst rasch durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung wieder einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich also darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, was bedeutet, dass die arbeitslose Person auf eben diesen Arbeitsplatz bezogen arbeitswillig zu sein hat (VwGH vom 15.10.2014, Zl. 2013/08/0248 mwN).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen (siehe dazu VwGH vom 15.10.2014, Zl. 2013/08/0248 und vom 22.02.2012, Zl. 2009/08/0104) und der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.

§ 9 Abs. 1 AlVG sieht folgende (fünf taxativ aufgezählte) Möglichkeiten bzw. Wege vor, die Arbeitslosigkeit zu beenden und hinsichtlich derer die arbeitslose Person verhalten ist, Gebrauch zu machen, um überhaupt als arbeitswillig zu gelten. Demnach wird als arbeitswillig angesehen, wer bereit ist,

?        eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom AMS beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung aufzunehmen,

?        sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen,

?        an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen,

?        von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen

?        und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 4 zu § 9).

3.2.2.2. Ein Anspruchsverlust nach § 10 Abs. 1 AlVG tritt insbesondere dann ein, wenn sich die arbeitslose Person weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle bzw. von einem vom AMS mit der Arbeitsvermittlung beauftragten, im Einklang mit den Vorschriften des AMFG vorgehenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung oder eine sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit anzunehmen, oder wenn sie sich weigert, einem Auftrag zur Nach(Um-)schulung zu entsprechen oder an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, wobei es in den zuletzt genannten beiden Fällen nur dann zu einer Sanktion kommt, wenn die Weigerung ohne wichtigen Grund erfolgt ist. Ein solcher wichtiger Grund ist dann anzunehmen, wenn ein Umstand vorliegt, der bei einer Beschäftigung Unzumutbarkeit begründen würden, sohin wenn die Maßnahme nicht in angemessener Zeit erreichbar wäre oder ihretwegen gesetzliche Betreuungspflichten nicht eingehalten werden könnte (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 6ff zu § 10 AlVG).

Neben einer Weigerung kommt es auch im Fall der Vereitelung der Aufnahme einer von der regionalen Geschäftsstelle bzw. von einem vom AMS mit der Arbeitsvermittlung beauftragten, im Einklang mit den Vorschriften des AMFG vorgehenden Dienstleister zugewiesenen Beschäftigung bzw. einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 16ff zu § 10 AlVG). Es genügt dolus eventualis, der dann als gegeben angenommen wird, wenn die arbeitslose Person das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten zumindest in Kauf genommen hat (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 17 zu § 10 AlVG mwN). Auch muss das Verhalten für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung kausal sein (VwGH vom 20.10.1992, Zl. 92/08/0042; VwSlg 13.722 A); es genügt, dass die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verringert wurden (VwGH vom 13.11.2013, Zl. 2013/08/0020 mwH). Um sich in Bezug auf eine vom AMS vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (VwGH vom 24.11.2000, Zl. 2000/10/0062 mwH). Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen (sieht man vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen, ab) auf zwei Wegen verschuldet werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins, Nichtantritt der Arbeit) oder aber, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung der arbeitslosen Person abzubringen, zunichtemacht (VwGH vom 27.04.1993, Zl. 92/08/0219 und vom 24.11.2000, Zl. 2000/19/0062).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich, dass Leistungsbezieher verhalten werden können, durch die Aufnahme einer Beschäftigung ehestmöglich aus dem Leistungsbezug wieder auszuscheiden, sodass die in § 10 vorgesehene Sanktion auch bei der Ausschlagung oder Vereitelung einer „sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit“ in Frage kommt (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz 4 zu § 10 AlVG mwH).

3.2.3. Für den beschwerdegegenständlichen Fall bedeutet dies:

Anlassbezogen übermittelte die belangte Behörde dem BF am XXXX .2019 ein ihm zumutbares Stellenangebot als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX mit einer Entlohnung brutto laut Kollektivvertrag zuzüglich Unterkunft, Verpflegung etc. Schon in der Betreuungsvereinbarung war eine Verpflichtung des BF enthalten, dass er selbständig Aktivitäten, wie z.B. Aktivbewerbungen zu setzen hat, sich auf Stellenangebote, die ihm das AMS übermittelt, zu bewerben und darüber binnen 8 Tagen Rückmeldung zu geben, die Selbstbedienungsangebote (e-Job-Room unter www.ams.at, Selbstbedienungsgeräte und Zeitungen) zu nutzen und auf Anrufe oder E-Mails von Unternehmen, die direkt mit ihm in Kontakt treten, zu reagieren. Aus der Betreuungsvereinbarung geht klar hervor, dass dem BF passende Stellen zugeschickt werden, da er sofort eine Arbeit aufnehmen könne.

Damit war ihm bewusst, dass er - beginnend mit seiner Arbeitslosigkeit - laufend damit rechnen muss, dass ihm passende Stellenangebote zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit zugeschickt werden. Ihm war auch bewusst, dass er entsprechende Anstrengungen zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit, sich sohin arbeitsbereit zeigen muss.

Dazu gehört, dass er während seiner Arbeitslosigkeit seine E-Maileingänge regelmäßig auf E-Mails der belangten Behörde zu prüfen, solche zu lesen und darauf durch Setzung von Bewerbungsschritten zu reagieren hat.

Es steht unstrittig fest, dass sich der BF auf das ihm am XXXX .12.2019 übermittelte Stellenangebot als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX nicht reagiert hat, weil er den Eingang dieser Stellenzuweisung schlicht übersah, wie er dies der belangten Behörde anlässlich seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme am XXXX .2020 mitteilte. Dadurch, dass der BF in dem zwischen der Übermittlung gelegenen Zeitpunkt ( XXXX .2019) und dem XXXX .2020 erkennbar keine Bewerbungsaktivitäten um diese Stelle setzte, zeigt sich, dass er in Hinblick auf die Beendigung seiner Arbeitslosigkeit durch Antritt dieser Arbeitsstelle am XXXX .2020 nicht bemüht war. Ihm gereicht zum Vorwurf, dass er bei gehöriger Aufmerksamkeit das beschwerdegegenständliche Stellenangebot innerhalb dieses sehr langen Zeitraumes sehr wohl registrieren und entsprechend darauf reagieren hätte müssen.

Abgesehen davon, dass er sie nicht glaubhaft machen konnte, hätte der BF selbst bei Wahrunterstellung der technischen Panne an seinem Mobiltelefon eine der weiteren, in der Betreuungsvereinbarung aufgezeigten Möglichkeiten zur Erlangung einer neuen Arbeitsstelle wählen müssen. Er ist diesbezüglich jedoch untätig geblieben und musste er in Hinblick auf die ihm in der Betreuungsvereinbarung angekündigten Stellenübermittlungen davon ausgehen, dass ihm dadurch Stellenzuweisungen nicht zur Kenntnis gelangen. Durch seine Reaktion nahm er es auch billigend in Kauf, dass damit Gelegenheiten zur Beendigung der Arbeitslosigkeit - wie die konkrete - ungenützt verstreichen.

Für die Auslösung der Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 AlVG genügt dolus eventualis, der dann als gegeben angenommen wird, wenn die arbeitslose Person das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten zumindest in Kauf genommen hat (Julcher in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 17 zu § 10 AlVG mwN).

Das ist beim BF in beiden Fällen (schlichtes Übersehen der Stellenzuweisung; Nichtnutzen einer weiteren Möglichkeit zur Beendigung der Arbeitslosigkeit bei mangelnder Erreichbarkeit nach Vorliegen einer technischen Panne am Mobiltelefon) als gegeben anzunehmen, weshalb die verhängte Sanktion grundsätzlich keinen Bedenken begegnet. Abgesehen davon hat er im beschwerdegegenständlichen Zeitraum XXXX .2019 bis XXXX .2020 keine ausreichenden Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung unternommen.

Der Umstand des Vorliegens einer Wiedereinstellungszusage mit möglichem Arbeitsantritt bei der vorigen Dienstgeberin zu einem nicht exakt feststehenden Zeitpunkt im März 2020 vermag den BF nicht zu exkulpieren, zumal er mit der ihm angebotenen - zumutbaren - Arbeitsstelle als XXXX mit Arbeitsort in XXXX und XXXX zu einer Entlohnung von brutto laut Kollektivvertrag mit XXXX .2020 - sohin deutlich früher - die Arbeitslosigkeit beenden hätte können.

Der unsubstantiiert gebliebene Beschwerdevorhalt, die belangte Behörde hätte die Zumutbarkeit der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle nicht geprüft, geht ins Leere, zumal der BF anlässlich seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme am XXXX .2020 bei Prüfung der sich aus § 9 Abs. 2 AlVG ergebenden Zumutbarkeitskriterien keinen Einwand gegen die ihm zugewiesene Beschäftigung als XXXX bei der Dienstgeberin Fa. XXXX erhoben hat. Abgesehen davon enthält seine Beschwerde auch kein Vorbringen dahin, das konkrete Anhaltspunkte in Hinblick auf eine etwaige Unzumutbarkeit der ihm angebotenen Arbeitsstelle enthielte. Eine weitere Auseinandersetzung mit den Zumutbarkeitskriterien gem. § 9 Abs. 2 AlVG kann daher in Hinblick auf die beschwerdegegenständliche Stellenzuweisung entfallen.

Anlassbezogen begegnet es keinen Bedenken, dass die belangte Behörde mit dem Ausgangsbescheid vom XXXX .02.2020 mit dem Zeitpunkt des möglichen Arbeitsantrittes ( XXXX .2020) eine Sanktion gemäß § 10 AlVG verhängt hat.

3.2.4. In Hinblick auf eine etwaige Nachsichterteilung ist die Bestimmung des § 10 Abs. 3 AlVG von Relevanz, die wörtlich wie folgt lautet:

„§ 10

[…]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

[…]“.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in Hinblick auf die zitierte Bestimmung Gründe dann als berücksichtigungswürdig anzusehen, wenn diese dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Berücksichtigt man den Zweck des § 10 AlVG, den zeitlich befristeten Ausschluss vom Leistungsbezug als Sanktion für jene Arbeitslosen vorzusehen, die es zumindest in Kauf nehmen, dass die Versichertengemeinschaft durch eine Verletzung der ihnen bei der Arbeitssuche durch das Gesetz auferlegten Pflichten über Gebühr belastet wird, dann kann ein berücksichtigungswürdiger Fall nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, das den potentiellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an; ebenso wenig können aufgrund der Systematik des Gesetzes jene Umstände zur Annahme eines berücksichtigungswürdigen Falles führen, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung iSd. § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind und deren Prüfung ergeben hat, dass sie diese nicht ausschließen (vgl. VwGH vom 02.04.2008, Zl. 2007/08/0234, und vom 07.09.2011, Zl. 2008/08/0135 mwN).

Unter einer anderen Beschäftigung iSd. § 10 Abs. 3 AlVG kann nur eine die Arbeitslosigkeit ausschließende bzw. beendende Beschäftigung verstanden werden. Wird sie noch während der Sperrfrist aufgenommen, so stellt dies (unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände) einen Grund für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht des Ausschlusses vom Bezug des Arbeitslosengeldes mit der Konsequenz dar, dass auch für die Zeit vor dem Beginn der die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung je nach der zeitlichen Nähe zum Beginn der Sperrfrist diese ganz oder teilweise nachzusehen ist. Eine ausdrückliche Regelung, innerhalb welcher Frist die andere Beschäftigung aufgenommen werden muss, um eine gänzliche oder teilweise Nachsicht vom Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes zu rechtfertigen, enthält § 10 Abs. 3 AlVG nicht (VwGH vom 02.04.2008, Zl. 2007/08/0234).

Im Zusammenhang mit § 10 Abs. 3 AlVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass diese Bestimmung die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichtserteilung nennt. Dass eine solche Beschäftigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - etwa bis zum Ablauf der Sperrfrist - aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist, werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld verlangt, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann (VwGH vom 17.12.2015, Zl. Ro 2015/08/0026).

Solche ernsthaften Bemühungen, eine neue, die Arbeitslosigkeit beendende Vollzeitarbeitsstelle zu erlangen, konnte der BF im vorliegenden Fall jedoch vorweisen. Noch während des laufenden Beschwerdeverfahrens hat er am XXXX .2020 eine die Arbeitslosigkeit beendende Vollzeitarbeitsstelle bei der Dienstgeberin XXXX angetreten, die bis laufend andauert. Dieser Umstand rechtfertigt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs jedoch eine Nachsichtsübung in dem im Spruch ersichtlichen Umfang.

3.2.5. Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen und wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Die belangte Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Recherche nachgekommen und das Ergebnis der Recherche umfangreich dokumentiert, sodass eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme von Zeugen kein anderes Ergebnis erbringen würde.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Arbeitsaufnahme Arbeitslosengeld Nachsichterteilung Teilstattgebung Vereitelung zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2231929.1.00

Im RIS seit

05.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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