Entscheidungsdatum
07.12.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W261 2233641-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 10.06.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer brachte am 27.10.2015 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) in Form von Ersatz des Verdienstentganges ein. Dabei gab er an, das Verbrechen habe sich zwischen 1970 und 1971 im Erziehungsheim XXXX und im Jahr 1979 während seines vier Monate dauernden Aufenthaltes in Erziehungsheim XXXX ereignet. Der Beschwerdeführer leide an psychischen Gesundheitsschädigungen.
2. Der Beschwerdeführer schilderte dem Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX mit Eingabe vom 16.11.2015 sein bisheriges Leben. Demnach habe er auf Anraten eines Bekannten diesen Antrag eingebracht. Er habe ca. 35 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Außer während der Zeiten, welche er in Untersuchungshaft verbracht habe, habe er auch in den Gefängnissen immer gearbeitet. Es könne daher niemand sagen, dass der Staat habe für ihn aufkommen müssen. Er gebe niemanden die Schuld, dass er sein ganzes Leben im Gefängnis verbracht habe. Aber dass man ihn 1969 in ein Erziehungsheim gesteckt habe, weil er vor den Schlägen seines Vaters und den psychischen Misshandlungen seiner Mutter geflüchtet sei, sei vom Staat Österreich eine „Schweinerei“ gewesen. Denn er sei im Heim fast in gleicher Weise wie „zu Hause“ misshandelt worden. Es sei dort zwar keine sexuelle Misshandlung geschehen, dies habe sein Stiefvater gemacht, als der Beschwerdeführer fünf Jahre alt gewesen sei. Er sei kein Sozialschmarotzer, wenn er Arbeitslosengeld beziehe, er habe in seinem bisherigen Leben immer gearbeitet. Er sei psychisch und physisch krank. So habe er abgenommen, um seine kaputte Wirbelsäule zu entlasten. Seine Psyche sei stark geschädigt, was sich darin äußere, dass, wann immer er im Hausflur ein Schlüsselrascheln höre, sofort aufschrecke und an die Justizwachebeamten denke. Er verhalte sich zeitweise auch wie ein Gefangener. Derzeit sei sein größtes Problem, dass er nicht arbeiten könne. Er fühle sich deswegen nicht als Mitglied der Gesellschaft. Glücklicherweise nehme er keine Drogen und trinke keinen Alkohol.
3. Das Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.11.2015 mit, dass seit dem 01.11.2014 das Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) für sein Anliegen zuständig sei, und dass sich der Beschwerdeführer in Zukunft an dieses wenden solle.
4. Der Beschwerdeführer legte in weiterer Folge ein Konvolut an Schreiben, Berichten und Unterlagen vor, welches er von der Kinder- und Jugendanwaltschaft XXXX , Anlaufstelle für Opferschutz am 27.10.2015 übermittelt bekommen habe.
In diesem Konvolut übermittelte der Beschwerdeführer folgende Schriftstücke, welche in chronologischer Reihenfolge wie folgt aufgelistet werden:
Eine handschriftlich verfasste Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers vom 29.05.2010 an die Staatsanwaltschaft XXXX , worin der Beschwerdeführer die Vorfälle im Erziehungsheim XXXX und die Misshandlungen durch die Erzieher und den Direktor schilderte.
Ein Schreiben vom 01.03.2011 an den WEISSEN RING, worin der Beschwerdeführer eine Anzeige wegen Körperverletzung, Nötigung und Misshandlung gegen drei Erzieher des staatlichen Erziehungsheimes XXXX eingebracht habe und um Information ersuche, ob und wie er weiter gegen die Einstellung des Verfahrens vorgehen solle.
Ein Schreiben vom 29.11.2011 an den WEISSEN RING, worin er sich erkundigte, weswegen er bisher von dieser Organisation keine Hilfe erhalten habe, bzw. weswegen diese die vom Beschwerdeführer bereits im Oktober 2010 übermittelten Unterlagen nicht an die XXXX Kommission weitergeleitet habe.
Eine Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers, welche er am 12.03.2012 an einen namentlich genannten Landesrat der XXXX Landesregierung übermittelt habe. Darin berichtete der Beschwerdeführer, dass er im Jahr 1969 in das Erziehungsheim XXXX von Lehrern, Erziehern und dem Direktor misshandelt, gequält und erniedrigt worden sei. Trotz eines Herzfehlers habe der Beschwerdeführer auf dem heimeigenen Feld arbeiten müssen. Das habe dazu geführt, dass er im heimeigenen Schwimmbad während einer Herzattacke untergegangen sei. Man habe ihn sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo man den Herzfehler festgestellt habe. Er schilderte weitere Misshandlungen, welche er im Erziehungsheim habe erdulden müssen. Im Jahr 1979 sei er für vier Monate im Erziehungsheim XXXX untergebracht gewesen. Von dort sei er mehrmals mit einem Freund geflüchtet, wofür ihm eine Glatze geschnitten worden sei. Er sei auch öfter in den sogenannten „Karzer“ gekommen, wo er ohne Wasser und Toilette habe ausharren müssen. Er sei dort auch von zwei Erziehern geschlagen worden. Nach seiner nächsten Flucht sei er ins Gefängnis gekommen, das sei sogar eine Erleichterung für ihn gewesen, weil er damit den Schlägen entkommen sei. Danach habe seine kriminelle Laufbahn begonnen.
Ein Schreiben der Kinder- und Jugendanwaltschaft, Anlaufstelle Opferschutz vom 19.03.2012, worin diese dem Beschwerdeführer mitteilte, dass sich das Erziehungsheim XXXX in XXXX befinde. Diese bot an, sofern der Beschwerdeführer einverstanden sei, sein Schreiben an die zuständige Stelle weiterzuleiten.
Mit Schreiben vom 22.03.20212 erteilte der Beschwerdeführer diese Zustimmung hierfür.
Die Kinder-und Jugend Anwaltschaft, Anlaufstelle Opferschutz, teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.03.2012 mit, dass die Sachverhaltsdarstellung vom 12.03.2012 an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet worden sei. Seine Beschwerde wegen der Unterbringung in XXXX sei an die unabhängige Entschädigungskommission des Landes XXXX übermittelt worden, und der Beschwerdeführer werde von einem namentlich genannten Landesrat benachrichtigt werden.
Im Schreiben dieses Landesrates vom 17.04.2012 teilte dieser dem Beschwerdeführer mit, dass die XXXX Landesregierung im August 2010 beschlossen habe, dass das Land XXXX allen Missbrauchsopfern aus Landeseinrichtungen für erlittenes Ungemach, für körperlich und seelisch erlittene Schmerzen und Leiden, eine einmalige Entschädigung durch Gewährung von Schmerzengeld leiste. Die unabhängige Expertenkommission habe sich in einem mehrstufigen Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers befasst und habe dieses als glaubhaft befunden. Es werde dem Beschwerdeführer eine einmalige Entschädigung in der Höhe von € 8.000,- ausbezahlt.
In Aktenvermerken vom 17. und 24.04.2012 hält die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, Telefonate mit dem Beschwerdeführer fest, wonach er noch drei Jahre in Haft verbringen müsse. Er habe zu einem früheren Zeitpunkt Anzeige gegen drei Erzieher eingebracht. Zwei von diesen seien bereits verstorben, in einem Fall sei das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden. Er habe einen Therapiewunsch, er habe kein Vertrauen zu den Therapeuten in der Justizanstalt XXXX und wünsche sich eine externe Therapie. Die Sozialarbeiterin der JA XXXX werde sich dafür einsetzen, sollte eine externe Therapie von der Anstaltsleitung nicht genehmigt werden, so werde sich diese noch einmal mit der Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz in Verbindung setzen. In einem weiteren Telefonat teilte die Sozialarbeiterin mit, dass die Anstaltsleitung die Übernahme der externen Therapiekosten nicht genehmigt habe.
Ein Auszug aus dem Pflegschaftsakt des Beschwerdeführers.
In einem Schreiben vom 01.05.2012 an die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, schildert der Beschwerdeführer Details der von ihm erlittenen Misshandlungen im Erziehungsheim XXXX .
In einem Schreiben vom 02.05.2012 an die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, schildert der Beschwerdeführer weitere Details über die Misshandlungen, welche im Erziehungsheim XXXX stattgefunden hätten. Er sei jüngst von einem Reporter der Zeitschrift XXXX kontaktiert worden, welcher ihn zu den Zuständen in diesem Erziehungsheim befragen wolle. Er habe nach 30 Jahren Haft kein Vertrauen in die Medien und sonstige Institutionen. Er sei nach 40 Jahren seit XXXX und XXXX ein nervliches Wrack, das dringend Hilfe benötigen würde.
Eine Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers an die Opferschutzkommission der XXXX Landesregierung vom 02.05.2012, worin er weitere Details über die von ihm erlittenen Misshandlungen, welche er im Erziehungsheim XXXX habe erdulden müssen, schilderte.
Ein Schreiben der Kinder- und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, vom 15.05.2012, wonach die Angaben des Beschwerdeführers ausreichend seien, damit die Opferschutzkommission die weitere Bearbeitung vornehmen könne. Er werde gebeten ergänzende Angaben für die weitere Bearbeitung zu übermitteln.
Eine Einverständniserklärung des Beschwerdeführers vom 22.05.2012, wonach die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, ermächtigt werde, Akten und Informationen an die Opferschutzkommission des Landes XXXX weiterzuleiten.
Ein Schreiben der Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, vom 11.07.2012, wonach der Bericht über den Beschwerdeführer in der letzten Sitzung der Opferschutzkommission behandelt worden sei. Diese sei jedoch zu keiner Entscheidung gekommen, weil noch zusätzliche Informationen und Unterlagen benötigt werden würden. Der Beschwerdeführer werde ersucht, den Bericht entsprechend zu ergänzen.
Ein Bericht des Sozialen Dienstes der Justizanstalt XXXX vom 16.10.2012, in welchem die Vorfälle im Erziehungsheim geschildert werden.
Ein Schreiben der Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, vom 20.12.2012, wonach die Opferschutzkommission des Landes XXXX am 28.11.2012 getagt habe und ihre Empfehlung an die XXXX Landesregierung weitergeleitet habe. Dem Beschwerdeführer werde eine Unterstützungsleistung in der Höhe von € 15.000,- zugesprochen. Weiters bestehe die Möglichkeit, eine Psychotherapie im Ausmaß von maximal 30 Stunden in Anspruch zu nehmen, um die Geschehnisse aufzuarbeiten. Dafür sei ein Betrag von 75 bis 90 Euro pro Therapiestunde festgelegt worden.
5. Die belangte Behörde ersuchte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.02.2016 ergänzende Fragen zu den von ihm erlittenen Misshandlungen, zu seinem bisherigen beruflichen Leben und zu den Gründen, weswegen er in Haft gekommen sei, zu beantworten. Die belangte Behörde schloss eine Einverständniserklärung an, welche der Beschwerdeführer unterzeichnen solle, damit weitere Ermittlungen durchgeführt werden könnten.
6. Der Beschwerdeführer übermittelte mit Schreiben vom 09.03.2016 die unterschriebene Einverständniserklärung. Seine Geschwister seien von den Eltern nicht misshandelt worden, nur er. Er sei ins Heim gebracht worden, weil er vor den Misshandlungen seiner Eltern geflohen sei und in dieser Situation Straftaten begangen habe. Er habe Metzger werden wollen, da seine Mutter ihn angestiftet habe, Fleisch zu stehlen, um seinen Vater zufrieden zu stellen. Der Beschwerdeführer habe in den 35 Jahren, in welchen er in Haft gewesen sei, meist in der Anstaltsküche gearbeitet, meistens 29 bis 30 Tage im Monat und ca. 10 Stunden täglich.
7. Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 03.05.2016 die XXXX Gebietskrankenkasse um Mitteilung sämtlicher Erkrankungen des Beschwerdeführers, seiner Krankenhausaufenthalte samt Angabe der Diagnose und der behandelnden Ärzte.
8. Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 03.05.2016 die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, die dortigen Unterlagen (Clearingebricht) zu übermitteln.
9. Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 03.05.2016 die XXXX Gebietskrankenkasse um Mitteilung sämtlicher Erkrankungen des Beschwerdeführers, seiner Krankenhausaufenthalte samt Angabe der Diagnose und der behandelnden Ärzte.
10. Mit Schreiben vom 03.05.2016 ersuchte die belangte Behörde die Männerstrafanstalt XXXX , in welcher der Beschwerdeführer vom 13.08.2002 bis 13.01.2015 aufhältig gewesen sei, um Bekanntgabe, welche Tätigkeiten dieser erledigt habe, ob er eine Berufsausbildung absolviert habe, welche Arbeitszeiten es gegeben habe und ob es darüber Aufzeichnungen gäbe.
11. Die belangte Behörde ersuchte das Arbeitsmarktservice XXXX mit Schreiben vom 03.05.2016, dass der Beschwerdeführer vom 23.01. bis 18.12.2015 Arbeitslosengeld bezogen habe, weswegen ersucht werde, den gesamten Akt zur Einsicht zu übermitteln.
12. Mit Schreiben vom 04.05.2016 ersuchte die belangte Behörde die Justizanstalt XXXX , in welcher der Beschwerdeführer vom 13.08.2000 bis 08.08.2002 aufhältig gewesen sei, um Bekanntgabe, welche Tätigkeiten dieser erledigt habe, ob er eine Berufsausbildung absolviert habe, welche Arbeitszeiten es gegeben habe und ob es darüber Aufzeichnungen gäbe.
13. Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 05.05.2016 die an die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, um Übermittlung des gesamten Aktes (Fürsorgeakt, Heimakt).
14. Die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 09.05.2016 mit, dass ein Akt der ehemaligen Jugendwohlfahrt nicht verfügbar sei. Die Opferschutzstelle habe in das im Landesarchiv abgelegte Zöglingsbuch Einsicht genommen und habe festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 05.12. 1969 in das ehemalige Landesjugendheim XXXX aufgenommen worden und am 10.07.1971 zu seinen Eltern nach XXXX entlassen worden sei.
15. Mit E-Mailnachricht vom 10.05.2016 teilte die Justizanstalt XXXX mit, dass der Beschwerdeführer dort keine Berufsausbildung absolviert habe. Der Beschwerdeführer sei in der Justizanstalt zu Hilfs- und Facharbeiten in der Schlosserei, in den Unternehmensbetrieben 03 und 04, in der Anstaltsküche, als Hausarbeiter und in der Ökonomie eingesetzt gewesen. Die Arbeitszeiten in diesen Betrieben seien zwischen 07:30 Uhr und 13:30 Uhr gelegen.
16. Die XXXX Gebietskrankenkasse gab mit Schreiben vom 11.05.2016 bekannt, dass sich der Beschwerdeführer in den Jahren 1997 bis 2000 drei Mal im Krankenhaus befunden habe, und zwar in der Zeit vom 24.09.1997 bis 10.10.1997 im XXXX wegen Medikamenten- und Drogenabhängigkeit, ICD9-304, in der Zeit vom 27.10.1997 bis 30.10.1997 im XXXX wegen den Folgen eines Fahrzeugunfalles, ICD9-848 und in der Zeit vom 24.03.2000 bis 25.03.200 im XXXX wegen einer sonstigen durch Viren übertragenen Krankheit, ICD9-070.
17. Die XXXX Gebietskrankenkasse gab mit Schreiben vom 12.05.2016 bekannt, dass der Beschwerdeführer ab dem 16.12.2015 wegen eines Unfalles bei sich zu Hause einen Unterarmspaltgips erhalten habe.
18. Das Arbeitsmarktservice XXXX übermittelte mit Emailnachricht vom 12.05.2016 Kopien aus dem AMS Akt des Beschwerdeführers. Darin ist unter anderem ein ärztliches Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 10.09.2015 enthalten, wonach Hauptursache für die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers chronisch rezidivierende Kreuzschmerzen bedingt durch degenerative Veränderungen und Zustand nach Bandscheibenoperation im unteren Lendenwirbelsäulenbereich 2002 seien. Weitere Leiden seien eine Hepatitis C- Infektion seit 1998, Zustand nach Darmpolytektomie 2007 und Darmresektion 1997 und gelegentlicher Konsum von illegalen Substanzen laut anamnetischer Angabe. Der Beschwerdeführer sei nicht invalid, sein Gesamtleistungskalkül reiche für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiter aus.
19. Mit Schreiben vom 19.05.2016 gab die Justizanstalt XXXX bekannt, dass der Beschwerdeführer vom 22.01.2002 bis 20.08.2002 in der Wäscherei tätig gewesen sei. In der Regel seien die Arbeitszeiten von 07:00 Uhr bis 15.00 Uhr gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine Berufsausbildung absolviert.
20. Die Kinder-und Jugend Anwaltschaft XXXX , Anlaufstelle Opferschutz, übermittelte mit Schreiben vom 25.05.2016 Kopien der Schreiben des Beschwerdeführers, welche am 15.03.2012 und am 28.03.2012 eingelangt seien, sowie ein Schreiben des damaligen Landesrates vom 17.04.2012.
21. Der Beschwerdeführer teilte der belangten Behörde am 20.09.2016 telefonisch mit, dass er sich im Substitutionsprogramm befinde und dazu Unterlagen vorlegen werde. Er übermittelte der belangten Behörde in weiterer Folge eine klinische Bestätigung der Uni Klinik XXXX vom 10.10.2016, wonach der Beschwerdeführer seit Jänner 2016 regelmäßig die Kontrolltermine und damit verbundenen Harnkontrollen wahrnehme. Die Suchterkrankung stehe in engem Zusammenhang mit den langen Haftaufenthalten, wobei er insgesamt ca. 36 Jahre in Justizanstalten verbracht habe. Zusätzlich habe der Beschwerdeführer im Rahmen dieser chronischen Belastung ein reaktiv depressives Syndrom entwickelt.
22. Mit Schreiben vom 13.07.2016 ersuchte die belangte Behörde den Magistrat der XXXX um Übermittlung der Mündel, Zöglings- und Heimakten des Beschwerdeführers.
23. Der Stadtmagistrat übermittelte mit Schreiben vom 29.07.2016 Kopien aus dem Führsorgeakt des Beschwerdeführers.
24. Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 16.05.2017 das Landeskrankenhaus XXXX , Abteilung Psychiatrie, die Krankengeschichte bzw. Unterlagen und die Ambulanzkartei zu übermitteln.
25. Mit Schreiben vom 16.05.2017 ersuchte die belangte Behörde die Sachbearbeiterin der Opferschutzstelle beim Amt der XXXX Landesregierung, ob Heimakte oder sonstige Aufzeichnungen des Heimes aus XXXX aufliegen würden, bzw. wo diese allenfalls angefordert werden können.
26. Mit Faxnachricht vom 26.05.2017 übermittelte das Landeskrankenhaus XXXX einen Bericht des Landes-Nervenkrankenhauses XXXX vom August 1980, wohin der Beschwerdeführer aus dem Gefangenenhaus eingeliefert worden sei, weil er drei Rasierklingen verschluckt habe, offensichtlich um der Haft zu entkommen.
27. Die Sachbearbeiterin der Anlaufstelle für Opferschutz beim Amt der XXXX Landesregierung teilte mit Schreiben vom 12.06.2017 (einlangend) mit, dass sich die belangte Behörde an das XXXX Landesarchiv wenden solle.
28. Mit Schreiben vom 20.06.2017 ersuchte die belangte Behörde das XXXX Landesarchiv mitzuteilen, ob Heimakte oder sonstige Aufzeichnungen des Heimes aus XXXX über den Beschwerdeführer aufliegen würden, bzw. wo diese angefordert werden könnten.
29. Der Beschwerdeführer teilte am 12.07.2017 und am 19.07.2017 telefonisch mit, dass er selbst im XXXX Landesarchiv gewesen sei, und man ihm die Auskunft erteilt habe, dass es keine Akten über XXXX dort gäbe. Der Beschwerdeführer war ob der langen Verfahrensdauer sehr erbost und drohte, sich eine Waffe zu besorgen, weil er vom Staat nur hingehalten werde. Die zuständige Sachbearbeiterin informierte deren Vorgesetzte, welche telefonischen Kontakt mit dem Beschwerdeführer aufnahm und ihn darüber informierte, dass für den Fall, dass diese Drohung wiederholt werde, die Polizei zu informieren sei. Die belangte Behörde informierte am 19.07.2017 die Polizei in XXXX per E-Mail über diesen Vorfall.
30. Mit Schreiben vom 31.07.2017 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer schriftlich und sehr ausführlich über das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wies darauf hin, dass das Vorliegen einer mit mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung während seines Aufenthaltes im Kinderheim XXXX und XXXX nicht mit der für das Verbrechensopfergesetzt erforderlichen Wahrscheinlichkeit habe festgestellt werden können, weswegen sein Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem VOG abzuweisen sei. Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer eine Stellungnahmefrist von vier Wochen ein.
31. Mit Eingabe vom 18.08.2017 gab der Beschwerdeführer eine als „Beschwerde“ bezeichnete Stellungnahme ab. Demnach seien seine Anträge nachweislich nicht ausreichend geprüft worden, man habe nicht einmal alle Strafen angeführt, welche er verbüßt habe. Den Antrag wegen des sexuellen Missbrauchs durch seinen Pflegevater habe er noch gar nicht gestellt. Verschiedene Missbrauchskommissionen hätten die Misshandlungen in den Heimen geprüft und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass diese stattgefunden hätten. Nun stelle die belangte Behörde dies in Frage. Die Ablehnung seines Antrages sei von voreingenommenen Menschen bearbeitet worden, welche Anzeige gegen ihn erstattet hätten. Sein Antrag auf Verdienstentgang sei nicht einmal geprüft worden. Er werde diesbezüglich bei der Volksanwaltschaft und der Menschenrechtskommission Beschwerde erheben.
32. Mit Schreiben vom 28.09.2017 teilte die Landesstellenleiterin der belangten Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass seinem Vorbringen, wonach die zuständige Sachbearbeiterin und deren Abteilungsleiterin voreingenommen seien, weil diese eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer erlassen hätten, Rechnung getragen werde. Es werde daher eine neue Sachbearbeiterin den Antrag des Beschwerdeführers bearbeiten. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen würden noch einmal geprüft werden. Des Weiteren werde ein ärztlich neuro-psychiatrisches Gutachten eingeholt werden, um die Frage zu beantworten, ob die vom Beschwerdeführer angeführten psychischen Gesundheitsschädigungen die Ursache (sogenannter kausaler Zusammenhang) in den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Misshandlungen in den Kinderheimen XXXX und XXXX haben könnten. Er werde hierzu eine Einladung vom Gutachter bekommen.
33. Mit Schreiben vom 17.10.2017 ersuchte die belangte Behörde die Pensionsversicherungsanstalt Kopien aller Unterlagen, aus welchen gesundheitliche Schädigungen des Beschwerdeführers zu entnehmen seien, zu übermitteln.
34. Die Pensionsversicherungsanstalt kam diesem Ersuchen mit Schreiben vom 27.10.2017 nach und übermittelte drei ärztliche Gutachten und einen Bescheid.
35. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Die belangte Behörde beauftragte einen medizinischen Sachverständigen in XXXX mit der Begutachtung. Der Beschwerdeführer sagte den ihm zugewiesenen Termin am 18.05.2018 ab, woraufhin der medizinische Sachverständige einen neuen Termin mit 02.08.2018 fixierte.
36. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 25.07.2018 mit, dass er aus gesundheitlichen, finanziellen und familiären Gründen nicht in der Lage sei, einen Termin in XXXX wahrzunehmen. Er ersuche um einen Termin bei einem in XXXX ansässigen Gutachter.
37. Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.03.2019 mit, dass in XXXX kein Sachverständiger zur Verfügung stehe. Sie wies den Beschwerdeführer auf seine gesetzliche Mitwirkungsverpflichtung hin. Er werde eine neuerliche Ladung zur Begutachtung erhalten.
38. In seinem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 31.07.2019 erstellten Sachverständigengutachten vom 23.04.2020 kam der medizinische Sachverständige, ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, zusammenfassend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer an einer Agoraphobie mit Panikstörung, ICD 10 F 40.0, einer depressiven Reaktion ICD 10 F43.21, einer chronischen Lumbalgie und Hypertonie leide. Keine dieser schwer ausgeprägten Gesundheitsschädigungen sei auf die am Beschwerdeführer begangenen Verbrechen zurückzuführen. Die psychischen Leiden hätten sich erst ab dem Jahr 2015, nach der Entlassung aus der Haft, entwickelt. Der Beschwerdeführer sei wegen dieser akausalen Gesundheitsschädigungen arbeitsunfähig. Der medizinische Sachverständige schloss diesem Gutachten eine vom Beschwerdeführer beigebrachte klinische Bestätigung der Universitätsklinik XXXX vom 31.07.2019 an, wonach sich der Beschwerdeführer seit Februar 2015 einem Substitutionsprogramm unterziehe. Der Beschwerdeführer sei in seiner Kindheit im Rahmen diverser Heimaufenthalte ( XXXX und XXXX ) Opfer psychischer und physischer Gewalt geworden, welche seinen Lebenslauf sicherlich deutlich beeinflusst hätten. Weiters sei er Opfer eines sexuellen Missbrauchs seitens seines Pflegevaters gewesen, an deren Folgen der Beschwerdeführer heute noch leide.
39. Die belangte Behörde übermittelte dieses Sachverständigengutachten an den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.04.2020 im Rahmen des Parteiengehörs und teilte diesem mit, dass die Voraussetzungen für die Erstattung des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz nicht vorliegen würden. Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von vier Wochen ein.
40. Das AMS meldete sich am 27.05.2020 telefonisch bei der belangten Behörde und teilte mit, dass der Beschwerdeführer dieses Gutachten beim Arbeitsmarktservice als Beweis dafür vorlegen wolle, dass dieser arbeitsunfähig sei, damit er eine Heimopferrente erhalte. Der Beschwerdeführer wolle nicht, dass die Pensionsversicherungsanstalt eine (neuerliche) Begutachtung durchführe. Die belangte Behörde erläuterte die Voraussetzungen für den Erhalt einer Heimopferrente und legte auch klar, dass das gegenständliche medizinische Sachverständigengutachten keine Bindungswirkung gegenüber dem AMS habe.
41. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.
42. Mit angefochtenem Bescheid vom 10.06.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 27.10.2015 auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und 3, § 3 und § 10 Abs. 1 VOG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in den Kinderheimen XXXX vom Dezember 1969 bis Juli 1971 und im Kinderheim XXXX für ca. vier Monate psychischen und physischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen sei. Es spreche mehr dagegen als dafür, dass die psychiatrischen Leiden des Beschwerdeführers auf die antragsbegründenden Vorfälle in der Kindheit des Beschwerdeführers zurückzuführen sein. Daher sei der Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges abzuweisen gewesen.
43. Der Beschwerdeführer erhob mit Eingabe vom 10.07.2020 (Datum des Poststempels 29.07.2020) rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte er aus, dass er in seinen Anträgen genauestens ausgeführt habe, dass er aufgrund seiner psychischen Probleme keinen Beruf habe erlernen können. Er habe dreieinhalb Jahre in der Justizanstalt XXXX , 17 Jahre in der Justizanstalt XXXX und 15 Jahre in der Justizanstalt XXXX verbracht. Die Recherche sei mangelhaft erfolgt, die belangte Behörde habe es verabsäumt, seinen Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX zu erwähnen. Er könne nicht nachvollziehen, weswegen die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen sei, dass ihm keine Entschädigung für Verdienstentgang zustehen, wo doch die Volksanwaltschaft, die Kinder- und Jugendanwaltschaft XXXX und XXXX anderer Meinung seien. Er habe auch ein Entschuldigungsschreiben des Landeshauptmannes und der Landesregierung erhalten. Er stehe auf dem Standpunkt, dass er, weil er keinen Beruf erlernen habe können, einen Anspruch darauf habe, nach dem damaligen Kollektivlohn entschädigt zu werden. Er habe seine Lehren aufgrund seiner psychischen Störungen nach kurzer Zeit wieder abbrechen müssen. Die Ablehnung seines Ansuchens, welches auf fehlerhafter und schlampiger Recherche beruhe, sei nicht rechtens. Auch im medizinischen Sachverständigengutachten seien schwere Mängel vorhanden. Im Gutachten würden diverse Aussagen über seine Heimaufenthalte und den sexuellen Missbrauch durch seinen Pflegevater fehlen. Es sei eine einmalige Aussage eines Professors der Psychiatrie, dass der Beschwerdeführer seinen psychischen Schaden nicht mit fünf Jahren, zum Zeitpunkt des sexuellen Missbrauchs, bzw. mit 15 Jahren, nach seinen Heimaufenthalten, sondern erst 2015, nach seiner Haftentlassung, somit erst nach 50 Jahren erlitten habe. Seine subjektive Meinung zu der Ablehnung seines Ansuchens sei, dass diese deshalb erfolgt sei, weil er von der gegen ihn von der belangten Behörde angestrengten Anzeige freigesprochen worden sei. Er sei in einem psychiatrischen Gutachten im Jahr 1980 von einem Gerichtspsychiater als „asozialer Psychopath“ eingestuft worden. Seine Recherche habe ergeben, dass dies sehr wohl eine psychische Erkrankung sei. Auch dies sei dem medizinischen Sachverständigen aufgrund der schlampigen Recherche der belangten Behörde nicht vorgelegen. Die belangte Behörde habe auch übersehen, dass laut dem Gesetz keine Beweise vorzulegen seien, sondern dass die Wahrscheinlichkeit genüge, um einen Anspruch zu rechtfertigen. Die Psychopathie seine eine Persönlichkeitsstörung, welche bei ihm bereits im Jahr 1980 festgestellt worden sei. Diese könne auch in der Kindheit (Elternhaus, Misshandlungen) entstehen.
44. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 30.07.2020 zur Entscheidung vor, wo dieser am 03.08.2020 einlangte.
45. Das Bundesverwaltungsgericht holte am 17.11.2020 einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister ein, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Laut einem am selben Tag eingeholten Auszug aus dem AJ Web bezieht der Beschwerdeführer aktuell Notstandshilfe, Überbrückungshilfe. Aus einem am 17.11.2020 eingeholten Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer insgesamt 22 strafrechtliche Verurteilungen aufweist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zum Beschwerdeführer und den allgemeinen Voraussetzungen:
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger.
Der Beschwerdeführer beantragte am 27.10.2015 beim Sozialministeriumservice den Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz.
Er wurde am XXXX als voreheliches Kind seiner Eltern in XXXX geboren. Er wuchs von Geburt an bis zu seinem 10. Lebensjahr bei seiner Pflegemutter, Frau XXXX , in XXXX auf (AS 133). Diese Frau war bereits die Pflegemutter des Vaters des Beschwerdeführers gewesen (AS 290).
Die Eltern des Beschwerdeführers heirateten am XXXX . Der Beschwerdeführer ist der Älteste von insgesamt vier Geschwistern (AS 290). Seine Geschwister sind geboren 1958, 1961 und 1968 (AS 282).
Die Pflegmutter des Beschwerdeführers wird als eine gütige, alte Frau beschrieben, welche dem Beschwerdeführer sehr zugetan und um seine Betreuung bemüht war, ihn jedoch allzu nachsichtig behandelte und keine erzieherischen Anforderungen an ihn stellte (AS 290). Als kleiner Bub und als Volksschüler bereitete der Beschwerdeführer keine Schwierigkeiten (AS 290). Der Beschwerdeführer hatte in dieser Zeit wenig Kontakt zu seinen Eltern und seinen Geschwistern (AS 290).
Der Beschwerdeführer wurde im Alter von ca. fünf Jahren von seinem Pflegevater sexuell missbraucht (AS 302).
Der Vater des Beschwerdeführers war als angelernter Maurer (AS 291) berufstätig, er sprach auch dem Alkohol zu (AS 290, 262) und war gewalttätig (AS 237, 281 RS, 282 RS und 261 RS). Seine Mutter wird als lieblos beschrieben, sie mochte den Beschwerdeführer nicht (AS 275, 275 RS, 237) und der Beschwerdeführer hatte eine Abneigung gegen diese (AS 290, 275). Beide Elternteile des Beschwerdeführers sind vorbestraft (AS 281).
Im Jahr 1966, als der Beschwerdeführer ca. 10 Jahre alt war, sah sich die Pflegemutter nicht mehr in der Lage, bzw. war damit überfordert, die Pflege und Erziehung des Beschwerdeführers weiterhin zu übernehmen, und dieser musste zu seinen Eltern ziehen (AS 290).
Bei seinen Eltern wurde der Beschwerdeführer zur Hausarbeit und zur Beaufsichtigung der jüngeren Geschwister herangezogen (AS 290 RS). Die Familie lebt in ärmlichen Verhältnissen (AS 28), und es herrschte sehr viel Streit (AS 184 RS, AS 200 RS). Der Beschwerdeführer hatte keine echte Bindung zu seinen Eltern (AS 200, 291).
Im Jahr 1969, im Alter von 13 Jahren, verschlechterten sich die schulischen Leistungen des Beschwerdeführers rapide, er begann mit seinen Freunden die Schule zu schwänzen (AS 272), Lokale mit Spielautomaten aufzusuchen und heimlich zu rauchen (AS 290 RS). Allein von Oktober 1969 bis Dezember 1969 floh er mehrfach tagelang aus seinem Elternhaus. Er stahl in dieser Zeit mit seinen Freunden ein Fahrrad, ein Moped, Decken aus einem Wochenendhaus, um in Heuhütten übernachten zu können und S 13.000,- bei einem Bekannten (AS 290 RS). In der Nacht zum 04.12.1969 brach er mit Freunden in eine Tabaktrafik ein, die er schwer demolierte und mit einer Beute von S 6.000,- verließ (AS 291). Die Eltern des Beschwerdeführers waren mit seiner Erziehung überfordert (AS 291).
Das Jugendamt der Stadt XXXX stellte am 04.12.1969 beim Bezirksgericht XXXX einen Antrag, für den damals noch minderjährigen und strafunmündigen Beschwerdeführer die vorläufige Fürsorgeerziehung im Sinne des § 31 Abs. 1 JWG anzuordnen (AS 291).
Diese wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.12.1969 genehmigt (AS 292). Darin stellte das Bezirksgericht fest, dass es notwendig ist, den damals noch minderjährigen Beschwerdeführer aus den bisherigen Verhältnissen herauszunehmen, es liegt Gefahr im Verzug vor, weil es beim Minderjährigen zu wiederholten Entweichungen gekommen ist, bei welchen er auch straffällig wurde (AS 292). Es entsprach dem Wunsch des Beschwerdeführers von seinen Eltern wegzukommen, und in einem Heim zu leben (AS 275 RS).
Mit Bescheid der XXXX Landesregierung, Landesjugendamt, vom 05.12.1969, wurde der Beschwerdeführer zur Durchführung der (vorläufigen) Fürsorgeerziehung gemäß § 27 Abs. 1 bis 4 des XXXX Jugendwohlfahrtsgesetzes vom 23.05.1955, LGBl. Nr. 28, der Landeserziehungsanstalt XXXX in Pflege und Erziehung gegeben (AS 293).
Der Beschwerdeführer wurde noch am 05.12.1969 in die Landeserziehungsanstalt XXXX überstellt (AS 294). Er litt damals bereits an Schmerzzuständen in der Herzgegend und neigte zu Ohrentzündungen (AS 268 RS).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 17.02.1970 wurde die mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.12.1969 angeordnete vorläufige Fürsorgeerziehung des damals noch minderjährigen Beschwerdeführers in eine Fürsorgeerziehung umgewandelt. Beim Beschwerdeführer bestand damals eine geistige und sittliche Verwahrlosung, welche seine Entfernung aus der bisherigen Umgebung unbedingt erforderlich gemacht hatte (AS 267f).
Während seiner Zeit in der Landeserziehungsanstalt XXXX war der Beschwerdeführer psychischen und physischen Misshandlungen durch drei Erzieher und den Direktor ausgesetzt (AS 8ff).
Am 09.09.1970 entfloh der Beschwerdeführer aus dem Landeserziehungsheim XXXX (AS 235), wurde jedoch wieder dorthin zurückgebracht.
Der Beschwerdeführer musste in der Zeit vom 11.01.1971 bis 20.01.1971 wegen einer Gelbsucht das Bett hüten, vom 20.01.1971 bis 09.02.1971 wurde der Beschwerdeführer in das Krankenhaus der Stadt XXXX zur Behandlung gebracht (AS 250).
Der Beschwerdeführer wurde am 10.07.1971 aus dem Landeserziehungsheim XXXX entlassen (AS 92).
In der Zeit vom Juli 1971 bis September 1971, der Beschwerdeführer war mittlerweile 16 Jahre alt und hatte die Schule abgeschlossen, war er bei seinen Eltern untergebracht (AS 133 RS). Er arbeitete in dieser Zeit kurzfristig als Hilfsarbeiter bei XXXX (AS 174).
Im August 1971 kam es zu Reibereien mit seinen Eltern, und der Beschwerdeführer zog am 16.08.1971 (AS 236) wieder zu seiner früheren Pflegemutter (AS 133 RS). Er verhielt sich auch ihr gegenüber frech und renitent, die Pflegemutter fürchtete sich vor ihm (AS 201 RS), woraufhin er am 19.08.1971 (AS 237) von seinem Vater gewaltsam mit Schlägen nach Hause geholt wurde (AS 236). Er kam in weiterer Folge für ca. 14 Tage bei seiner Ziehschwester, XXXX , unter (AS 174, 236). Er wurde auf eigenen Wunsch sodann am 07.09.1971 im Schülerheim Schloß XXXX untergebracht (AS 174). Nach ca. einer Woche verließ er dieses Schülerheim wieder und lebte ab 15.09.1971 (AS 229) für ca. zwei Monate bei Familie XXXX (AS 174).
Der Beschwerdeführer zeigte seinen Vater wegen der Gewalttätigkeiten und der Verletzungen, welche dieser ihm am 19.08.1971 zugefügt hatte, bei der Polizei an (AS 238 RS, 241 RS).
Er begann am 23.08.1971 eine Fleischhauerlehre, welche der Beschwerdeführer nach wenigen Wochen am 21.09.1971 (AS 236 RS) wieder beendete, weil er sich den Anordnungen des Lehrherrn nicht beugen wollte (AS 174 RS). Er fand in der Folge eine Lehrstelle bei einem Milchproduktegeschäft in der Markthalle als kaufmännischer Lehrling (AS 174 RS). Zu Beginn dieses Lehrverhältnisses verlief alles zur Zufriedenheit, nach einiger Zeit begann der Beschwerdeführer die Berufsschule zu schwänzen. Daher wurde dieses Lehrlingsverhältnis im Oktober 1971 in ein Anlernverhältnis umgewandelt (AS 174 RS).
Am 15.11.1971 wurde er (neuerlich) wegen Diebstahls angezeigt (AS 174 RS). Es kam zu Beschwerden des Arbeitgebers, dass der Beschwerdeführer bockig gewesen ist, und den Anordnungen nicht folgt. Auch seine Quartiergeberin beschwerte sich darüber, dass der Beschwerdeführer frech war, und dass er nachts viel unterwegs war. (AS 174).
Am 03.12.1971 wurde vom Amt der XXXX Landesregierung, Landesjugendamt die probeweise Entlassung des Jugendlichen widerrufen und seine Einweisung in das Landesjugendheim XXXX angeordnet (AS 174 RS). Der Beschwerdeführer wurde noch am gleichen Tag dorthin überstellt (AS 174 RS).
Der Beschwerdeführer floh mehrfach aus dem Landesjugendheim XXXX . Das erste Mal am 02.01.1972, er besuchte seine Pflegemutter und wurde am 10.01.1971 wieder zurückgebracht (AS 174 RS). Das nächste Mal floh er am 14.01.1972 (AS 152 RS).
Während dieser Zeiten der Flucht beging der damals noch minderjährige Beschwerdeführer am 07.01.1972, am 15.01.1972, am 17.01.1972, am 18.01.1972, am 19.01.1972 und am 22.01.1972 Eigentumsdelikte (AS 1164 ff). Der Beschwerdeführer kam am 22.01.1972 in Untersuchungshaft (AS 175). Am 14.03.1972 wurde er nach der Hauptverhandlung und Verurteilung vor dem Landesgericht XXXX als Schöffengericht in Jugendstrafsachen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten strengen Arrest, welche ihm auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, (AS 169) wieder in das Landesjugendheim XXXX überstellt (AS 153 RS).
Der Beschwerdeführer entwich am 15.03.1972 neuerlich aus dem Landesjugendheim XXXX (AS 172). Er hielt sich nach seiner Flucht bei seinem Freund, XXXX , heimlich auf (AS 185).
Der Beschwerdeführer wurde im Landesjugendheim XXXX psychisch und physisch misshandelt (AS 13).
Mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung. Landesjugendamt, vom 13.04.1972 wurde die Entlassung des damals noch mj. Beschwerdeführers aus dem Landesjugendheim XXXX angeordnet. Aus der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass der Minderjährige in einem offen geführten Fürsorgeerziehungsheim nicht zu halten ist, weswegen die Fürsorgeerziehung nicht mehr durchführbar ist (AS 153 RS).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 05.05.1972 hob dieses die mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX über den minderjährigen Beschwerdeführer angeordnete Fürsorgeerziehung gemäß § 30 Abs. 1 JWG auf (AS 150f).
In der Zeit vom April 1972 bis 12.06.1972 beging der damals noch minderjährige Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Freund XXXX zahlreiche Straftaten, wie beispielsweise vier Moped Diebstähle, einen Versuch der schweren körperlichen Beschädigung, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Einbruchs- bzw. versuchte Diebstähle (AS 158). Der Beschwerdeführer wurde am 12.06.1972 (AS 184) wiederum in Untersuchungshaft genommen (AS 158).
In der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht XXXX als Schöffengericht in Jugendstrafsachen am 13.11.1972 wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer hierfür zu 15 Monaten strengen Arrestes, verschärft durch ein hartes Lager und fünf Fastentage verurteilt (AS 180ff). Ein Versuch der Nacherziehung wurde nicht mehr unternommen, weil das Verhalten des Beschwerdeführers seit 1969 und das völlige Negieren jeder Erziehungsmaßnahme diese als aussichtlos erscheinen lassen, weswegen die Anordnung des Strafvollzuges erfolgte (AS 187).
In den folgenden Jahren wurde der Beschwerdeführer mehrfach wegen verschiedener Eigentumsdelikte, aber auch wegen Delikten gegen Leib und Leben und nach dem Waffengesetz, dem Suchtmittelgesetz strafrechtlich verurteilt und verbüßte hierfür jahrelange Freiheitsstrafen.
Der Beschwerdeführer erhielt von der Opferschutzstelle des Landes XXXX wegen der erlittenen Misshandlungen im Landeserziehungsheim XXXX eine finanzielle Entschädigung in der Höhe von € 15.000,- und Psychotherapiestunden im Ausmaß von maximal 30 Stunden (AS 27).
Aufgrund der Vorkommnisse im Landesjugendheim XXXX erhielt der Beschwerdeführer von der Opferschutzstelle des Landes XXXX eine finanzielle Entschädigung in der Höhe von € 8.000,- (AS 17).
1.2 Ausbildungs-, Beschäftigungsverlauf und Lebensumstände des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer begann nach fünf Jahren Volksschule und vier Jahren Hauptschule in XXXX eine Lehre als Fleischhauer und als kaufmännischer Lehrling. Der Beschwerdeführer schloss keines dieser Lehrverhältnisse ab (AS 135).
Der Beschwerdeführer war in weiter Folge nach seiner ersten Haftentlassung in der Zeit von 26.06.1974 bis 24.10.1975 bei sechs Arbeitgebern wochen- bzw. monatsweise als Arbeiter tätig (Auszug aus dem AJ-WEB vom 17.11.2020).
In der Justizanstalt XXXX war der Beschwerdeführer in der Wäscherei tätig (AS 120).
In der Justizanstalt XXXX war der Beschwerdeführer vornehmlich in der Anstaltsküche tätig (AS 5).
In der Justizanstalt XXXX absolvierte der Beschwerdeführer keine Berufsausbildung. Er wurde dort zu Hilfs- und Facharbeiten in der Schlosserei, in den Unternehmensbetrieben 03 und 04, in der Anstaltsküche, als Hausarbeiter und in der Ökonomie eingesetzt (AS 108).
In der Zeit vom 19.10.1998 bis 15.08.2000 war der Beschwerdeführer bei insgesamt drei Arbeitgebern jeweils wochen- bzw. monatelang als Arbeiter tätig. Er bezog auch immer wieder Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Krankengeld (Auszug aus dem AJ-WEB vom 17.11.2020).
Nach seiner letzten Haftentlassung im Jahr 2015 bezog der Beschwerdeführer bedarfsorientierte Mindestsicherung, Arbeitslosengeld und seit 20.01.2017 laufend Notstandshilfe, Überbrückungshilfe (Auszug aus dem AJ-WEB vom 17.11.2020).
Das Strafregister des Beschwerdeführers weist im Zeitraum von 1971 bis 2002 insgesamt 22 strafrechtliche Verurteilungen auf. Der Beschwerdeführer verbüßte Freiheitsstrafen im Ausmaß von mehr als 35 Jahren, wobei er ca. dreieinhalb Jahre in der Justizanstalt XXXX , ca. acht Monate in der Justizanstalt XXXX , ca. 17 Jahre in der Justizanstalt XXXX und ca. 15 Jahre in der Justizanstalt XXXX verbrachte. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer am 13.01.2015 aus der Strafhaft entlassen, seit diesem Zeitpunkt ist der Beschwerdeführer nicht mehr straffällig geworden.
Der Beschwerdeführer ist geschieden, er lebt alleine und hat einen Sohn, welcher im Jahr 1975 geboren wurde (AS 257).
1.3 Festgestellte Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers
Die Beschwerdeführerin leidet aktuell an folgenden Gesundheitsschädigungen (AS 305):
- Agoraphobie (Platzangst) mit Panikstörung, ICD 10 F 40.0,
- depressiven Reaktion, ICD 10 F43.21,
- chronische Lumbalgie (chronische Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule),
- Hypertonie (Bluthochdruck)
1.4 Kausalität
Es besteht mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit kein Kausalzusammenhang zwischen den festgestellten psychischen und physischen Misshandlungen im Landeserziehungsheim XXXX und im Landesjugendheim XXXX und zwischen dem sexuellen Missbrauch durch seinen Pflegevater und den festgestellten Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers.
Die Ursache für das mangelnde berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers steht nicht mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit in einem Zusammenhang mit dem an ihm verübten Verbrechen.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zum Beschwerdeführer und den allgemeinen Voraussetzungen:
Die Feststellungen über die Staatsbürgerschaft und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers basieren auf die im Akt aufliegenden Unterlagen aus dem Fürsorgeakt.
Die Feststellungen zur familiären Situation des Beschwerdeführers vor der Heimunterbringung, zum Überstellungsgrund sowie zum Beginn und Ende der Heimaufenthalte gründen sich auf die im Verwaltungsakt einliegenden Kopien des Fürsorgeaktes, wobei die jeweiligen Aktenseiten des Verwaltungsaktes in Klammer angeführt sind. Diese Angaben decken sich im Wesentlichen auch mit den Angaben des Beschwerdeführers in seinen Schriftsätzen.
Fest steht, dass der Beschwerdeführer von Geburt an bis zu seinem 10. Lebensjahr bei seiner Pflegemutter aufwuchs, zu welcher er ein gutes Verhältnis hatte.
Die in dieser Zeit behaupteten sexuellen Übergriffe durch seinen Pflegevater, welche stattgefunden haben, als der Beschwerdeführer ca. fünf Jahre alt gewesen ist, werden als solche festgestellt. Obwohl der Beschwerdeführer erstmals bei seiner Untersuchung vor dem medizinischen Sachverständigen am 31.07.2019 Details über diesen Missbrauch schilderte (vgl. AS 302), ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits in einem seiner ersten Schreiben an die belangte Behörde, wenn auch in einem Nebensatz, den sexuellen Missbrauch erwähnte (AS 5 RS). Auch der medizinische Sachverständige erachtet dieses Vorbringen des Beschwerdeführers in der Detailliertheit und den geschilderten Zusammenhängen durchaus als glaubhaft (AS 307), sodass die entsprechende Feststellung getroffen wird.
Zu seinen eigenen Eltern, welche zum Zeitpunkt seiner Geburt sehr jung, die Mutter war ca. 19 Jahre alt, der Vater war ca. 20 Jahre alt, und zudem auch (noch) nicht verheiratet waren, hatte der Beschwerdeführer seit jeher keine gute Beziehung. Der Vater trank viel Alkohol, wie dies nicht nur der Beschwerdeführer angibt, sondern ist dies auch mehrfach im Fürsorgeakt des Beschwerdeführers angeführt. Er war auch gewalttätig, auch dies wird vom Beschwerdeführer mehrfach angegeben und entspricht auch den im Verwaltungsakt aufliegenden Informationen. Die Mutter des Beschwerdeführers hatte ein sehr schlechtes Verhältnis zum Beschwerdeführer, sie zog ihre anderen drei Kinder diesem vor.
Die Pflegemutter war im Jahr 1966 primär aus Altersgründen nicht mehr in der Lage, die Pflege und Erziehung des Beschwerdeführers zu übernehmen, weswegen dieser zu seinen Eltern ziehen musste. Dort wurde der zehnjährige Beschwerdeführer als Haushaltshilfskraft und Aufsichtsperson für seine kleineren Geschwister ausgenutzt. Die Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen, es gab sehr viel Streit. Fest steht auch, dass das Verhalten des Beschwerdeführers mit 13 Jahren immer schwieriger wurde, seine schulischen Leistungen ließen stark nach und er begann, die Schule zu schwänzen, und sich mit seinen Freunden in Lokalen zu treffen. Er war mehrfach von zu Hause abgängig, hielt sich oft tagelang bei seinen Freunden auf und beging im Jahr 1969 als strafunmündiger Minderjähriger erstmals Straftaten, was die Fürsorge auf den Plan rief. Da seine Eltern mit seiner Erziehung überfordert waren, wurde er im Dezember 1969 ins Landeserziehungsheim XXXX eingeliefert. Zu Beginn fühlte er sich im Heim wohl und zeigte keinerlei Zeichen von Heimweh, wie dies aus einem Bericht des Landeserziehungsheim XXXX vom 09.03.1970 an die XXXX Landesregierung, Landesjugendamt, zu entnehmen ist (AS 266).
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Misshandlungen, welche dieser im Landeserziehungsheim XXXX in weiterer Folge erleiden musste, werden von ihm hinreichend konkret geschildert. Diese werden auch, wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde richtig anführt, von der Opferschutzkommission des Landes XXXX nach eingehender Prüfung als solche anerkannt (AS 27). Daher war die entsprechende Feststellung zu treffen. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde steht es auch für die belangte Behörde außer Zweifel, dass diese Misshandlungen stattfanden.
Das weitere Leben des Beschwerdeführers war geprägt von Fluchten aus dem Landeserziehungsheim und Treffen mit seinen Freunden, mit welchen er immer wieder Straftaten beging, wie dies aus den Feststellungen ersichtlich ist. Diese Angaben des Beschwerdeführers und Angaben im Fürsorgeakt decken sich auch mit dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Nach Abschluss der Schulpflicht im Jahr 1971, wurde der Beschwerdeführer aus dem Landeserziehungsheim XXXX entlassen, er lebte für eine kurze Zeit wieder bei seinen Eltern.
Das ging jedoch nicht lange gut, es kam zu Reiberein, und der Beschwerdeführer zog wieder zu seiner Pflegemutter, welche jedoch aufgrund seines Verhaltens Angst vor ihm hatte (AS 201 RS). Sein Vater holte den Beschwerdeführer mit Gewalt wieder zurück zur Familie, was in weiterer Folge dazu führte, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Vater bei der Polizei anzeigte (AS 238 RS). Die Mutter war darüber so erbost, dass sie der Pflegemutter des Beschwerdeführers einen Brief schrieb, worin sie ausführt, dass sie den Beschwerdeführer nicht mehr sehen will (AS 243). Offensichtlich wurde sein Vater aufgrund dieser Anzeige zu einer Geldstrafe von S 4.500,- verurteilt, was das Verhältnis zu seinen Eltern offensichtlich noch schlechter machte (vgl. AS 243). Seine Mutter wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, es soll sich das Jugendamt um diesen „niederträchtigen Buben“ kümmern (AS 243 RS). Der Beschwerdeführer lebte dann kurzzeitig bei seiner Pflegeschwester und bei einer weiteren Pflegefamilie, wie dies aus den Feststellungen zu ersehen es. Er begann in dieser Zeit auch seine Lehrverhältnisse, konnte sich jedoch den Anordnungen seiner Lehrherren nicht unterordnen bzw. schwänzte die Berufsschule.
Er hatte offensichtlich nach wie vor Umgang mit seinen Freunden und wurde wieder straffällig, was neuerlich die Fürsorge auf den Plan rief. Er wurde in das Landesjugendheim XXXX überstellt. Von dort floh er mehrfach und nutze die Zeit dazu, um mit seinen Freunden weitere strafrechtliche Delikte zu begehen, wie dies den Feststellungen zu entnehmen ist. Wie aus den Feststellungen zu ersehen, wurde er auch in diesem Landesjugendheim psychisch und physisch misshandelt. Diese Feststellung beruht auf dem Ergebnis der von der XXXX Opferschutzkommission durchgeführten Erhebungen und wurde auch von der belangten Behörde bereits entsprechend getroffen.
Nach einer Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe im Jahr 1972, welche er in der Justizanstalt in XXXX verbüßte, gelang es dem Beschwerdeführer in weiterer Folge nicht mehr, beruflich Fuß zu fassen. Vielmehr verbrachte er in weiterer Folge den Großteil seines Lebens in Justizanstalten.
Der gesamte Sachverhalt lässt sich aus den Akten, welche die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorlegte, sehr gut nachvollziehen und deckt sich über weite Strecken auch mit dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von den beiden Opferschutzstellen wegen der erlittenen Misshandlungen finanzielle Entschädigungen in der Gesamthöhe von insgesamt € 23.000,- und Psychotherapiestunden im Ausmaß von maximal 30 Stunden zugesprochen erhielt, beruht auf die im Akt aufliegenden Schreiben der Opferschutzeinrichtungen (AS 17 und 27).
2.2 Zu den Ausbildungs-, Beschäftigungsverlauf und Lebensumstände des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Schul- und Ausbildung des Beschwerdeführers beruhen im Wesentlichen auf seinen eigenen Angaben bzw. werden auch durch die Anamnesen bei diversen medizinischen Untersuchungen und aus den Dokumenten im Fürsorgeakt, sowie durch eine Einsichtnahme in das AJ-Web, aus welchem die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers zu entnehmen sind, bestätigt.
Bedingt dadurch, dass der Beschwerdeführer mehr als die Hälfte seines bisherigen Lebens in Haft verbrachte und keine Berufsausbildung absolvierte, ist es für ihn derzeit besonders schwierig, einen Arbeitsplatz zu bekommen, weswegen es ihm nach seiner letzten Haftentlassung im Jahr 2015 im Alter von 59 Jahren ganz offensichtlich nicht mehr gelungen ist, im Berufsleben Fuß zu fassen.
Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf dem vom Bundesverwaltungsgericht am 17.11.2020 eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer geschieden ist, alleine lebt und einen Sohn hat, welcher im Jahr 1975 geboren wurde, beruht auf seinen eigenen Angaben bei diversen medizinischen Untersuchungen (AS 275, AS 303).
2.3 Zu den festgestellte Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu den Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers beruhen auf dem von der belangten Behörde eingeholten psychiatrisch und neurologischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 23.04.2020 (vgl. AS 300 ff). Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden und Stellungnahmen auseinander. Dieses medizinische Sachverständigengutachten blieb im Wesentlichen unbestritten.
2.4 Zur Kausalität
Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen in seinem Sachverständigengutachten vom 23.04.2020 stehen die Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers in keinen Zusammenhang mit den erlittenen Misshandlungen im Landeserziehungsheim XXXX und im Landesjugendheim XXXX (AS 306) und auch nicht mit dem sexuellen Missbrauch durch seinen Pflegvater (AS 307). Vielmehr ergibt sich aus der Anamnese, dass für den Beschwerdeführer eine sehr schwere Zeit begann, als er im Jahr 2015 aus der Haft entlassen wurde (vgl. AS 303 f). Er schaffte den Anschluss an die heutige Welt nicht. Er hat in vielen Situationen Angst, allgemein Angst vor Menschen. Ohne seinen Hund ist es ihm nicht möglich, sich auf öffentlichen Wegen aufzuhalten. Die Welt, in der er sich auskennt, ist das Gefängnis, dort kommt er mit den Gegebenheiten zurecht (AS 303).
Diese Angaben des Beschwerdeführers sind schlüssig und auch für einen Außenstehenden nachvollziehbar, zumal der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens in Haftanstalten verbrachte. Auch in seinem Schreiben vom 16.11.2015 an die belangte Behörde gibt der Beschwerdeführer an, dass seine Psyche stark beeinträchtigt ist, was sich auch darin äußert, dass, wenn im Hausflur ein Schlüsselrascheln zu hören ist, er sofort aufschreckt und an Justizwachebeamte denkt (AS 6). All dies lässt den Schluss zu, dass nicht die insgesamt ca. zwei Jahre Aufenthalt in Jugendheimen in den Jahren zwischen 1969 und 1972 und die dort – unbestritten - erlittenen Misshandlungen der Auslöser für die Agoraphobie (Platzangst) mit Panikstörung gewesen sind, sondern die ca. 35 Jahre dauernden Freiheitsstrafen. Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Mensch, der so lange in Justizanstalten lebte, schwer in einem Leben in Freiheit zurechtfindet. Die Angst, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, unter welcher der Beschwerdeführer leidet, hat keinen Zusammenhang mit den erlittenen Misshandlungen in den Jugendheimen. Ebenso wenig besteht ein Zusammenhang mit der beim Beschwerdeführer bestehenden depressiven Reaktion und den mehr als 50 Jahre zurückliegenden Misshandlungen in den Jugendheimen bzw. den noch weit länger zurückliegenden sexuellen Missbrauch durch seinen Pflegevater. Dies wird auch durch die klinische Bestätigung der Universitätsklinik XXXX vom 10.10.2016 bestätigt, wonach der Beschwerdeführer durch die langen Haftaufenthalte ein reaktiv depressives Symptom entwickelte (AS 127).
Es liegen im gesamten Verwaltungsakt keine medizinischen Befunde auf, welche belegen würden, dass der Beschwerdeführer bereits in jungen Jahren an dieser psychischen Erkrankung gelitten hatte.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde anführt, dass er in einem Strafrechtsverfahren von einem Psychiater als „asozialer Psychopath“ beschrieben worden sei, und die belangte Behörde dies nicht entsprechend berücksichtigt habe, so ist ihm entgegen zu halten, dass es an ihm gelegen wäre, dieses Gutachten im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungsverpflichtung nach dem Verbrechensopfergesetz vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe der belangten Behörde, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auch bei allen Strafgerichten nachzufragen, ob ein psychiatrisches Gutachten über den Beschwerdeführer erstellt worden sei. Es ist vielmehr die Aufgabe des Beschwerdeführers in seinem eigenen Interesse sämtliche ihm vorliegenden medizinischen Befunde und Gutachten der belangten Behörde vorzulegen, damit diese im Verfahren Berücksichtigung finden können.
Im Akt liegt lediglich ein Bericht des Landes-Nervenkrankenhauses XXXX vom 03.08.1980 auf (vgl. AS 228 ff), wonach der Beschwerdeführer drei Rasierklingen verschluckt hatte, um der Haft zu entkommen. Dort findet sich der einzige im Akt aufliegende Hinweis auf eine soziale Psychopathie, jedoch liegt diesem Bericht kein Statusbefund zugrunde, weswegen nicht nachvollziehbar ist, wie diese Diagnose zustande gekommen ist. Der Beschwerdeführer selbst gab damals an, dass er die Rasierklingen wegen seiner Depression geschluckt habe, welche davon herkommen, weil er schon seit 17 Monaten im Gefängnis sei, und davon sechs Monate in Isolierhaft (AS 229). Ein Bezug zu den Misshandlungen in den Jugendheimen bzw. dem sexuellen Missbrauch durch seinen Pflegevater stellte der Beschwerdeführer damals auch selbst nicht her. Dieser Bericht bestätigt vielmehr, dass der Beschwerdeführer damals primär unter den langen Haftzeiten gelitten hatte, und auch Selbstverletzungen in Kauf nahm, um aus dem Gefängnis zu kommen.
Der Beschwerdeführer beruft sich auch auf die von der Universitätsklinik XXXX ausgestellte klinische Bestätigung vom 31.07.2019, worin ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer in seiner Kindheit im Rahmen diverser Heimaufenthalte ( XXXX und XXXX ) Opfer psychischer und physischer Gewalt geworden sei, die seinen Lebenslauf sicherlich deutlich beeinflusst habe. Weiters habe der Beschwerdeführer nach diesem Schreiben einen sexuellen Missbrauch seines Vaters erleben müssen, an deren Folgen der Beschwerdeführer noch heute leide (AS 309).
Dem ist entgegen zu halten, dass dieser Bestätigung nicht zu entnehmen ist, an welchen psychischen Erkrankungen der Beschwerdeführer aus Sicht der Ärzte des Universitätsklinikums XXXX im Jahr 2019 litt. Es wird lediglich bestätigt, dass er sich dort in einem Substitutionsprogramm unterzieht, was Rückschlüsse auf einen stattgehabten Drogenmissbrauch ziehen lässt. Medizinisch