TE Bvwg Beschluss 2021/1/5 L506 2140054-3

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Veröffentlicht am 05.01.2021
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Entscheidungsdatum

05.01.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch


L506 2140054-3/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Gabriel als Einzelrichterin über den Antrag der XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens:

A)

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend: BF), eine iranische Staatsangehörige, stellte am 04.10.2015 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die nunmehrige Antragstellerin machte ihre Hinwendung zum Christentum geltend und gab an, sie habe erfahren, dass gegen sie seitens der Behörden recherchiert werde, weshalb sie ausgereist sei.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des

Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.).

Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.)

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft betrage (Spruchpunkt IV.).

3. Mit hg. Erkenntnis vom XXXX , GZ XXXX wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.10.2018 die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und rechtswirksam zugestellt.

Die Angaben der Antragstellerin hinsichtlich der geltend gemachten ausreisekausalen Vorkommnisse und die Hinwendung zum Christentum wurden als unglaubwürdig qualifiziert.

Zur Person der Beschwerdeführerin wurde festgestellt, wie folgt:

Die Identität der Beschwerdeführerin, welche Staatsangehörige des Iran und der persischen Volksgruppe zugehörig ist, steht fest.

Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es kann weder festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war noch pro futuro einer solchen ausgesetzt sein wird.

Sie besucht Gottesdienste, einen Glaubenskurs und wurde am XXXX im Herkunftsstaat durch die Iranische Christengemeinde XXXX getauft, sie nimmt an Gottesdiensten sowie an einem Bibel- und Gebetskreis teil.

Dass sich die Beschwerdeführerin ernsthaft mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt und sich dem christlichen Glauben zugewandt hat, kann nicht festgestellt werden.

Bei der behaupteten Konversion der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Die Beschwerdeführerin ist verwitwet, leidet an chronischen Erkrankungen (Diabetes Typ II-nicht insulinabhängig, Asthma, Osteoporose, Herzinsuffizienz, Gelenksschmerzen und Wirbelsäulenbeschwerden); sie war wegen der genannten Erkrankungen im Iran in medizinischer Behandlung und gab es diesbezüglich keine Probleme. Sie hat im Iran eine Pension bezogen, wurde finanziell auch von ihren Kindern unterstützt und verfügt dort über eine eigene Wohnung sowie einen erwachsenen Sohn, welcher als Architekt arbeitet und zu dem sie in Kontakt steht.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat festgestellt werden.

In Österreich hat die Beschwerdeführerin eine erwachsene Tochter (dt. Staatsangehörige, seit 2013 in Österreich) und deren Kind sowie ihre Schwester (seit 2004 in Österreich, Daueraufenthalt EU) und deren Söhne in XXXX , eine weitere Tochter (seit 2011 in Österreich, asylberechtigt) und einen Sohn (seit 2006 in Österreich, asylberechtigt) – beide sind erwachsen - in XXXX .

Sie ist kein Mitglied in einem Verein und lebt seit ihrer Ankunft in Österreich von der staatlichen Grundversorgung. Das Strafregister weist keine Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf, sie ist unbescholten.

Die Beschwerdeführerin verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat einen Deutschkurs A1 sowie einen Werte- und Orientierungskurs besucht, jedoch keine Prüfung absolviert und verfügt über keine Deutschkenntnisse.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran festzustellen ist.

4. Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie in weiterer Folge außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

5. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2019, E 990/2019-7 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

6. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303-6 wurde die Revision zurückgewiesen.

7. Mit verfahrensgegenständlichem Antrag vom 09.10.2020 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gestellt, welcher am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.

Begründend wurde ausgeführt, dass die in Österreich lebende Tochter der Antragstellerin von einer Nachbarin aus dem Iran darüber informiert worden sei, dass ein Gerichtsurteil gegen diese ergangen sei und habe die Nachbarin die Kopie dieses Urteiles an die Tochter der Antragstellerin übermittelt; diese habe am 28.09.2020 per WhatsApp die Unterlagen an die Antragstellerin weitergeleitet, woraufhin diese am selben Tag ihre nunmehrige Vertretung kontaktiert habe. Von dort seien die Unterlagen einem Dolmetscher übermittelt worden. Dessen Übersetzung zufolge handle es sich um zwei Ladungen und ein Urteil des Iranischen Revolutionsgerichts, wonach die Antragstellerin am XXXX wegen Täuschung und Propaganda gegen den Islam, Apostasie und Konversion zum Christentum zu einer 15jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.

Die betreffenden Unterlagen wurden samt Übersetzungen dem Antrag beigelegt.

Aufgrund der Unterlagen sei davon auszugehen, dass gegen die Antragstellerin bereits zum Ausreisezeitpunkt ermittelt worden sei, wie sie es von Freunden erfahren und im Asylverfahren vorgebracht habe.

Die erste Ladung vom XXXX habe sie nicht mehr erhalten können, da sie bereits den Iran verlassen bzw. sich nicht mehr in ihrer Wohnung aufgehalten habe. Auch die zweite Ladung vom XXXX sei ihr nicht zugestellt worden und sei sie am XXXX in Abwesenheit zu einer 15jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Die Antragstellerin treffe kein Verschulden daran, dass sie das Urteil nicht bekanntgegeben habe, da dieses in ihrer Abwesenheit gefällt worden sei und sie dieses erst am 28. 09.2020 von ihrer Tochter erhalten habe.

Die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme sei daher gewahrt und erfolge innerhalb der dreijährigen Frist, innerhalb derer ein solcher gestellt werden könne.

Die Einbeziehung der Tatsache der Verurteilung der Antragstellerin hätte jedenfalls zu einem anderslautenden Ergebnis im Asylverfahren führen können, da nunmehr feststehe, dass sie im Iran wegen ihrer Religion Verfolgung ausgesetzt sei.

8. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

9. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben der Antragstellerin und der vorgelegten Beweismittel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

3. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des gegenständlichen Gerichtsaktes.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Wiederaufnahme des Verfahrens

4.1. § 32 VwGVG 2014 idF BGBl. I Nr. 02/2017 lautet auszugsweise:

„32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. [ ]

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. [ ]

4. [ ]

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“

4.2. Wie die Materialien zum Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte 2014 (RV 2009 Blg NR 24. GP, 7) erkennen lassen, sind die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG 2014 denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet. Auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe kann folglich zurückgegriffen werden (VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136).

4.3. Mit verfahrensgegenständlichem Antrag soll das mit obzitiertem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig abgeschlossene vorangegangene Verfahren des Antragstellers aufgrund neuer Tatsachen beziehungsweise Beweismittel im Sinne des § 32 Absatz 1 Z 2 VwGVG wiederaufgenommen werden.

Es muss sich dabei um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens"). Nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte", d.h. nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene, Tatsachen beziehen (VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197).

Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhaltes die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheides nicht entgegensteht. Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung über einen Asylantrag eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag (auf internationalen Schutz) zu stellen (vgl. dazu VwGH 17.02.2006, Zl. 2006/18/0031; 07.04.2000, Zl. 96/19/2240; 18.12.1996, Zl. 95/20/0672).

Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt nicht, um das Verfahren wiederaufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, Zl. 91/10/0107; 27.09.1994, Zl. 92/070074; 22.02.2001, Zl. 2000/04/0195). Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH 19.04.2007, Zl. 2004/09/0159).

Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197). Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, Zl. 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

4.3. Lt. rezenter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.09.2020, Ra 2020/18/0265) setzt die Wiederaufnahme u.a. die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Ergebnis herbeigeführt hätten.

Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH vom 19. April 2007, 2004/09/0159). Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das BVwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH vom 19. April 2007, 2004/09/0159).

4.4. Die vorgelegten neuen Beweismittel wurden seitens des erkennenden Gerichts einer Übersetzung zugeführt.

Der Inhalt der Übersetzungen stimmt mit den Ausführungen der Antragstellerin im gegenständlichen Antrag überein. Die nunmehr vorgelegten Beweismittel sind im Lichte der obzitierten jüngsten höchstgerichtlichen Judikatur geeignet, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche sich das BVwG in seiner das Asylverfahren abschließenden Entscheidung gestützt hat.

Dem gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme war daher spruchgemäß stattzugeben.

4.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen und eine initiative Darlegung der für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass auch aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 32 VwGVG Anm. 9), gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ab, noch fehlt es diesbezüglich an einer Rechtsprechung (siehe die diesbezüglich in der Entscheidungsbegründung angeführten Judikate des VwGH); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beweismittel neu entstandene Tatsache Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L506.2140054.3.00

Im RIS seit

05.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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