TE Bvwg Beschluss 2020/12/9 W236 2184025-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2020
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Entscheidungsdatum

09.12.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W236 2184025-2/2E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2020, Zl. 389535905/201196496, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschließt das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, und § 22 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Asylverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der russischen Föderation reiste im Oktober 2006 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, am 06.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 23.01.2008, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, die in den Folgejahren immer wieder verlängert wurde.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 389535905/170536510, wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 23.01.2008 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigen gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 22.01.2016 erteilte befristete Auftragsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt VII.).

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 17.01.2018 fristgerecht Beschwerde, welche er nach einem ausführlichen Beratungsgespräch auf eigenen Wunsch mit Schriftsatz vom 26.11.2019 durch seine zur Vertretung bevollmächtige Rechtsberatungsorganisation mit der Begründung zurückzog, er befinde sich in Strafhaft und wolle eine Entlassung gemäß § 133a Strafvollzugsgesetz (StVG), BGBl. Nr 144/1969, beantragen, wofür die Rechtskraft des im angefochtenen Bescheid verfügten Einreiseverbotes Voraussetzung sei. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.2019, GZ. W234 2184025-1/22E, wurde das Beschwerdeverfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

1.5. Am 26.11.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe in die Russische Föderation, welchen er am 12.12.2019 widerrief.

2. Zweites Asylverfahren:

2.1. Am 23.12.2019 stellte der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Stein einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Begründend gab er dazu zusammengefasst an, dass sich seine Familie in Österreich befinde, er hier die Schule besucht habe und die Sprache könne. Er wolle in Österreich weiterleben und hier arbeiten. In Tschetschenien habe er niemanden, er spreche auch kein Russisch. Er wisse nicht, ob er dort gut leben könne und es schaffen würde. Als Befürchtung im Falle einer Rückkehr gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater und sein Onkel in Tschetschenien im Krieg gekämpft hätten und er aufgrund des gleichen Nachnamens befürchte, festgenommen und gefoltert zu werden. Konkrete Hinweise habe er nicht, es sei nur wegen des Nachnamens.

2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2020, Zl. 389535905/200031707, wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt II.) als auch hinsichtlich jenes des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Eine Rückkehrentscheidung wurde unter Verweis auf VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082, nicht erlassen.

2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde, weswegen dieser Bescheid am 19.02.2020 in Rechtskraft erwuchs.

2.4. Am 16.06.2020 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe in die Russische Föderation, welchem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.06.2020 zustimmte und € 250,-- an Rückkehrhilfe zusagte (gültig bis 14.12.2020).

2.5. Da der Beschwerdeführer seiner freiwilligen Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, wurde am 02.09.2020 gegen ihn ein Festnahmeauftrag erlassen.

2.6. Mit Email vom 19.09.2020 gab die zuständige Rechtsberatungsorganisation des Beschwerdeführers bekannt, dass dieser nach wie vor in die Russische Föderation zurückkehren wolle, man jedoch nunmehr kein Heimreiszertifikat beantragen wolle, sondern beim russischen Konsulat einen Reisepass für den Beschwerdeführer beantragen werde. Das dauere in der Regel ca. drei Monate.

2.7. Am 16.10.2020 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und über ihn mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2020, Zl. 389535905/200030195, gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.10.2020, GZ. W154 2236340-1/4E, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3. Drittes (gegenständliches) Asylverfahren:

3.1. Am 07.11.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Hierzu wurde er am 08.11.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab im Wesentlichen an, Österreich seit dem Jahr 2006 nicht verlassen zu haben. Hinsichtlich der Gründe für seine neuerliche Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, dass er über die russische Botschaft eine freiwillige Rückkehr machen habe wollen, da er in Tschetschenien eine Verlobte habe. Dann habe er aber doch dableiben wollen, da er hier Wurzeln habe und die österreichische Kultur gern habe. Wenn er zurückgeschoben werde, habe er keine Eltern und Verwandten, da sich diese alle in Österreich befänden. Es könne sein, dass er aufgrund seines Namens (Nachnahmen des Vaters) Probleme bekomme. Er wisse nicht, was im Falle einer Rückkehr passieren könne; konkrete Hinweise auf Rückkehrprobleme gebe es nicht. Die Änderung seiner Situation sei ihm seit seiner Entlassung aus der Justizanstalt Stein im April 2020 bekannt. Er würde in Österreich gerne arbeiten. Ohne Erlaubnis sei dies aber nicht möglich. Er habe eine Verlobte in Tschetschenien, diese wolle er zu sich holen und sich mit ihr eine Zukunft aufbauen. Er lebe seit 15 Jahren in Österreich, habe sich hier etwas aufgebaut und würde gerne die Chance bekommen den Behörden zu beweisen, dass er es ernst meine hier leben zu wollen.

3.2. Im Zuge seiner Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.11.2020 und am 02.12.2020 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen seiner neuen Antragstellung im Wesentlichen an, schon seit seinem fünften Lebensjahr, seit 2005, in Österreich zu leben. Er habe hier einen großen Freundeskreis und seine Familie lebe auch hier. Sein Vater habe in Tschetschenien gekämpft. Da er den selben Nachnamen trage und dessen Sohn sei, werde er im Gefängnis landen und gefoltert werden, das wisse er. Es werde in Tschetschenien nach ihm gesucht, das habe er von seiner Oma erfahren. Zudem habe er keinen Bezug mehr zu seiner Heimat, er könne nicht zurück. Persönlich sei er niemals bedroht worden. Auf die Frage nach Beweismitteln gab der Beschwerdeführer an, dass es schwierig sei, Beweise zu sammeln. Auf Vorhalt, dass seinem Vater der Status des Asylberechtigten (gemeint wohl subsidiär Schutzberechtigten) aberkannt worden sei und dessen behauptete Asylgründe für nicht glaubhaft erachtet worden seien, weswegen nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer wegen seines Vaters in Tschetschenien Probleme bekommen werden, gab der Beschwerdeführer an, dass man das erst wissen könne, wenn man in Tschetschenien gelandet sei. Er könne es nicht beweisen, aber wenn man ihn jetzt abschiebe, dann würde es schlecht aussehen. Auf Vorhalt, dass er sich zur freiwilligen Rückkehrhilfe angemeldet habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er eine Verlobte in Tschetschenien habe und blind vor Liebe gewesen sei. Er habe freiwillig ausreisen wollen, da ihm seine Rechtsberatungsorganisation gesagt habe, dass seine Aussichten auf einen legalen Aufenthalt sehr schlecht seien. Er habe mehrere negative Bescheide erhalten, deswegen sei ihm nichts Anderes übriggeblieben als seine freiwillige Ausreise zu unterschreiben. Auf Vorhalt, dass es so aussehe, als ob er sich zur freiwilligen Ausreise nur angemeldet habe, um ein Drittel seiner Haftstrafe in Österreich nicht absitzen zu müssen, gab der Beschwerdeführer an, dass das stimme, aber er sei dann nicht ausgereist, da seine Identität noch nicht feststehe und er daher nicht ausreisen habe können. Mittlerweile sei er dem Konsulat vorgeführt worden und habe einen Reisepass beantragt. Diese müssten erst seine Identität klären, das könne bis zu drei Monate dauern. Es sei nicht so leicht, da er schon zehn Jahre in Österreich sei. Er sei bereit freiwillig in die Russische Föderation zu reisen, aber er würde auch hierbleiben wollen. Aber wenn er keine andere Wahl habe und keine Chance bekomme, dann müsse er ausreisen. Er habe als Jugendlicher Mist gebaut und wolle hier noch eine Chance bekommen, um zu arbeiten und sich eine Zukunft aufbauen zu können. Er sei gesund.

3.3. Mit dem am 03.12.2020 mündlich verkündeten Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 aufgehoben. Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren dieselben Gründe angegeben habe, wie in dem bereits abgeschlossenen Vorverfahren. Seine nunmehrigen Angaben führen jedenfalls nicht zu einer entscheidungsrelevanten Änderung des Sachverhaltes. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht hinreichend geändert, weswegen der neue Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werde. Auch hinsichtlich seiner gesundheitlichen und sonstigen persönlichen Verhältnisse in Österreich sei keine Änderung eingetreten, weswegen sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz auch in dieser Hinsicht zurückzuweisen sein werde.

3.4. Der Verwaltungsakt langte am 07.12.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund der Anträge auf internationalen Schutz, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Bescheide des Bundesamtes und der Beschlüsse und Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Er trat in Österreich vier Mal strafgerichtlich in Erscheinung:

1.       Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.08.2016, XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach § 15 iVm § 142 Abs. 1 und § 143 Abs. 1 2. Fall Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei Jahre bedingt, auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt.

2.       Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.04.2017, XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15 iVm § 105 Abs. 1 StGB, sowie wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

3.       Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 06.12.2017, XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

4.       Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 23.09.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch, Deutsch und Englisch. Er besuchte in Österreich die Volks- und Hauptschule sowie ein Jahr eine polytechnische Schule. Vier Monate ging er einer Lehre zum Koch nach. Während der Haft begann er eine Lehre zum Schlosser, die er wegen Verlegung in eine andere Justizanstalt nicht abschließen konnte.

Der Beschwerdeführer befand sich von 26.03.2017 bis 24.04.2020 in Strafhaft. Seit 17.10.2020 befindet er sich in Schubhaft.

In Österreich leben die zum dauerhaften Aufenthalt berechtigten Eltern des Beschwerdeführers, seine drei jüngeren Geschwister, seine Großmutter väterlicherseits, zwei Onkel, drei Tanten sowie zahlreiche Cousinen und Cousins. Der Beschwerdeführer lebt mit diesen nicht in einem gemeinsamen Haushalt; von 24.04.2020 bis 05.08.2020 war er bei seiner Mutter gemeldet. Hinweise auf ein besonderes Naheverhältnis oder gegenseitige Abhängigkeit zu seinen Verwandten sind nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig. Es konnte im Fall des Beschwerdeführers keine besonders schützenswerte Integration im Bundesgebiet festgestellt werden.

In der Russischen Föderation respektive Tschetschenien verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten mehr.

1.2. Zum Verfahrensgang und dem Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Ablauf des Verfahrensganges wird festgestellt, wie er unter Punkt I. wiedergegeben ist.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im aktuellen Asylverfahren zu seinem dritten Antrag auf internationalen Schutz bezieht sich ausschließlich auf jene Gründe, die er bereits in seinem zweiten Asylverfahren geltend machte und die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2020, Zl. 389535905/200031707, bereits wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers kann ebensowenig festgestellt werden, wie das Vorliegen einer maßgeblichen Bedrohung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation. Neue Fluchtgründe brachte der Beschwerdeführer im Vergleich zu seinem Vorverfahren im Zuge seines dritten Asylverfahrens nicht vor. Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich zurückzuweisen sein.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung (Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 389535905/170536510).

Auch die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie bildet kein Rückkehrhindernis. Der Beschwerdeführer ist gesund und gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers konnten aufgrund der glaubhaften und gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Eltern (sowie deren identitätsbezeugenden Dokumente) festgestellt werden und wurden zudem bereits in den Vorverfahren festgestellt. Es besteht kein Grund an diesen Angaben zu zweifeln. Mangels Vorlage unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente für den Beschwerdeführer konnte dessen Identität jedoch nicht festgestellt werden.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben im Rahmen seiner Einvernahmen vor dem Bundesamt. Auch aus dem gesamten Akteninhalt ergab sich nichts Gegenteiliges.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister am 07.12.2020 sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden Gerichtsurteilen. Die Feststellung zum Haftaufenthalt des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Vollzugsinformation vom 24.04.2020 sowie aus den Meldedaten des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers, seiner Schulbildung und seinen Lehrausbildungen basieren auf seinen eigenen Angaben in seinen Einvernahmen vor dem Bundesamt im gegenständlichen Verfahren sowie darüber hinaus in seiner Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.03.2019.

Die Feststellungen zur familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich und der Russischen Föderation ergeben sich aus seinen eigenen Angaben sowie aus Abfragen aus den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).

2.2. Zu den Feststellungen zum Verfahrensgang und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der oben unter Punkt I. angeführte sowie festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren auf Grund der drei Anträge auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer begründete bereits seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 23.12.2019 im Wesentlichen mit seiner Integration und seinen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich. Hinsichtlich seiner Rückkehrbefürchtung gab er bereits damals an, dass sein Vater und sein Onkel in Tschetschenien im Krieg gekämpft hätten und er aufgrund des gleichen Nachnamens befürchte, festgenommen und gefoltert zu werden. Soweit der Beschwerdeführer diese Gründe neuerlich als Grundlage für seine gegenständliche Asylantragstellung nennt, handelt es sich hiebei somit weder um einen neuen Sachverhalt noch um einen solchen der – aufgrund der äußerst oberflächlichen Angaben und lediglich in den Raum gestellten Behauptungen – glaubhaft wäre. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass dem Vater des Beschwerdeführers niemals der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, dessen Vorbringen, in Tschetschenien einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein, somit nie als glaubhaft befunden wurde und auch im Zuge der subsidiären Schutzaberkennung im Jahr 2019 keine Gefährdungslage für den Vater des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation erkannt wurde. Vor dem Hintergrund dieser mangelnden Gefährdungslage des Vaters des Beschwerdeführers lässt sich für die zuständige Richterin des Bundesverwaltungsgerichts keinerlei glaubhafte Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Familienangehörigeneigenschaft in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien erkennen. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers weist – nicht zuletzt auch wegen seiner oberflächlichen und unsubstantiierten Angaben – jedenfalls keinen glaubhaften Kern auf.

Zudem ist dem Bundesamt darin beizupflichten, dass der Beschwerdeführer offenbar mehrmals nicht einmal selbst davon ausging, in Russland einer Gefährdung ausgesetzt zu sein, andernfalls sich dessen Beschwerdezurückziehung wegen geplanter freiwilliger Rückkehr im Rahmen seines subsidiären Schutzaberkennungsverfahrens bzw. auch die zweimaligen Anträge auf freiwillige Rückkehrhilfe nicht erklären lassen. Generell erwecken die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Gründe für seine beiden letzten Asylantragstellungen eher den Eindruck, er wolle Österreich nicht verlassen, da er bereits seit 14 Jahren hier lebe und seine gesamte Familie hier aufhältig sei.

Zusammenfassend ist dem Bundesamt somit zuzustimmen, dass es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung seines gegenständlichen Asylantrages um Gründe handelt, die keine maßgebliche Änderung jenes Sachverhalts darstellen, der bereits in seinem letzten (zweiten) Asylverfahren Gegenstand war. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht hinreichend geändert. Es ist daher davon auszugehen, dass der Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Dass die allgemeine Situation in der Russischen Föderation seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage im Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer nicht geändert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2020, Zl. 389535905/200031707, enthaltenen Feststellungen zur Russischen Föderation mit jenen im Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2020.

Die notorische Lage in der Russischen Föderation betreffend die COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen ergeben sich aus allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO (https://www.who.int) und CDC (https://www.cdc.gov/) sowie auf Basis von Informationen der österreichischen Bundesregierung https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQobChMI0ZWfp52a6QIVRaqaCh2o2gR4EAAYASAAEgL9NfD_BwE) und aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten. Die derzeitige Lage in der Russischen Föderation im Hinblick auf die weltweite COVID-19-Pandemie ist nicht dergestalt, dass für jeden dort aufhältigen Menschen ein reales Risiko bestünde, an dieser Krankheit schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Der Beschwerdeführer ist jung und leidet an keinen schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen. Er fällt somit weder in die Risikogruppen der älteren Personen noch in jene der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätte. Inwiefern die COVID-19-Pandemie in Bezug auf die Russische Föderation der Rückkehr des Beschwerdeführers konkret entgegenstehen soll, tat dieser auch in seinen Einvernahmen in keiner Weise dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:

§ 12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 2005 („Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“):

„§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.       gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.       kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.       im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.       eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.       der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.       die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“

§ 22 (10) AsylG 2005 („Entscheidungen“):

„§ 22. (10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.“

§ 22 BFA-VG („Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes“):

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005, bezogen auf den gegenständlichen Fall, im Detail:

Das Verfahren über den letzten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers nach Aberkennung seines subsidiären Schutzstatus wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2020, Zl. 389535905/200031707, wegen entschiedener Sache rechtskräftig abgeschlossen. Bei dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.11.2020 handelt es sich somit unzweifelhaft um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005. Ein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 liegt nicht vor.

3.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 389535905/170536510, eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem befristeten Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen (die neuerliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Zuge der Zurückweisung des zweiten Asylantrages des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 30.01.2020 unterließ das Bundesamt zurecht, siehe VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Der Beschwerdeführer hat Österreich nach rechtskräftigem Abschluss seines subsidiären Schutzaberkennungsverfahrens nicht verlassen, weswegen gegenständlich eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt.

3.2.2. Res iudicata

Der Antrag vom 07.11.2020 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich – wie oben in der Beweiswürdigung bereits dargelegt – kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleichgeblieben. Es ist daher davon auszugehen, dass der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

3.2.3. Verletzung der EMRK

Bereits im vorangegangenen Verfahren sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. In der Begründung des gegenständlich mündlich verkündeten Bescheides des Bundesamtes wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.

Auch im gegenständlichen Asylverfahren vor dem Bundesamt sind bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Beschwerdeführers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK ist zudem der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar ist. Bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 389535905/170536510, wurde ein solches schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verneint. Neue Sachverhaltselemente haben sich auch nach mehrmaligen Einvernahmen des Beschwerdeführers in den Jahren 2019 und 2020 sowie im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.03.2019 nicht ergeben. Insbesondere im Hinblick auf die in Österreich aufenthaltsberechtigten Familienmitglieder des Beschwerdeführers ist hervorzuheben, dass zu diesen keine relevante Beziehungsintensität festzustellen ist. Der Beschwerdeführer lebt mit seinen Eltern und Geschwistern – abgesehen von einem viermonatigen Zeitraum zwischen April und August 2020 – seit zumindest 26.03.2017 nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt und hat auch ansonsten kein finanzielles oder persönliches Abhängigkeitsverhältnis zu diesen geltend gemacht.

Vor dem Hintergrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers bereits in sehr jungen Jahren und seiner – bis auf seine Deutschkenntnisse, seinen Pflichtschulabschluss und seinen langen Aufenthalt – kaum vorhandenen Integrationsleistungen (keine Selbsterhaltungsfähigkeit, zuletzt Obdachlosigkeit des Beschwerdeführers bzw. gar keine Meldung), kann mit der Ausweisung auch kein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers erkannt werden.

3.2.4. Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2020 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.3. Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Im vorliegenden Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Identität der Sache Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W236.2184025.2.01

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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