Entscheidungsdatum
11.12.2020Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
L502 2133492-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2020, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.11.2020 zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I, II und III des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.
3. Gemäß § 55 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 AsylG wird XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt.
4. Die Spruchpunkte V bis VII werden ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise am 21.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am selben Tag fand dazu seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Im Gefolge von Dublin-Konsultationen mit Ungarn wurde das Verfahren schließlich zugelassen. Am 14.07.2016 erfolgte seine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).
3. Mit Bescheid des BFA vom 20.07.2016 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.07.2017 erteilt (Spruchpunkt III).
4. Mit Verfahrensanordnung vom 21.07.2016 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
5. Gegen den Bescheid vom 20.07.2016 wurde fristgerecht Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I erhoben.
6. Am 25.08.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung L524 zur Entscheidung zugewiesen.
7. Am 01.09.2016 langte beim BVwG die Mitteilung über die Abmeldung des BF von der Grundversorgung per 24.08.2016 ein.
8. Mit Beschluss des BVwG vom 07.12.2016 wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt, weil der BF ab 08.11.2016 über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet mehr verfügte.
9. Am 04.01.2017 wurde dem BF die Einreise nach Deutschland verweigert. Am 02.02.2017 meldete er neuerlich seinen Hauptwohnsitz in Österreich an.
10. Mit Eingabe vom 08.05.2017 beantragte das BFA beim BVwG die Fortsetzung des Asylverfahrens.
11. Mit Beschluss des BVwG vom 15.05.2017 wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG fortgesetzt.
12. Nach der Zurückziehung der Beschwerde durch einen ehemaligen rechtsfreundlichen Vertreter des BF wurde das Beschwerdeverfahrens mit Beschluss des BVwG vom 19.12.2017 gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
13. Am 04.12.2017 langte beim BFA ein polizeilicher Abschlussbericht betreffend ein gegen den BF geführtes kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren ein.
14. Mit am 17.05.2017 beim BFA eingelangtem Schriftsatz beantragte der BF die Verlängerung seiner subsidiären Schutzberechtigung.
15. Seinem Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 28.06.2017 stattgegeben und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 20.07.2019 erteilt.
16. Am 16.04.2018 langte beim BFA ein Abschlussbericht des Bundeskriminalamtes betreffend ein weiteres gegen ihn geführtes kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren ein.
17. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde er rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.
18. Am 24.06.2019 und am 26.11.2019 beantragte der BF beim BFA erneut die Verlängerung seiner subsidiären Schutzberechtigung.
19. Mit Mitteilung des BFA vom 11.04.2019 wurde der BF von der Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung seines subsidiären Schutzes in Kenntnis gesetzt.
20. Am 15.04.2019 langte beim BFA ein weiterer polizeilicher Abschlussbericht betreffend ein gegen den BF geführtes kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren ein.
21. Am 18.07.2019 wurde er vom BFA im Aberkennungsverfahren sowie zu seinem Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes niederschriftlich einvernommen.
Dabei brachte er eine Arbeitsbestätigung als Beweismittel in Vorlage, die zum Akt genommen wurde.
22. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde er erneut rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.
23. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 25.05.2020 wurde der ihm mit Bescheid des BFA vom 20.07.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I). Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG wurde ihm die mit demselben Bescheid erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).
24. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 26.05.2020 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
25. Gegen den am 29.05.2020 zugestellten Bescheid erhob er mit Schriftsatz seiner nunmehrigen Vertretung vom 24.06.2020 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang.
Unter einem wurden mehrere Beweismittel vorgelegt.
26. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 30.06.2020 beim BVwG ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichtes zur Entscheidung zugewiesen.
27. Am 06.11.2020 wurde vor dem BVwG im Beisein des BF eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der er erneut mehrere Beweismittel vorlegte.
28. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters und des AJ-Web den BF betreffend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der og. Verfahrensgang steht fest.
1.2. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger, Araber und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung. Er stammt aus Bagdad, wo er seine siebenjährige Schulbildung erfuhr und vor der Ausreise im August 2015 als LKW-Fahrer erwerbstätig war. Seine Mutter lebt nach wie vor in Bagdad in ihrem eigenen Haus. Ein Bruder des BF war bis März 2018 als Asylwerber in Österreich aufhältig und verzog nach der rechtskräftigen Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz nach Frankreich, wo er sich aktuell aufhält. Ein weiterer Bruder des BF lebt in Amerika und einer weiterer in der Türkei.
Er unterhält seit 2017 eine Beziehung mit einer irakischen Staatsangehörigen, welcher mit Erkenntnis des BVwG vom 07.11.2019 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Österreich zuerkannt wurde. Dieser kommt aktuell eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte zu. Er ist mit ihr nach islamischem Recht verheiratet, eine standesamtliche Eheschließung ist bislang nicht erfolgt. Er hat mit ihr einen gemeinsamen Sohn, der am 10.07.2020 in Österreich geboren wurde und zu dem er die Vaterschaft anerkannt hat. Diesem kommt derselbe Schutzstatus wie seiner Mutter zu. Es besteht jedoch aktuell kein gemeinsamer Haushalt des BF mit den beiden.
Er verließ im August 2015 den Irak in die Türkei und gelangte in der Folge illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 21.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.
Er ist seit 25.01.2019 in Österreich beim selben Dienstgeber als LKW-Fahrer in Vollzeitbeschäftigung erwerbstätig und erzielt dabei ein monatliches Nettoeinkommen von EUR XXXX . Zuvor bestritt er seinen Lebensunterhalt seit der Antragstellung bis 28.02.2019 durch Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Von seinem Sohn und dessen Mutter abgesehen hat er in Österreich keine Verwandten und auch keine sonstigen maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte. Er verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache, hat bislang jedoch keine Sprachprüfung absolviert.
Er wurde mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX zu XXXX verurteilt, XXXX .
Er wurde mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX verurteilt.
Er wurde im Vorfeld seiner ersten strafgerichtlichen Verurteilung von 28.02.2018 bis 06.12.2018 in der Justizvollzugsanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten.
1.3. Er ist bei einer Rückkehr in den Irak nicht aus individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt und findet dort eine hinreichende Existenzgrundlage vor.
Er leidet unter keinen gravierenden Erkrankungen und ist voll erwerbsfähig.
1.4.1. Die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Irak werden auch der gegenständlichen Entscheidung des BVwG zugrunde gelegt.
1.4.2. Zur aktuellen Lage im Hinblick auf die COVID-19 Pandemie im Irak wird festgestellt:
Bis zum 5.8.2020 gab es im Irak 134.722 bestätigte Fälle von COVID-19 mit 5.017 Todesfällen (WHO 5.8.2020A; vgl. UNHCR 4.8.2020). 96.103 Personen sind wieder genesen (UNHCR 4.8.2020). Der höchste Anstieg an Infektionszahlen wurde in Bagdad gemessen, gefolgt von Basra und Sulaymaniyah in der Kurdischen Region im Irak (KRI) (UNHCR 4.8.2020).
Aufgrund der weiterhin stark steigenden Infektionszahlen hat die irakische Regierung für 30.7. bis 9.8.2020 eine neuerliche komplette Ausgangssperre beschlossen (BMEIA 6.8.2020; vgl. GoI 27.7.2020; UNHCR 4.8.2020). Diese Einschränkungen gelten nicht für die KRI (BMEIA 6.8.2020).
Bereits im Juli 2020 gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass die Krankenhäuser fast vollständig ausgelastet sind (IRC 2.7.2020). Es herrschen Engpässen bei der Versorgung mit Sauerstoff und mit Schutzausrüstungen (MEMO 3.8.2020). Nachdem private Kliniken im Juli temporär geschlossen wurden (GoI 7.7.2020), erlaubt die irakische Regierung deren Wiedereröffnung, sofern sie die vom Gesundheitsministerium und dem irakischen Ärzteverband festgelegten Bedingungen erfüllen (GoI 27.7.2020). Die Sicherheitskräfte sind angewiesen, die Richtlinien zur Schutzmaskenpflicht, zur sozialen Distanzierung und weitere umzusetzen, einschließlich der Verhängung von Geldstrafen und der Beschlagnahme von Fahrzeugen derjenigen, die gegen die Regeln verstoßen (GoI 27.7.2020; vgl. MEMO 3.8.2020). Seit dem 23.7.2020 sind die internationalen Flughäfen Bagdad, Najaf und Basra wieder für kommerzielle Linienflüge geöffnet. Sämtliche Flughäfen wurden zuvor am 17.3.2020 geschlossen (Al Jazeera 23.7.2020; vgl. Rudaw 1.8.2020). Passagiere müssen vor dem Boarding einen negativen Covid-19 Test vorweisen (Al Jazeera 23.7.2020). Mit der Wiedereröffnung des Internationalen Flughafens Erbil (KRI) am 1.8. wird es auch wieder eine Luftverbindung zwischen Bagdad und Erbil geben (Rudaw 1.8.2020). Seit Beginn des COVID-19-Ausbruchs im Irak im März 2020 gehören vertriebene Familien zu den am stärksten betroffenen Personen, auch durch sekundäre Auswirkungen, wie mangelnde Möglichkeiten den Lebensunterhalt zu verdienen und sozioökonomische Folgen davon (UNHCR 4.8.2020).
In der Kurdischen Region im Irak (KRI) wurden bis zum 5.8.2020 15.577 bestätigte Fälle von COVID-19 verzeichnet. Davon sind 9.711 wieder genesen und 597 Personen verstorben (Gov.KRD 5.8.2020).
Es gilt Schutzmaskenpflicht für sämtliche öffentliche Orte, wie Märkte, Restaurants und andere kommerzielle Einrichtungen, wie Firmen. Bei zuwiderhandeln drohen den Inhabern Geldstrafen und temporäre Zwangsschließungen. Auch Beerdigungen, Hochzeitsfeiern und andere gesellschaftliche Veranstaltungen sind unter Androhung von Geldstrafen verboten (Gov.KRD 5.8.2020; vgl. Rudaw 3.8.2020A). Kliniken und Labore bleiben per Verordnung für 14 Tage geschlossen (Gov.KRD 5.8.2020). Um den steigenden Infektionszahlen im Gouvernement Erbil entgegenzuwirken wurden mittlerweile vier Krankenhäuser als alleinige Covid-19 Behandlungszentren deklariert (Rudaw 3.8.2020B).
Aktuelle Maßnahmen umfassen weiterhin ein Reiseverbot zwischen den kurdischen Gouvernements Erbil, Sulaymaniyah, Dohuk und Halabja, sowie ein Reiseverbot innerhalb derselben, ausgenommen bei Notfällen und mit Sondergenehmigungen (Gov.KRD 5.8.2020; vgl. Rudaw 3.8.2020A; UNHCR 4.8.2020).
Der Grenzübergang Ibrahim Khalil zur Türkei wurde für den Zeitraum vom 4. bis zum 11. August Covid-19-anlassbezogen für den Personenverkehr geschlossen (Gov.KRD 5.8.2020; vgl. Garda 4.8.2020). Die Grenzübergänge Haji Omaran und Bashmakh zum Iran sind für Bürger der KRI, die heimkehren wollen geöffnet (Gov.KRD 5.8.2020).
Am 1.8.2020 nahmen die internationalen Flughäfen in Erbil und Sulaymaniyah wieder ihren Betrieb auf (Gov.KRD 5.8.2020; vgl. Rudaw 1.8.2020). Personen, die über die Flughäfen einreisen müssen jedoch auf eigene Kosten einen Covid-19-Test machen und sich zur Selbstquarantäne verpflichten, bei deren Verstoß sie mit einem Bußgeld bestraft werden. Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden und die die Quarantäne missachten müssen alle anfallenden medizinischen Kosten für evtl. infizierte Personen übernehmen und werden strafrechtlich verfolgt (Artikel 368-369 des geänderten Gesetzes 111 von 1969) (Gov.KRD 5.8.2020).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dem BFA, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache des BF, die amtswegige Einholung von aktuellen länderkundlichen Informationen zur allgemeinen Lage im Irak und von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des AJ-Web, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems den BF betreffend.
Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangte das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu den entscheidungswesentlichen Feststellungen.
2.2. Die Feststellungen zum Verfahrensgang gründen sich auf den unstrittigen Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie regionalen Herkunft des BF, zu seinem Lebenswandel vor der Ausreise aus dem Irak sowie seinen aktuellen Lebensumständen und denen seiner Verwandten stützen sich in unstrittiger Weise auf die Feststellungen im ersten Verfahrensgang, den Inhalt der og. Datenbanken, die im Beschwerdeverfahren vom BF vorgelegten Beweismittel und seine Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zur hiesigen Erwerbstätigkeit und seinem daraus erzielten Einkommen ergaben sich aus den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, den von ihm vorgelegten Entgeltnachweisen und dem vom BVwG eingeholten Auszug aus dem AJ-Web.
Dass er über grundlegende Deutschkenntnisse verfügt, konnte anhand der von ihm in der Beschwerdeverhandlung demonstrierten Sprachkenntnisse festgestellt werden.
Die Feststellungen zur Beziehung mit der Mutter seines in Österreich geborenen Sohnes und deren beider Aufenthaltsstatus stützen sich in unstrittiger Weise auf seine persönlichen Angaben vor dem BFA und dem BVwG, die Einsichtnahme in die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des BVwG im Verfahren der Erstgenannten vom 26.11.2019, den Bescheid des BFA vom 23.10.2020 in der Rechtssache seines Sohnes (vgl. BVwG GZ. XXXX ) sowie auf die von ihm vorgelegten Beweismittel und die vom BVwG eingeholten Auszüge aus dem ZMR.
Die festgestellte Straffälligkeit des BF in Österreich ergibt sich aus den in Kopie im Akt einliegenden strafgerichtlichen Urteilen vom XXXX und vom XXXX sowie aus dem Strafregisterauszug der Republik Österreich. Die festgestellten Haftzeiten ergeben sich aus einer Zusammenschau des Urteils vom XXXX mit dem eingeholten Auszug aus dem ZMR und den damit korrespondierenden Angaben des BF vor dem BFA.
Der Bezug von Leistungen der staatlichen Grundversorgung war anhand des eingeholten GVS-Auszuges feststellbar.
2.3. Die Annahme, dass der BF bei einer Rückkehr insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre, als er etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, stützt sich darauf, dass es sich bei ihm um einen arbeitsfähigen Mann mit Schulbildung und mehrjähriger beruflicher Erfahrung handelt.
Dass er in seiner Heimat bei einer Rückkehr eine neue Lebensgrundlage findet, war sowohl im Lichte dessen als auch angesichts des Aufenthalts mehrerer Verwandter in seiner engeren Heimat, auf deren Unterstützung er im Bedarfsfall zurückgreifen kann, als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen. In diesem Zusammenhang war insbesondere zu bedenken, dass seine Mutter nach wie vor in deren eigenem Haus in Bagdad wohnhaft ist und der BF in der mündlichen Verhandlung letztlich selbst einräumte, dass im Falle seiner Rückkehr dort Unterkunft finden könnte.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie dem dort von ihm gewonnenen persönlichen Eindruck.
2.4. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak stellten sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang.
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.
Seinem Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung, demzufolge ihm aufgrund der einstigen Mitgliedschaft seines Vaters bei der Baath-Partei seine Tötung oder Inhaftierung drohe, kam schon mangels näherer Konkretisierung, wer ihn deshalb töten sollte, keine Glaubhaftigkeit zu (vgl. Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).
Es war darüber hinaus als notorisch anzusehen, dass im Herkunftsstaat des BF aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine maßgebliche Gefährdung indizieren würde.
Die vom BVwG getroffenen Feststellungen unter 1.4.2. stützen sich auf die jüngste Kurzinformation der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19 Lage im Nahen Osten vom 14.08.2020.
Weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung wurde ein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet. Die bloße Wiedergabe von Informationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen aufzufinden sind, in der Beschwerde, ohne diese mit der individuellen Situation des BF in Verbindung zu bringen, stellte kein substantielles gegenteiliges Vorbringen dar. Außerdem waren den dort angeführten Quellen keine über die vom BFA getroffenen Feststellungen hinausgehenden, entscheidungserheblichen Informationen bezüglich der individuellen Situation des BF im Irak zu entnehmen.
In Bezug auf das Beschwerdevorbringen zu den Auswirkungen der sog. COVID-19 Pandemie galt es zunächst festzuhalten, dass lediglich in den Raum gestellt wurde, dass er als Rückkehrer keinen gesicherten Zugang zu medizinischer Versorgung habe und bei einer (potentiellen) Infektion mit dem Coronavirus und einem (potentiell) schweren Krankheitsverlauf Gefahr laufen würde einen qualvollen Tod zu sterben, ohne konkret aufzuzeigen, weshalb der BF, als junger und gesunder Erwachsener, durch die weltweite COVID-19 Pandemie individuell in besonderem Maße gefährdet wäre. Die diesbezüglichen Ausführungen stellten sich daher auch unter Berücksichtigung der dort angeführten Quellen als nicht substantiierte Mutmaßung dar. An dieser Beurteilung vermochte auch der Hinweis in der Beschwerde auf die aktuelle Reisewarnung des BMEIA für den Irak nichts zu ändern, zumal nicht aufgezeigt wurde inwieweit diese für den BF überhaupt Relevanz entfalten sollte (vgl. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0061). Auch aus den vom Gericht getroffenen Feststellungen zur COVID-19 Pandemie im Irak fanden sich keine Hinweise auf eine individuelle Gefährdung des BF.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG.
Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Zu A)
1.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
1.2. Zu den Kriterien für die allfällige Zuerkennung von subsidiärem Schutz hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053-10, unter Bezugnahme auf seine vorgehende Judikatur in grundsätzlicher Weise geäußert.
Hatte er zuvor in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106, näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Weiteren kurz: StatusRL) betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn der Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b iVm Art. 3 StatusRL entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe Rn. 45 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses), und in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtung es der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht, so stellte er dem gegenüber, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (Rn. 47 ff. der Entscheidungsgründe).
Im zitierten Erkenntnis Ra 2018/01/0106 hat der VwGH sodann die Frage, ob § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer dem Unionsrecht (im Sinn der zu Art. 15 StatusRL ergangenen Rechtsprechung des EuGH) Genüge tuenden Auslegung zugänglich ist, ausdrücklich dahingestellt gelassen (Rn. 60 der Entscheidungsgründe). Auch im Beschluss vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es der StatusRL widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.
Den genannten Entscheidungen war somit - ungeachtet des jeweils vorhandenen Hinweises auf die Unionsrechtswidrigkeit des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine bisherige zum Umfang des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ergangene Rechtsprechung als nicht mehr beachtlich angesehen hätte.
Zwischenzeitig hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob in Bezug auf den Status des subsidiären Schutzes eine unionsrechtskonforme Lösung gefunden werden kann (und allenfalls das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen sein wird), in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, beschäftigt. Er ist dort zum Ergebnis gelangt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der StatusRL in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der StatusRL zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben.
Infolge dessen ist an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten.
1.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.
Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN).
1.4. Das BFA hatte im Bescheid vom 20.07.2016 in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unter Hinweis auf die herangezogenen länderkundlichen Informationen festgehalten, dass die Lage im Herkunftsstaat des BF wegen der bürgerkriegsbedingten Umstände – insbesondere auch in dessen Herkunftsregion Bagdad – nicht zufriedenstellend und nach wie vor unübersichtlich und unsicher sei.
Ausgehend von diesen Erwägungen folgerte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, dass ihm im Irak damals aufgrund seiner Ausführungen, individueller Faktoren und der seinerzeitigen Lage die Lebensgrundlage entzogen gewesen sei und er in eine ausweglose Lage im Herkunftsstaat zu geraten drohte, weswegen ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden war.
1.5. § 9 AsylG 2005 lautet:
(1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.
(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
1.6. Die hier maßgebliche Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG verfolgt das Ziel sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Während der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Konstellation erfasst, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiären Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, betrifft der hier einschlägige § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, mwN).
Der zweite Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 stellt für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) nicht mehr vorliegen. Es ist Aufgabe der Behörde - sofern im Folgenden keine anderslautenden Aussagen erfolgen, gelten die auf die Behörde bezogenen Ausführungen auch für eine im Beschwerdeverfahren getroffene Entscheidung des VwG - offen zu legen, weshalb sie davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
In der selben Entscheidung hat der VwGH unter Hinweis auf die Rsp des EuGH (vgl. EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17) festgehalten, dass nach Art. 16 Abs. 2 Status RL darauf abzustellen ist, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Als maßgeblich erweist sich in dem Zusammenhang, dass gerade in Bezug auf die Frage, ob sich die Umstände, die für die Zuerkennung von subsidiären Schutz von Bedeutung waren, so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, sodass Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses ankommt. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich durchaus auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind, darstellen.
1.7. Im nunmehr angefochtenen Bescheid stütze die belangte Behörde ihre Entscheidung über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Grund für die seinerzeitige Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten die damaligen Umstände im Herkunftsstaat gewesen seien, die derzeit jedoch nicht mehr vorliegen, sondern es zu einer wesentlichen Verbesserung gekommen sei.
Im Hinblick darauf verkannte das BVwG im gg. Verfahren nicht, dass es den staatlichen Stellen im Irak, den länderkundlichen Informationsquellen der belangten Behörde zufolge, zwar nach wie vor nicht möglich ist ein Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen und sowohl schiitische als auch sunnitische Milizen eigenmächtig handeln und von diesen eine potentielle Bedrohung für die Bevölkerung ausgeht. Allerdings hat sich die allgemeine Sicherheitslage im Irak nach dem militärischen Sieg der irakischen Regierung über den IS im Dezember 2017 deutlich verbessert. Die aktuellen Aktivitäten des IS beschränken sich vorwiegend auf die Peripherie der Hauptstadt, während es in Bagdad selbst lediglich zu vereinzelten sicherheitsrelevanten Vorfällen ausgehend vom IS und von pro-iranischen Milizen kommt. Die Sicherheitslage in seiner engeren Heimat Bagdad stellte sich sohin nicht mehr dergestalt dar, dass sein Aufenthalt dort mit einem maßgeblichen Risiko der Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK sowie deren relevanter Zusatzprotokolle verbunden wäre.
Im Lichte dessen war auch aus Sicht des BVwG von einer objektiven und nachhaltigen Änderung jener Umstände auszugehen, derentwegen der BF als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt worden war, wobei diese Änderung angesichts der dargestellten allgemein bekannten Umstände auch nicht bloß als vorübergehend anzusehen war.
Stichhaltige Hinweise darauf, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, kamen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervor.
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde, liegt im gg. Fall auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), nicht vor. Es kamen auch keine gravierenden Erkrankungen des BF hervor.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden.
Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
1.8. Es war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
1.9. Einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF im Rahmen eines Familienverfahrens in Ableitung vom Status seines nachgeborenen Sohnes als subsidiär Schutzberechtigter stand der § 34 Abs. 6 Z. 2 AsylG entgegen, da diesem der Status bereits in Ableitung von dem seiner Mutter zuerkannt worden war (vgl. VwGH Ra 2017/01/0418 v. 30. April 2018).
2.1. § 10 AsylG lautet:
(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
§ 57 AsylG 2005 lautet:
(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.
§ 58 AsylG 2005 lautet:
(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder ein