TE Bvwg Beschluss 2020/12/3 L521 2233547-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2020
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Entscheidungsdatum

03.12.2020

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §32 Abs1
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §8a

Spruch


L521 2233547-2/6E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. aufgrund des Antrages des XXXX , auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Verfahrenshilfeangelegenheit den

BESCHLUSS

gefasst:

A)

I. Dem Antrag vom 04.11.2020 auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, abgeschlossenen Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG nicht stattgegeben.

II. Dem Antrag vom 04.11.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 17.06.2020 wurde ein Begehren des Antragstellers vom 20.02.2020 auf Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85 abgelehnt.

Begründend führte die Österreichische Gesundheitskasse im Wesentlichen aus, in Ansehung des Antragstellers sei keine der in § 31c Abs. 5 ASVG angeführten Alternativen für eine Rückerstattung des Service-Entgelts verwirklicht. Der Antragsteller sei insbesondere nicht auf Grund einer Richtlinie nach § 30a Abs. 1 Z. 15 ASVG vom Service-Entgelt befreit, da er weder von der Rezeptgebühr befreit sei, noch einen Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt habe.

2. Mit dem innerhalb der Beschwerdefrist bei der Österreichischen Gesundheitskasse eingebrachten Antrag vom 19.07.2020 begehrt der Antragsteller die „Bestellung einer unentgeltlichen Verfahrenshilfe“ zur Einbringung einer Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid und bringt dazu begründend vor, kein „spitzfindiger Volljurist“ zu sein und nicht über die erforderliche Fachkenntnis zur Beurteilung der Frage zu verfügen, auf „welche Gesetzestexte in der unendlichen Welt des Rechts“ er sich berufen könne.

In der Sache bringt der Antragsteller ferner vor, in den strittigen Kalenderjahren nicht mehr als EUR 966,65 monatlich an Einkommen bezogen zu haben. Der Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt könne mit fünfjähriger Rückwirkung gestellt werden und es dürfe der Umstand sozialer Bedürftigkeit nicht davon abhängen, dass rechtzeitig ein Antrag auf Befreiung von der Rezeptgebühr gestellt worden sei. Einen solchen Antrag habe er nicht erwogen, da er den Gang zu Ärzten nach Möglichkeit vermeide und keine Medikamente in Anspruch nehmen.

3. Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19.07.2020 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, nicht stattgegeben.

Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass sich die Zahlung der Eingabegebühr von EUR 30,00 sich in Anbetracht der Vermögensverhältnisse des Antragstellers jedenfalls als zumutbar darstellen würde und Die Reisekosten zu einer allfälligen mündlichen Verhandlung schon gemäß § 26 VwGVG erstattungsfähig wären.

Für die Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt sei von Kosten von etwa EUR 417,00 auszugehen (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 4.000,00 gemäß § 5 Z. 34 lit. a AKH ergibt sich bei Zugrundelegung von TP 3B zuzüglich einfachem Einheitssatz ein Honorar von EUR 416,26 inklusive Umsatzsteuer). In Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller bei seiner Mutter freie Kost und Logis genieße und die Ausgaben des Antragstellers nicht für die eigene einfache Lebensführung aufgewendet werden müssen, könne nicht davon gesprochen werden, dass der notwendige Unterhalt des Antragstellers beeinträchtigt wäre, hätte er die Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zu tragen.

Da der Antragsteller bereits in der Sache vorgebracht und die wesentlichen Argumente für die behauptete Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung bereits selbst dargetan habe, habe er außerdem zu erkennen gegeben, dass er dazu fähig sei, sein Anliegen selbst wirksam zu vertreten, sodass auch vor dem Hintergrund des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC keine Notwendigkeit bestünde, ihm für das amtswegig zu führende und für ihn sonst kosten- und gebührenfreie Beschwerdeverfahren einen Rechtsanwalt beizugeben.

Schließlich habe der Antragsteller nicht bestritten, dass er nicht von der Rezeptgebühr befreit ist und er in den strittigen Kalenderjahren vor der vor der Einhebung des Service-Entgelts auch kein Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt wurde, sodass sich die beabsichtigte Rechtsverfolgung als aussichtslos darstellen würde.

In einer Gesamtbetrachtung lägen somit die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG nicht vor. Weder würden Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC die Bewilligung erforderlich machen, da der Antragsteller bereits zu erkennen gegeben habe, dass er sein Anliegen wirksam selbst vertreten und entsprechende Eingaben verfassen könne. Da im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang bestehe, sei die Beigebung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich. Ferner werde der der notwendige Unterhalt des Antragstellers durch die voraussichtlich anfallenden Kosten der Einbringung einer Beschwerde in Anbetracht von § 110 ASVG bzw. § 26 VwGVG nicht beeinträchtigt und es wäre die Tragung der Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zumutbar. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheine aussichtslos. Im Kontext der vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ro 2015/21/0032 definierten Kriterien sei schließlich festzuhalten, dass die Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller in Anbetracht des Umstandes, dass das Interesse EUR 45,85 beträgt, nicht als hoch anzusehen und aufgrund der klar gelagerten und unstrittigen Sachlage auch kein komplexes Verfahren abzuführen sei.

4. Mit am 04.11.2020 per E-Mail und im Wege der Postaufgabe eingebrachtem Schriftsatz begehrt der Antragsteller nunmehr (nebst der Vornahme weiterer Zustellungen im Wege von Rückscheinbriefen weiß) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Seite 1 des Antrages) bzw. (erkennbar) die Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am XXXX geborenen Antragsteller beantragte mit an die Österreichische Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) gerichteter Eingabe vom 20.02.2020 die Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85.

Nach zunächst formloser Ablehnung seines Begehrens beantragte der Antragsteller mit Eingabe vom 22.03.2020 die Erlassung einer förmlichen und anfechtbaren Erledigung und brachte in der Sache insbesondere vor, in den bezughabenden Zeiträumen nicht mehr als EUR 600,00 an Einkommen bezogen zu haben, weshalb er die Voraussetzungen für die Befreiung vom Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card als erfüllt ansehen würde.

1.2. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 17.06.2020 wurde das Begehren des Antragstellers vom 20.02.2020 auf Rückerstattung von Service-Entgelt für die Zurverfügungstellung der e-card gemäß § 31c ASVG im Betrag von EUR 45,85 abgelehnt.

Begründend führte die Österreichische Gesundheitskasse im Wesentlichen aus, in Ansehung des Antragstellers sei keine der in § 31c Abs. 5 ASVG angeführten Alternativen für eine Rückerstattung des Service-Entgelts verwirklicht. Der Antragsteller sei insbesondere nicht auf Grund einer Richtlinie nach § 30a Abs. 1 Z. 15 ASVG vom Service-Entgelt befreit, da er weder von der Rezeptgebühr befreit sei, noch vor der Einhebung des Service-Entgelts in den bezughabenden Kalenderjahren 2015, 2017, 2018 und 2019 einen Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt habe. Da eine Befreiung vom Service-Entgelt nur pro futuro nach einem dahingehenden Antrag bewilligt werden könne, kommen eine Rückerstattung von Service-Entgelt nicht in Betracht.

1.3. Innerhalb offener Beschwerdefrist beantragte der Antragsteller fristgerecht die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei erkennbar die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts begehrt wurde. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, aus den unter Punkt I.3 angeführten Gründen nicht stattgegeben.

1.4. Mit am 04.11.2020 per E-Mail und im Wege der Postaufgabe eingebrachtem Schriftsatz begehrt der Antragsteller nunmehr (nebst der Vornahme weiterer Zustellungen im Wege von Rückscheinbriefen weiß) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Seite 1 des Antrages) bzw. (erkennbar) die Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Ferner richtete der Antragsteller in seinem Schriftsatz unter einem Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde bzw. einer (außerordentlichen) Revision gegen den genannten Beschluss an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof.

1.5. Die an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Eingaben wurden am 05.11.2020 bzw.am 06.11.2020 gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG weitergeleitet.

1.6. Zur Begründung seiner Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, an den „geistigen Krankheitsbildern der sozialen Phobie und des selektiven Mutismus“ zu leiden. Das Bundesverwaltungsgericht stelle in seinem Beschluss vom 10.09.2020 willkürliche Mutmaßungen an, um Anträge möglichst schnell ablehnen oder die die endgültige Entscheidungsfindung an andere Instanzen abschieben zu können. Es sei moralisch bedenklich, dass der Antragsteller nunmehr mit EUR 240,00 in Vorleistung treten müsse, um „auf die falschen Unterstellungen und Vorwürfe, vorschnellen Meinungen und vorverurteilenden Behauptungen eines Richters aufmerksam machen zu können“. Der Antragsteller erwarte sich von einem „gesetzlichen Richter seine uneingeschränkte Neutralität, Objektivität und Unparteilichkeit, [die] nicht den Anschein einer Voreingenommenheit erweckt“. Bereits das Arbeitsmarktservice und die Bezirksverwaltungsbehörde hätten die Erkrankung des Antragstellers nicht erkannt und gewürdigt.

Auf Dienstaufsichtsbeschwerden oder Amtshaftungsklagen habe der Antragsteller bislang verzichtet. Er erwarte sich, dass „man nach dem Prinzip des Offizialdeliktes handelt und bei Verfehlungen von Kollegen nicht einfach so wegsieht“. Für einen Befangenheitsantrag habe er keine Nerven, das solle „schon der Richter von sich aus machen“. Wenn ein Richter meine, er müsste alles pauschalisieren, sei ein „Denkzettel manchmal ehrenwert, damit prophylaktisch andere Betroffene verschont werden“.

Die Begründung des Beschlusses vom 10.09.2020 fuße auf völlig fehlgeleiteten Gedankenspielen. Aufgrund der Erkrankung sei es dem Antragsteller so gut wie unmöglich, die Unterkunft zu verlassen. Besorgungen bzw. Einkäufe habe bis zum Ende des Jahres 2019 sein Mutter übernehmen, bis diese an Krebs im fortgeschrittenen Stadium erkrankt sei. Nunmehr sei sie bettlägerig und könne kaum gehen. Den Einkauf übernehme seither sein „obdachloser Bruder, der eigentlich in Wels beheimatet ist“. Die Wohnung des Antragstellers sei verschimmelt und würde aufgrund der Inkontinenz der Mutter stinken. Aus Kostengründen würde er über das Internet haltbare Lebensmittel „in rauen Mengen" bestellen und damit die Ausgaben seiner Mutter für Energie, Wasser und Internetnutzung ausgleichen. Die Annahme, dass der Antragsteller freie Kost und Logis genießen würde, sei daher falsch und es hätte das Bundesverwaltungsgericht Rücksprache mit dem Antragsteller halten müssen. Dass sein Konto ein Guthaben aufweise, liege daran, dass er im Jahr 2019 „größere Beträge vom AMS und der Bezirkshauptmannschaft nachgezahlt“ erhalten habe. Der Antragsteller wolle nicht den „Gegenbeweis für wilde Theorien“ des Bundesverwaltungsgerichtes antreten müssen. Den Beschluss vom 10.09.2020 habe er nur bis zur sechsten Seite gelesen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das Verfahren L521 2233547-1 sowie den verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Antragstellers vom 04.11.2020 (der keine Beilagen umfasst).

2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt und den Ausführungen des Antragstellers in seinem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 04.11.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 32 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen des § 32 VwGVG gemäß § 32 Abs. 5 VwGVG sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen die Materialien zum VwGVG erkennen, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet sind. Auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe einschließlich der dazu ergangenen Rechtsprechung kann demgemäß zurückgegriffen werden (VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136 mwN; 23.02.2016, Ra 2015/01/0116).

Die Aufzählung der Wiederaufnahmegründe ist taxativ (VwGH 22.03.2001, Zl. 2001/07/0029). Nur wenn eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 1 VwGVG erfüllt ist, darf die seinerzeitige Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren neu aufgerollt werden (VwGH 24.11.1993, Zl. 93/02/0272). Das Vorliegen der Wiederaufnahmegründe ist streng zu prüfen, da sie eine Durchbrechung der Rechtskraft und damit einen Eingriff in die Rechtssicherheit ermöglichen (VwGH vom 24.09.2014, Zl. 2012/03/0165 mwN).

3.3. Aus der mannigfachen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 Abs. 1 AVG bzw. § 32 Abs. 1 VwGVG können insbesondere nachstehende Aussagen abgeleitet werden.

Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG bzw. § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits bestanden haben, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind. § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG stellt auf die sogenannten nova reperta ab (VwGH 17.02.2006, Zl. 2006/18/0031), deren Verwertung der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde (VwGH 19.10.2005, Zl. 2005/09/0140) bzw. die der Behörde im rechtskräftig durchgeführten Verfahren nicht zugänglich waren (VwGH 19.01.1999, Zl. 97/05/0115).

Mit dem Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens ist bei einer Wiederaufnahme auf Antrag der Partei der Eintritt der formellen Rechtskraft gemeint, weil die Partei ihr vorher bekannt gewordene Tatsachen oder Beweise noch im Rechtsmittelweg geltend machen kann (VwGH 24.04.2007, Zl. 2005/11/0127). Bei neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel, die im Verfahren mangels Gewährung von Parteiengehör nicht geltend gemacht werden konnten, handelt es sich um keine nova reperta und da Verfahrensfehler, wie die Verletzung des Parteiengehörs, ohnedies im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden können, stellen diese daher keinen Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG dar (VwGH vom 16.06.1999, Zl. 98/01/0411).

Tatsachen sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit Beweismittel sind Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint. Eine gerichtliche Entscheidung ist weder Beweismittel noch Tatsache im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG bzw. § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG, da Tatsache nur ein Element jenes Sachverhaltes sein kann, der von der Behörde des wiederaufzunehmenden Verfahrens zu beurteilen war. Als Beweismittel kommt daher nicht die gerichtliche Entscheidung selbst, sondern allenfalls darin verwertete neu hervorgekommene Beweismittel in Frage (VwGH 14.01.1993, Zl. 92/09/0099; 24.02.2011, Zl. 2010/09/0198).

Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt jedoch nicht, um das Verfahren wieder aufzunehmen. Es handelt sich bei diesem Neuerungstatbestand nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, Zl. 91/10/0107; 27.09.1994, Zl. 92/070074; 22.02.2001, Zl. 2000/04/0195). Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH 19.04.2007, Zl. 2004/09/0159).

Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197). Das nachträgliche Erkennen von Verfahrensmängeln stellt jedoch keinen Wiederaufnahmegrund das (VwGH 03.07.2015, Ro 2015/08/0013). Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient nämlich nicht dazu, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels zu sanieren (VwGH 24.09.2014, Zl. 2012/03/0165 mwN).

Auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung stellt keine Tatsache dar, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigt (VwGH 23.04.1998, Zl. 95/15/0108), gleichgültig ob diese später durch Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.11.2004, Zl. 2000/17/0022), durch eine Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache (VwGH 24.04.2007, Zl. 2005/11/0127) oder nach Unkenntnis der Gesetzeslage oder vorheriger Fehlbeurteilung durch die Partei (VwGH 06 23.11.1988, Zl. 88/01/0225) oder durch bessere Einsicht gewonnen werden (VwGH 04.09.2003, Zl.2000/17/0024).

3.4. Mit seinem Schriftsatz vom 04.11.2020 begehrt der Antragsteller erkennbar die Wiederaufnahme des Verfahren aus dem Grund des § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG, zumal weder vorgebracht wird, dass der in Rede stehende Beschluss durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden sei oder von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht über eine Vorfrage in wesentlichen Punkten anders entschieden worden sei. Der Antragsteller bringt auch nicht vor, dass nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt geworden sei, der bzw. die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Das Vorbringen des Antragstellers läuft vielmehr darauf hinaus, neue Tatsachen vorzubringen, um eine anderslautende (für den Antragsteller günstigere) Entscheidung zu bewirken. So bringt der Antragsteller im Wesentlichen – erstmals – vor, an den „geistigen Krankheitsbildern der sozialen Phobie und des selektiven Mutismus“ zu leiden. Aufgrund der Erkrankung sei es dem Antragsteller so gut wie unmöglich, die Unterkunft zu verlassen. Aus Kostengründen würde er über das Internet haltbare Lebensmittel „in rauen Mengen" bestellen und damit die Ausgaben seiner Mutter für Energie, Wasser und Internetnutzung ausgleichen. Die Annahme, dass der Antragsteller freie Kost und Logis genießen würde, sei daher falsch und es hätte das Bundesverwaltungsgericht Rücksprache mit dem Antragsteller halten müssen. Dass sein Konto ein Guthaben aufweise, liege daran, dass er im Jahr 2019 „größere Beträge vom AMS und der Bezirkshauptmannschaft nachgezahlt“ erhalten habe.

In dieser Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass die Wiederaufnahme des Verfahren aus dem Grund des § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG nur dann in Betracht kommt, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Hat die Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit möglich gewesen wäre, liegt ein ihr zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 01.07.2020, Ra 2017/06/0102).

Das dargelegte Vorbringen umfasst zunächst keine Tatsachen, die schon vor Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind. In diesem Zusammen schließt jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus (VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0076).

Der Antragsteller bringt in dieser Hinsicht in seinem Schriftsatz vom 04.11.2020 gar nicht vor, dass er daran gehindert war, sein nunmehriges Vorbringen bereits im Grundverfahren zu erstattet, etwa im Gefolge seiner Mängelbehebung vom 17.08.2020. Vielmehr musste dem Antragsteller bereits zu diesem Zeitpunkt seine psychische Erkrankung ebenso bewusst gewesen sein, wie dass er über das Internet haltbare Lebensmittel „in rauen Mengen" bestellt. Ein Grund für das Unterlassen dieses Vorbringens im Grundverfahren wird ebenso nicht ins Treffen geführt. Ausgehend davon ist dem Antragsteller zumindest leichte Fahrlässigkeit am Unterbleiben eines dahingehenden Vorbringens anzulasten, was der Bewilligung der Wiederaufnahme von vornherein entgegensteht.

3.5. Von wesentliche Bedeutung ist indes, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen entscheidungsrelevante Umstände derart betreffen müssen, dass sie, wären sie seinerzeit berücksichtigt worden, voraussichtlich zu einer anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung geführt hätten (vgl. abermals VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0076).

Dies ist aus zweierlei Gründen nicht der Fall:

Zunächst ändert der Umstand, dass der Antragsteller über das Internet haltbare Lebensmittel „in rauen Mengen" bestellt nichts daran, dass er keine Aufwendungen für Miete/Unterkunft zu tragen hat und sich seine Aufwendungen für die eigene Lebensführung auf die in den vorgelegten Kontoauszügen ersichtlichen Überweisungen an einen Online-Bezahldienst sowie einen Onlineversandhandel beschränken. Ausgehend davon kann jedoch noch immer keine Rede davon sein, dass der notwendige Unterhalt des Antragstellers beeinträchtigt wäre, hätte er die Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zu tragen (wobei der Antragsteller nunmehr vorbringt, dass er einen Rechtsanwalt ohnehin nicht aufsuchen würde). Ob nämlich die Überweisungen des Antragstellers für die Deckung der Grundbedürfnisse oder anderweitige Lieferungen verwendet werden, ist deshalb unerheblich, weil selbst unter Abzug dieser Überweisungen der der notwendige Unterhalt des Antragstellers durch die Kosten der Einbringung einer Beschwerde durch einen Rechtsanwalt nicht beeinträchtigt wäre. Inwieweit der geistige Gesundheitszustand des Antragstellers für die Bewilligung der Verfahrenshilfe relevant sein sollte, ist von Vornherein nicht erkennbar.

Außerdem wurde die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, erfolgte Versagung der Bewilligung der Verfahrenshilfe auch darauf gestützt, dass der Antragsteller zu erkennen gegeben hat, dass er dazu fähig sei, sein Anliegen selbst wirksam zu vertreten, sodass vor dem Hintergrund des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC keine Notwendigkeit besteht, ihm für das amtswegig zu führende und für ihn sonst kosten- und gebührenfreie Beschwerdeverfahren einen Rechtsanwalt beizugeben.

Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung ausgeführt, dass sich die beabsichtigte Rechtsverfolgung als aussichtslos darstellt, zumal seitens des Antragstellers nicht bestritten wurde, dass er nicht von der Rezeptgebühr befreit ist und er in den strittigen Kalenderjahren vor der vor der Einhebung des Service-Entgelts auch kein Antrag auf Befreiung vom Service-Entgelt gestellt wurde.

Sowohl die Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung, als auch der Umstand, dass weder Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC die Bewilligung erfordern, da der Antragsteller bereits zu erkennen gegeben hat, dass er sein Anliegen wirksam selbst vertreten und entsprechende Eingaben verfassen kann, stehen der Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegen. Der Antrag wäre somit jedenfalls abzuweisen gewesen, auch wenn die Einkommens- und Vermögenssituation des Antragstellers im Grundverfahren für ihn günstiger beurteilt worden wäre. Die nunmehr im Schriftsatz vom 04.11.2020 angeführten Tatsachen hätte somit nicht zu einer anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung geführt, wären die bereits im Grundverfahren bekannt gewesen. Die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahren aus dem Grund des § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG kommt deshalb nicht in Betracht.

3.6. Die zahlreichen Unmutsäußerungen im Schriftsatz vom 04.11.2020 betreffend das Bundesverwaltungsgericht im Allgemeinen und den erkennenden Richter im Besonderen stellen keine Wiederaufnahmegrund dar. Soweit Verfahrensmängel behauptet werden, ist der Antragsteller auf die Möglichkeit der Ergreifung von Rechtsmitteln zu verweisen. Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient nicht dazu, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels zu sanieren (VwGH 24.09.2014, Zl. 2012/03/0165 mwN).

Zum Vorwurf der Befangenheit ist festzuhalten, dass der Umstand, dass eine Partei gerichtliche Entscheidungen für unzutreffend hält, grundsätzlich keine hinreichende Grundlage dafür darstellt, eine Befangenheit des erkennenden Richters anzunehmen (VwGH 29.05.2018, Zl. 2018/03/0002, zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof). Auch wenn einem Richter Verfahrensfehler vorgehalten werden, bildet dies – ohne Hinzutreten weiterer begründeter Umstände – keinen Anlass, die Befangenheit des Richters anzunehmen (VwGH 11.04.2018, Ra 2017/08/0122). Ausgehend von der zitierten Rechtsprechung begründen die unsubstantiierten Unmutsäußerungen des Antragstellers keine Befangenheit des erkennenden Richters, auch nicht der Wunsch des Antragstellers nach einem „Denkzettel“ für den erkennenden Richter, zumal weitere begründete Umstände vom Antragsteller nicht aufgezeigt wurden und auch (objektiv) nicht vorliegen.

3.7. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, abgeschlossenen Verfahrens ist somit gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG nicht stattzugeben.

3.8. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist eine Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antragsteller begehrt auf der ersten Seite des Schriftsatzes vom 04.11.2020 ausdrücklich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dass er eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten habe, wird jedoch nicht vorgebracht. Aus dem Akteninhalt ergibt sich in dieser Hinsicht auch zweifelsfrei, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat und dem Antragsteller im Verfahren L521 2233547-1 auch sonst keine Versäumung einer Frist unterlagen ist. Sollte sich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die mit dem Schriftsatz vom 04.11.2020 unter einem eingebrachten Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde bzw. einer (außerordentlichen) Revision gegen den Beschluss 10.09.2020, L521 2233547-1/5E, beziehen, ist das Bundesverwaltungsgericht zu deren Behandlung nicht zuständig (§§ 15 Abs. 1 und 20 Abs. 2 VfGG; §§ 14 Abs. 2 und 24 Abs. 1 Z. 2 VwGG), sondern die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist somit schon deshalb nicht stattzugeben, weil seitens des Antragstellers im Verfahren L521 2233547-1 weder eine mündliche Verhandlung versäumt wurde, noch eine Frist, deren Versäumung vom Bundesverwaltungsgericht wahrzunehmen gewesen wäre.

3.9. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12). Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte. Darüber hinaus gebietet Art. 6 MRK bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0073 mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiederaufnahme des Verfahrens sowie zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aussichtslosigkeit psychische Erkrankung Verfahrenshilfeantrag Vermögensverhältnisse Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L521.2233547.2.00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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