TE Bvwg Beschluss 2020/12/29 L527 2226385-1

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Veröffentlicht am 29.12.2020
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Entscheidungsdatum

29.12.2020

Norm

ASVG §410
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L527 2226385-1/9E


BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen das Schriftstück der Pensionsversicherungsanstalt vom 31.10.2019, Zahl XXXX , wonach der Antrag von XXXX , geb. XXXX , auf Invaliditätspension gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen werde:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 in Verbindung mit § 31 VwGVG mangels Vorliegens eines Bescheids als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 21.11.2019 erklärte der Beschwerdeführer, gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Invaliditätspension durch die Pensionsversicherungsanstalt Beschwerde einzulegen. Der Beschwerde angeschlossen war ein als „Bescheid“ bezeichnetes, nicht unterfertigtes und nicht mit einer Amtssignatur versehenes mit 31.10.2019 datiertes Schriftstück der Pensionsversicherungsanstalt, wonach der Antrag des Beschwerdeführers vom 18.10.2019 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen werde.

Mit Schreiben vom 06.12.2019 legte die Pensionsversicherungsanstalt dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde vor. Der Beschwerde angeschlossen waren verschiedene Schriftstücke; das Schriftstück vom 31.10.2019 war ausschließlich in Form der vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigefügten Kopie enthalten.

Nach Aufforderung zur Vorlage und zur Stellungnahme durch das Bundesverwaltungsverwaltungsgericht legte die Pensionsversicherungsanstalt weitere Aktenbestandteile und eine Stellungnahme vor. Die Pensionsversicherungsanstalt führt darin unter anderem aus, dass „der Bescheid [sic!] vom 31.10.2019 weder unterschrieben noch mit einer Amtssignatur versehen wurde.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

Die mittels Textverarbeitungsprogramms erstellte Urschrift der schriftlichen Erledigung vom 31.10.2019, Zahl XXXX , gegen die sich die vorliegende Beschwerde richtet, weist keine Unterschrift des Genehmigenden auf und wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt (OZ 4 [Beschwerdevorlage der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.01.2020, XXXX ], OZ 4, S 46 - 47).

Die dem Beschwerdeführer zugestellte (Ausfertigung der) Erledigung wurde ebenso wenig durch Unterschrift des Genehmigenden oder ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters und der Authentizität der Erledigung, etwa durch Amtssignatur, genehmigt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen waren ohne Weiteres auf Grundlage des von der Pensionsversicherungsanstalt (teils nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht) vorgelegten Akts sowie der von ihr (nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht) erstatteten Stellungnahme vom 27.01.2020 (OZ 4) zu treffen.

Hervorzuheben ist, dass der Beschwerdeführer mit der Beschwerde eine Kopie des ihm zugestellten Schriftstücks vom 31.10.2020, wonach sein Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen werde, übermittelte. Auf diesem Schriftstück befindet sich weder eine Unterschrift des Genehmigenden oder qualifizierte elektronische Signatur noch eine Amtssignatur.

Auch das entsprechende Schriftstück, das die Pensionsversicherungsanstalt nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht vorlegte (OZ 4), weist dergleichen nicht auf. Die Pensionsversicherungsanstalt führt in ihrer Stellungnahme vom 27.01.2019, OZ 4, zunächst aus, dass Bescheide entweder mit einer Unterschrift des Genehmigungsberechtigten und Rundsiegel oder einer Amtssignatur versehen werden. Anschließend räumt die Pensionsversicherungsanstalt selbst ausdrücklich ein, dass „der Bescheid [sic!] vom 31.10.2019 weder unterschrieben noch mit einer Amtssignatur versehen wurde.“

Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Rechtliche Grundlagen:

3.1.1. Voraussetzung für eine zulässige Bescheidbeschwerde im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit Art 132 Abs 1 B-VG ist ein tauglicher Anfechtungsgegenstand, also ein Bescheid. Kommt der angefochtenen Erledigung keine Bescheidqualität zu, ist die Beschwerde zurückzuweisen; durch die Entscheidung in der Sache würde das Bundesverwaltungsgericht eine Zuständigkeit in Anspruch nehmen, die ihm nicht zukommt. Vgl. mwN Götzl § 7 VwGVG Rz 6b, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017). Das Bundesverwaltungsgericht hat seine eigene Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen; vgl. § 17 VwGVG in Verbindung § 6 Abs 1 AVG.

3.1.2. Bescheide können gemäß § 62 Abs 1 AVG, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden. Dass im gegebenen Fall ein Bescheid mündlich erlassen worden wäre, wurde weder vorgebracht noch ist dergleichen ersichtlich; sowohl der Beschwerdeführer als auch die Pensionsversicherungsanstalt gehen von einem schriftlich erlassenen Bescheid aus.

3.1.3. Voraussetzung für die schriftliche Erlassung eines Bescheids ist eine Genehmigung der schriftlichen Erledigung im Sinne des § 18 Abs 3 AVG. Demnach sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

Gemäß § 18 Abs 4 AVG hat zudem jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs 3 AVG genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Fehlt es an einer Genehmigung im Sinne des § 18 Abs 3 AVG, kommt eine schriftliche Erledigung, konkret ein Bescheid, selbst dann nicht zustande, wenn die Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt hätte; vgl. mwN VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079.

Wie Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 7 (Stand 1.1.2014, rdb.at) unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ausführen, bestehen keine Bedenken dagegen, der Partei das – den Anforderungen sowohl des § 18 Abs 3 als auch Abs 4 AVG entsprechende – Original (die Urschrift) zuzustellen und lediglich eine nicht unterschriebene Durchschrift davon im Akt zu belassen.

3.2. Zum gegenständlichen Verfahren:

3.2.1. Wendet man die maßgeblichen Rechtsvorschriften auf den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt an, ergibt sich, dass die vom Beschwerdeführer angefochtene Erledigung nicht (im Sinne des § 18 Abs 3 AVG) genehmigt wurde. Weder enthält der von der Pensionsversicherungsanstalt vorgelegte Akt eine genehmigte Urschrift noch wurde die genehmigte Urschrift dem Beschwerdeführer zugestellt. Die Pensionsversicherungsanstalt räumt vielmehr, wie in der Beweiswürdigung bereits dargelegt, selbst ein, dass „der Bescheid [sic!] vom 31.10.2019 weder unterschrieben noch mit einer Amtssignatur versehen wurde.“ Die Erledigung kann daher nicht als Bescheid qualifiziert werden. Da sich die Beschwerde folglich gegen einen „Nichtbescheid“ richtet, ist sie gemäß § 28 Abs 1 in Verbindung mit § 31 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen. Siehe abermals Götzl § 7 VwGVG Rz 6b, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017), demnach hat eine angefochtene Erledigung u. a. dann keine Bescheidqualität wenn die ordnungsmäße Genehmigung fehlt; eine dagegen erhobene Beschwerde ist wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen.

Da der angefochtenen Erledigung keine Bescheidqualität zukommt, war die Beschwerde spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen (Spruchpunkt A)).

3.2.2. In Ermangelung eines (das Verfahren abschließenden) Bescheids ist das Verfahren des Beschwerdeführers auf Invaliditätspension (Antrag vom 15.10.2019, Eingangsstempel der Pensionsversicherungsanstalt vom 18.10.2019) nach wie vor bei der Pensionsversicherungsanstalt anhängig.

3.2.3. Der Vollständigkeit halber weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass für den Beschwerdeführer in der Vergangenheit zeitweise ein Sachwalter bestellt war (vgl. OZ 4, S 19 ff, 45, OZ 7). Nach Rücksprache mit dem zuständigen Bezirksgericht (OZ 6, 7) ist nicht davon auszugehen, dass für den Beschwerdeführer eine für das gegenständliche Verfahren beachtliche Vertretung bestünde. In Anbetracht insbesondere des Antrags vom 15.10.2019 sowie der Beschwerde vom 21.11.2019 gibt es auch (im Übrigen) keinen Hinweis darauf, dass es ihm an der erforderlichen Prozessfähigkeit fehlen könnte.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall – im Einklang mit Art 6 EMRK und Art 47 GRC (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) § 24 VwGVG K 10 und E 1) – gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist von vornherein klar bzw. durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich die vorliegende Entscheidung stützt, geklärt. Vgl. die zitierte Literatur und Judikatur.

Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt B)) zu entscheiden.

Schlagworte

Bescheidqualität Genehmigung Nichtbescheid Unterschrift Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2226385.1.00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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