TE Bvwg Beschluss 2020/12/15 W151 2228748-1

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Veröffentlicht am 15.12.2020
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Entscheidungsdatum

15.12.2020

Norm

AuslBG §4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W151 2228748-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter ERNSZT Sascha als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX vertreten durch MÜNZKER & RIEHS Rechtsanwälte OG, Neubaugasse 8, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 28.11.2019, ABB-Nr: XXXX betreffend den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für XXXX , geb. XXXX gemäß § 4 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Der Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 28.11.2019, ABB-Nr: XXXX , wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in Folge BF) stellte am 09.09.2019 beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (in der Folge auch „AMS“) einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Arbeitnehmer XXXX (in Folge AN). Aus dem Antrag geht hervor, dass der AN für die berufliche Tätigkeit „Stellvertretender Geschäftsführer (Kommanditist, 80% Mitbeteiligung)“ mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von € 1.200,- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 20 Stunden beschäftigt werden sollte.

Dem Antrag angeschlossen war ein Konvolut folgender Urkunden:

- Reisepass,

- bis 02.08.2020 befristete Aufenthaltsbewilligung,

- Nachweis eines Bachelor-Abschlusses der Bildungsrichtung „Buchhaltung“ an der Universität XXXX ,

- „Certificate of Master Chef vom 17.03.2015.

2. Mit Parteiengehör vom 26.09.2019 teilte das AMS mit, dass eine Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt werden könne, da der AN zu 80% an dem Unternehmen mitbeteiligt sei.

3. Dem entgegnete der rechtsfreundlich vertretene AN mit Schreiben vom 09.10.2019, dass er lediglich Kommanditist sei und damit keinen Einfluss auf die Geschäftsführung habe. Im Falle eines Beschäftigungsverhältnisses sei er Dienstnehmer und nicht selbstständig erwerbstätig.

4. Auf Auftrag der belangten Behörde übermittelte die BF einen ausgefüllten Vermittlungsauftrag.

5. Mit Parteiengehör vom 30.10.2019 teilte das AMS mit, dass der von der BF ausgefüllte Vermittlungsauftrag nicht dem Antrag auf Beschäftigungsbewilligung entspreche. Die beantragte Tätigkeit (Persische Küche) stehe in keinem Zusammenhang mit der am Vermittlungsauftrag angeführten Tätigkeit.

6. Mit Eingabe vom 19.11.2019 übermittelte die BF eine korrigierte Fassung des Vermittlungsauftrages.

7. Mit Bescheid vom 28.11.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ab und begründete dies damit, dass der Vermittlungsauftrag auf die beantragte Person zugeschnitten, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung damit nicht möglich sei.

8. Dagegen erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

9. Am 20.02.2020 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht (kurz: BVwG) zur Entscheidung vorgelegt.

10. Im Parteiengehör wurde der BF zur Kenntnis gebracht, dass ein Versicherungsdatenauszug eine laufende Krankenversicherung des AN bei der Versicherungsanstalt der Selbständigen ergeben habe. Die BF brachte in Beantwortung mit Schreiben vom 13.07.2020 eine Stellungnahme unter Vorlage diverser Unterlagen zur selbständigen Tätigkeit des AN vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist eine im Gastgewerbe (Betrieb eines Restaurants für iranische Spezialitäten) tätige KG. Am 09.09.2019 stellte die BF beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Arbeitnehmer XXXX für die berufliche Tätigkeit „Stellvertretender Geschäftsführer (Kommanditist, 80% Mitbeteiligung)“ mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von € 1.200,- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 20 Stunden.

Der BF erteilte im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung die Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzarbeitskräften. Im Vermittlungsauftrag vom 19.11.2019 wurde unter detaillierte Tätigkeitsbeschreibung "Unterstützung und Stellvertretung der Geschäftsleitung, Kommunikationshilfe (mehrsprachig persisch-türkisch), Kontrolle der Arbeitsabläufe“ angegeben. Unter erforderliche höchste Ausbildung wurde „ausgebildeter Koch“, und unter zusätzliche erforderliche Qualifikation, Kenntnisse oder Berufspraxis „Kaufmännische Tätigkeiten“ angegeben.

Die geforderten Eigenschaften – Ausbildung als Koch bzw. Qualifikationen/Kenntnisse für kaufmännische Tätigkeiten – stellen allgemeine unternehmensbezogene Kenntnisse dar, die zulässigerweise zum Anforderungsprofil für den Arbeitsplatz erhoben werden dürfen. Nach objektiven Gesichtspunkten findet dieses Anforderungsprofil in den betrieblichen Notwendigkeiten des Gastronomiebetriebes der BF Deckung. Das Erfordernis der betrieblichen Notwendigkeit des Anforderungsprofils gemäß § 4b Abs. 1 AuslbG ist gegenständlich erfüllt.

Die belangte Behörde hätte ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen gehabt, was jedoch unterblieb. Dieses ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen, wobei sich das Tätigkeits- bzw. Anforderungsprofil nach dem Vermittlungsauftrag laut Aktenlage zu richten hat.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere den verfahrenseinleitenden Antrag auf Beschäftigungsbewilligung vom 09.09.2019 sowie den Vermittlungsauftrag der BF vom 19.11.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG.

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückverweisung:

3.4. In der Sache maßgebliche Normen:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauten i.d.g.F.:

§ 4:

„Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen […]“

§ 4 b:

„Prüfung der Arbeitsmarktlage

§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

[…]“

3.5. In der Sache folgt daraus:

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat oder, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat oder, wenn die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Die belangte Behörde geht in ihrem Bescheid davon aus, dass eine objektive Notwendigkeit der im Vermittlungsauftrag beschriebenen Anforderungen nicht glaubhaft gemacht werden konnte, da der seitens der BF eingebrachte Vermittlungsauftrag auf die beantragte Person zugeschnitten gewesen sei.

Das BVwG geht von folgenden rechtlichen Erwägungen aus, an die die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren gebunden ist:

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist eine Beschäftigungsbewilligung auf Antrag zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Gemäß § 4b Abs. 1 AuslBG hat die Behörde der Arbeitsmarktprüfung das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen.

Im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist es grundsätzlich Sache des Beschäftigers, das Anforderungsprofil hinsichtlich des zu besetzenden Arbeitsplatzes und der konkreten von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten auf abstrakte Weise festzulegen. Der Beschäftiger hat zwar nach § 4a Abs. 1 letzter Satz AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Die belangte Behörde ist in diesem Rahmen aber grundsätzlich an das von der antragstellenden Partei formulierte Anforderungsprofil gebunden. Auch die - durchaus von der Antragstellerin festzulegenden - Besonderheiten des Arbeitsplatzes und damit auch der an eine Ersatzkraft gestellten besonderen Anforderungen entbindet aber anderseits die antragstellende Partei nicht von ihrer Obliegenheit, an einem Ersatzkraftstellungsverfahren im Sinne des § 4b Abs. 1 AuslBG teilzunehmen (vgl. VwGH 15.09.2011, 2009/09/0149).

Aus der Aktenlage geht hervor, dass die BF in ihrem Antrag auf Beschäftigungsbewilligung der Vermittlung von Ersatzkräften zugestimmt und im – nach Verbesserungsauftrag der belangten Behörde erneut eingebrachten – Vermittlungsauftrag die auszuübende Tätigkeit hinreichend detailliert umschrieben hat. Die Vermittlung von Ersatzkräften wurde daher nicht von vornherein abgelehnt.

Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen, was jedoch unterblieb. Die Begründung des bekämpften Bescheides beschränkt sich diesbezüglich auf die Feststellung, dass der Vermittlungsauftrag auf die beantragte Person zugeschnitten gewesen sei, weshalb die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht möglich gewesen wäre.

Damit liegt dem bekämpften Bescheid die Annahme zugrunde, dass durch das auf den AN zugeschnittene Anforderungsprofil nur dessen Anstellung und nicht die einer allfälligen Ersatzkraft intendiert war und die BF damit eine indirekte Aushebelung des Ersatzkraftverfahrens bezweckte. Durch die gänzliche Unterlassung eines Ersatzkraftverfahrens nimmt die belangte Behörde der BF jedoch von vornherein die Möglichkeit, an einem solchen mitzuwirken und diese Annahme zu entkräften.

Aus § 4b Abs. 1 AuslBG ist keine Rechtfertigung für die Ablehnung der Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens abzuleiten. Vielmehr ist bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage das vom Dienstgeber angegebene Anforderungsprofil nur insoweit zu Grunde zu legen, als es in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung findet (vgl. VwGH vom 24.01.2014, Zl. 2013/09/0070). Die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens darf daher nicht von vornherein abgelehnt werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/09/0103).

Gegenständlich hat die belangte Behörde keine nachvollziehbare Prüfung dahingehend vorgenommen, ob das Anforderungsprofil in den betrieblichen Notwendigkeiten Deckung findet und dies damit gänzlich an das erkennende Gericht delegiert. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, stellen die geforderten Eigenschaften – Ausbildung als Koch bzw. Qualifikationen für kaufmännische Tätigkeiten – allgemeine unternehmensbezogene Kenntnisse dar, die zulässigerweise zum Anforderungsprofil für den Arbeitsplatz erhoben werden dürfen (vgl. VwGH 23.02.1994, Zl. 93/09/0424). Das erkennende Gericht geht davon aus, dass nach objektiven Gesichtspunkten die Ausbildung zum Koch in Verbindung mit kaufmännischen Kenntnissen in den betrieblichen Notwendigkeiten eines Gastronomiebetriebes, insbesondere im Hinblick auf die beantragte Tätigkeit als „stellvertretender Geschäftsführer“, Deckung findet. Das Erfordernis der betrieblichen Notwendigkeit des Anforderungsprofils gemäß § 4b Abs. 1 AuslbG ist gegenständlich somit erfüllt.

Aus dem Beschluss des VwGH vom 21.03.2018, Ra 2017/09/0040-6, ergibt sich, dass das Ziel der Arbeitsvermittlung durch das AMS von Amts wegen anzustreben ist. Die belangte Behörde hat daher in weiterer Folge eine Prüfung der Arbeitsmarktlage durchzuführen und gegebenenfalls dem Arbeitgeber Arbeitssuchende, die ihrer Meinung nach fähig und bereit sind, den von dieser zu besetzenden Arbeitsplatz zu den angebotenen Bedingungen auszufüllen, namhaft zu machen. Erst dann kann rechtlich einwandfrei beurteilt werden, ob Ersatzkräfte zur Verfügung stehen oder kein Interesse an einer solchen Vermittlung besteht (vgl. dazu VwGH, 24.01.2014, 2013/09/0070 unter Verweis VwGH 06.03.1997, 94/09/0387).

Ergebnis:

Mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens liegt für das Bundesverwaltungsgericht beim vorliegenden Bescheid keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Lösung der Frage vor, ob die Voraussetzungen für den AN als potentieller Dienstnehmer der BF auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für die beantragte berufliche Tätigkeit besteht.

Da der maßgebliche Sachverhalt im gegenständlichen Fall noch nicht feststeht, war unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen der angefochtene Bescheid des AMS gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS zur Durchführung der Arbeitsmarktprüfung sowie gegebenenfalls Prüfung des § 4 Absatz 1 Ziffern 2 bis 9 AuslBG und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.6. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS zurückverweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsmarktprüfung Beschäftigungsbewilligung Ermittlungspflicht Ersatzkraft Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2228748.1.00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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