TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/10 L510 2127900-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2020
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Entscheidungsdatum

10.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L510 2127900-1/44E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Thomas KLEIN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2016, Zl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.09.2020, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit den Maßgaben als unbegründet abgewiesen, dass der Name der beschwerdeführenden Partei XXXX lautet und diese am XXXX geboren ist, sowie dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt".

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 21.12.2014 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde unter dem Namen XXXX , geb. am XXXX , geführt.

Im Zuge ihrer Erstbefragung am 21.12.2014 gab die bP zu ihrem Fluchtgrund an, dass ihr Bruder Peschmerga sei und bei Kämpfen gegen IS-Truppen verletzt worden sei. Sie stamme aus XXXX . Sie habe Angst gehabt, dass IS Truppen ihre Stadt erobern würden. Sie seien 2 bis 3 Mal aus der Stadt für kurze Zeit geflüchtet. Zum Schluss habe sie aus Angst den Irak verlassen. Sie habe Angst gehabt, durch den Krieg gegen die IS Truppen getötet zu werden.

Die niederschriftliche Einvernahme beim BFA am 11.02.2016 gestaltete sich im Wesentlichen folgend:

„…Auf die Notwendigkeit wahrer Angaben werde ich nochmals hingewiesen. Mir wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt. Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen rückübersetzt?

Ja.

Sind Sie verheiratet?

Nein, ich bin jedoch verlobt.

Haben Sie Kinder?

Nein.

Waren Sie aktiv an Kampfhandlungen beteiligt?

Nein.

Sie sind Kurde?

Ja.

Wo haben Sie gewohnt?

In XXXX .

Wenn ich nun aufgefordert werde meine Flucht- und Asylgründe zu schildern, gebe ich an:

Im Irak herrscht Krieg. Der IS kam und hat die ganze Gegend zerstört. Wir mussten aus XXXX flüchten. Wir wohnten dann einen Monat am Berg, dann kehrten wir nach XXXX zurück. Es kehrten jedoch nur wenige von uns zurück. Am nächsten Tag wurde eine Bombe an der Tür angebracht, das war sicher der IS. Als wir das Haus verließen, ist die Bombe an der Tür explodiert. Ich wurde verletzt und kam ins Krankenhaus. Ich hatte Splitter in allen Körperteilen. Danach haben wir beschlossen, das Gebiet endgültig zu verlassen. Meine Eltern wollten nicht weggehen. Da der IS aber die jungen Männer sucht, damit sie dort mitmachen, habe ich den Irak verlassen.

Wollen Sie noch weitere Gründe geltend machen?

Nein.

Was hat Sie gehindert, im autonomen Kurdengebiet zu bleiben? Das Kurdengebiet ist als sicher anzusehen, wie den Länderinformationen zu entnehmen ist!

Ich bin Schiite und die Kurden nehmen nicht an, dass wir Kurden sind. Sie misstrauen den Schiiten.

Mir wird die Situation in Kurdistan vorgehalten, der zu Folge die Kurden äußerst liberal sind und alle Menschen und Religionen anerkennen!

Als der IS kam, hat man uns nicht hineingelassen. Die Kurden sagen, wir sind keine echten Kurden und lassen uns nicht ins Kurdengebiet.

Wo halten sich Ihre Eltern zur Zeit auf?

Ich weiß es nicht.

Sie haben vor der Polizei angegeben, Ihr Bruder sei Peshmerga gewesen?

Das ist richtig.

Wo hat Ihr Bruder gekämpft?

Er ist vor dem Angriff der Peshmerga geworden und konnte dann die Peshmerga nicht mehr verlassen.

Wo hat er sich als Peshmerga aufgehalten und wo hat er gekämpft?

Meine Eltern wissen nicht, wo er kämpft, wie soll ich das dann wissen?

Wo hält sich Ihr Bruder jetzt auf?

Ich weiß es nicht.

Woher wissen Sie dann, dass Ihr Bruder bei den Kämpfen gegen den IS verletzt wurde?

Er hat mich über facebook angeschrieben und hat mitgeteilt, dass er verletzt worden sei. Er meinte, er würde mich anrufen.

Wo wurde er behandelt?

In einem staatlichen Krankenhaus der Kurden.

Vorhalt:

Wenn Ihr Bruder, der ja ebenfalls Schiite ist, für die Peshmerga und daher für die Kurden kämpft, heißt das klar, dass Ihre Familie und damit auch Sie den Schutz der Kurden im autonomen Kurdengebiet genießen!

Vor dem Krieg gab es keine Arbeit, daher gingen die jungen Leute zu den Peshmergas.

Vorhalt:

Das autonome Kurdengebiet ist somit für Sie als sicherer Teil des Irak anzusehen!

Wir leben in unserem Gebiet im arabischen Teil. Wir sind zwar Kurden, gehören aber zum arabischen Teil des Irak.

Vorhalt:

Wenn Sie sich in XXXX nicht sicher fühlten, hätten Sie so wie Ihr Bruder bloß ins Kurdengebiet begeben müssen, wo alle Kurden aufgenommen werden!

Das ist nur Propaganda. Sie haben gesagt, ich müsse in XXXX bleiben.

Mit mir wurde die Lage betreffend das autonome Kurdengebiet erörtert. Was würde Sie hindern, ins autonome Kurdengebiet zurückzukehren?

Ich wäre dort vom IS bedroht. Außerdem muss ich mir hier noch einen Granatsplitter aus dem Fuß entfernen lassen, ich wurde für den 17.02.2016 zur operativen Entfernung bestellt.

Vorhalt:

Nach der Entfernung eines Splitters werden Sie innerhalb weniger Tage wieder gehen können. Sie werden also ohne Probleme wieder ins autonome Kurdengebiet zurückkehren können!

Wir haben dort aber seit 2003 Probleme gehabt. Wenn ich zurückgehe, werde ich vom IS umgebracht.

Vorhalt:

Der IS hat keinen Einfluss im Kurdengebiet!

Die Kurden lassen mich aber nicht ins Kurdengebiet.

Vorhalt:

Ihr Bruder lebt und kämpft auch im Kurdengebiet!

Er darf aber auch nicht dort bleiben.

Wollen Sie Gründe geltend machen, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen? Haben Sie besondere Bindungen zu Österreich? Haben Sie hier Verwandte? Sind Sie erwerbstätig oder besuchen Sie eine Schule? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?

Ich habe hier keine Angehörigen, ich arbeite nicht, ich gehe aber zur Schule. Außerdem habe ich hier ein österreichisches Mädchen, das ich liebe.

Sind Sie nicht im Irak verlobt?

Ich habe mich von meiner Verlobten getrennt.

Leben Sie mit Ihrer nunmehrigen Freundin in Lebensgemeinschaft?

Nein, ich möchte sie aber gern heiraten.

Wie heißt Ihre Freundin?

XXXX .

Wie noch?

Das weiß ich nicht. Ich war bis jetzt noch nicht bei ihren Eltern.

Welche Schule besuchen Sie?

In XXXX .

Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

Ich habe alles gesagt.

Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

Ja.

…“

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom BFA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.).

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde der bP ein Rechtsberater von Amts wegen zur Seite gestellt.

Das BFA gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen.

2. Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass die Behörde nicht auf das individuelle Vorbringen eingegangen sei. Es herrsche immer noch Kriegszustand. Handschriftlich führte die bP an, dass sie ein Araber aus XXXX sei und zur kommunistischen kurdischen Partei gehöre. Sie sei jedoch kein Kurde.

3. Mit Beschwerdeergänzung vom 03.07.2016 wurde dargelegt, dass die bP durch den IS vertrieben worden sei. Die allgemeine Lage im Irak sei massiv instabil. Die irakischen Behörden seien nicht in der Lage, ihre Bürger zu schützen. Es wurden diverse Länderberichte vorgelegt.

4. Mit Schreiben vom 29.08.2016 wurde ein Taufschein vom 26.08.2016 vorgelegt, wonach die bP getauft wurde ( XXXX ).

5. Mit Schreiben vom 26.10.2016 wurde mitgeteilt, dass die bP konvertierter Iraker sei. Sie besuche den Gottesdienst der XXXX in XXXX . Es liege ein Nachfluchtgrund vor.

6. Mit Schreiben vom 17.05.2017 wurde eine weitere Beschwerdeergänzung eingebracht. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP entgegen der Meinung der Behörde kein Kurde, sondern Araber sei. Nur die Mutter sei Kurdin, der Vater und die Söhne der Familie seien Araber. Diesbezüglich wurden Kopien von Schreiben aus dem Irak vorgelegt. Ebenso wurde die Kopie einer irakischen Bestätigung vorgelegt, wonach die Familie bedroht worden sei und es auch eine Explosion vor dem Haus gegeben habe, welche das Haus zerstört habe. Aufgrund der Namensähnlichkeit der bP mit einem gesuchten Verbrecher, sei diese im kurdischen Gebiet festgenommen worden und lege zum Beweis dafür ein Schreiben der Behörde in Kirkuk vor, welches bestätige, dass sie nicht befugt sei, dort einzureisen. Es wurde das Ermittlungsverfahren des BFA moniert. Es wurden ganz allgemein gehaltene Entscheidungen zitiert und wurden allgemeine Länderberichte beigebracht. Es wurde dargelegt, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative für das Kurdengebiet vorliege. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es wurde eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 05.04.2017 beigelegt.

7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 20.10.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L510 neu zugewiesen.

8. Mit Schreiben vom 08.12.2018 wurde eine weitere Beschwerdeergänzung eingebracht. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass die bP nun protestantischer Christ sei. Die bP fühle sich als Kurde. Ihr Bruder sei von den Peschmerga rekrutiert worden. Sie habe nicht rekrutiert werden wollen und sei deshalb bedroht worden. Aufgrund der Drohungen sei sie weggezogen. Zu dieser Zeit sei auch der IS aktiv gewesen. Eine Sprengfalle sei gezielt an ihrem Haus angebracht worden. Diese sei explodiert. Dass sie die Tür langsam geöffnet habe, habe ihr das Leben gerettet. Diesbezüglich wurde eine Kopie eines irakischen Gerichtsaktes vorgelegt. Sie sei mehrmals operiert worden und seien Splitter aus ihrem Körper entfernt worden. Es sei für die bP nicht möglich nach Kurdistan zu gehen, da sie es einmal versucht habe, festgenommen worden sei und ca. 2 Wochen in Haft gewesen sei, weil sie sie auf Spionagetätigkeit kontrolliert hätten. Diesbezüglich wurde die Kopie eines irakischen Gerichtsaktes beigelegt. Da der Vater sie verstoßen habe, weil sie Christ sei, drohe ihr die Todesstrafe. Ihre Familie sei freiwillig in den Irak zurückgekehrt, auch sie seien Christen geworden. Jetzt würden sie wegen ihres Glaubens bedroht werden. Da ihnen im Vorfeld schon eine Bombe ins Auto platziert worden sei, müssten sie es ernst nehmen und seien wieder auf der Flucht. Es wurde Länderfeststellungen aus den Jahren 2016 und 2017 beigebracht. Es wurden diverse Unterstützungsschreiben vorgelegt.

9. Am 29.09.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihrer bevollmächtigten Vertretung eine Verhandlung durch. Das BFA nahm an der Verhandlung ebenfalls teil.

Zugleich mit der Ladung wurden der beschwerdeführenden Partei ergänzend Berichte zur aktuellen Lage im Irak übermittelt bzw. namhaft gemacht, welche das BVwG in die Entscheidung miteinbezieht. Eine schriftliche Stellungnahmefrist bis zum Verhandlungstermin oder eine Stellungnahmemöglichkeit in der Verhandlung wurden dazu eingeräumt. Eine schriftliche Stellungnahme wurde mit 22.09.2020 eingebracht.

Darin wurde dargelegt, dass die bP der kurdischen Volksgruppe angehöre. Sie habe den Irak aufgrund der Kämpfe mit dem IS verlassen. Sie sei vom IS bedroht worden. Ihr Onkel sei 2018 durch einen Kopfschuss getötet worden (Kopie eines Lichtbilds einer getöteten Person). Der IS sei stark in Diyala vertreten. Der IS fasse in seinem Kerngebiet wieder Fuß (UN-Sicherheits-Komitee v. 20.01.2020). Es wurden mehrere Berichte aus dem Jahr 2019 und Jänner 2020 zitiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das dort angeführte Geburtsdatum.

Die bP ist Staatsangehöriger des Irak und ist muslimisch schiitischen Glaubens.

Sie stammt aus XXXX und war bislang in der Lage, im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern. Sie arbeitete dort als Installateur und im Bereich von Kanalisationsarbeiten.

Sie verfügt im Herkunftsstaat noch über ein familiäres bzw. verwandtschaftliches Netz. Ihre Mutter und ihr Bruder mit seiner Familie sowie drei Tanten leben noch im Herkunftsort. Ihr Vater ist im Jahr 2019 im Zuge einer Herzoperation gestorben. Ihr Bruder arbeitet bei der Peschmerga. Er hat eine Frau und zwei Kinder und finanziert den Lebensunterhalt der Mutter mit. Diese Verwandten leben in einem Haus zur Miete. Die bP gehört dem Stamm XXXX an, welcher ein großer Stamm ist und in XXXX vertreten ist. Die bP hat keine Probleme mit ihrem Stamm.

Aktuell liegen keine relevanten behandlungsbedürftigen Krankheiten vor.

Seit ihrer Einreise im Jahr 2014 bis Februar 2019 bezog die bP Leistungen aus der Grundversorgung. Derzeit arbeitet die bP als Auslieferer auf selbständiger Basis und ist in der Lage für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Die bP kann sich auf Deutsch verständigen. Sie ist bei der freiwilligen Feuerwehr tätig. Die bP besuchte von 15.11.2016 bis 16.02.2017 einen Deutschkurs A 1.2. und von 25.04.2017 bis 16.05.2017 das Seminar „Deutsch lernen für Asylwerber“, A1.2. Sie nahm am 05.04.2017 am Werte- und Orientierungskurs teil. Sie leistete 431 freiwillige Stunden beim Roten Kreuz, wobei sie Essen und Kleidung an Flüchtlinge verteilte. Die bP nahm von 13.01.2020 bis 04.02.2020 an der Lehrveranstaltung „Vorbereitung auf die Taxilenkerprüfung“ teil. Sie hat von 22.08.2017 bis 23.08.2017 an einem 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs teilgenommen.

Die bP hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Sie hat in Österreich seit einem Jahr eine Freundin. Diese ist ungarische Staatsbürgerin und hat einen 9-jährigen Sohn. Die bP wohnt mit ihrer Freundin nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Eine gegenseitige finanzielle Abhängigkeit besteht nicht. Die bP macht mit ihrer Freundin Ausflüge, mit dem Sohn versteht sie sich gut. Sie treffen sich etwa zweimal in der Woche. Zudem hat die bP 3 österreichische Freunde, mit welchen sie sich regelmäßig trifft. Es wurden mehrere Unterstützungsschreiben für die bP eingebracht.

Der bP wurden mehrere Splitter aus der rechten Hand und dem linken Vorfuß entfernt.

Die bP wurde in den Jahren 2015 und 2016 jeweils wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt.

Die bP wurde am XXXX durch die internationale Baptistengemeinde getauft.

1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Die von der bP vorgebrachten Fluchtgründe werden den Feststellungen nicht zugrunde gelegt. Auch der behauptete Nachfluchtgrund der Konversion wird den Feststellungen nicht zugrunde gelegt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret ihre Herkunftsregion XXXX , mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer glaubhaften, asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus. Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt. Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer (Australian Government – Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018, S. 6).

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser. 97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus. Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Doura, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya (Australian Government – Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018, S. 7).

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status. Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Es garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabäer-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist. Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt (Australian Government – Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018, S. 9,14, 16).

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt. Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen. Im Juli 2019 begann die „Operation Will of Victory“, an der irakische Streitkräfte (ISF), Popular Mobilizations Forces (PMF), Trival Mobilization Forces (TMF) und Kampfflugzeuge der US-geführten Koalition teilnahmen. Die mehrphasige Operation hat die Beseitigung von IS-Zellen zum Ziel. Die zivilen Todesopfer im gesamten irakischen Gebiet belaufen sich im Jahr 2017 auf 13.183, im Jahr 2018 auf 3.319 und von Jänner bis inkl. September 2019 auf 1.542. Es handelt sich dabei im vorläufige Zahlen, andere sind nicht verfügbar.

Im Gesamtirak wurden im Laufe des Monats Juli 2019 82 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 65 Tote und 119 Verletzten registriert; im August 2019 waren es 104 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 93 Toten und 141 Verletzten und im September 2019 123 Vorfälle mit 122 Toten und 131 Verletzten (Kurzinformation der Staatendokumentation, Irak, Sicherheitsupdate 3. Quartal 2019 und jüngste Ereignisse, 30.10.2019).

Der IS hat im April 2020 eine neue Gewaltoffensive gestartet, die in der dritten Woche des Mai ihren Höhepunkt erreichte. Es wurden dabei die gleich hohe Anzahl von Attacken wie zuletzt zur selben Zeit 2018. In der vierten Mai-Woche gingen die Attacken wieder zurück (Musings on Iraq, 01.06.2020).

Die Gewalt im Irak erreichte in der vierten Juniwoche einen Tiefpunkt. Die Angriffe des Islamischen Staates waren dort einstellig. Vom 22. bis 28. Juni 2020 wurden in den Medien im Irak insgesamt 10 Sicherheitsvorfälle gemeldet. Einer davon war ein Raketenangriff auf den Internationalen Flughafen Bagdad von pro-iranischen Gruppen, die hoffen, inmitten der amerikanisch-irakischen Verhandlungen um eine neue Sicherheitsvereinbarung, eine Nachricht an die USA zu senden. Das waren nur 9 Vorfälle des Islamischen Staates. Dies war die niedrigste Zahl seit 8 Vorfällen in der zweiten Woche im November 2019.

Gewalt trat nur in vier Provinzen auf. Es gab jeweils einen Vorfall in Kirkuk und Salahaddin, zwei in Bagdad und sechs in Diyala. 8 Menschen starben und 13 wurden verwundet. Das waren 2 Hashd al-Shaabi und 6 Polizisten, die ihr Leben verloren haben, zusammen mit 5 Polizisten und 8 Hashd, die verletzt wurden. Die Sicherheitskräfte waren weiterhin das Hauptziel der Militanten. Jetzt versucht der IS, seine militärische Dominanz über die ländlichen Gebiete, in denen er arbeitet, durch Einschüchterung der Armee, Polizei und Hashd zu behaupten. Alle Opfer gab es in Salahaddin mit 10 und Diyala mit 11. Anbar bleibt ein Schwerpunkt der Regierung. In der vergangenen Woche gab es 7 Sicherheitsoperationen. In der folgenden Woche gab es gerade eine in der Wüstenregion Nukhaib im Süden an der Grenze zu Nadschaf. Die Provinz sieht relativ wenig aufständische Aktivitäten, ist aber die Hauptschmuggelroute des IS.

Es gab zwei Zwischenfälle in Bagdad. Neben dem Raketenangriff warf ein Polizist zwei Granaten auf sein Haus im Adhamiya Distrikt im Norden. Im Juni wurden fast alle Angriffe, 8 von 10, im Gouvernement der Hauptstadt von proiranischen Gruppen durchgeführt, die Raketen in Bereichen abfeuerten, in denen amerikanisches Personal untergebracht ist. Dies führte dazu, dass die Regierung die Büros der Kataib Hisbollah überfiel, die dafür verantwortlich gemacht wurde.

Diyala ist die Hauptbasis für den Aufstand im Irak. Es war diesen Monat relativ ruhig, weil die Regierungstruppen anwesend waren. Während der Woche gab es sechs Vorfälle, die meisten in diesem Monat. Dazu gehörten zwei Städte im Waqf-Becken, welche von Mörsern getroffen wurden, zwei Angriffe auf Kontrollpunkte, ein Angriff auf ein Dorf und es wurde ein Polizist erschossen. All dies geschah im Muqdadiya Bezirk in der Mitte. Die Regierung startete außerdem sechs Operationen im Norden, Süden, Nordosten und Zentrum. Die Hälfte davon war auf wenige Dörfer beschränkt, während die anderen größere Regionen abdeckten. Die Kerngebiete des Islamischen Staates in Muqdadiya und Khanaqin wurden jede Woche durchsucht, was erklärt, warum die Vorfälle relativ gering waren. Die stetigen Operationen in letzter Zeit haben dazu geführt, dass nicht so viele Angriffe wie üblich ausgeführt werden konnten.

Im südlichen Makhmour-Distrikt von Erbil gab es eine Sicherheitsoperation. Seit einigen Monaten trifft der IS diesen Bereich, weil es ein umstrittenes Gebiet ist und es Lücken in der Berichterstattung zwischen den irakischen Streitkräften und Peshmerga gibt.

Die dritte Phase der Heroes of Iraq-Kampagne begann Anfang der Woche in Salahaddin. Vier verschiedene Bereiche in der Mitte und im Osten waren betroffen. Es wurden mehrere IEDs entdeckt, die 2 Hashd töteten und 8 weitere verwundeten.

Es gab keine Zwischenfälle in Kirkuk oder Ninewa und keine Regierungsaktivitäten. Dies war ein weiteres Zeichen dafür, dass sich der IS im Juni reduzierte. Der Rückgang der Ereignisse im Juni zeigt, dass der Aufstand militärisch immer noch sehr begrenzt ist und große Operationen nicht lange aufrechterhalten werden können. Die Regierung war auch sehr aggressiv (Musings on Iraq, 30. Juni 2020 ).

Die Gewalt im Irak ist auf ein sehr niedriges Niveau zurückgekehrt. In der dritten Woche in Folge gab es kaum Vorfälle. Das kam nachdem der Islamische Staat von April bis Mai eine neue Offensive angekündigt hatte, bei der die Angriffe auf das Niveau von 2018 stiegen. Die Regierung startete auch eine aggressive Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, die auch die Operationen der Aufständischen niedrig gehalten haben.

Vom 15. bis 21. Juni wurden in den Medien nur 16 Sicherheitsvorfälle gemeldet. Das war die gleiche Zahl wie in der Woche zuvor. Zwei von den Vorfällen waren pro-iranische Gruppen, die Raketen auf Ziele in Bagdad abfeuerten, in denen Amerikaner untergebracht waren, sowie ein Dritter, bei welchem Raketen entdeckt wurden, bevor sie ins Leben gerufen wurden. Diese Art von Angriffen entstand, als die irakische Regierung Gespräche über eine neue Sicherheitsvereinbarung mit den Vereinigten Staaten aufgenommen hat. Teheran versucht die Botschaft zu senden, dass die Amerikaner jederzeit ins Visier genommen werden können und das Land verlassen sollten. Damit blieben 13 Vorfälle durch den IS wahrscheinlich, gegenüber 12 in der Woche zuvor und 17 in der ersten Juniwoche.

Die Vorfälle verteilten sich auf nur fünf Provinzen, eine in Kirkuk, vier in Bagdad und Diyala, zwei in Ninewa und fünf in Salahaddin. Diese führten zu 11 Todesfällen und 19 Verwundeten. 1 Zivilist, 4 irakische Sicherheitskräfte (ISF) und 6 Hashd al-Shaabi kamen ums Leben, weitere 5 Sicherheitskräfte, 7 Zivilisten und 7 Hashd wurden verletzt. Salahaddin hatte mit 19 die meisten Verluste, gefolgt von 6 in Diyala, 4 in Ninewa und 1 in Bagdad. Obwohl die Verluste gering waren, litten die Sicherheitskräfte mehr als die Zivilbevölkerung darunter, was in den letzten zwei Monaten eine entscheidende Veränderung war. Es scheint, dass der IS versucht, die militärische Überlegenheit gegenüber den ländlichen Gebieten, in denen sie tätig sind, zu etablieren, indem sie danach streben die Polizei, Armee und Hashd einzuschüchtern. Seit der IS letztes Jahr sein letztes Stück Territorium in Syrien verloren hat, zieht er Männer und Material aus dem Land in den Irak, weitgehend über Anbar. Als Reaktion darauf tätigt die Regierung ständige Sicherheitsoperationen in den großen unbewohnten Gebieten der Provinz. Dort gab es sieben solche während der Woche durch die Wüstengebiete, die Grenze und das Hit-Viertel.

In Diyala gab es während der Woche vier Zwischenfälle. Eine Militärpatrouille wurde von einem IED getroffen, eine Gruppe von Zivilisten wurde angegriffen, ein IS-Scharfschütze tötete einen Hashd und verwundete einen Soldaten, alles im Bezirk Muqdadiya im Zentrum. Ein Infiltrationsversuch wurde im Bezirk Khanaqin im Nordosten vereitelt. Diese Provinz ist das Zentrum der IS-Aktivitäten im Irak, weshalb es regelmäßig zu einer hohen Anzahl von Vorfällen kommt.

3 Personen, die Wochen zuvor entführt worden waren, wurden von den Sicherheitskräften in einem Dorf im Bezirk Daquq im Süden von Kirkuk gerettet. Der IS wurde nie aus der südlichen Region des Gouvernements vertrieben, weshalb sich dort fast alle Vorfälle ereignen.

In Ninewa führten zwei IEDs, die sich gegen Zivilisten richteten, zu insgesamt vier Verwundeten. Beide ereigneten sich im Bezirk Qayara südlich von Mosul.

Salahaddin war das gewalttätigste Gebiet im Irak. Es gab fünf Vorfälle, darunter IEDs, die auf einen Armeekonvoi und eine Hashd-Patrouille abzielten. Der Anführer von Hashd wurde ermordet und es wurde auf einen Kontrollpunkt geschossen. Das größte Ereignis war jedoch ein Angriff auf ein Hashd-Hauptquartier im Samarra Bezirk, der 6 Opfer hinterließ. Der IS hat in den letzten Wochen seine Aktivitäten in der Provinz stark aufgenommen. Als Antwort gab es eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, drei im Osten, eine im Westen von Samarra im Zentrum und die letzte in Yathrib im Süden (Musings on Iraq, 23. Juni 2020).

Die meisten der Schutzmauern, die in den letzten zehn Jahren errichtet wurden, um öffentliche und private Gebäude zu sichern, wurden abgerissen. Stattdessen finden sich dort jetzt Parks und Grünflächen. Im Zuge der Veränderungen wurde in Bagdad auch das erste Frauencafé eröffnet. Dort können sich Frauen ohne Begleitung von Männern treffen und ihre Kopftücher und die lange Abaya ablegen, die auf den Straßen so verbreitet sind.

Im Café "La Femme" werden Wasserpfeifen angeboten und von einer Frau zubereitet. Es werden alkoholfreie Champagnercocktails, Softgetränke und Snacks serviert. Bisher haben sich noch keine Männer in dieses weibliche Heiligtum gewagt - obwohl sich das Café in einem Hochhaus zusammen mit anderen Restaurants, einer Sporthalle für Männer und nur einem Aufzug befindet. Der Kundenkreis von Adel-Abid umfasst vor allem Frauen aus der Mittel- und Oberschicht. Für ihre jungen Kundinnen organisiert sie reine Frauenfeste zu Geburtstagen, Verlobungen und Abschlussfeiern. Die ältere Generation trinkt lieber Kaffee und hört den alten irakischen Sängern zu, die auf der Musikanlage bevorzugt gespielt werden.

Frauen können jetzt Unternehmen führen. Da der "Islamische Staat" verdrängt und die gegenwärtige politische Stabilität zu spüren ist, fordern irakische Frauen immer mehr ihren Anteil am öffentlichen Raum der Stadt. In Mansour, dem Stadtviertel, in dem sich "La Femme" befindet, sind die meisten Cafés und Restaurants heute gemischt, und auch Frauen rauchen dort Wasserpfeife. Der frische Wind des Wandels hat auch das Straßenbild verändert.

Frauen kleiden sich wieder bunter, anstatt sich hinter schwarzen Schleiern zu verstecken. Die Entwicklung geht so weit, dass junge Frauen sich immer seltener ein Kopftuch umbinden. Ehen zwischen Sunniten und Schiiten erleben ein Comeback im Irak; unter den Jugendlichen in Bagdad sind sie sogar zum neuen Standard geworden. So wie bei Merry al-Khafaji, die kürzlich Mustafa al-Ani geheiratet hat. Gemeinsam sitzen die beiden Mittzwanziger bei einer Wasserpfeife in einem beliebten Bagdader Garten, sie trägt ihr dunkles Haar offen und ein grünes T-Shirt mit Jeans. Traditionell wählen Eltern die Partner ihrer Kinder, aber Merry al-Khafaji und Mustafa al-Ani lernten sich in dem Telekommunikationsunternehmen kennen, für das sie beide arbeiten. Mittlerweile entwickeln sich immer mehr Liebesbeziehungen bei der Arbeit, im Studium oder in Workshops. Auch soziale Medien haben eine starke Wirkung. Sie eröffnen jungen Menschen einen neuen Weg, neue Freunde in der konservativen irakischen Gesellschaft zu finden (Die neuen Freiheiten von Bagdad, qantara.de 01.07.2019).

Mitglieder rivalisierender irakischer Motorrad-Clubs, die in Leder mit Nieten und schwarzen Baskenmützen gekleidet waren, tanzten Breakdance und ließen mit ihren tätowierten Armen Neon-Leuchtstäbe kreisen. Der Tanzkreis des Mongols Motorcycle Club war einer von mehreren bei der ‚Riot Gear Summer Rush‘, einer Automobilshow samt Konzert in einem Sportstadion im Herzen von Bagdad. Die Szene hatte etwas ganz anderes als jene Bilder, die üblicherweise aus der Stadt der Gewalt und des Chaos ausgestrahlt wurden. Aber fast zwei Jahre, nachdem der Irak den islamischen Staat besiegte, hat die Hauptstadt ihr Image stillschweigend verändert. Seit die Explosionsschutzwände – ein Merkmal der Hauptstadt seit der US-geführten Invasion im Jahr 2003, bei der Saddam Hussein gestürzt wurde – gefallen sind, hat sich eine weniger restriktive Lebensweise etabliert. „Wir haben diese Party veranstaltet, damit die Leute sehen können, dass der Irak auch über diese Art von Kultur verfügt und dass diese Menschen das Leben und die Musik lieben“, sagte Arshad Haybat, ein 30-jähriger Filmregisseur, der die Riot Gear Events Company gründete. Riot Gear hat bereits zuvor ähnliche Partys im Irak veranstaltet, aber dies war die erste, die für die Öffentlichkeit zugänglich war. Der Tag begann damit, dass junge Männer importierte Musclecars und Motorräder vorführten. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde die Show zu einer lebhaften Veranstaltung für elektronische Tanzmusik (EDM). Das irakische Hip-Hop-Kollektiv „Tribe of Monsters“ spielte eine Mischung aus EDM- und Trap-Musik, während junge Männer Verdampfer in ihren Händen hielten und neben Blitzlichter und Rauchmaschinen tanzten, während sie ihre Bewegungen live auf Snapchat und Instagram übertrugen. Es war eine berauschende Mischung aus Bagdads aufkeimenden Subkulturen: Biker, Gamer und EDM-Enthusiasten. Was die meisten gemeinsam hatten, war, dass sie im Irak noch nie einer solchen Veranstaltung beigewohnt hatten. Obwohl von jungen Männern dominiert, nahmen auch viele Frauen an der Veranstaltung teil. Einige von ihnen tanzten in der Nähe der Hauptbühne. Die Veranstalter stellten jedoch sicher, dass eine „Familiensektion“ zur Verfügung stand, damit Frauen, Familien und Liebespaare auch abseits der wilden Menschenmenge tanzen konnten (Tanzpartys kehren nach Bagdad zurück, mena-watch, 22.08.2019).

In Bagdad wurde ein neues deutsch-irakisches Beratungszentrum für Jobs, Migration und Reintegration eröffnet. Es ist das zweite seiner Art im Irak neben dem Beratungszentrum in Erbil, das seine Arbeit bereits im April 2018 aufgenommen hatte. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Schaffung attraktiver und langfristiger Bleibeperspektiven. Zu den angebotenen Leistungen gehören Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie die Unterstützung bei Existenzgründungen. Das Zentrum steht Rückkehrenden ebenso offen wie Binnenvertriebenen und der lokalen Bevölkerung und fördert damit auch die Stärkung des irakischen Privatsektors. In den kommenden Jahren soll das Beratungszentrum schrittweise in die lokalen Strukturen überführt werden, um den langfristigen und nachhaltigen Betrieb zu sichern (Neues deutsch-irakisches Beratungszentrum in Bagdad eröffnet, BMZ 13.06.2019).

Bis Ende April 2020 wurden etwa 4,7 Millionen Personen im Irak gezählt, die nach Vertreibung an ihren gewöhnlichen Wohnsitz rückkehrten; diese verteilten sich auf 8 Gouvernements, 38 Distrikte und über 2.000 Orte. In den Monaten März und April 2020 wurden über 44.000 neue Rückkehrer registriert. Diese Anzahl ist niedriger als zuletzt, was auf die von den Behörden erlassenen Mobilitätbeschränkungen aufgrund des Coronavirus zurückzuführen ist. Die meisten Rückkehrer wurden in den Gouvernements Anbar, Ninewa und Salah al-Din gezählt. Die Gesamtzahl der gezählten Binnenvertriebenen belief sich im März und April 2020 auf etwa 1,4 Millionen Personen, aufgeteilt auf 18 Gouvernements, 104 Bezirke und knapp 3.000 Orte. Trotz des kontinuierlichen Rückgangs von Binnenvertriebenen (etwa -9.600 Personen im Vergleich zur Zählung in den Monaten Jänner und Februar 2020) wurden in den Monaten März und April 2020 knapp 2.700 neue Binnenvertriebene gezählt, welche überwiegend bereits zum zweiten Mal vertrieben wurden. 60% der in den Monaten März und April 2020 gezählten Binnenvertriebenen stammten aus dem Gouvernement Ninewa (die meisten aus Mossul, Sinjar und Al-Ba’aj), jeweils 11% stammten aus den Gouvernements Salah al-Din und Anbar (Displacement Tracking Matrix, Iraq Master List Report 115, March-April 2020).

COVID-19 – Aktuelle Lage im Irak

Laut worldometers.info, Stand 09.12.2020, gibt es im Irak 568.138 Coronavirus-Fälle. Es gibt 12.477 Todesfälle. 498.046 Personen sind wieder genesen. Die nächtliche Ausgangssperre wurde komplett aufgehoben. Der Irak hat Anfang September seine Landgrenzen wieder geöffnet. Die internationalen Flughäfen Bagdad, Najaf und Basra wurden am 23. Juli für kommerzielle Linienflüge wiedereröffnet. Die dänische Regierung hat in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) dem Irak 6.000.000 DKK (ca. 870.000 USD) zugesagt, um die irakische Regierung bei der Bekämpfung der globalen COVID-19-Pandemie zu unterstützen. Die Regionalregierung Kurdistan (KRG) hat beschlossen, die Maßnahmen zu lockern und etwa die Wiedereröffnung der Märkte unter bestimmten Bedingungen zuzulassen. Im Irak sowie in Kurdistan arbeiten alle Ministerien mit 50% Kapazität. Apotheken und Bäckereien sind ohne Einschränkungen geöffnet. Die Weltbank hat, als Unterstützung für das irakische Gesundheitssystem, einer Umverteilung von USD 33,6 Mio. des aktuellen Projekts „Notfalloperation für Entwicklung“ (EODP-750 Mio. USD) zugestimmt. Die irakische Börse nahm den Handel mit 26.4.2020 wieder auf.

Passagiere, die in den Irak einreisen wollen, müssen maximal 72 Stunden vor Abflug über einen negativen COVID-19-Test verfügen. Passagiere, die ein negatives COVID-19-Testergebnis haben, müssen den Test nicht am Flughafen ablegen. Sie werden jedoch unter Quarantäne gestellt. Alle Passagiere, die ohne PCR-Test ankommen, müssen sich dem Test des medizinischen Teams des Flughafens unterziehen und die Kosten sind vom Passagier zu tragen (USD 50). Passagiere, die in Erbil einreisen wollen, brauchen einen negativen COVID-19-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Für alle Passagiere, die in Kurdistan einreisen, entfällt die Selbstquarantäne. Wenn das Ergebnis positiv ist, muss der/die Reisende ein Formular ausfüllen, um zu erklären, dass er/sie in einer 14-tägigen Quarantäne bleiben wird. Bei Auftreten von Symptomen muss das kurdische Gesundheitsministerium kontaktiert werden (https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-im-irak.html, Abruf 09.12.2020).

2. Beweiswürdigung

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der bP, der von ihr vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes, der Beschwerdeergänzungen, durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und die Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften länderkundlichen aktuellen Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der bP, welche der Rechtsvertretung wie bereits ausgeführt übermittelt wurden.

2.1 Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die oben angeführten personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Die nunmehrige Identität der bP ergibt sich aufgrund einer Dokumentenvorlage vom 04.07.208, welche zu einer Änderung der personenbezogenen Daten der bP im IZF führte, wie das BFA dem BVwG mit Schreiben vom 16.09.2020 mitteilte. Nicht festgestellt werden konnte aufgrund diesbezüglicher ständiger divergierender Angaben der bP im Zuge des Verfahrens, ob diese nun arabischer oder kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit ist.

Die Entfernung mehrerer Splitter ergibt sich aus einem ambulanten Befund des XXXX vom 17.11.2017. In der Anamnese wird dargelegt, dass die bP ein Minenopfer ist.

Die Taufe der bP ergibt sich aus einer diesbezüglichen Bestätigung vom XXXX .

Die strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem SA-Auszug.

2.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Im Verfahren ergaben sich erhebliche Widersprüche im Kernvorbringend der bP, wie folgend zusammengefasst an Beispielen dargelegt wird.

Die bP führte bei ihrer Erstbefragung zum Fluchtgrund aus, dass ihr Bruder als Peschmerga-Kämpfer bei Kämpfen gegen die IS Truppen verletzt worden sei. Sie stamme aus XXXX und sie habe Angst gehabt, dass IS Truppen die Stadt erobern würden. Sie habe Angst gehabt, durch den Krieg gegen die IS Truppen getötet zu werden.

Festzustellen ist somit, dass die bP bei ihrer ursprünglichen Asylantragstellung ausschließlich die allgemeine Lage mit dem IS als Fluchtgrund vorbrachte.

Im Zuge des weiteren Verfahrens legte die bP bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA erstmals dar, dass eine Bombe an der Tür ihres Hauses angebracht worden sei, welche explodiert sei und durch welche sie verletzt worden sei, weshalb sie den Irak verlassen habe. Auch hätte sie vom IS rekrutiert werden sollen.

Das Vorbringen wurde somit bereits hier um wesentliche Aspekte gesteigert.

Im Zuge einer Beschwerdeergänzung vom 17.05.2017 führte die bP erstmals aus, dass sie aufgrund einer Namensähnlichkeit mit einem gesuchten Verbrecher im kurdischen Gebiet festgenommen worden sei. Deshalb dürfe sie dort nicht mehr einreisen.

Dazu ist festzustellen, dass die bP bei ihren zuvor stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahmen ein derartiges Szenario niemals behauptet hat, obwohl sie durch ihre Unterschrift bestätigt hat, dass sie alles vorbringen konnte und dargelegt hat.

In einer weiteren Beschwerdeergänzung vom 08.12.2018 änderte sie ihr Vorbringen dahingehend, dass sie bedroht worden sei, weil sie sich nicht habe rekrutieren lassen wollen. Aufgrund dieser Drohungen sei sie weggezogen. Hier änderte die bP Ihr Fluchtvorbringen somit nochmals und brachte erstmals persönliche Drohungen wegen einer versuchten Rekrutierung ins Spiel.

Zudem erweiterte sie ihr Fluchtvorbringen abermals und legte dar, dass sie in Kurdistan 2 Wochen lang in Haft gewesen sei, weil sie in Bezug auf Spionagetätigkeit kontrolliert worden sei.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG legte die bP auf konkrete diesbezügliche Frage demgegenüber dar, dass sie nie im Gefängnis gewesen sei (VH-Protokoll, Seite 12).

Zudem tätigte die bP hinsichtlich Ihrer Volksgruppe ständig widersprüchliche Angaben.

Vor dem BFA führte sie konkret dazu befragt aus, dass sie Kurde sei. Auch auf konkreten Vorhalt hin, dass der IS im Kurdengebiet keinen Einfluss habe und sie sich dorthin begeben könnte, bestätigte die bP nochmals ihre kurdische Volksgruppenzugehörigkeit und erwiderte, dass sie deshalb nicht dorthin könne, da sie Schiit wäre und die Kurden Schiiten gegenüber misstrauisch wären.

Demgegenüber legte die bP erstmals in der Beschwerde handschriftlich dar, dass sie Araber wäre. Dies bestätigte sie auch in ihrer Beschwerdeergänzung vom 17.05.2017. In ihrer Beschwerdeergänzung vom 08.12.2018 äußerte sie, dass sie sich als Kurde fühle.

In der Stellungnahme vom 22.09.2020 führte sie aus, dass sie der kurdischen Volksgruppe angehöre.

In der Verhandlung diesbezüglich befragt äußerte sich die bP anfangs dahingehend, dass sie nur nach ihrer Muttersprache gefragt worden sei, weshalb sie kurdisch gesagt habe. Nach entsprechendem Vorhalt des Richters hinsichtlich ihrer bisherigen Angaben im Verfahren führte die bP dann aus, dass sie Kurde angegeben habe. Jetzt gebe sie jedoch an, dass sie Araber sei.

Eine weitere wesentliche Unstimmigkeit im Vorbringen der bP besteht dahingehend, dass sie in der Beschwerde darlegte, dass sie zur kommunistischen kurdischen Partei gehöre. In der Verhandlung vor dem BVwG diesbezüglich konkret befragt, bestätigte die bP, dass sie weder für eine politische Partei tätig gewesen sei, noch jemals Mitglied einer politischen Partei gewesen sei (VH-Protokoll, Seite 12).

Überdies gab die bP vor dem BFA zu Protokoll, dass sie aus XXXX hätten flüchten müssen. Sie hätten einen Monat lang auf einem Berg gewohnt und seien erst dann wieder nach XXXX zurückgekehrt. Demgegenüber äußerte sich die bP in der Verhandlung dahingehend, dass sie immer in XXXX gelebt habe, sogar nach dem Sturz 2003 als die Kurden versucht hätten sie zu vertreiben, seien sie dortgeblieben (VH-Protokoll, Seite 8).

Erstmals gab die bP in der Verhandlung zu Protokoll, dass sie ständig Aufträge gehabt habe und deswegen 3-4mal in der Woche nach Diyala habe fahren müssen. Weil ihr Bruder Araber sei und bei der Peschmerga arbeite, habe sie Probleme bekommen. 3-4 Mal habe sie telefonisch Drohungen erhalten. Dies habe sie bisher nicht erwähnt, weil sie gedacht habe, dass dies nicht so wichtig sei. Zudem sei sie das fünft Mal von einem Araber bedroht worden und hätte dieser auf nette Art und Weise mit ihr gesprochen. Erst als sie dann erfahren habe, dass dieser Probleme mit Sprengstoffen gemacht habe und lebenslang verurteilt worden sei, habe sie gewusst, dass es damals eine Drohung gegen sie gewesen sei.

Über Telefon sei ihnen mitgeteilt worden, dass sie Heimatverräter seien, da sie als Araber mit den Kurden arbeiten würden.

Somit steigerte die bP ihr Fluchtvorbringen abermals um weitere angebliche Geschehnisse.

Seitens des BVwG ist dazu festzustellen, dass die bP in Kernpunkten ihres Fluchtvorbringens völlig widersprüchliche Angaben tätigte und zudem im Zuge des Verfahrens ihr Vorbringen mehrmals steigerte und stets neue angebliche Geschehnisse ins Verfahren einbrachte, weshalb sie persönlich als nicht glaubwürdig im Verfahren zu würdigen war. Das Fluchtvorbringen war somit unglaubhaft und nicht geeignet, der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt zu werden.

Dies gilt vor dem Hintergrund der obigen Darlegungen auch in Bezug auf das angebliche Anbringen einer Bombe an der Tür des Hauses der bP. Dass die bP eventuell durch eine Mine oder auf ähnliche Art verletzt wurde, wird im Verfahren aufgrund der Verletzungen der bP als durchaus möglich erachtet. Nicht geglaubt wird ihre jedoch die Art und Weise des behaupteten Zustandekommens der Verletzungen. Insbesondere erwähnte die bP einen angeblichen Bombenanschlag auf sie im Zuge der Erstbefragung mit keinem Wort, sondern legte nur allgemeine Probleme mit dem IS dar. Überdies sind die Angaben in Bezug auf eine angeblich vor dem Haus angebrachte Bombe mit den sonstigen Angaben der bP nicht stimmig, wonach einerseits die Bombe unmittelbar am Tag nach ihrer Rückkehr nach XXXX , nach einer einmonatigen Flucht in die Berge, an der Tür ihres Hauses angebracht worden sei, wobei sie demgegenüber in der Verhandlung darlegte, dass sie XXXX nie verlassen habe.

Zur behaupteten Konversion:

Die Angaben der bP in der mündlichen Verhandlung zur behaupteten Konversion ließen zumindest ein gewisses in Österreich entwickeltes Interesse zur christlichen Kirche (protestantische Konfession) erkennen, zumal die bP in der Lage war, einfachste Fragen rund um das Christentum zu beantworten und auch glaubwürdig darzulegen, dass sie regelmäßig die Kirche besucht (VH-Schrift, Seiten 13 ff). Der erkennende Richter spricht der bP daher nicht ab, dass sie sich seit ihrem Aufenthalt in Österreich für die christliche Gemeinschaft interessiert und regelmäßig Gottesdienste in XXXX besucht. Dass die bP getauft ist, wird durch die Vorlage eines Taufzeugnisses belegt.

Die regelmäßigen Kirchenbesuche und die Taufe der bP wären grundsätzlich geeignet, als Indiz für eine echte innere Konversion gewertet zu werden. Die Ausführungen der bP in der mündlichen Verhandlung zeigen jedoch, dass der christliche Glaube keineswegs bereits tief in der bP verwurzelt und Bestandteil ihrer Identität geworden ist. Dies einerseits aufgrund der Darlegungen ihrer Einstellung und Empfindung den christlichen Glauben betreffend und andererseits auch aufgrund des Fehlens doch grundlegender Kenntnisse diesen Glauben betreffend.

So führte die bP hinsichtlich des Unterschiedes des Christentums zum Islam aus, dass der Islam eine gewalttätige Religion sei und Frauen getötet würden, wenn sie etwas falsch machen. Auf die Frage, ob sie sich damit auseinandergesetzt hat, dass in der Vergangenheit im Namen des Christentums viele Menschen getötet worden sind, erklärte sie, dass im Heiligen Buch nicht stehen würde, dass jemand anderer getötet worden sei, was darlegt, dass sich die bP mit der Entstehung des Christentums keinesfalls eingehend beschäftigt hat. Die bP konnte beispielsweise auch die 10 Gebote nicht nennen. Nachdem durch den Richter das Gebot „Du sollst nicht töten“ als Beispiel genannt wurde, führte die bP weiter dazu aus: „Wenn du jemanden hilfst, dann verlange keine Gegenleistung. Wenn dich jemand auf die Wange schlägt, dann gib ihm deine andere. Ich habe es vergessen.“

Zur Frage des Bibelaufbaus führte die bP aus, dass 4 Studenten von Jesus Christus das Buch geschrieben hätten. Ein bestehen aus zwei Teilen und verschiedenen Büchern war der bP nicht bekannt.

Die grundsätzlichen Lehren, welche in der Kirche vertreten werden, waren der bP gänzlich unbekannt.

Auch wusste die bP nicht, welche Geschenke bei der Geburt von Jesus dargebracht worden sind. Sie nannte vorerst Brot und Fisch, danach legte sie dar, dass Jesus keine Geschenke brauchte.

Auf die Frage, welche christlichen Feiertage sie heuer schon gefeiert habe, führte sie aus: „Silvester und das letzte Abendmahl“.

Unabhängig davon, dass Silvester kein kirchlicher Feiertag ist, erwähnte die bP den Karfreitag als höchsten christlichen Feiertag, sowie Ostern oder Christi Himmelfahrt mit keinem Wort, was deutlich macht, dass die bP keinesfalls vom religiösen Glauben erfasst worden sein kann, da sie ansonsten die wesentlichsten Feiertage kennen bzw. sich dieser besinnen würde.

Die bP legte in der Verhandlung dar, dass sie als Dolmetscher mit zwei Iranern in der Kirche gewesen sei. Sie habe einen Teil der Bibel gelesen und habe angefangen in die Kirche zu gehen. Eine Person namens Johannes habe mit ihr über die Religion gesprochen. Es sei eine Überzeugung für sie gewesen, was diese Person ihr erzählt habe, dass Jesus wieder auferstanden sei und die kranken Menschen geheilt habe. Ihren Glauben übe sie dahingehend aus, dass sie in der Kirche bete. Es seien viele Personen anwesend und der Priester rede mit ihnen.

Damit beschreibt die bP aber lediglich, dass sie sich in der Gemeinschaft dieser Menschen wohl und respektiert fühlt. Keineswegs macht sie damit jedoch deutlich, dass sie von den religiösen Lehren überzeugt ist und vor allem nicht, dass sie vom behaupteten religiösen Glauben erfasst ist.

In diese Richtung ist auch die Beantwortung der Frage, was ihr am meisten fehlen würde, wenn sie nicht mehr in die Kirche gehen könnte, zu würdigen. Die bP erläuterte dazu, dass ihr die Informationen fehlen würden.

Zu den Darlegungen der bP, dass die Moslems 5 Mal am Tag beten würden, es sei eine gewalttätige Religion und Frauen würden getötet werden, wenn sie etwas Falsches machen würden, ist festzustellen, dass sie auch mit diesen Ausführungen keine innere Glaubenshaltung darlegte. Vielmehr beschreibt sie damit nur die nicht vorhandenen Freiheiten. Die Religionsfreiheit ist aber etwas anderes als die Hinwendung zum christlichen Glauben, welche die bP bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht zu belegen vermochte.

Überdies legte die bP eine Taufbestätigung vom 26.08.2016 im Verfahren vor. Im Zuge der Verhandlung gab sie zu Protokoll, dass sie im Jahr 2018 getauft worden sei, was ebenfalls die obigen Darlegungen untermauert, da der bP der Zeitpunkt ihre Taufe sicher bekannt wäre, hätte sie sich dem christlichen Glauben innerlich verschrieben.

Zudem ist die generelle Unglaubwürdigkeit der bP im Verfahren zu berücksichtigen, was sich aus den obigen Ausführungen ergibt.

Mangels Hinwendung zum christlichen Glauben ist somit nicht davon auszugehen, dass die bP ihrem derzeitigen Interesse für die christliche Kirche im Falle einer Rückkehr in den Irak weiter nachkommen würde und dadurch Probleme bekommen könnte.

In Bezug auf die im Verfahren vorgelegten kopierten Bescheinigungsmittel zu den diversen Vorbringen ist festzustellen, dass es gerichtsnotorisch ist, dass irakische Bescheinigungsmittel einer besonderen Aufmerksamkeit hinsichtlich der Beurteilung ihrer Authentizität bedürfen und somit per se nicht als unbedenklich gelten können. So führt z. B. das Deutsche Auswärtige Amt im Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 14.10.2020 dazu Folgendes aus:

„Echtheit der Dokumente / Zugang zu gefälschten Dokumenten

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden. Es werden keine Legalisationen durch die Deutsche Botschaft Bagdad oder das Generalkonsulat Erbil vorgenommen. Inhaltliche Urkundenüberprüfungen durch die Botschaft oder GK Erbil sind derzeitig nicht möglich; die irakischen Behörden leisten keine Amtshilfe. Die von der Botschaft Bagdad durchgeführte Prüfung der formellen Echtheit durch Inaugenscheinnahme irakischer Urkunden im Amtshilfeverfahren für deutsche Behörden wurde zu Februar 2013 eingestellt.“

Auch Österreich bzw. das BVwG verfügt über keine verlässliche Überprüfungsmöglichkeit von im Asylverfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel vor Ort im Irak.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch durch die in Kopie vorgelegten Beweismittel keine andere Würdigung des Vorbringens der bP im Verfahren. Zudem sind Kopien überdies von sich aus schon nicht geeignet, einer Echtheitsüberprüfung unterzogen zu werden.

2.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die Länderfeststellungen basieren auf vielgestaltigen Quellen, denen keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann. Das BVwG hat diesbezüglich das Parteiengehör gewahrt. Die bP ist diesen Quellen nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat nur ganz allgemein gehaltenen weitere Berichte über verschiedenste Geschehnisse im Irak angeführt, ohne diesbezüglich einen konkreten persönlichen Bezug diesbezüglich zur bP herzustellen. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde bereits dargestellt, dass es der bP nicht gelungen ist glaubhaft zu machen, dass sie die von ihr geschilderten Erlebnisse tatsächlich persönlich so erlebt hat.

Soweit sie mit ihrer Stellungnahme vom 22.09.2020 den vom BVwG herangezogenen Länderfeststellung zu ihrem Herkunftsstaat ganz allgemein entgegen tritt, ist anzuführen, dass sich in den von ihr zitierten Berichten die von ihr als persönliche Erlebnisse behaupteten Ereignisse unter konkretem Personenbezug nicht wiederfinden und somit sind diese nicht geeignet, zu einer anderen Würdigung des Vorbringens zu gelangen. Auch in der Verhandlung konnte derartiges nicht untermauert dargelegt werden.

Dass es derartige Sachlagen in ihrem Herkunftsstaat im Allgemeinen geben kann, wird nicht bestritten, jedoch ist es der bP eben nicht gelungen, ihre persönliche Betroffenheit bzw. Involvierung glaubhaft zu machen, wie sich näher aus der Beweiswürdigung zum Vorbringen ergibt.

Die Feststellungen zur Lage im Irak in Bezug auf den Coronavirus COVID-19 werden aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen einer Vielzahl von öffentlich zugänglichen Quellen als notorisch bekannt angesehen.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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