Entscheidungsdatum
17.12.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W126 2226068-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , vertreten durch die Wirtschaftstreuhänder Keppert, Hallas & Partner, gegen den Bescheid der damaligen Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nunmehr Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, vom 13.09.2019, Zeichen XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (im Folgenden: SVS) hat mit Bescheid vom 13.09.2019 gemäß § 194 GSVG iVm §§ 409 und 410 ASVG über Antrag festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.12.2016 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Einkommensteuerbescheid der Beschwerdeführerin vom 10.09.2018 – laut der gemäß §229a GSVG übermittelten Daten – Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 189.887,99, aus selbstständiger Arbeit mit Verlust von EUR 11.958,96, sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 9.731,19 ausweise. Die Beschwerdeführerin übe seit dem 01.07.2015 die betriebliche Tätigkeit des gewerblichen Immobilienhandels aus. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts sei eine betriebliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG dann indiziert, wenn die Steuerunterlagen tätigkeitsbezogene Betriebsausgaben ausweisen. Die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus Gewerbebetrieb würden laut dem Einkommensteuerbescheid 2016 die Versicherungsgrenze überschreiten.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18.10.2019 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin einen gewerblichen Grundstückshandel bzw. eine gewerbliche Vermietung mit mehreren Liegenschaften im Erbweg und somit im Rahmen eines unentgeltlichen Erwerbsvorganges übernommen habe. Erst durch die Veräußerung von Wohnungen bzw. Liegenschaftsobjekten im Jahr 2016 sei die Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z 5 GSVG überschritten worden, weshalb auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Pflichtversicherung als neuer Selbstständiger eingetreten sein könne. Ohne den Veräußerungsgewinn aus den Wohnungen bzw. Objekten in Höhe von EUR 317.289,46 hätte die Beschwerdeführerin im Jahr 2016 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 127.401,47 erzielt und somit nicht die Versicherungsgrenze überschritten. Im Übrigen bestehe bei einer gewerblichen Vermietung selbst bei Überschreiten der Versicherungsgrenze in bestimmten Fallkonstellationen keine Pflichtversicherung. Dies treffe auch auf jene Fälle zu, bei denen sich die positiven Einkünfte ausschließlich aus Veräußerungsgewinnen ergeben hätten. Darüber hinaus werde festgestellt, dass es keine „absolute“ Bindungswirkung an die Einkünftequalifikation in Einkommensteuerbescheiden gebe, weshalb der Versicherte im Einzelfall auch das Gegenteil darlegen könne.
Der Beschwerde wurden der Jahresabschluss 2016 sowie die Beilage zur Einkommensteuererklärung 2016 beigelegt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ab jenem Monat des Jahres 2016, in dem die Versicherungsgrenze überschritten wurde.
3. Am 03.12.2019 wurden die Beschwerde sowie der bezughabende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
4. Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte das zuständige Finanzamt unter Berufung auf § 229 GSVG iVm § 17 VwGVG um Übermittlung des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides der Beschwerdeführerin für das Jahr 2016. Diesem Ersuchen wurde nicht entsprochen.
5. Daraufhin ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die SVS (telefonisch) um Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2016. In der schriftlichen Stellungnahme der SVS erklärte diese, dass ihr seitens der Finanz keine Einkommensteuerbescheide übermittelt würden und verwies auf § 229ff GSVG, wonach die Abgabenbehörden des Bundes der SVS unaufgefordert die Einkommensteuerdaten von Personen übermitteln, die mit Einkünften aus Gewerbebetrieben oder aus selbständiger Arbeit veranlagt werden. Üblicherweise geschehe diese Datenübermittlung erst nach Rechtskraft des jeweiligen Einkommensteuerbescheides.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin übt seit 01.07.2015 die Tätigkeit des gewerblichen Immobilienhandels aus. Die Beschwerdeführerin hatte im Kalenderjahr 2016 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 189.887,99, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit mit einem Verlust von EUR 11.958,96 sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 9.731,19.
Auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit ist im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Pflichtversicherung nach in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz eingetreten.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde.
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit 01.07.2015 die Tätigkeit des gewerblichen Immobilienhandels ausübt, ergibt sich aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides und den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Versicherungserklärung vom 03.07.2019. Auch die Steuerberaterin der Beschwerdeführerin erklärte mit E-Mail vom 07.06.2019, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 189.887,99 aus dem gewerblichen Immobilienhandel stammen.
Die Höhe der Einkünfte im Kalenderjahr 2016 ergeben sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Einkommensteuererklärung, sowie dem angefochtenen Bescheid, der sich auf die Datenübertragung nach § 229a GSVG stützt. Die Höhe der Einkünfte und deren Zuordnung zum Gewerbebetrieb wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie brachte lediglich vor, dass sich diese Einkünfte nur aufgrund von Veräußerungserlösen ergeben hätten und daher bei der Beurteilung des Überschreitens der Versicherungsgrenze nicht zu berücksichtigen seien.
Die Feststellung, wonach keine Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist, ergibt sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes bzw. dem in diesem Punkt unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, sowie aus dem aktuellen Auszug aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten vom 02.11.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 sind Personen hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ausgenommen, deren Einkünfte (§ 25) aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr das Zwölffache des Betrages nach § 25 Abs. 4 nicht übersteigen; dies gilt nicht für Personen, die eine Erklärung nach § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz abgegeben haben.
Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG ist Beitragsgrundlage der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.
Gemäß § 25 Abs. 4 GSVG beträgt die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).
Dieser Betrag gemäß § 5 Abs. 2 ASVG beträgt im Jahr 2016 EUR 415,72.
3.2. Daraus folgt für die gegenständliche Beschwerde:
3.2.1. Zu den Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG
Die Kriterien der "neuen Selbständigkeit" werden im § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG damit umschrieben, dass es sich (1) um selbständig erwerbstätige Personen handelt, die (2) auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit (3) bestimmte Arten von Einkünften im Sinne des EStG 1988 beziehen. Der Gesetzgeber nimmt damit sowohl auf die selbständige Erwerbstätigkeit als auch auf die betriebliche Tätigkeit zweimal Bezug, einmal ausdrücklich und ein zweites Mal indirekt durch die Zitierung der §§ 22 und 23 EStG 1988 (VwGH vom 18.12.2003, 2000/08/0068).
Die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich grundsätzlich nach der Einkommensteuerpflicht. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde (und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen. Für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs. 1 GSVG bilden, ist das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt (vgl. VwGH 27.01.2020, Ra 2019/08/0120, mwN).
Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass die Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Kalenderjahr aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit bzw. aus ihrem Gewerbebetrieb (gewerblicher Immobilienhandel) Einkünfte gemäß §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 in der in den Feststellungen angeführten Höhe erzielt hat. Die Beschwerdeführerin erhob diesbezüglich keine Einwände. Es besteht daher betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem GSVG eine Bindung an diese durch die Finanzbehörden vorgenommene Beurteilung.
Wenn die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Judikatur des VwGH vorbringt, dass keine „absolute“ Bindungswirkung an die Einkünftequalifikation in den Einkommensteuerbescheiden besteht, ist dem zwar grundsätzlich beizupflichten. Aus dem Erkenntnis des VwGH vom 24.01.2006, 2003/08/0231, geht nämlich hervor, dass man zwar grundsätzlich davon ausgehen kann, dass Einkünften, die im Einkommensteuerbescheid als solche aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit aufscheinen, auch eine entsprechende Erwerbstätigkeit zugrunde liegt, jedoch kann der Versicherte im Einzelfall das Gegenteil darlegen (Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 GSVG, Rz 57, Stand 1.3.2018). Allerdings hat die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren einen solchen Gegenbeweis nicht einmal ansatzweise erbracht. Sie erklärte vielmehr selbst, dass sie seit 01.07.2015 einen gewerblichen Immobilienhandel betreibt. Dieses Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
3.2.2. Zum Zeitpunkt des Beginns der Pflichtversicherung
Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass sie im Jahr 2016 Einkünfte aus einer betrieblichen Tätigkeit erzielt hat, sondern bringt vor, dass die Einkünfte in dieser Höhe aus der Veräußerung von Immobilien resultieren. Daher sei ihrer Ansicht nach zum einen der Veräußerungsgewinn nicht für die Berechnung der Beitragsgrundlage heranzuziehen und andererseits sei erst mit dieser Veräußerung die Versicherungsgrenze überschritten worden, sodass erst ab dem Zeitpunkt der Veräußerung eine Pflichtversicherung vorliege und nicht für das gesamte Kalenderjahr 2016. Betreffend letzteres Argument der Beschwerdeführerin ist auf folgende Judikatur zu verweisen:
Der Begriff "betriebliche Tätigkeit" in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG knüpft an den Betriebsbegriff i.S. einkommensteuerrechtlicher Regelungen an. Dies ergibt sich insbesondere aus der tatbestandsmäßigen Verbindung dieses Begriffes mit den Einkommenstatbeständen gemäß den §§ 22 und 23 EStG 1988: Die Begriffseinordnung ist im gegebenen Zusammenhang deswegen von Bedeutung, weil die Versicherungspflicht auf die "betriebliche Tätigkeit" abstellt. Beginn und Ende der betrieblichen Tätigkeit sind für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht von Bedeutung (vgl. VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165).
Für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht ist also nur der Beginn und das Ende der betrieblichen Tätigkeit von Bedeutung (vgl. VwGH 29.03.2006, 2004/08/0094). Dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte beispielsweise nur aus einem einzigen im Kalenderjahr erteilten und durchgeführten Auftrag resultieren, ändert daran nichts, weil es auf den Zeitraum der Ausübung der Tätigkeiten, aus denen diese Einkünfte stammen, nicht ankommt (vgl. VwGH 25.10.2006, 2004/08/0205).
Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass die Beschwerdeführerin seit 01.07.2015 die selbstständige, betriebliche Tätigkeit des gewerblichen Immobilienhandels ausübt und daraus im Kalenderjahr 2016 Einkünfte erzielt hat. Es ist daher für die Abgrenzung des Zeitraumes der Pflichtversicherung nicht maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt die Gewinne realisiert wurden, sondern nur der Beginn der betrieblichen Tätigkeit. Da diese unstrittig seit 01.07.2015 bis dato von der Beschwerdeführerin ausgeübt wird, ist daher – im Fall der Überschreitung der Versicherungsgrenze – für das gesamte Kalenderjahr 2016 Versicherungspflicht anzunehmen.
3.2.3. Zum Überschreiten der Versicherungsgrenze
Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass sie erst durch die Veräußerung von Immobilien und den daraus erzielten Gewinn die maßgebliche Versicherungsgrenze überschritten habe. In einem solchen Fall, in dem sich die positiven Einkünfte ausschließlich aus Veräußerungsgewinnen ergeben, bestehe jedoch keine Pflichtversicherung.
Es mag zwar zutreffend, dass die Beschwerdeführerin einen Gewinn aus der Veräußerung von Wohnungen bzw. Objekten in Höhe von EUR 317.289,46 erzielt hat, ohne den die Einkünfte aus Gewerbetrieb negativ gewesen wären. Ihr ist außerdem zuzugestehen, dass ein Veräußerungsgewinn unter bestimmten Voraussetzungen (auf Antrag, Reinvestition) gemäß § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG bei Ermittlung der Beitragsgrundlage nicht zu berücksichtigen ist. Allerdings hat die Beschwerdeführerin weder die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG erfüllt, noch geht es im vorliegenden Verfahren um die Ermittlung der Beitragsgrundlage, sondern vielmehr um die Versicherungspflicht und damit das Überschreiten der Versicherungsgrenze.
Bei der Ermittlung der Einkünfte zur Beurteilung des Überschreitens der Versicherungsgrenze, ist aber neben den im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen versicherungspflichtigen Einkünften auch ein in den versicherungspflichtigen Einkünften (allenfalls) enthaltener Veräußerungsgewinn – anders als bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage zum Zwecke der Beitragsbemessung (§ 25 Abs. 2 Z 3) – bei der Prüfung des Überschreitens der Versicherungsgrenze mit zu berücksichtigen (vgl. Reichinger in Neumann, GSVG für Steuerberater2 § 4, Rz 20, Stand 1.1.2018).
Die maßgebliche Versicherungsgrenze für das Kalenderjahr 2016 beträgt EUR 4.988,64 (EUR 415,72 x 12). Die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus selbstständiger Tätigkeit und Gewerbebetrieb haben damit diese Grenze des § 4 Abs. Abs. 1 Z 5 GSVG jedenfalls überschritten.
Es gibt keine Hinweise dafür, dass die Beschwerdeführerin ihre gewerbliche Tätigkeit (gewerblicher Immobilienhandel) im verfahrensgegenständlichen Zeitraum beendet hätte.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf Grund der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeiten bereits eine Pflichtversicherung nach einer anderen Bestimmung des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist.
Die belangte Behörde stellte daher zu Recht fest, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlag.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, jedoch liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171).
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben. In der Beschwerde wurden keine dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehenden, noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
betriebliche Tätigkeit Einkommenssteuerbescheid Gewerbebetrieb Veräußerungsgewinn Versicherungsgrenze VersicherungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W126.2226068.1.00Im RIS seit
08.03.2021Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021